„Feiern Sie gemeinsam mit uns die Eröffnung der neuen Spielzeit!“ So rief Intendant Serge Dorny auf einem himmelblau unterlegten Folder zur Eröffnung der neuen Spielzeit der Bayerischen Staatsoper auf. Im und rund ums Nationaltheater – womit mehrere Spielstätten wie Kunsthalle, Plaza, Hugendubel angesprochen wurden wie Capriccio-, Chor-, Ballett- und Hausgöttersaal, rechtes Foyer und Königsloge. Das alles brachte Tim Fite, Zeichner und Musiker aus Brooklyn, mit leichter Hand auf die in Oktoberfest-Weiß-Blau gehaltene Folder-Rückseite. Um sie anzusehen, muss das Blatt ganz aufgefaltet werden. Man schaue das Foto an!
Das ins Wimmelbild gefasste Kunterbunt des Angebots wird zweifellos von Kultur-Aktiven dominiert, zumal bewegungslustigen Menschen, die das September-Ende `23 noch ganz dem ausklingenden Sommer zuschreiben. Den Höhepunkt durfte das Bayerische Staatsballett bestreiten, mit einer Präsentation namens „Blickwechsel“, das Choreographien von Marius Petipa, Jacques Garnier und Marion Motin bot. Mit einer knappen Stunde ist diese Performance wohl die kürzeste, die das Nationaltheater im Angebot hat. Ganz nach Dornys Plan, den er persönlich vor dem Vorhang kundtat: bunte Vielfalt, ohne Altersgrenze. Dabei sein und Mitmachen!
Beispiele für „Qualität und Exzellenz“ des Spielzeit-Angebots waren drei Ballette, die unterschiedlich nicht sein konnten: von klassisch über modern bis ironisch-avantgardistisch. Getanzte Appetit-Häppchen. Mit wackelnden Hintern- und aufreizend schwingenden Hüft-Bewegungen zu Maurice Ravels „Bolero“ steckte in dem Schluss-Stück „Le grand sot“ die Compagnie des neuen Ballettchefs Laurent Hilaire den stärksten Applaus ein, deutlich hörbar von der exaltierten „Letzten Generation“. Dass nicht „da capo!“ gerufen wurde, ist klar. Denn dazu war wohl das hellauf begeisterte Publikum zu jung. Es pfiff und klatschte, bis es Zwölfe schlug.
Das Herren-Trio in chicem Schwarz-Weiß mit dem Gasttänzer Daniel Stokes von der Pariser Oper erntete große Bewunderung für „Aunis“, wie die traditionelle Musik der Region von La Rochelle genannt wird: ein mit Akkordeon untermaltes Mit-, aber nie Zu- oder gar Aufeinander und dennoch eine sich vom gemeinsamen „Erwachen“ bis zum „Wieder-zur-Ruhe-Kommen“ rundende 15-Minuten-Sequenz. Die längste Zeit gehörte freilich dem „Breitwand“-Entree: Petipas Grand pas classique „Paquita“ Das virtuose Solopaar Maria Baranova und Jinhao Zhang stahl den in strenger, goldglänzender Attitüde prunkenden Tänzerinnen und „Coryphéen“ keineswegs die Schau. Team-Grazie und taffe Selbstbehauptung – ein Anfang, den das ältere Publikum mehr goutierte als das junge.