Moskau-Connection: Das Netzwerk von Gerhard Schröder – Eine Rezension

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Du weißt nicht, was der späte Abend bringt (Marcus Terentius Varro 116 – 27 v.u.z.)

I

Persönliche Vorbemerkungen
Dies ist keine der üblichen Rezensionen. Vielmehr nutze ich die Recherchearbeit der Autoren Bingener und Wehner zur Reflexion eigener Positionen, Weichenstellungen und Erlebnissen im politischen Raum.

Seit Kindesbeinen fühlte ich mich als Sozialdemokrat ohne Parteibuch. In einem sehr politischen Elternhaus mit großen Widerwillen gegenüber Nationalsozialismus und Kommunismus aufgewachsen, wurde ich früh politisiert. Die kämpferischen und demokratisch klaren Mai-Reden des Regierenden Bürgermeisters des Freien Teils Berlin, des NS-Gegners, Antikommunisten und Sozialdemokraten Willy Brandt hörten mein Bruder und ich mit dem Vater immer mit. Wir lernten sehr früh zu Hause anders zu reden als in der Schule. Zwischen den Zeilen lesen wurde gut trainiert.

Den Sechs-Tage-Krieg 1967 erlebte ich als ein weiteres Schlüsselerlebnis. Mein Held in jungen Tagen wurde der israelische Verteidigungsminister Mosche Dajan, ein Sozialdemokrat.

Dann kam Helmut Schmidt, wiederum ein Sozialdemokrat. Der Hamburger, den ich seit der Sturmflut 1961 in guter Erinnerung hatte, verstand was von Wirtschaft und vor allem, er stand gegen den Terrorismus von RAF und Palästinensern. Stärksten Eindruck hinterließ er bei mir mit seiner auf Guadeloupe 1979 entstandenen Idee der Doppelten Nulllösung (Verzicht auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs auf neue und zusätzliche Waffensysteme und Erzwingung des Vorgangs mittels der Androhung und Realisierung der westlichen Nachrüstung nicht nur auf westdeutschem Gebiet), die als NATO-Doppelbeschluß erfolgreich in die Geschichte eingegangen ist. Verhandeln ohne eine eigene starke militärische Position, das war Schmidts Vorstellung von gleichgewichtiger Friedenspolitik nicht. Dafür war ich ihm dankbar. Als SPD-Mann und Einheitsbefürworter gab ich mich Freunden gegenüber schon früh in den 70er Jahren zu erkennen. Das war keineswegs risikolos. Ich hatte Glück.

Schmidt stand zu seiner Idee und verlor 1982 darüber seine Kanzlerschaft. Seine Partei folgte ihm nicht mehr. Was ich durch den Eisernen Vorhang hindurch nicht so mitbekam, wie es tatsächlich ablief. Mein Bild von der SPD wäre sicher ein anderes geworden. Zwar nahm ich Eppler als schräg wahr, verstand Brandts 80er Jahre Sowohl-Als-Auch-Lavieren nicht richtig und erlebte die prokommunistische Juso-Avantgarde der SPD nicht hautnah, doch vermochte mich das alles nicht vom SPD-Sympathisanten zum SPD-Kritiker zu verwandeln.

Anders als bspw. Arnold Vaatz durchlitt ich keinen DDR-Knast und musste mir demzufolge auch nicht den Hohn der Gefängniswärter anhören. Diese Knechte brüllten Arnold Vaatz und den meisten politischen Gefangenen ins Gesicht „…bald käme in Westdeutschland ein SPD-Kanzler an die Macht, der die DDR-Staatsbürgerschaft anerkennen und Salzgitter (gemeint war die „Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltung“ schließen wird! Ihr müsst euch also keine Hoffnung darauf machen, dass die euch dann noch in den Westen holen werden und ihr irgendwas Juristisches gegen uns in der Hand haben werdet.“ Arnold Vaatz musste bei diesen Aussichten niemand mehr mit SPD kommen. Sein Urteil über die SPD stand fest.

Der Christdemokrat und sträflich unterschätzte Helmut Kohl nahm Schmidts Doppelte Nulllösung auf und brachte sie durch den Bundestag. Der erste Abrüstungsvertrag über nukleare Kurz- und Mittelstreckenwaffen zwischen den USA und der Sowjetunion, der INF-Vertrag von 1987 war ein Erfolg der Sozialdemokraten um Helmut Schmidt und natürlich einer der Unionsfraktionen um Helmut Kohl.

Elf Jahre später – 1990 – bestätigte Michail Gorbatschow Helmut Schmidt gegenüber, dass Schmidt mit seiner Doppelten Nulllösung 1979 richtig lag. Die Sowjetunion war vor dem Doppelbeschluss in Mitteleuropa militärisch ungleich stärker als die NATO gerüstet, das vor allem atomar.

Wer mit Moskau redete, musste militärisch gleichwertig oder besser noch stärker sein. Nur diese Sprache verstand der Kreml. Ronald Reagan, Helmut Schmidt und Helmut Kohl wussten das.

Ostdeutschland 1953, Ungarn und Polen 1956, CSSR 1968 – auch 1989 war für realistische Zeitgenossen klar, der russische Bär könne jederzeit zurückkommen. Ein aus Putschistensicht gelungener Putsch in Moskau am 19. August 1991 hätte das Fenster zur sicheren Freiheit in der Deutschen Einheit geschlossen, wenn es diese Einheit zu dem Zeitpunkt nicht schon knapp elf Monate gegeben hätte. Auch die Ukraine hätte ihre Volksabstimmung am 1. Dezember 1991 über ihre Souveränität nicht abhalten können. Viel Blut wäre damals geflossen, hätte ein Putin die Zügel in der Hand gehalten.

Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde immer offensichtlicher, dass sich der wirtschaftliche Zwerg und gleichzeitige militärische Riese Sowjetunion in völlig hoffnungsloser Lage befand. Das Dilemma aus wirtschaftlichem Tiefpunkt und gleichzeitiger atomarer/militärischer Hochrüstung wurde mit der NATO-Nachrüstung für die wirtschaftlich/gesellschaftlich starre Sowjetunion existenziell.

Die NATO-Nachrüstung zwang die Sowjetunion zum militärischen und wirtschaftlichen Offenbarungseid. Deutlich wurde das mit dem sowjetischen Einverständnis zum INF-Vertrag von 1987. Darin verpflichteten sich die Vertragspartner USA und Sowjetunion zur Vernichtung aller atomaren Mittel- und Kurzstreckenraketen.

Michail Gorbatschow hatte das alles erkannt und wollte mittels Offenheit (Glasnost) und Wiederaufbau (Perestroika) der Sowjetunion einen Reset verpassen und zur westlichen Welt unter den Bedingungen von Freiheit und Demokratie aufschließen.

Die Sowjetbürger konnten sich nun erstmals seit 1917 ungehindert mit der verbrecherischen Geschichte des Weltkommunismus und des eigenen Staates beschäftigen und über marktwirtschaftliche Alternativen zum kommunistischen Wirtschaftssystem informieren.

Gorbatschow wollte die Sowjetunion retten indem er sie öffnete. Außenpolitisch ersetzte er die Breschnjew-Doktrin durch die Sinatra-Doktrin und gab so den Staaten des Ostblocks die Chance auf einen eigenen Weg zu Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Sicherheit. In Ostdeutschland gelang ihm das besser, im Baltikum ließ er anfänglich schießen.

1988 antwortete Helmut Schmidt in einem ARD-Interview anlässlich seines bevorstehenden 70. Geburtstages auf die Frage, was er über die Deutsche Frage denke, sinngemäß „Ob er die Wiedervereinigung noch erleben würde, das wisse er nicht. Doch kommen würde sie.“ Ich war begeistert.

In der SPD sollten statt Gorbatschows elf Jahren von 1987 zu 1990 sogar zweiundzwanzig Jahre vergehen, bis sich ein Fraktionsvorsitzender, Peter Struck, 2001 vor der gesamten Fraktion bei Helmut Schmidt für sein Demonstrieren gegen Schmidt und gegen die Doppelte Nulllösung in den 80er Jahren entschuldigte.

Friedliche Revolution und Deutsche Einheit
Die andere SPD, die linkere, lernte ich erst nach 1989 kennen. Voll des Hochgefühls aus dem Erfolg der Friedlichen Revolution gegen eine Diktatur kommend, war ich damals jedoch optimistisch, die Mehrheitsverhältnisse innerhalb der SPD gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten beeinflussen zu können. Der Einfluss des linken sozialistischen Flügels sollte nicht noch mehr anwachsen, die SPD sollte wieder eine Partei der Deutschen Einheit werden und das dann auch bleiben! So mein Wunsch.

Ein Jahrzehnt gelang das mit vielen Freunden halbwegs und heute über dreißig Jahre später muss ich konstatieren, den Prozess der SPD ins politische Nirwana konnten wir verlangsamen, aufhalten konnten wir ihn nicht.
Zum Glück war die SPD 1989 aber noch zu zwei Dritteln pro Deutsche Einheit sensibilisiert. Das östliche Aufbegehren für die Freiheit und gegen den realen Sozialismus weckte die Sozialdemokratie auf diesem emotionalen Boden gerade noch zur rechten Zeit auf. Wenige Jahre später mit einem Oskar Lafontaine oder einem Gerhard Schröder möglicherweise sogar als Bundeskanzler an der Spitze einer Bundesregierung hätte es keine offenen Türen mehr für die Ostdeutschen in die Deutsche Einheit und damit in die Sicherheit vor Moskaus Pranken gegeben. In jeder ostdeutschen Kreis- und Bezirksstadt stünden heute Putins Wehrmachtsoldaten auf der Wacht an der Elbe über uns.

Doch 1989 standen zwar Lafontaine und Schröder in den Startlöchern, den Kurs der SPD oder gar der Bundesrepublik wesentlich steuern, das konnten sie nicht. Die im politischen Altenteil gewähnten Willy Brandt, Helmut Schmidt gaben plötzlich wieder den Takt mit vor, wurden stärker nachgefragt. Welch‘ Glück!

1989/90 vermutete ich naiv, die beiden deutschlandpolitischen Geisterfahrer Schröder/Lafontaine waren nur aus opportunistisch kalkulierten Gründen gegen die Einheit. Mit Lesen dieses Buches denke ich, die standen fest gegen die Einheit, weil sie eher auf Seiten unserer Unterdrücker in Ostberlin und Moskau und in deren internationalen Kampf gegen die Vereinigten Staaten angedockt waren. Ich unterstellte den Herren und ihren Anhängern lediglich taktische Verstellung, tatsächlich waren sie auf unsägliche Art ehrlich. Welch‘ Abgründe!

Gemeinsam mit den Seeheimern um Annemarie Renger, Gerd Andres, Rudolf Purps, Hans-Jürgen Wischnewski, Hans Büchler und vielen anderen konnte das Schiff SPD-West 1989/90 auf den Einheitswunsch der ostdeutschen Sozialdemokratie und den der meisten Ostdeutschen Richtung Deutsche Einheit bewegt werden. In der Bundestagsfraktion, auf die es parlamentarisch viel stärker ankam als auf die Partei, waren die Verhältnisse zum Glück stark zugunsten der staatlichen Einheit fokussiert.
Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder und Co. wollten die Einheit nicht, konnten nichts damit anfangen. Eine eigenständige DDR, weiterhin unter Führung einer angeblich reformierten SED und deren ebenso „reformierten“ politischen Geheimpolizei MfS/AfNS, lag ihnen näher. Mit der Opposition in der DDR und im gesamten Ostblock hatten sie nichts am Hut. Ihr Herz schlug damals wie heute für Moskau. Das ahnten viele meiner Freunde einschließlich meiner Person 1989/90 nicht. Diese Vorstellung war uns zu absurd, nicht von dieser Welt.

Behauptungen dieser Art aus anderen Parteien auf die SPD gemünzt, tat ich energisch als gegnerische Wahlkampfrhetorik ab. Auf die Idee, dass diese westlichen Demokraten, Sozialdemokraten Kommunismus- oder Sowjetunionaffin waren, wäre ich nicht gekommen. Dass diese scheinbar wichtigen Politiker keinerlei Bezug zu den Grundlagen ihrer eigenen Sicherheit besaßen, dass sie überhaupt nichts vom den Hitler-Stalinpakt und von der Unsichtbarmachung der Völker zwischen Deutschland und der Sowjetunion begriffen hatten, das war für uns hinter dem „Eisernen Vorhang“ einfach nicht anzunehmen. Für so fahrlässig hielten wir diese Ritter der traurigen SPD-Gestalt nicht.

Im Kern ging es um den antitotalitären Konsens. Die Ost-SPD gründete sich deutlich auf diesem Konsens fußend. „Nie wieder Nationalsozialismus, nie wieder Kommunismus/Sozialismus!“. In der West-SPD vertraten allenfalls die Seeheimer diese Position. Die Parlamentarische Linke (PL) und ihre Apologeten um Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder, Heidemarie Wieczoreck-Zeul uva. waren hier Totalausfall.

Ursprünglich hatte ich den Vorsatz, nach dem freiwilligen Ausscheiden aus dem Bundestag 2009 der SPD das Leben nicht schwer machen zu wollen und „die machen lassen, was sie für richtig hielten“. Mit dem Verlassen des antitotalitären Konsenses auf dem Leipziger Parteitag im November 2013 brachte mich meine Partei wieder auf die Barrikaden. Die SPD beschloss ausgerechnet in Leipzig fortan auch Koalitionen mit Linksaußen auf Bundesebene zu ermöglichen. Stand die SPD bis dahin wenigstens noch mit ihren Grundsätzen auf dem Boden der wehrhaften Demokratie gegen Rechts- und Linksaußen, so kündigte sie diese rechtsstaatliche Position damals unverblümt auf. Der Durchmarsch der westlichen 68er mit ihrem unkritischen Blick auf das frühere Sowjetimperium war damit in der SPD abgeschlossen.

Ich schildere das alles so ausführlich, weil ich mich selbst vor dem Lesen des Buches von Reinhard Bingener und Markus Wehner befragte, wo und wann mir die Falschabbiegung der SPD in Sachen Russland und Putin entgangen ist. Im Bundestag war ich im Haushaltsausschuß und dort nacheinander als Berichterstatter für Justiz, Innen, Bau und Verkehr und zuletzt im Ältestenrat zuständig. Die Belange des Einzelpläne Verteidigung und Wirtschaft waren mir bekannt, doch nicht so intensiv wie die von mir bearbeiteten Haushalte. Hier galt der Vertrauensvorschuss für die eigenen Kollegen, die diese Haushalte bearbeiteten.

In der Fraktion wurden die Abbiegungen in ihrer Tiefe als solche nicht bekannt. Das rutschte vorbei. Unsere Außen-, Wirtschafts- und Verteidigungspolitiker hätten Alarm schlagen müssen, wäre es ihnen gegen den Strich gegangen. Ist nicht passiert. Und den ganz großen Energieklamauk seit dem Seebeben vor Fukushima 2011 mit Ausstieg aus Atom und Kohle bekam ich nicht mehr als Abgeordneter mit. 2009 schied ich freiwillig aus dem Bundestag aus.

Meine Positionen zu Gerhard Schröder
Nach dem Mauerfall lernten sich west- und ostdeutsche Sozialdemokraten erstmals persönlich kennen. Die Aha-Erlebnisse waren auf beiden Seiten groß an Zahl. Nach der ersten Freude über die neuen Möglichkeiten kamen die ersten Feststellungen überein- und miteinander. Der Anspruch ein Volk und eine politische Bewegung, die Sozialdemokratie, zu sein, wurde schnell auf Bewährungsproben gestellt. Die Sichtweisen waren auf Grund vierzig Jahren unterschiedlicher Entwicklungen oft nicht passfähig, Begriffe besaßen unterschiedliche Bedeutung. Was Diktatur ist, wussten die Freunde im Westen aus der Literatur und von ihren Eltern und Großeltern, die im Osten hatten es erlebt.

Die Toskana kannte die Ostdeutschen nicht, in der SPD gab es Hedonisten, die sich rühmten, die Toskana besser zu kennen als Ostdeutschland. Was ja kein Wunder und denen im Westen zu gönnen war. In die Zone fahren war kein Vergnügen, nach Italien reisen dagegen schon. Die deutlich heraushörbare Attitüde des besseren Italienkennens war es, die abstoßend war. Die inhomogene und keineswegs nur auf die SPD-West beschränkte Gruppe wurde gemeinhin Toskana-Fraktion genannt. Subsumiert wurden darunter vor allem linke Sozialdemokraten wie Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder, Heidemarie Wieczoreck-Zeul uva. Zu denen hatte ich keinen Draht. Es war eine andere, mir idiotisch scheinende Bagage.

1993 fiel Björn Engholm einer Parteiintrige zum Opfer. Die große SPD-Hoffnung für die kommende Bundestagswahl 1994 war dahin. Meine Enttäuschung war immens, gerade gegenüber den SPD-Kreisen, die mittel- und unmittelbar daraus Nutzen zogen. Ich stellte einen Antrag auf die Einsetzung einer parteiinternen Untersuchungskommission unter Vorsitz Helmut Schmidts. Die schmutzigen Finger sollten bekannt werden. Freunde schuf ich mir damit nicht, vom Misserfolg meines Antrags ganz zu schweigen (siehe „Gerhard Schröder 2022 und die Urwahl des SPD-Vorsitzenden 1993“).

Bingener/Wehner: „Die Darstellung umfasst im Kern die Zeit von 1998 bis 2022, also von der Wahl Gerhard Schröders zum Kanzler bis zum vollständigen russischen Angriff auf die Ukraine. (S.9).

Mir sagte, wie ich oben bereits beschrieb Gerhard Schröder bis 1989 wenig bis nichts. Das änderte sich erst nach dem Mauerfall und den ersten Kontakten mit Hannoveraner SPD-Mitgliedern.

Ihm trauten seine regionalen Sozis eine Koalition mit den Grünen zu, was mich dem Mann entfremdete noch bevor ich ihn überhaupt kennenlernte. Die Grünen mit ihrem Gewusel gegen Atomkraft, gegen NATO und ihrer anti-Einheitsrhetorik konnten mir gestohlen bleiben.

Und mit diesen Leuten wollte der mögliche Niedersachsenwahlsieger 1990 koalieren? Ihn sortierte ich nicht zu meinen Freunden in der SPD. Nach 1990 nahm ich ihn dann als Stänkerer gegen die Bundestagsfraktion wahr. Wo die Fraktion in Asylfragen vor dem Hintergrund der Masseneinreise vom Balkan für Gesetzesanpassungen stand, trat er öffentlich immer für die Wahrung der ungebremsten Zuwanderung ein. Sobald Björn Engholm, der für striktere Regeln eintrat, sein Amt als Parteivorsitzender abgab, wandelte sich Gerhard Schröder quasi über Nacht zum Änderungsbefürworter!

Leute, die Themen nicht grundsätzlich, sondern rein opportunistisch behandeln, sind mir schon immer zuwider. 1993 festigte sich so mein Urteil über Gerhard Schröder. In der Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz stimmte ich für Rudolf Scharping. Der war mir zwar in seinen Standpunkten eher unbekannt, doch das, was ich über Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorek-Zeul inzwischen sehr gut selbst wusste, das gab den Ausschlag für Scharping. Die Mehrheit der SPD-Mitglieder sah das damals genauso.

1997/98 stand die SPD vor der Entscheidung, Oskar Lafontaine oder Gerhard Schröder als Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl zu schicken. Die Wahl fiel auf Gerhard Schröder, was auch ich richtig fand. Nicht aus plötzlicher Sympathie für Schröder, sondern im Wissen, mit Lafontaine bestünden keine Chancen, den nächsten Bundeskanzler zu stellen.

In meiner Achtung stieg Gerhard Schröder erst ab 2003 und der AGENDA 2010. In dieser Diskussion schien er mir zum ersten Male überhaupt mit Herzblut zu brennen. „Fördern und Fordern“ war nach meinem Dafürhalten das Zurückkommen zur vernünftigen SPD.

2022 schrieb ich zu Gerhard Schröder folgendes:
1997 stand vor der SPD die Frage, wer im Bundestagswahlkampf 1998 führen sollte. Die Entscheidung fiel zugunsten Gerhard Schröder. Was sich als richtig erwies. Schröder zog bei den Wählern zwei Drittel, Lafontaine ein Drittel. Obgleich mir Gerhard Schröder wesentlich mehr lag als Oskar Lafontaine, den ich nie verstand, war ich kein Schröder-Mann. Schröder passte mir charakterlich nicht und ich hatte auch seine Rolle gegen Engholm nicht vergessen.

 

Mit Gerhard Schröder ging ich erst im Zuge der AGENDA 2010 d‘accord. Fördern und Fordern ist zutiefst sozialdemokratisch im Ansatz. Seit seinem Ausscheiden 2005 und besonders seit seinem Job für den KGB-Mann in Moskau ist er mir wieder so fremd wie vor 1997. Und was jetzt alles rauskommt über ihn und Russland, das widert mich an.“

Mit einer gewissen Spannung machte ich mich an das Buch.

II
Die Moskau Connection / Das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit.

Nach diesen Vorbemerkungen komme ich nun zur Rezension des Buchs und speziell zum Moskauflügel der SPD. Was an diesem Flügel ideologischer Sermon und was blinde Gier war/ist, mögen Geschichtspsychologen klären. Um ein gefährliches Gemisch aus beiden in individuell/temporär unterschiedlichen Mengenverhältnissen handelt es sich auf jeden Fall. An welchen Punkten oder Entscheidungen ist mir was entgangen oder hatte ich gar keine Chance zu sehen, wohin der Laden im Dunkel der Netzwerke tatsächlich lief?

Dieses Buch will erklären, wie Deutschland in diese Abhängigkeit geriet. Und warum die deutsche Politik mit so großer Naivität auf das Herrschaftssystem Putins blickte. Die Autoren halten beides zusammengenommen für den größten Fehler der deutschen Außenpolitik seit Gründung der Bundesrepublik.“ (S. 7).

Trotz der Krim-Annexion 2014, die den Korb 3 der KSZE-Schlußakte von Helsinki 1975 (Garantie der Grenzen) brutal brach, steigerte die Bundesregierung die Gasabhängigkeit Deutschlands von Russland. Die Autoren schreiben an dieser Stelle explizit von der aktuellen Bundesregierung Scholz, die jedoch stringent fortsetzte, was die Regierungen Schröder und Merkel naiv oder fahrlässig – je nach Betrachter – ins Werk und setzten. Möge den Verfassern eine Fortsetzung ihrer Arbeit gelingen.

Im Vorwort deuten sie es selbst an „Für ein vollständiges Bild wären weitere Aspekte einzubeziehen. Die Russlandpolitik der Unionsparteien und der Bundeskanzlerin Angela Merkel werden von uns kurz behandelt. … Fragen kommen nur kursorisch zur Sprache; alles andere würde den Rahmen dieses Buches sprengen“. (S.8).

Hannover
Gerhard Schröder und die Entstehung seines Netzwerks

Netzwerke sind per se nichts Negatives. Menschen suchen Freunde, mehren ihre Freundschaften und pflegen diese. Gleiche oder ähnliche Interessen und Vorlieben/Abneigungen bilden die Grundlage. So funktionieren auch Familien, Vereine, Gewerkschaften, Verbände, kurz unser Zusammenleben.
„Zeige mir deine Freunde und ich weiß, wer Du bist“ kann zur Beurteilung von Netzwerken beitragen. Im Falle Gerhard Schröders ist das geradezu geboten. Welche Interessen teilt er mit welchen Menschen? Die Autoren gingen auf diese Spurensuche.
Um 1968 führt Gerhard Schröder Fidel Castro und Che Guevera unter seinen politischen Traumfiguren. Sagte er selbst über diese Zeit. (S.13).

Ich halte fest, ein blutiger Diktator und ein Mörder hatten demnach Ehrenplätze in seinem Oberstübchen. Ziemlich erschreckend! Die zeitgenössische westliche Literatur war auch 1968 seit Jahrzehnten mit wichtigen Büchern über die Verbrechen nicht nur des Nationalsozialismus, sondern auch des Kommunismus wohlgefüllt. Wer das alles im freien Westen wissen wollte, der konnte es anders als die wissbegierigen Brüder und Schwestern im Osten, problemlos lesen.

Ob Gerhard Schröder das alles aus Überzeugungsgründen oder als Opportunist nicht wissen wollte, ist nicht klar. Auf jeden Fall passte er mit diesem Nichtwissen zum karrierefördernden Mainstream innerhalb der Jungsozialisten. Hilfreich für die Beurteilung in der Frage Überzeugung oder Opportunismus ist sein Positionswechsel mit seinem ersten Bundestagsmandat 1980. „Gewählt als Vertreter der marxistischen Kräfte bei den Jusos, hast Du dich von diesen Positionen gelöst und eine bis zur Ununterscheidbarkeit gehende Politik der Zusammenarbeit mit den ‚reformerischen Kräften‘ begonnen, rechnen Göttinger Jusos mit Schröder in der Frankfurter Rundschau ab.“ (S.14).

Schröders Sympathie und Interesse richteten sich von Anbeginn stärker nach Moskau als auf Washington. Das schreiben die Autoren (S.15). „Und Schröder weiß stets virtuos auf der Klaviatur des latenten Antiamerikanismus innerhalb seiner Partei sowie in der deutschen Gesellschaft zu spielen.

Im Rückblick vor dem Hintergrund des wehrmachtsähnlichen Überfalls auf die Ukraine und Schröders inzwischen längst bekannten Verhältnisses Schröders zu Putin und Russland erklärt das fast alles. Gerhard Schröder wusste nicht nur mit der Friedlichen Revolution in Ostdeutschland nichts anzufangen. Könnte er damals vielleicht sogar Mitgefühl und Trauer mit den Unterdrückern in Ostberlin und Moskau gehabt haben?
1989 gehörten Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine quasi im Westen mit der SED im Osten zu den Verlierern der Friedlichen Revolution. Das Pferd, auf das sie beide setzten, spielte vorerst nicht mehr die erste Geige. Medial mit viel Tamtam begleitete Staatsbesuche bei befreundeten Staatenlenkern des Ostblocks fielen weg. Die ganzen Mühen im Buhlen um die Freundschaft mit Ostberlin zu SED und FDJ, mit Moskau zu KPdSU und Komsomol, gegen die Nachrüstung, gegen die Erfassungsstelle Salzgitter, für die DDR-Staatsbürgerschaft usw. usf. schienen umsonst gewesen zu sein.

1990 macht Schröder Landtagswahlkampf gegen die Deutsche Einheit, stimmt im Bundesrat für Niedersachen gemeinsam mit Lafontaine für das Saarland gegen die Ratifizierung des ersten Staatsvertrages zur Deutschen Einheit (Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion) und reist als Ministerpräsident im Februar 1991 zuerst nach Moskau.

In der SPD war es diesbezüglich für mich nicht allzu gemütlich. Solange diese Art von Brandt-Enkel nicht die innerparteiliche Mehrheit besaß, solange war es auszuhalten. So sagte ich mir das. Parteien sind keine gemütlichen Sanatorien. Da wird gehobelt und es fallen Späne. Soweit war mir das alles klar. Ich setzte auf hoffentlich kommende Erkenntnisprozesse bei Schröder. 1997 glaubte ich dann, als Bundeskanzler würde er sich des gesamten Landes annehmen (müssen).
Das gab Hoffnung, heute weiß ich, ich habe mir zumindest in Teilen was vorgemacht. Die Freiheit in der Farbe der Nützlichkeit war seine Freiheitsidee.

Nützlich muss für ihn alles sein. Wenn das Nützliche in Freiheit zu holen ist, dann stört die Freiheit nicht. Unabdingbar ist sie keinesfalls. Gerhard Schröder ist damit kein Solitär. Viele Menschen sind so. Aber nicht alle Menschen kommen in die Gestaltungsmöglichkeiten eines Bundeskanzlers.

1990 Ministerpräsident Gerhard Schröder
Die Freunde
(ab Seite 19)
Im Sommer 1990 wurde Gerhard Schröder Ministerpräsident von Niedersachsen. Dieser Zeitpunkt gilt für die Autoren als eigentlicher Beginn des Netzwerks Schröder. Der Ministerpräsident holt sich Leute, mit denen er vertrauensvoll zusammenarbeiten kann. Das an sich ist nicht anstößig. Interessant sind die Personen. Brigitte Zypries und Frank-Walter Steinmeier schrieben in den 80er Jahren für die Fachzeitschrift Demokratie und Recht. Diese Zeitschrift erschien im Pahl-Rugenstein-Verlag, der maßgeblich vom Besitzer der DDR, der SED, finanziert wurde und der 1989 mit der Diktatur des Proletariats unterging. Gegner/ Skeptiker eines raschen deutschen Einigungsprozesses schienen Steinmeier wie Schröder gleichermaßen.

Es folgen viele Namen, heute bekannte, eher unbekannte und auch inzwischen vergessene. Alle scheinen von Sympathie eher für den staatlichen Gegner der Bundesrepublik östlich der Elbe als von der von ihnen besungenen Demokratie des freien Westens beseelt gewesen zu sein.

Welch‘ ein Glück, dass 1989 Helmut Kohl noch Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewesen war und nicht bereits politische Seelenverkäufer!

Glück im Unglück
Mit der DDR und später der Sowjetunion gingen den Schröders (und Lafontaines) die befreundeten kommunistischen Staatenlenker verloren. Das war ein Unglück, welches sie mit ihren Tiraden gegen die Deutsche Einheit und gegen die NATO erfolglos bekämpften. Das ideologiebeladene Schiff ging unter.

Dafür tauchten die neuen Möglichkeiten des ungehemmten Geschäftemachens mit der nun allseits wohlgelittenen Sowjetunion unter Gorbatschow und wenig später mit den allseits geförderten Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS) auf. Das war für Gerhard Schröder Glück im Unglück. Die gesamte westliche Welt, nicht nur die dankbare Bundesrepublik, hofften durch Investitionen, wirtschaftliche Hilfen und massive Beratung der darniederliegenden Sowjetunion und dann den desolaten Nachfolgestaaten Russland, Ukraine, Weißrussland, Georgien usw. auf dem Weg in die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft helfen zu können. Den Nutzen sollte alle haben, Geholfenen und Helfern. Zum beiderseitigen Nutzen.

Russland und alle GUS-Staaten sollten stabiler Teil der freien Welt werden. So wie Russland mit der NATO-Russlandakte 1997 auch Partner des westlichen Verteidigungsbündnisses werden sollte. So waren jedenfalls die Ideen und Wunschvorstellungen.

Heute wissen wir, der KGB/FSB holte sich sein Land zurück und machte Russland zu einem KGB/FSB-Staat. Die Putschversuche 1991 und 1993 waren das Vorspiel. Das Rennen war längst eröffnet: Erfolg von Freiheit und Demokratie versus Rückkehr der Diktatur? Der Westen war aufgerufen, die demokratischen Entwicklung in Russland zu unterstützen.

Insofern passten hier Gerhard Schröders Energieambitionen ins politische Umfeld. Handel und Wandel. Die Initiativen Schröders sind ihm in den 90ern nicht zum Vorwurf zu machen, seine speziellen Kontaktpflegen dagegen schon. Freund und Partner waren ihm vor allem die Kräfte des Alten, die wiederaufstrebenden Tentakel der vor-Perestroika-Sowjetunion. KGB/MfS-Vergangenheiten störten ihn wohl nie. Als Ministerpräsident und später als Bundeskanzler war er noch gegen eigene Verstrickungen gefeit. Amt, Verantwortung und Glanz waren eine Art Firewall. Mit dem Verlust des Amtes Bundeskanzler fiel diese Firewall.

Vor diesem Hintergrund ist Schröders erste Reise nach Moskau als frischgebackener Ministerpräsident im Februar 1991 kein Fauxpas gewesen. Das allseits geförderte Ziel war Hilfe zur Selbsthilfe für die auf Reformkurs befindliche Sowjetunion. Alle Parteien und Verbände legten sich ins Zeug. Außerdem standen in Ostdeutschland noch 500 000 Sowjetsoldaten. Bis zu deren Abzug musste der Sowjetunion, musste wenig später Russland schon aus diesem Grunde geholfen werden. Ein Narr, der das abgelehnt hätte!

Im Falle eines Scheiterns einer demokratischen Sowjetunion, des demokratischen Russlands würde der russische Bär zurückkommen. 1953, 1956, 1968 als Menetekel. Der Ukraine widerfährt das alles auf Wehrmachtart.

Die Autoren beschreiben Schröders Netzwerk und dessen Mechanismen. Die Vorgänge und Beziehungsgeflechte sind nicht per se verwerflich. Menschen finden sich zusammen und kooperieren. Auch Helmut Kohl agierte nicht allein. Entscheidend ist im Falle des Schröderschen Netzwerkes die Frage, inwiefern und ab wann Deutschland an Russland gebunden und die Bunderepublik willentlich in die existenzielle Abhängigkeit zu einem gefährlichen Staat geführt wurde und wie Schröders Nachfolgerin im Amt des Bundeskanzlers das alles weiterverfolgte.

1998 Bundeskanzler Gerhard Schröder
Für Gerhard Schröder und die SPD galt bis zum Seebeben vor Fukushima 2011 der Grundsatz, sichere und preiswerte Energie ist das Lebenselixier einer Volkswirtschaft. Wohlstand und Teilhabe für alle sind unter hohen Energiepreisen gefährdet und damit gefährlich für die Bundesrepublik Deutschland. Nie gab es bei dem deutschen Politiker Schröder auch nur den Anschein, den Energiemix ändern zu wollen, dass Grundlastsicherheit und günstige Preise flöten gehen. Die sogenannten erneuerbaren Energien galten als zusätzliche Energiequellen, weil volatil, und sollten ihre Chance haben, wo sie Sinn machen und keinen Schaden anrichten. Gerhard Schröder war bis 2005 energiepolitisch nie hirntot wie seine heutigen Nachfolger in der SPD.

Allerdings hatte er vor seinem Amtsantritt, außer dass er in das Kanzleramt „reinwollte“, keinen wirklichen fachlichen Plan für sein künftiges Tun als Kanzler der Republik. Einen Plan dagegen hatte sein Gegenspieler Oskar Lafontaine. Einen dunkelrot-tiefgrünen Plan. Die Leistung Lafontaines bestand darin, den grundlegenden Dissens vor der Wahl faktisch zu verheimlichen, um das erwartete Wahlergebnis nicht zu gefährden. Schröders Leistung war, Lafontaine machen zu lassen, obwohl ihm als marktwirtschaftlich denkender Kanzlerkandidat das alles nicht anmachte. Beide schoben den Klärungsprozeß auf die Zeit nach der Wahl.

Lafontaine verrechnete sich dabei deutlich. Er war Parteivorsitzender und wurde Bundesfinanzminister und glaubte, damit Gerhard Schröder eingehegt zu haben. Lafontaine machte, wie fast immer, den Fehler, eines Kanzlers Richtlinienkompetenz zu unterschätzen. Keine Partei und mag es die eigene SPD sein, kann bestimmen, was Regierungspolitik ist. Kein Finanzminister kann über den Kanzler hinweg agieren. Die Macht des Faktischen war in dieser Konstellation erwartbar stärker. Lafontaine mag in Ideologien, Stimmungen und Wünschen ein Faktor sein, in der Welt des Möglichen ist er ein Scheinriese.

Die SPD wurde im Bundestagswahlkampf 1998 von zwei Lokführern gesteuert. In der Mitte der Fahrerkabine tronte Gerhard Schröder, zu seiner Linken hantierte Oskar Lafontaine mit dem ideologischen Sanitätskasten. Bildlich gesprochen.

Für die Öffentlichkeit ergab das einen interessanten Spannungsbogen, der ein Maximum an Wählerbreite sicherte. Für die kommende Regierung war allerdings die Eskalation der unterschiedlichen Positionen vorhersehbar. Einer von beiden würde gehen müssen. Selbstverständlich würde das der real machtlosere SPD-Linke sein.

Ich schätzte damals, Gerhard Schröder würde 70 Prozent der SPD-Wähler anziehen, Oskar Lafontaine würde von 30 Prozent der SPD-Wähler bevorzugt werden. So ähnlich war es dann auch.

Den Klärungsprozeß schob Gerhard Schröder am 8. Juni 199 zusammen mit Tony Blair im „Schröder-Blair-Papier: ‚Der Weg nach vorne für Europas Sozialdemokraten‘“ von seiner Seite aufs Gleis. Die SPD bebte.

Der größte anzunehmende Fehler: Die Koalition mit den Grünen
Schröder konnte immer mit den Grünen, groß machen wollte er sie nie. Das galt auch für die Bundestagswahl 1998. Praktisch wäre ihm und vielen Seeheimern eine große Koalition unter seiner Führung mit CDU/CSU lieber gewesen. Deutschland steckte bereits Jahre fest und bedurfte großer Anstrengungen aus der Mitte, um notwendige Reformen aufs Gleis zu bringen. Das Wahlergebnis mit knapp 40,9 Prozent für die SPD und 6,7 Prozent für die Grünen ließen ihm keine Wahl. Der linke Parteiflügel um Lafontaine hätte eine Koalition mit der Union verhindert. Mit der RotGrünen Koalition zog die grüne Sekte dank der SPD unumkehrbar in alle Bereiche der Bundesrepublik ein. Der Zustand Deutschlands 2023 ist ohne die tragische Weichenstellung zu SPD/Grüne 1998 nicht denkbar. Auch der Tod auf Raten des Transrapid ist eine Folge dieser Koalition.

Ob und wie Gerhard Schröder Wladimir Putin jemals in demokratietheoretischen Zusammenhängen betrachtete, ist nicht klärbar. Dass Russland gefährlich war und noch gefährlicher werden könnte, solche Überlegungen scheinen in Schröders Oberstube nicht gelaufen zu sein. Zudem wird er Helmut Schmidts Satz über die Sowjetunion als Obervolta mit Atomwaffen verinnerlicht haben. Ein russischer Staat, auf riesigen Energieressourcen sitzend, wirtschaftlich und sozial nicht in der Lage schien, ebenbürtig zu werden, der konnte für ihn zu keiner Gefahr werden. Da der Bundespolitiker Gerhard Schröder den deutschen Energiemix nie einseitig von Gas, egal woher, abhängig machen wollte, sah er keine Gefahr mit dem Bau von Nordstream I am Horizont aufkommen. Die Sorgen der Polen und allen Staaten zwischen Deutschland und Russland waren dem Moskauliebhaber ohnehin schon immer so lästig wie egal. Was vor ihm uva. schon Bismarck unschön auszeichnete. Putins Strategie der Energie als Waffe dürfte Gerhard Schröder als Verschwörung abgetan haben.

Energie als Waffe (ab S. 45)
Die Autoren nehmen sich Putins Werdegang an. Seine Doktorarbeit von 1997, die wegen Plagiatsvorwürfen unter Verschluss ist, misst dem Export von Gas und Öl strategische Bedeutung zur Erreichung außenpolitischer Ziele zu. Dazu müsse der Energiesektor weitgehend unter staatliche Kontrolle gebracht werden. Putin setzte das ab Mitte 1998 als Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB und wenige Jahre später als Präsident Russlands in die Tat um. (S.37).

Gerhard Schröder wird das alles nicht gelesen haben, auch hätte er es sicher als Gefahr für Deutschland nicht ernstgenommen. Dass Bücher und Konzeptionen von gefährlichen Zeitgenossen nicht ernst genommen werden, ist in der Geschichte nicht neu.

Von Anfang an setzt Putin auf Krieg. In Tschetschenien läuft alles ab, wie später in Syrien und der Ukraine. Mord, Folter, Filtrationslager. (S. 51). Gerhard Schröder nahm das alles anscheinend bewusst nicht wahr. Vielen Bundestagsabgeordneten war nicht wohl dabei. Für sie schied Russland als demokratischer Partner immer deutlicher aus. Zunehmend wurde es als wohltuend angesehen, zwischen Deutschland und Russland Polen zu wissen. Russland stand nicht mit seinen Truppen in Deutschland. Diese Truppen standen hinter polnisch-russischen Grenze. Das würde sich dank der NATO-Mitgliedschaft auch nicht mehr ändern. Zudem kamen mit vielen ehemaligen Ostblockstaaten weitere Kenner russisch-sowjetischer Geschichte in die NATO.

Im November 2004 machte Gerhard Schröder den Gewaltmenschen Putin zum „lupenreinen Demokraten“. Das Kopfschütteln in den Reihen der Bundestagskollegen war groß. Meinte er das tatsächlich ernst? Es schien so.

Für den Bundeskanzler Gerhard Schröder ging es bis zu seiner Abwahl im Herbst 2005, das nehme ich auch heute noch an, um die Energiesicherheit Deutschlands und um die Einbindung Russlands in Wandel und Handel, sei es auf Kosten Polens und dem Baltikum. Verraten und verkauft hat er Deutschland, so meine Annahme, erst nach seiner Zeit als Bundeskanzler. Dazu komme ich noch.

Entspannungspolitik / Die Ausbeutung eines sozialdemokratischen Mythos (ab S. 58)
Die Autoren nehmen den Mythos Ostpolitik auseinander. Auch für mich war es die schmidtsche Gleichgewichtspolitik, wenn überhaupt, die primär erfolgreich war. Dazu bedurfte es zwingend keiner eher nachgiebigen Ostpolitik. Die KSZE-Akte war auch nur das wert, was an Abschreckung dahinterstand. Weiche Kontrahenten wurden von Moskau noch nie ernstgenommen. 2014 bewies Wladimir Putin, was KSZE/Korb 3 und Budapester Memorandum wert waren – für ihn nichts. Wer solche Verträge nicht durch eigene Kraft absichert, hat am Ende einen wertlosen Fetzen Papier in der Hand.

Im Glaubensbekenntnis der deutschen Sozialdemokratie steht die Entspannungspolitik weit oben. Sie gilt als Grundfrage sozialdemokratischer Außenpolitik – und Kritik an ihr als Angriff auf das Allerheiligste der Partei.“ (S.58). 1982 entzog die SPD ihrem Kanzler Helmut Schmidt die Loyalität. Schmidts Realpolitik und seine Doppelte Nulllösung stießen auf den energischen Widerstand der SPD-Linken. Brandt blieb, Schmidt wurde in der SPD zielstrebig verblasst.

Damit obsiegte die brandtsche Entspannungspolitik obsiegte in der SPD über die schmidtsche Gleichgewichtspolitik. Fünf Jahre später in Washington 1987 bekam aber Helmut Schmidt die historische Bestätigung der Richtigkeit seiner Sicherheitspolitik. Der INF-Vertrag über die Abrüstung der atomaren Mittelstreckenraketen war Ergebnis seiner Idee.

Die SPD hätte das Ereignis glanzvoll abfeiern können. Doch die fand zu dem Zeitpunkt auf der Weltbühne längst nicht mehr statt. Als Ersatzhandlung suchte die zur gleichen Zeit die Öffentlichkeit mit dem SPD-SED-Papier zu dominieren. Der Versuch mißlang ihr gründlich. Der INF-Vertrag wurde Weltgeschichte, das Gemeinsames Papier SPD-SED war sozialistische Volkskunst.

Eine auch nur annähernde Gleichbehandlung in der Rolle von der Bedeutung von INF-Vertrag und Gemeinsamem Papier konnte der SPD nicht gelingen. Der Rohrkrepierer Gemeinsames Papier wurde durch die SPD unermüdlich als Erfolg beschrieben.

Christian von Ditfurth sezierte das alles in seinem Spiegel-Artikel „Angst vor den Akten“ von 1992 Zitat: „Offensichtlich meinen manche Sozialdemokraten nur die Vergangenheit der anderen Parteien, wenn sie von Geschichtsaufarbeitung sprechen. Der Grund dafür: Sie wissen, daß sie in Gesprächen mit ihren SED-Partnern viel zu weit gegangen sind.“

Helmut Kohl konnte die Meriten, völlig zu Recht, einheimsen. Als ich ab 1990 in der SPD Helmut Schmidt bei vielen Gelegenheiten hochleben ließ, hatte ich das Gefühl, der vormalige SPD-Kanzler war in seiner Partei eine Unperson geworden. Ihm näherte man sich nicht, wollte man nicht aussätzig sein. Was sicherlich auch ein Ergebnis des unseligen Gemeinsamen Papieres von SPD und SED war. Die SPD verlor 1982 nicht nur den Kanzler, sondern auch quasi regierungsamtliche Mitbestimmung in außenpolitischen Fragen. Eine Oppositionspartei wird vom Ausland nicht so wahrgenommen wie eine Regierungspartei. So verstieg sich der linke SPD-Teil zu einer Nebenaußenpolitik und machte es sich im kommunistischen Herrschaftsbereich endgültig heimisch.

Die Entspannungspolitik erreicht also nicht die Ziele, die sie verfolgt hat. Zwar findet ein Dialog mit den kommunistischen Regimen statt, aber keine Reform der dortigen politischen Systeme. Vielmehr beginnt eine neue Phase des Kalten Krieges, mit von Moskau initiierten und unterstützten Umstürzen in afrikanischen Ländern wie Angola und Mosambik und dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan im Jahr 1979.“ (S. 62).

Zu seinem Freundeskreis gehörte ich nie, was mir nicht fehlte.

2005 Gerhard Schröder auf Abwegen
Gerhard Schröders komplett wirkender Seitenwechsel von deutschen Interessen zu russischen Interessen, den die Autoren anhand umfangreichen Materials zu belegen versuchen, kann ohne das 2005er Gefühl Schröders, von weiten Teilen seiner Partei in den Rücken getreten worden zu sein, nicht erklärbar sein. Das schreibe ich als Zeitzeuge und Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion zwischen 1990 und 2009.

2003 schlug der Bundeskanzler seine AGENDA 2010 zur Bewältigung eines drückenden Reformstaus in Wirtschaft und Arbeitsmarkt vor. Deutschland war wirtschaftliches Schlusslicht der EURO-Gruppe. Ein CSU-Parlamentarier zog die Regierung Schröder dafür sogar karnevalistisch auf und trug auf all seinen Wegen im Bundestag eine rote Laterne. Das war auch die Stimmung im Lande und in vielen Medien. Unter der Überschrift „Fördern und Fordern“, das heißt den Leuten Chancen durch Aus- und Weiterbildung geben und dann Teilnahme am volkswirtschaftlichen Prozess einfordern, sollte Deutschland wieder zur Lokomotive innerhalb der EU werden. Was auch gelang, Gerhard Schröders Nachfolgerin im Amt, Angela Merkel, profitierte davon.

Innerhalb der SPD war die AGENDA schwer umkämpft. Da der Gesundung der Wirtschaft die schmerzhafte Behandlung vorausging, blieben schnelle Erfolge erwartungsgemäß aus. Das nährte die innerparteiliche Kritik. Der Bundeskanzler hatte seine Truppe nur mit geringen Mehrheiten hinter sich. So bravourös er auf allen Podien kämpfte, der fehlende Rückhalt wirkte auf ihn wie Verrat. Gerhard Schröder fühlte sich im Stich gelassen. Nach dem Verlust der Kanzlerschaft brach er alle Brücken ab und machte auf Solitär, Er zeigte der SPD seinen Hintern und bewies ihr, dass er auch anderer Stelle erfolgreicher als die SPD sein kann. So erklärte ich mir seine Jobübernahme bei Gazprom und für Putin. War der Mann bis dahin nicht der Gier nach Geld ziehbar gewesen, so schien er ab Herbst 2005 von Rachegedanken und Gier nicht frei zu sein.

Pipelinegeschäfte / Der treue Lieferant
Der entscheidende Schlüssel für eine sichere Versorgung mit Gas liegt jedoch in der Diversifikation der Bezugsquellen. Bei der marktbeherrschenden Ruhrgas lautete damals die Maßgabe, dass nicht mehr als 30 Prozent des Gases aus einem einzelnen Land und insbesondere aus Russland stammen sollten, … . Unter Bundeskanzler Helmut Schmidt soll es mit Blick auf die Sowjetunion sogar eine 30-Prozent-Absprache im Bundessicherheitsrat gegeben haben. ‚Man wollte mindestens vier Beine haben‘, …“ (S.73)

Das Sicherheitsrisiko hingegen ist in der deutschen Öffentlichkeit ein Thema. … ‚Die 30 Prozent hören sich gewaltig an‘ antwortet Liesen (Ruhrgaschef) und verweist relativierend darauf, dass das ‚Russengas‘ nur für einen Anteil von 5,5 Prozent am westdeutschen Primärenergieverbrauch stehe“ (S.80).

Die Sowjetunion und später Russland belieferten Westdeutschland und die das wiedervereinigte Deutschland immer zuverlässig mit Gas. Unabhängig politischer Krisensituationen.

Illusion einer Partnerschaft – Die Russlandpolitik 1998 – 2013
Anfänglich seiner Amtszeit sucht Gerhard Schröder keineswegs den Kontakt den Kontakt zu Wladimir Putin. Auch nicht nach dessen Amtsantritt als Präsident Russlands im Jahr 2000. „Auf der außenpolitischen Agenda der Bundesrepublik rangiert Moskau zu Beginn der Schröder-Jahre ziemlich weit unten.“ (S.91). Das erlebte ich genauso wie die Autoren es beschreiben. Bis 2000 sahen viele meiner Kollegen als auch ich keinerlei Gefahr einer sozialdemokratischen Schwerpunktverschiebung von der Westintegration zum Baden in restriktiven russischen Gefilden.

Wladimir Putin schätzte das unzufrieden von seiner Seite aus wohl ebenso ein. Er suchte das tiefgreifend zu ändern. Als gut ausgebildeter KGB-Mann besaß er die gesamte Palette geheimdienstlicher Bearbeitung von Zielpersonen. Für die Zielperson Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zog er die Wohlfühlkarte. Gerhard Schröder wurde eingeseift bis unter die Hirnschale. Der Boden war seit Jusozeiten ohnehin fruchtbar und musste nur noch gemehret werden.

Putin wusste nicht nur um des Kanzlers Bierliebe, sein Dossier über die Zielperson war detailreich. Begründet wurde die Männerfreundschaft während des orthodoxen Weihnachtsfestes am 6./7. Januar 2001 in Moskau, sogar in der Saune. In der plötzlich es plötzlich brannte. Gerhard Schröder bestand die Mutprobe, er trank vor der Flucht aus dem Objekt der Intensiveinseifung noch schnell sein Glas leer. Wladimir Putin war beeindruckt. Ein richtiger Mann, dieser SPD-Bundeskanzler!

Sechs Jahre später bestand des Gerhards Nachfolgerin im Amt diese Art Männermutprobe in Sotschi nicht. Putins Labrador agierte furchteinflößend. Die Welt sah zu.

Seit diesem Weihnachten 2001 und seit der Sauna interessierten Gerhard Schröder die autokratischen Prozesse in Russland und Putins Zerschlagung der Pressefreiheit überhaupt nicht mehr. Vom Wüten in Tschetschenien ganz abgesehen. Gerhard Schröder war gefischt, der Beifang sollte der deutsche Energiemarkt zulasten Polens, des Baltikums und der Ukraine werden.

In der Bundestagsfraktion wurde dieser Männerbund nicht thematisiert, das nahm anfänglich niemand ernst. Yellow-Press-Gequatsche halt. Kein Kollege hätte es für möglich gehalten, dass Gerhard Schröders politische Landschaftspflege die Bundesrepublik zum Tauschobjekt werden lassen würden.

2001 hatte der Terror-Anschlag von Al-Qaida in den USA die außenpolitische Welt geändert, selbst Putin unterstützte die Amerikaner. Misstrauen gegen Gerhard Schröder, der den USA uneingeschränkte Solidarität bekundete, kam da nicht auf.
2002 war Bundestagswahlkampf und im August kam das Jahrhunderthochwasser an der Elbe. Danach Regierungsbildung und Kabinett Schröder II, 2003 im März startete der Bundeskanzler die AGENDA 2010. Allesamt innerdeutsche Schwergewichtsthemen. Schöders Männerliebe zu Putin ging an den Kollegen vorbei. Wir hatten genug zu tun.

Die Männerfreundschaft Schröder/Putin weckte bis 2005 relativ wenig Misstrauen unter den Kollegen, weil Wladimir Putin 2002 keinerlei Probleme mit einer US-Militärpräsenz in Georgien (FTD Financial Times Deutschland vom 04.03.2002, Seite 13 / Politik „Putin zwingt Hardliner auf West-Kurs“) sah. Überhaupt hatte Putin damals keinen Dissens mit der NATO-Osterweiterung und speziell dem Beitritt der baltischen Staaten. Noch 2005 sagte Lawrow sogar „Wir haben nichts gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine“.

In der heißen Wahlkampfphase zur vorgezogenen Bundestagswahl 2005 zog Gerhard Schröder blank. Ob die damalige SPD-Fraktionsspitze eingeweiht war, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Fraktion wurde genauso überrascht wie die Öffentlichkeit. Der Bundeskanzler unterzeichnete zehn Tage vor der Wahl eine Absichtserklärung der Bundesregierung und der russischen Regierung zum Bau einer Gas-Pipeline durch die Ostsee. Der Deal war durchdacht und auf schröderisch nachhaltig. Sollte er sein Amt verlieren, würde seine Nachfolgerin die Vereinbarung übernehmen müssen und er würde fortan eine größere Gage von Gazprom erhalten. Angela Merkel übernahm nicht nur die Vereinbarung und wurde quasi wichtigste staatliche Partnerin des Geschäftsmannes Schröder auf deutscher Seite. Beide konnten sich, so der Eindruck, aufeinander verlassen. „Die deutsche Industrie konnte sich über eine weitere Stabilisierung der Energieversorgung freuen.“ (Deutsche Welle „Die Geschichte des Nord-Stream-Projekts“.

Die Autoren zählen ab Seite 91 Putins Annäherungsstrategie, Schröders Geschmacklosigkeiten und wie an einer seltsamen Perlenkette aufgereiht, die vielen Treffen zwischen Schröder und Putin auf. Nach der Bundestagswahl 2002 entstand das, was der Bundesrepublik immer stärker auf die Füße gefallen ist und immer noch fällt. Bereits nach der Orangenen Revolution verwies Schröder Putin gegenüber auf angeblich legitime russische Interessen in der Ukraine. (S.103) und erreicht, dass Putin einer Widerholungswahl in der Ukraine zustimmen wird, die mit Viktor Juschtschenko ein Vertreter der Orangenen Revolution gewinnt. Der deutsche Gerhard Schröder und der Russe Wladimir Putin gaben grünes Licht für eine Wahl in einem Nachbarstaat Russlands. Wenn das mal kein eigenartiges Deja vu war.

Steinmeiers Wandel durch Verflechtung (ab S. 109)
Gerhard Schröder schied aus dem Amt aus, Angela Merkel übernahm das Amt als Regierungschefin der ersten Großen Koalition nach 33 Jahren. Der exBundeskanzler hatte zu dem Zeitpunkt selbstredend noch starken Einfluss und setzte seinen langjährigen Freund und Schreiber der AGENDA 2010 Frank-Walter Steinmeier als Außenminister durch. Die neue Kontinuität eines sehr speziellen Deutschland-Russland-Verhältnisses war gewahrt. Steinmeier vertiefte den sozialdemokratischen Satz des „Wandels durch Annäherung“ in „Annäherung durch Verflechtung“ (S.112) „ungeachtet des Einwands, dass unklar sei, mit wem man sich eigentlich verflechten soll. Nicht zuletzt fehlt es in Russland an der Rechtssicherheit durch eine unabhängige Justiz, auf die sich ausländische Investoren verlassen können. Dennoch soll die neue Partnerschaft mit Russland sehr eng und ‚irreversibel‘ sein – so wird es Arbeitspapieren festgehalten.“

Frank-Walter Steinmeier schien nicht in der Lage zu sein, den generellen Unterschied zwischen dem nachsowjetischen Russland und den nachsowjetischen unabhängigen Staaten Mittel-Osteuropas zu sehen. Im Gegensatz zu Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien, den baltischen Staaten, der Ukraine hatte sich in Russland der Geheimdienst das Land zurückgeholt. Steinmeier (und Schröder) machten keinen Unterschied zwischen den Demokratien und der Demokratur. Zu der Zeit dachte ich oft, glücklicherweise hatte auch Steinmeier 1989/90 noch keinen politischen Einfluss! In ihm hätte die SED wohl eher einen guten Freund gehabt als wir, die ostdeutschen Sozialdemokraten.

Putin führte ab 2004/2005 mehrfach einen Gaskrieg gegen die Ukraine und er ließ 2008 georgische Dörfer an der Grenze zu Südossetien beschießen. Aus Deutschland kamen keine scharfen Reaktionen, im Gegenteil Steinmeier warnt vor „Scharfmacherei“. (S.117).

2007 machte sich Gerhard Schröder dafür stark, russischen Energieunternehmen den Weg ‚in unsere Netze‘ zu ebnen.“ (S.120).

Schröders Business Case (ab S. 122)
Knapp drei Wochen nach seinem Auszug aus dem Kanzleramt titelt die BILD-Zeitung am 10. Dezember: ‚Russen holen sich Schröder‘“ (S.122).
Gerhard Schröder und seine nähere Umgebung behaupten, erst nach der verlorenen Wahl sei der Posten auf den Tisch gekommen. Die Autoren sehen das anders, auch ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Gerhard Schröder diese Alternative für die Zeit nach der möglichen Wahlniederlage nicht bereits vorher gesichert hatte.

Mit dem Schritt in das Gazpromuniversum verknüpft er „sein eigenes Netzwerk mit Putins autokratischer Macht und übernimmt mit seiner exponierten Lobbvistentätigkeit eine Rolle, die man von seinen Amtsvorgängern nicht kannte.“ (S.123).
Zugleich wird er Schwimmer in einem Becken, welches von ehemaligen und aktiven KGB/FSB/MfS-Mitarbeitern nur so wimmelt. Die Autoren beschreiben das alles recht eindrücklich. Ziemlich eklig, dieses Universum. Ein Universum, welches Deutschland und Österreich gleichermaßen durchsetzt (ab S. 131).

Die weiteren Überschriften und Zwischenüberschriften lohnen ebenfalls des Nachlesens:

Merkel und die Moskau-Liebe der Union ab Seite 142

Party mit Platzeck
ab Seite 154

Toxische Beziehung


Die Russlandpolitik
2013-2021

Hannover wird wieder rot


Annexion? Die SPD bleibt entspannt
ab Seite 176

Nord Stream 2 und Deutschlands naive Gaspolitik
ab Seite 191

Moskau attackiert den Westen
ab Seite 204

Spenden, Delegationen und schöne Titel
ab Seite 221

Russland-Streit in der SPD und der Fall Nawalny
ab Seite 231

Schwesig und die Fake-Stiftung ab Seite 247

Kunst, Konsuln und ein Friedensnobelpreis
ab Seite 256

Er hat uns alle getäuscht
ab Seite 264

Nach dem Überfall


Fazit: Signale und Schwäche
ab Seite 274
Dafür, dass Deutschland blind war gegenüber dieser Bedrohung, die für die Ukraine in einem schrecklichen Krieg endete, trägt Schröders Moskau-Connection einen bleibende Verantwortung“ (S.285)

Was wäre, wenn Gerhard Schröder nach der Bundestagswahl in seinen Ruhestand …
und nicht in die Dienste Putins gegangen wäre? Diese Frage stellen die Autoren nicht. Die stelle ich.

Gerhard Schröders große Leistung war die AGENDA 2010. Deutschland wurde fit gemacht und überstand besser als viele andere Staaten die weltweite Finanzkrise 2008/2009.

Nordstream I wäre wahrscheinlich auch ohne des exKanzlers Tun nach der Wahl durch Angela Merkel Politik zur Vollendung gebracht und in Betrieb genommen worden. Das vielleicht sogar mit dem Einverständnis Polens? 2005 war Nordstream I Teil des noch austarierten deutschen Energiemixes ohne die Gefahr zu großer Abhängigkeit von Russland.

Zu Nordstream II kam es erst infolge der durch Angela Merkel 2011 inszenierten „dümmsten Energiepolitik der Welt“ nach dem Seebeben von Fukushima und dem Beschluss über den gleichzeitigen Ausstieg aus den grundlastsichernden Energieträgern Kernenergie und Kohle bis 2023.

Die für die sogenannte Energiewende, d. h. den Umstieg auf die volatilen Energieträger Sonne und Wind, benötigte backup-Energiemenge in den Ausfallzeiten von Sonne und Wind soll(t)en Gaskraftwerke liefern, die ihr Gas wiederum aus Russland erhalten soll(t)en. Wäre es ohne Gerhard Schröders Wirken für Putin und Gazprom zur deutschen Energiewende mit dem gleichzeitigen Ausstieg aus zwei bedeutenden Grundlastenergieträgern gekommen? Wer hätte statt Schröder der Bundeskanzlerin das Projekt Nordstream 2 als Sicherheitsgarantie für die Energiewende schmackhaft gemacht? Denn ohne russisches Gas hätte ein zentrales Element für die Umwälzung des deutschen Energiemixes gefehlt.

Die Sozialdemokratie stellte in ihrer Geschichte bedeutende Kanzler. Gerhard Schröder stand in dieser Reihe mit seiner AGENDA 2010 bereits neben Willy Brandt und Helmut Schmidt oben auf dem Treppchen in der SPD-Ruhmeshalle. Mit seinem Übertritt in die Dienste des späteren Aggressors in der Ukraine stolperte er durch eigenes Tun vom Podest.

III
Nachbetrachtungen über Willy Brandt und Helmut Schmidt
An diesen Gedanken zu meinen Idolen Helmut Schmidt und Willy Brandt komme ich leider vorbei.

Der Schmidt-Missbrauch 2014/2015 durch die SPD
Helmut Schmidt äußerte sich anlässlich Putins Ostukraine- und Krim-Annexion 2014 entgegen seiner bis dahin ein ganzes Leben in unzähligen Reden und Büchern wohldurchdachten und konsequenten vertretenen Position zur Sowjetunion, zu Russland und zur Ukraine plötzlich wie aus einem anderen Film kommend völlig unverständlich. Er brach als sehr alter Mann mit seiner überragenden Stringenz in Denken und Wirken. Drei Jahrzehnte vorher sah er die Ukrainer als Volk mit langer Geschichte. Mit Putins Bruch des Budapester Memorandums 2014 nahm auch er der Ukraine ihr Selbstbestimmungsrecht und gab dem Eroberer aus dem Kreml in Schröder-Lesart recht. Welch Gegensatz! Das war nicht mehr der Helmut Schmidt, den ich kannte und schätzte. Für den ich keine Diskussion scheute.

1982 opferte er für den NATO-Doppelbeschluß und damit einer bedeutenden Sicherheitsgarantie seine Kanzlerschaft. Zweiunddreißig Jahre später war ihm die Überlebensgarantie für die Ukraine völlig egal. Der rüstige Helmut Schmidt, 1982 voll im Leben stehend, hätte sich sehr über den hochbetagten und höchstangesehenen Helmut Schmidt von 2014 ff sehr gewundert.

Meine Erklärung angesichts dieses völlig anderen Helmut Schmidts war, der alte weise Mann hatte in seinen letzten Schicksalsjahren möglicherweise fast nur noch putinfreundlichen SPD-Umgang.

1990 war er innerhalb der SPD-Führung fast eine Unperson, ich erlebte das sehr niederschmetternd, dreißig Jahre später war er die letzte große politische Glanzperson für die Deutschen und für die SPD. Hasste ihn früher ein großer linker Teil seiner Partei, so vereinnahmten ihn in seinem Lebensabend fast alle Sozialdemokraten aller Flügel und Ränge. Das wird Helmut Schmidt nicht unberührt gelassen haben.

Die Schröders, Steinmeiers, Platzecks und Co. müssen den Mann schamlos eingeseift und ins Schlepptau genommen haben. Auf Schmidts Mist können seine 2014er Erkenntnisse nicht so recht gewachsen sein. 2014 legte sich auf mein Verhältnis zu Helmut Schmidt, mit dem ich ab 1990 mehrfach persönlich und intensiv sprach, ein Schatten. Ein Schatten, der seine Lebensleistung nicht schmälert, jedoch seine Spätphase in diffuses Licht taucht. Eine schmerzhafte Situation.

Willy Brandt
Auch Willy Brandt ließ bei mir nach 1989 Federn. Sein Verhältnis zu Israel war von eher schwieriger Natur. Um es freundlich zu formulieren.

Ich zitiere Michael Wolffsohn:
Einige Fakten dazu. Am 10. Februar 1970 verüben Palästinenser einen Terroranschlag auf dem Flughafen München-Riem; tags darauf verkündet Brandt den Koalitionsspitzen, er werde eine Israel-Politik „ohne Komplexe“ führen. Im Dezember 1970 darf ihn kein deutsch-jüdischer Vertreter nach Warschau begleiten. Im September 1972 das Olympia-Massaker. Ende Oktober 1972 dann die Freilassung der überlebenden Terroristen. Im Juni 1973 verweigert Brandt eine Vermittlung zwischen Israel und Ägypten. Im Oktoberkrieg 1973 droht Israels Auslöschung. Brandt und Bundesaußenminister Walter Scheel untersagen den USA über die Bundesrepublik Waffennachschub nach Israel zu liefern.“ (Die Welt am 24.04.2023 „Warum reagierten Brandt und Co. so schamlos kaltschnäuzig?“)

Beide, Willy Brandt und Helmut Schmidt, ehre ich weiterhin für ihre Lebensleistung, wenn auch inzwischen mit Abstrichen. Gerhard Schröder ist wieder der, der er für mich bis zu seiner Kanzlerschaft war, ein politisches Alpha-Tier mit mir unbekannten Grundsätzen. Sein Platz in den Geschichtsbüchern wird kein Ehrenplatz sein.

Wie das so ist mit Idolen, es sind Fiktionen. Wünsche überschreiben die Wirklichkeit. Was in Kultur, seien es Musiker und ihre Musik, seien es Künstler und ihre Kunst, die Produkte geben meist nicht preis, was deren Verursacher tatsächlich für Menschen sind.

IV
Schwein gehabt?
Ganz zum Schluss bin ich froh, keine mir gut bekannten und von mir geachteten Seeheimer unter den vielen aufgezählten Namen im Schröderschen (Putin-)Netzwerk gelesen zu haben.

Eine Erklärung wäre, Gerhard Schröder war nie Seeheimer, kam von Links und wurde gemäß des Seeheimer Selbstverständnisses in seinem Amt als Bundeskanzler der Bundesrepublik in Solidarität getragen und begleitet. Seeheimer stürzen nämlich ihre Kanzler nicht. Das tun in der Regel Jungsozialisten und SPD-Linke.

Die Moskau Connection / Das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit
Reinhard Bingener/Markus Wehner, C H Beck 3. Auflage 2023, ISBN 978 3 406 79941 9

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Nachbetrachtungen GW
V
Wie am Anfang der Rezension, so an deren Ende: Persönliches
Zweieinhalb Jahrzehnte später gehörten auch die Seeheimer, darunter auch viele mit ostdeutscher Sozialisation, nicht mehr zu den Antitotalitären in der SPD. Den Thüringer Wahlkampf pro RotRotGrün (RRG) trugen sie voll mit und untersagten den RRG-Gegnern (Kampagne „Gegen BlutigRotGrün“) innerhalb der Thüringer SPD, sich als Seeheim-Thüringen zu organisieren.
Nach der Thüringer Landtagswahl fuhr ich zu den Seeheimern nach Berlin und kündigte denen die Freundschaft auf. Die gesamte SPD war inzwischen vereint im propagandistischen „Kampf gegen Rechts“ unter Einschluss von Linksaußen und auf dem linken Auge bewusst blind geworden. Mein kommender Austritt 2019 aus der SPD deutete sich 2014 an.

Seit 2019 bin ich wieder Sozialdemokrat ohne Parteibuch. Der Kreis hat sich geschlossen.

VI
Links zu eigenen Texten hinsichtlich des in der Rezension besprochenen Stoffes:

1989:
Wer kennt die Opfer, nennt die Zahlen?

7. November 1989: SDP Leipzig

18. November 1989: „Nichts ist gesichert! Der Artikel 1 besteht weiter.“

Die Deutsche Frage gibt es!

Meine Antwort auf den Aufruf „Für unser Land“

Montagsrede 11. Dezember 1989

Wenn eine Schlange sich häutet

1990:
Rede vor den sozialdemokratischen Opfern des Naziregimes (AvS)

Es reicht! Helmut Schmidt muss ran!

17. Juni 1990 – der erste frei zu begehende „Tag der deutschen Einheit“ in der DDR

Es reicht! Ein Brief an den künftigen Kanzlerkandidaten der SPD

Lenin war der erste Stalinist!

1. Bautzenforum 1990: „Den Opfern der kommunistischen Gewaltherrschaft“

Die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl 1990 – meine Auswertung vom 2.12.1990

1991:
19. August 1991: Putsch in Moskau

Endkampf ums Lenin-Denkmal in Ostberlin

1995:
1989/90 – Die SED zwischen Massenausreise …. und deutscher Einheit

1998:
Der Kampf um den ostdeutschen Anteil im Berliner Programm der SPD

2001:
40 Jahre Spargelfahrt der Seeheimer

2005:
Entscheidung für Neuwahlen

Schröders Rückzug – heute Entscheidung

2008:
Die Geister, die wir riefen. SPD und SEDPDSLLWASGLinke

Ein Minus-Aufstieg von 12 Prozent. Eine starke Leistung.

2010:
Festvortrag „140 Jahre SPD Döbeln / 147 Jahre SPD“

2013:
2013: Die SPD spielt mit dem Geschick dieser Republik

2014:
1989/90: Dritter Weg oder Deutsche Einheit?

Warum die Deutsche Einheit noch heute zentral für unsere Russland-Politik ist

Was die SPD opfert – Zur Gründung der SDP 1989

Wie ich den Prozess zur Maueröffnung erlebte

2015:
Befreiung 1945 – für Mittel-Osteuropäer ein Januskopf

Wir haben nur die Strasse

Beitritt GG 1990

Die 10. Volkskammer der DDR – Retterin der Friedlichen Revolution

Von „Nie wieder Deutschland“ zu „Deutschland, Du mieses Stück Scheisse

2016:
Die DDR – ein Unrechtsstaat von Geburt an

„Deutschlands Weg 1989/90 in die Einheit – Wo stehen wir heute? Was wird uns die Zukunft bringen?“

Interview mit Karl-Eduard von Schnitzler zum 9. Oktober 2016

Wie der Rock den eisernen Vorhang wackeln ließ

2017:
Ein historischer Fenstersturz der anderen Art

Wer mit Linksaußen in die Heia geht, wacht mit der SED auf

Herzlich willkommen auf dem Narrenschiff! Die Seeheimer fahren politisch Achterbahn

Lieber Sozialdemokrat Heil: Es waren die Kommunisten!

Die SPD und die Zwangsläufigkeit ihrer Wahlniederlage vom 24. September 2017

Freiheits- und Einheitsdenkmal Leipzig – eine Materialsammlung

Freiheits- und Einheitsdenkmal Leipzig – Diskussion 2017

Wie ich den Prozeß der Maueröffnung erlebte

2018:
50 Jahre „68“. Welches „68“? Eine Polemik.

Die Moskauer Faschismus-Keule – ein besonders hartnäckiger Widergänger

2019:
Platzeck lädt ein – zu dem gehe ich nicht!

Muss es ausgerechnet Matthias Platzeck sein?

2020:

Hitler Eine globale Biographie

2022:
KGB: Ein Staat im Dienste eines Dienstes

VII
2019 trat ich nach knapp 30 Jahren aus der Partei aus, der ich mich immer zugehörig fühlte und der ich viel zu verdanken habe. Im Gegenzug war ich für die SPD auch nicht ganz unnützlich gewesen. In der SPD hatte ich mehr Freunde als Nichtfreunde. Die meisten Freunde sind nach meinem Austritt meine Freunde geblieben. Das ist schön. Das Leben ist mehr als Politik, mehr als SPD.

VIII
Freunde, Mitstreiter und gute Kollegen in der SPD
Mit meinen langjährigen Mitarbeitern Albrecht Rehren und Eckehard Schelz verbindet mich lebenslänglich Freundschaft und gegenseitige Anerkennung. Auch an meinen Volkskammermitarbeiter Berthold Richter denke ich gern zurück, Lutz Wedler und Johannes Tiefensee arbeiteten ebenso immer zuverlässig für mich. Danke!
Ich zähle nun viele Namen auf, mit denen ich in der SPD-Region Leipzig-Borna-Geithain/Sachsen und darüber hinaus immer gern und gut am selben Strang zog. Die Aufzählung ist nicht vollzählig, das ist gar nicht möglich. Dopplungen waren infolge der unterschiedlichen und gleichzeitigen Organisationsbereiche nicht zu vermeiden. Ich bitte Freude, die in dieser Liste nicht vorkommen, um Entschuldigung! Die Übersicht ist nach dreieinhalb Jahrzehnten schwierig.

Ich beginne mit den Gründungsmitgliedern der SDP am 7. November 1989 und den Mitgliedern nach der Gründung der SDP bis zur Fusion mit der SPD-West am 23. September 1990 sowie den Mitgliedern der Kurt-Schumacher-Gesellschaft in der DDR und den Sozialdemokraten, die ich in der vereinigten SPD kennen- und schätzen lernte
Frank Mieszkalski Andreas Bertram Mike Dietel Bernd Dehler Hans-Heinrich Deicke Liane Deicke Ingrid Doctor Manfred Doctor Rolf Ehricht Jürgen Engelmann Rainer Fornahl Günther Gentzsch Gunther Hatzsch Holger Sell Margot Hünsch Marcus Antonioli Thomas Lipp Roland Mey Dietmar Motzer Doris Mundus Manfred Rauer Albrecht Rehren Wolfgang Renker Reinhard Schädlich Sonja Rensch Walter Rensch Eckehard Schelz Robert Thürmer Carolin Tschense Holger Tschense Jörg Tschense Lutz Wedler Traudel Weise Jürgen Wenge Alexander Wendt Thomas Böhlau Karl Jendryschik Margit Weihnert Manfred Rauer Axel Dyck Michael Ehrenberg Frank Uhlemann Till Vosberg Dieter Schöne Gunther Hänseroth Bernd Meuche Barbara Schirdewahn Elfriede Queitsch Wolfgang Queitsch Dieter Schlott Carola Leppin Erhard Ortmann Robert Kusch Otto Ruhland Annegret Tauer Ingo Reithmann Sascha Jung Reinhard Jeromin Eberhard Fleischmann Gottfried Schröpfer Matthias Schmiedel Wilfried Helmstreit Edith Bittner Gerthold Karich Ernst Benedict Franz Rätsch Johann Kehl Otto Leuschner Hans-Günter Lange Gunter Lippold Werner Marschner Hans Tretzschok Jochen Koch Wolfgang Rasch Peter Friedrich Hans-Treffkorn Hans-Jörg Hense Manfred Vetter Johann Kehl Michael Lersow Karl-Heinz Kunckel Kurt Seidel Jürgen Möhrstedt Dirk Leppin Günter Wolf Maria Stolze Eckhard Stolze Hilmar Angelmi Alfred Kunze Gernot Borris Harald Heinze Joachim Fischer Berthold Dücker Uwe Plachetka Bernhard Schubert Annette Weidhas Albrecht Kaden Jürgen Maruhn Ernst Eichengrün Waldemar Ritter Uwe Paul Wolfgang Nowak Brigitte Drews Winfried Schneider-Deters Friedmar Stopp Lutz Kätzel Dieter Lang Axel Brückom Heiner Harms Dietmar Steeb Steffi Steeb Jürgen Wenige Christian Jonas Hans Christoph Kliebes Rolf Franke Halina Franke Dietmar Stein Andre Kupferschmied Hassan Soilihi Mzé Brigitte Bauerfeind Holger Bauerfeind Dieter Häcker Manfred Langner Heiko Bär Christine Weißgerber Kurt Weißgerber

In der SPD-Volkskammerfraktion arbeitete ich sehr gern mit Bernd Voigtländer Inge Stetter Richard Schröder Rolf Schwanitz Volker Schemmel Till Backhaus Irene Ellenberger Rüdiger Fikentscher Alfred Förster Christina Fritsch Johannes Gerlach Martin Gutzeit Hans-Joachim Hacker Frank Heltzig Stephan Hilsberg Renate Jäger Manfred Kalz Peter Kauffold Gerlinde Kuppe Elke Lindeman Dietmar Matterne Jes Albert Möller Gerhard Neumann Peter Oleikiewitz Wilhelm Polte Hermann Quien Dieter Rudorf Volker Schemmel Richard Schröder Rolf Schwanitz Susanne Seils Wieland Sorge Volker Stephan Inge Stetter Ulrich Stockman Gottfried Timm Bernd Voigtländer Siegfried Weigel Reinhard Weis Karsten Wiebke Frank Wietschel Alwin Ziel Emil Schnell Volker Stephan Christian Schultze

Für die SPD-Landesgruppe Sachsen im Deutschen Bundestag durfte ich von 1990 bis 2005 die Sprecherfunktion ausüben. Meine wichtigsten Freunde in der Landesgruppe, die ich noch zu meinen Freunden zählen darf, sind in alphabetischer Reihenfolge der Vornamen:
Christian Müller Gerald Thalheim Hans-Joachim Hacker Helga Otto Renate Jäger Rolf Schwanitz Simone Violka Jürgen Wieczorek Barbara Wittig Rainer Fornahl

In der SPD-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag war das gemeinsame Arbeiten immer hervorragend mit den Seeheimern und denen nahstehenden Bundekanzler Willy Brandt Bundeskanzler Helmut Schmidt Annemarie Renger Brigitte Schulte Ernst Bahr Christine Kurzhals Gerd Andres Hans Büchler Hans-Joachim Hacker Helmut Wieczoreck Horst Grunenberg Jürgen Wieczoreck Karl-Hermann Haack Otto Reschke Rudolf Purps Susanne Kastner Verena Wohlleben Wolfgang Ilte Holger Bartsch Hans-Hinrich Knaape Uwe Küster Hans-Ulrich Klose Norbert Gansel Günther Tietjen Hans-Jochen Vogel Walter Kolbow Konrad Porzner Ingrid Matthäus-Maier Gudrun Weyl Gottfried Bernrath Liesl Hartenstein Helmuth Becker Ulrich Böhme Arne Börnsen Klaus Daubertshäuser Karl Diller Freimuth Duve Helmut Esters Carl Ewen Lothar Fischer Anke Fuchs Fritz Gautier Florian Gerster Günter Graf Achim Grossmann Gerlinde Hämmerle Klaus Hasenfratz Dieter Heistermann Erwin Horn Lothar Ibrügger Uwe Jens Volker Jung Ernst Kastning Karl-Heinz Klejdzinski Hans Koschnick Klaus Lennartz Franz Müntefering Rolf Niese Jan Oostergetelo Peter Paterna Wilfried Penner Hermann Rappe Peter Reuschenbach Wolfgang Roth Dieter Schanz Günter Schluckebier Johannes Singer Hartmut Soell Waltraut Steinhauer Josef Vosen Rudi Walther Gerd Wartenberg Axel Wernitz Dieter Wiefelspütz Hans de With Nils Diederich Manfred Opel Robert Antretter Holger Bartsch Hans Berger Marion Caspers-Merk Eike Ebert Norbert Formanski Manfred Hampel Ulrich Janzen Sigrun Klemmer Fritz Rudolf Körper Elke Leonhard Markus Meckel Herbert Meissner Jürgen Meyer Siegmar Moosdorf Volker Neumann Albert Pfuhl Eckhart Pick Siegfried Scheffler Dieter Schloten Ulla Schmidt Karl-Heinz Schröter Joachim Tappe Siegfried Vergin Wolfgang Weiermann Jochen Welt Axel Wernitz Peter Zumkley Doris Barnett Ingrid Becker-Inglau Peter Enders Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Rolf Hempelmann Gerd Höfer Jann Peter Jannsen Sabine Kaspereit Hans-Peter Kemper Marianne Klappert Werner Labsch Dieter Maaß Winfried Mante Markus Meckel Gerhard Neumann Günter Oesinghaus Albrecht Papenroth Kurt Palis Martin Pfaff Reinhold Robbe Gerhard Rübenkönig Rudolf Scharping Bernd Scheelen Horst Schild Dieter Schloten Walter Schöler Mathias Schubert Volkmar Schultz Bodo Seidenthal Horst Sielaff Wolfgang Spanier Jörg-Otto Spiller Peter Struck Joachim Tappe Franz Thönnes Hans Urbaniak Wolfgang Weiermann Uwe Göllner Kurt Bodewig Klaus Brandner Detlef Dzembritzki Petra Ernstberger Iris Follak Harald Friese Dieter Grasedieck Wolfgang Grotthaus Hubertus Heil Frank Hempel Angelika Krüger-Leissner Lothar Mark Johannes Pflug Silvia Schmidt Ewald Schurer Ditmar Staffelt Rolf Stöckel Rainer Wend Engelbert Wistuba Sören Bartol Uwe Beckmeyer Lothar Binding Hans-Günter Bruckmann Bernhard Brinkmann Karin Evers-Meyer Klaas Hübner Ernst Kranz Christine Lehder Dirk Manzewski Sascha Raabe Walter Riester Anton Schaaf Wilfried Schreck Joachim Stünker Andrea Wicklein Volker Blumentritt Gerhard Botz Wolfgang Grotthaus Detlef Müller Maik Reichel Jochen Poss Gert Weißkirchen Björn Engholm (Parteivorsitzender) und viele mehr.

Jürgen Maruhn, Ernst Eichengrün, Waldemar Ritter und Jens Hettmann gehören zu den Freunden und Sozialdemokraten, mit denen ich in keiner gemeinsamen Fraktion war, deren Freundschaft und Urteil mir immer waren/sind.

Mit Hinrich Lehmann-Grube, dem ersten Leipziger Oberbürgermeister nach Friedlicher Revolution und Deutscher Einheit und seinem Nachfolger Wolfgang Tiefensee arbeitete ich vertrauensvoll zusammen. Seinen Schritt, als Minister in eine Koalition unter Führung der Linksaußenpartei in Thüringen zu gehen, verstehe ich bis heute nicht.

Quelle: Weissgerber – Freiheit

Moskau Connection, Quelle: C,H. Beck Verlag

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