Das Museum Brandhorst und die Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne verfügen über einen reichen Bestand an Werken des Künstlers und Akademieprofessors Günther Förg. Dies ist vor allem den Bemühungen der Sammlerehepaare Anette und Udo Brandhorst sowie Eleonore und Michael Stoffel zu verdanken, die Förgs Arbeiten bereits seit den späten achtziger Jahren sammelten. Eine Auswahl von etwa fünfzig Gemälden, zwölf Fotografien, vierzig Arbeiten auf Papier und neun Plastiken gibt einen vorzüglichen Einblick in viele Facetten des Œuvres von Günther Förg, der im Dezember 2013 im Alter von 61 Jahren verstorben ist.
Die Bezugspunkte im Werk von Günther Förg reichen vom russischen Konstruktivismus, italienischen Rationalismo bis zum Abstrakten Expressionismus und Minimalismus. Dabei nimmt Förg gleichsam die Perspektive einer postmodernen Rückschau ein, der die gesellschaftliche Utopie der Avantgarde abhanden gekommen ist. Und doch unterzieht Förg deren ästhetische Entwürfe einer erfrischenden Aktualisierung. In extremer Zuspitzung führt er gegensätzliche Aspekte der modernen Kunst zusammen: geometrische Strenge trifft auf expressive Spontaneität, der Reichtum und die Last der Erinnerung auf die unbekümmerte Leichtigkeit im Hier und Jetzt.
Ganz konkret zeigt sich diese Gegensätzlichkeit in Förgs Arbeitsweise. Auf der einen Seite unterwirft er den Malprozess einem kalkulierten System von formalen Variationen. Auf der anderen Seite überlässt er zentrale Entscheidungsprozesse seiner momentanen Laune. So entstehen die Bilder stets in einem Zug, ohne Korrekturen und Übermalungen: „Wenn man bei Malerei lang denken muss, wird es schwierig. Manchmal male ich auch ein Bild und habe ein Problem damit. Dann tritt man zurück, sieht es an und dann nimmt man eben eine blaue Farbe und malt blau. Ich überlege mir nicht, ob ich blau malen muss. Sondern ich greife instinktiv zum Blau. Und das ist die Qualität. Wenn Du lang überlegst, wird es verkrampft.“(Günther Förg, 1997)
In seiner Malerei beschränkte sich Förg nicht auf Leinwand, sondern experimentierte auch mit anderen Geweben oder Papieren, mit Blei oder Holz als Bildträger. Zum Auftrag dienten ihm neben Öl und Acryl auch Gips, Blattgold oder Kreiden. Dabei reizten ihn nicht nur die verschiedenartigen visuellen und taktilen Effekte von Pinselführung und Farbauftrag, sondern insbesondere auch der Widerstand der Materialien, auf deren zufällige Beschaffenheit er künstlerisch reagieren musste.
Die Ausstellung demonstriert die große mediale Vielfalt von Förgs Kunst. Zu sehen sind nicht nur einige hervorragende Gemäldeserien aus den achtziger und neunziger Jahren – etwa der an Cy Twombly erinnernde 7-teilige Werkzyklus mit weißer Kreide auf schwarzem Grund –, sondern auch Fotografien, Skulpturen und Zeichnungen.
Der Fotograf Förg ist mit zwei großartigen Serien vertreten. Die fünf Motive aus der Serie „Gardone“ zeigen sein Interesse, aus der dreidimensionalen Gestalt eine zweidimensionale geometrische Komposition zu filtern. Diesen Kunstgriff bricht Förg jedoch selbst wieder auf, indem er seine Fotografien hinter besonders spiegelndem Glas präsentiert, wodurch Bild und Raum zueinander und zum Betrachter in Bezug treten. Sehr intensiv ist dieses Erlebnis im Saal mit der sechsteiligen Serie „Fenster, Villa Malaparte, Capri“. Die verglasten farbigen Fensteraufnahmen erzeugen ein Spiegelkabinett, das Architektur und Betrachter immer wieder neu positioniert.
Der Bildhauer Förg wird in neun Masken (1990) greifbar, die in Bronze ausgeführt rudimentäre Gesichtszüge zeigen. Sie zählen zu den frühesten Skulpturen Förgs. Vorbereitend dazu entstanden mehrere Serien auf Papier, von denen zwei in der Ausstellung zu sehen sind.
Die Präsentation im Museum Brandhorst sucht das Zusammenspiel von Kunst und Architektur aufzugreifen, das für Förgs Kunst eine zentrale Rolle spielt. Die minimalistische Hängung lässt den Patio im Untergeschoss als eine Gesamtinstallation erscheinen, wobei die streng angewandte Symmetrie in den Kabinetten durch Gegenüberstellungen verschiedener Medien immer wieder durchbrochen wird.
Der Werdegang des 1952 in Füssen geborenen Günther Förg ist eng mit der Stadt München verbunden. In den siebziger Jahren studierte er bei Karl Fred Dahmen an der Akademie der Bildenden Künste in München, reagierte in Werkserien auf Ausstellungen etwa von Cy Twombly im Lenbachhaus oder Blinky Palermo in der Galerie Heiner Friedrich. Seit seinen ersten Einzelausstellungen bei Rüdiger Schöttle waren seine Werke regelmäßig in München zu sehen, und als Professor für Malerei an der Akademie übte er bis zuletzt prägenden Einfluss aus.
Die Präsentation von Arbeiten Günther Förgs im Museum Brandhorst wird im Mai begleitet durch mehrere Abendveranstaltungen, in denen Wissenschaftler und Weggefährten den Künstler und sein Werk würdigen. In Kooperation mit der Akademie der Bildenden Künste wird am 28.5. eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Günther Förg stattfinden.
Die Präsentation wurde kuratiert von Nina Schleif und Achim Hochdörfer.
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