Glücklicherweise streiten sich Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832) und Friedrich von Schiller (1759 bis 1805) nicht darum, wem von beiden denn nun die Corona als Dichterfürst zusteht. Einträchtig stehen die beiden seit Jahrzehnten auf ihrem Denkmal vor dem Nationaltheater in Weimar und teilen sich die Corona, also die Krone oder den Kranz, so die Übersetzung des lateinischen Wortes. Gleichwohl ist es eine spannende Frage, was sie zu der heutigen Situation im Lande zu sagen und wie sie sich selbst verhalten hätten. Abgesehen davon, dass sie auf dem Denkmal den gebotenen Mindestabstand nicht einhalten und sich wohl auch nicht die Hände vor dem Griff zum Kranz desinfiziert haben – mit entsprechenden Anweisungen und Verordnungen im Umgang mit Krankheiten und Seuchen, die gegenwärtig die Öffentlichkeit sowie den Diskurs darüber beherrschen, hatten es auch Goethe und Schiller schon zu Lebzeiten zu tun.
Vor 250 Jahren gab es in Deutschland eine katastrophale Missernte. Die Folge waren Hungersnöte, Krankheiten und Seuchen. Auch das Fürstentum Weimar blieb nicht verschont. Wegen der Pestgefahr wurde am 22. Oktober eine Verordnung erlassen, deren Aktualität und Bezug zur gegenwärtigen Pandemie geradezu frappierend ist und die heutzutage wohl unter das viel diskutierte Stichwort ,Beherbergungsverbot‘ fallen würde. Gastwirte sowie Privathäuser wurden damals angewiesen, „daß sie aus denen von der Pest inficirten Landen und Gegenden kommende Personen, wenn sie nicht durch Contumaz-Briefe, daß sie die Quarantäne ausgehalten, legitimiren können, in hiesigen Landen nicht passiert oder eingelassen, sondern am ersten Ort der Grenze ab- und zurückgewiesen (…) werden“.
Aktuell ist die Einreise nach Thüringen und damit auch nach Weimar uneingeschränkt möglich. Kann ausgeschlossen werden, ob sich angesichts der sich täglich ändernden Gemengelage rund um die Krisenbewältigung der Pandemie die politisch handelnden Personen doch noch plötzlich auf die Anweisung von vor 250 Jahren berufen werden…?