Norwegen, das faszinierende Land der Trolle, Fjorde und der Mittsommernacht. Das Land der begeisternden Gletscher, Gipfel und Hochebenen, der Elche und Polarlichter. Reine Luft, sauberes Wasser und unendlich viel Natur. Aber das skandinavische Königreich wartet auch im künstlerischen Kreativbereich mit allerlei „Schmeckerlis“ auf. Egal ob in Kunst, Literatur oder Musik – made in Norway steht meist als Garant für individuelle Extraklasse. Doch die Natur und das raue Klima beeinflussen auch die Mentalität seiner Bewohner. Die Tradition der Zurückhaltung herrscht teilweise immer noch vor: Norweger sind vielleicht ein bisschen scheuer, ein bisschen ruhiger und ein bisschen vorsichtiger als Menschen aus anderen Gegenden Europas.
„Norwegen – Das andere Land“ versteht sich als „Reiseführer der anderen Art“. Text und Ton bieten dem Hörer einen ganz anderen als den touristisch üblichen Zugang zu diesem Land: einen Eintritt über dessen Kultur und seine Menschen. Das Hörbuch enthält vier Erzählungen norwegischer Dichter, die allesamt aus dem 19. bzw. dem Beginn des 20. Jahrhunderts stammen. Alexander L. Kielland, Jonas Lie und Literaturnobelpreisträger (1903) Bjørnstjerne Martinius Bjørnson, die neben Henrik Ibsen zu den „Großen Vier“ der norwegischen Literatur des 19. Jahrhunderts zählen, sowie Barbra Ring, die zu ihrer Zeit sehr beliebte Kinderbücher schrieb, bringen in ihren zum Teil mit beißender Ironie, Spott oder trockenem Humor gewürzten, dann wieder liebenswürdigen und zuweilen spröden Texten genau das zum Ausdruck, was die „Eigenheiten“ Norwegens ausmacht: dörfliche Strukturen, Pietismus (man darf gerne reich sein, aber man sollte es nicht allzu sehr zeigen), Skepsis gegenüber Autoritäten, die ihre Legitimation nicht vom Volk beziehen, Reserviertheit gegenüber akademischer Bildung und vor allem die unendlich vielen und variantenreichen, für einen geradlinigen Verstand kaum wahrnehmbaren Zwischentöne. Obwohl die Zeilen bereits über 100 Jahre „auf dem Buckel“ haben, sind sie trotzdem noch aktuell und weisen viele Parallelen zur norwegischen Moderne auf. Daher sollte man die Erzählungen mit wachem Verstand, am besten mehrmals hören. Erst dann und in Kombination mit den erläuterten Texten des ausführlichen Booklets werden sie sich dem deutschsprachigen Leser öffnen und offenbaren. Untermalt mit wunderbaren Klavierstücken aus der Feder von Edvard Grieg, vorgetragen am Klavier von Eva Knardahl Freiwald, wird zudem eine wohltuend harmonische Einheit geschaffen.
Die ruhige, in Bezug auf Stimmhöhe und Sprechgeschwindigkeit gut modulierte und sonore Stimme von Markus Maria Sorge, der Theologie, Musikwissenschaften, Deutsch und Geschichte studierte und seit 1989 in Norwegen lebt und dort als Lehrer arbeitet, passt hervorragend zum Inhalt und dem vermittelten Gesamtbild. Einziger Kritikpunkt wäre das an einigen Stellen zu stark hervorgehobene Pathos, seine gelegentlich emotional übertriebene Form der Artikulation. Ein klein wenig mehr (nordische) Zurückhaltung würde dem ansonsten durchweg positiven Gesamtwerk gut zu Gesicht stehen.
Markus Maria Sorge
Norwegen – Das andere Land
Verlag, (2012)
1 CD, ca. Minuten
ISBN-10:
ISBN-13: 978-
Preis: EURO
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