Die österreichische Volksanwaltschaft präsentierte den Jahresbericht für 2019. Eine Dokumentation über Fehlverhalten und Amtsmissbrauch öffentlicher Stellen in Österreich. Doch die neuen Volksanwälte bleiben Teil des Systems. Kein Schutz des Rechts auf Eigentum. Hier ein kritischer Bericht mit den aktuellen Zahlen.
Der Bericht der österreichischen Volksanwaltschaft für 2019 wurde am 20. Mai vorgelegt. Die Pressekonferenz fand im Festsaal der Volksanwaltschaft statt, in der Singerstraße. Die Büroräume wurden gleich neben dem Franziskanerplatz eingerichtet, der deutschen Touristen in den früheren Zeiten des „süßen Wiens“, das in den achtziger Jahren noch an Arthur Schnitzlers Einakter und Dramen erinnerte, angenehme Kaffeehäuser für ausgiebige Ruhepausen zwischen den Wegen durch die Stadt bot.
Der Bericht soll Auskunft geben über die bittere Seite von Wien. Der Reigen, den der Dramatiker Schnitzler noch als schlüpfriges Gesellschaftsspiel vorführte, wurde zu einem Totentanz der Justiz:
Der „junge Mann“ kommt jetzt unbegründet ins Gefängnis, wie einst der Herr des Hauses in der beliebten Operette „Fledermaus“, die für die Bildung der österreichischen Identität als so wichtig erachtet wird, mit ihrem „Glücklich ist, wer vergisst“. Die „Ehefrau“ wird vom österreichischen Boulevard in den Dreck gezogen. Der „Autor“ verliert seine Manuskripte durch totale Vermögenskonfiskation und die „Schauspielerin“, die ihm zur Seite stehen will, wird von einer Polizeitruppe geprügelt und bleibt mit gebrochenen Knochen liegen. Der „Graf“, seine Entourage nannte ihn so, im zeitgenössischen Wien ein Universitätsdozent, will eine Recherche in der Institutsbibliothek durchführen und wird von Securities am Betreten der Universität gehindert. Das „süße Mädel“ verschwindet in der Psychiatrie.
Der Jahresbericht 2019 der Volksanwaltschaft wurde am selben Tag an das Parlament gesendet. Der zuständige Ausschuss im Parlament soll den Bericht am 4. und 5. Juni in die Debatte bringen.
Totale Vermögenskonfiskation
Die dramatis personae werden in der österreichischen Tragödie seit Jahren insbesondere mit zwei Brennpunkten konfrontiert:
Totale Vermögenskonfiskation durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft, ermöglicht durch Akte richterlicher Willkür, die nachweislich von Beamten des Justizministeriums gedeckt wird. Als Legitimation für solche Enteignungen werden „gesundheitliche Gründe“ genannt, was letztlich bedeutet, dass jeder den Anspruch auf sein Vermögen verliert, wenn der Eindruck entsteht, dass er sein rechtmäßiges Eigentum nicht mehr verteidigen kann oder der Betroffene durch die Justiz systematisch in eine solche Situation einer intendierten Wehrlosigkeit gebracht wird.
Zum Amtsmissbrauch durch die Justiz kommt die Gewaltenvermengung und Gewaltmaximierung mit dem Innenministerium:
Brutale Übergriffe durch Polizeitruppen, die keine strafrechtlichen und disziplinarrechtlichen Konsequenzen zur Folge hatten.
Diese beiden Felder, Vermögenskonfiskation durch die Justiz und Übergriffe durch die Polizei, sind seit Jahren in Österreich virulent. Thema sollte aber auch ein dritter Problembereich werden, der im Jahresbericht der Volksanwaltschaft nicht erwähnt wird:
Zwangsbehandlungen mit Neuroleptika in psychiatrischen Anstalten, die unter dem Begriff „medikamentöse Fesselung“ exekutiert werden, mit Stoffen, die schwere Beeinträchtigungen und gesundheitliche Folgeschäden auslösen. Es kann sein, dass die Betroffenen aufgrund der desaströsen Wirkungen oft nicht mehr in der Lage sind, eine Beschwerde bei der Volksanwaltschaft einzubringen. Oder die Beschwerden der Betroffenen werden ignoriert.
Bereits vor drei Jahren erschien der erste ausführliche Bericht über Verletzungen des Eigentumsrechts in Österreich auf The European:
Grundrechte in der Europäischen Union werden verletzt: Der Fall Österreich
(The European, 6. 6. 2017)
Die aktuellen Zahlen
Der Bericht für das Jahr 2019 nennt die aktuellen Zahlen. Es sind Statistiken über die Beschwerden, die bei der Volksanwaltschaft im vergangenen Jahr zu den einzelnen Problembereichen einlangten.
Den Bereich der Justiz betrafen 1.111 Fälle im Bericht für das Jahr 2019. Der Abschnitt „Erwachsenenschutz“ im Kapitel über die Justiz gesteht 134 Fälle von Enteignungen durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft.
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und Bundesrat 2019, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 159).
Im Zusammenhang mit dem österreichischen Innenministerium gab es im Berichtsjahr 1.011 Fälle. 42,4 % davon bezogen sich auf das Asyl-, Niederlassungs- und Fremdenpolizeirecht. Die Polizei betrafen 38,6 % der Fälle. 274 Personen beschwerten sich über das Verhalten von Polizeikräften. Laut Bericht der Volksanwaltschaft:
„19 Beschwerden über Misshandlungen bzw. erniedrigende Behandlungen durch die Polizei. Missstände konnte die VA [Volksanwaltschaft] nicht feststellen, ein Prüfverfahren war zu Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen“.
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und Bundesrat 2019, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 118f)
Demnach wären die „Beschwerden über Misshandlungen“ nicht gerechtfertigt gewesen, denn die Volksanwaltschaft konnte kein Fehlverhalten feststellen. Doch wurden in den Vorjahren mehrere Vorfälle bekannt, bei denen es zu ernsten Übergriffen durch Polizeikräfte kam. Es wurden deshalb auch Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht.
Die Zahlen werden wir in diesem Beitrag noch genauer überprüfen. Die Zahl der Fälle mit Enteignungen wird in der Statistik nicht korrekt ausgewiesen, da Beschwerden mit Hinweisen auf die mangelnde Zuständigkeit der Volksanwaltschaft und mit der Hoffnung auf das neue „Erwachsenenschutzgesetz“ nicht angenommen wurden.
Auch die Anzahl der Beschwerden über Misshandlungen durch Polizeikräfte werden wir mit einer weiteren Statistik vergleichen, die diesbezügliche Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft dokumentiert. Die Zahl der Strafanzeigen, die diese Statistik zeigt, war in den Vorjahren wesentlich höher als die Zahl der Beschwerden, die die Volksanwaltschaft nennt. Dies könnte als ein Beleg dienen, dass die österreichische Volksanwaltschaft nur eine Alibifunktion erfüllen soll.
Neue Volksanwälte
Am 1. Juli 2019 kam es zum Führungswechsel in der österreichischen Volksanwaltschaft. Es wurden drei neue Volksanwälte bestellt. Werner Amon von der ÖVP übernahm das Ressort von Gertrude Brinek, die für Beschwerden über die Justiz zuständig war. Bernhard Achitz von der SPÖ übernahm das Ressort Soziales von seinem Vorgänger Günter Kräuter. Walter Rosenkranz von der FPÖ übernahm das Ressort über das Innenministerium von Peter Fichtenbauer.
Die Vorgänger traten ab, weil sie ein Alter erreichten, in dem man in Rente gehen darf. Gertrude Brinek, die im Februar ihren Geburtstag feierte, wurde 67 Jahre, Rechtsanwalt Peter Fichtenbauer, zuvor bereits der Mann der österreichischen Rechtsanwaltskammer im Parlament, beging im Juli seinen 73. Geburtstag, schließlich noch Günter Kräuter, der im Dezember 63 Jahre alt wurde.
Doch die Ergebnisse, die diese Volksanwälte in den vergangenen Jahren und während ihrer gesamten Amtszeit präsentierten, waren so katastrophal, dass man längst heftig hätte fordern müssen, dass der Rückzug noch vor dem Rentenalter zu geschehen habe, um befähigteren Bürgervertretern das Feld zu überlassen.
Schon in den vergangenen drei Jahren musste jeweils deutliche Kritik am Verhalten dieser Volksanwälte vorgenommen werden. Dazu erschien auch der Beitrag:
Österreich als Modell der Gegenaufklärung: Die Volksanwaltschaft ist Teil des Systems
(Tabula Rasa Magazin, 4. 6. 2018)
Volksanwaltschaft bleibt Teil des Systems
Jetzt sollen Amon, Achitz und Rosenkranz dafür sorgen, dass Rechtsstaat und ordentliches Gebaren in Österreich endlich wieder gesichert werden. Zwar sind die neuen Volksanwälte erst seit Juli 2019 verantwortlich, doch ist bereits jetzt erkennbar, dass keine Verbesserung erreicht wurde und weiter im bisherigen Stil agiert werden soll.
Wieder finden sich im Bericht die hinlänglich bekannten Verfälschungen und Beschwichtigungen. Ernstzunehmender Amtsmissbrauch soll vertuscht oder sogar gedeckt werden, hingegen werden banale Vorfälle von den Volksanwälten ausführlich erörtert und zu einem Drama stilisiert. Die österreichische Volksanwaltschaft bleibt damit Teil des Amtsmissbrauches, der auch als politisches Verbrechen erkannt werden kann.
Mit dem neuen Volksanwalt Werner Amon wurde der Aufgabenbereich der Volksanwaltschaft auch neu definiert. Die Zuständigkeit für das Ressort Justiz wurde in der Beschreibung der Funktion eliminiert:
„Auf Bundesebene ist er [Volksanwalt Amon] für den Strafvollzug, Steuern, Gebühren, Abgaben, die Verfahrensdauer bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie die Landesverteidigung zuständig“, wird die Tätigkeit von Volksanwalt Werner Amon jetzt beschrieben.
Vorgängerin Gertrude Brinek war in ihrer Beschreibung noch eindeutig für das Ressort „Justiz“ zuständig. Jetzt wird dieser Bereich reduziert auf:
Strafvollzug, Verfahrensdauer bei Gerichten und Staatsanwaltschaften.
Heikle Punkte sollten aus dem Aufgabenbereich genommen werden. Somit der Amtsmissbrauch in der Justizbehörde und insbesondere die kriminellen Vorfälle im Zusammenhang mit finanziell und politisch motivierten Enteignungen durch eine dafür entwickelte Technik von Sachwalterschaft, deren Methode im Justizapparat seit Jahren fest verankert wurde und diesen entsprechend infiltrierte. Auch der Zuständigkeitsbereich des Volksanwaltes wurde dafür neu definiert und entsprechend reduziert.
Das Verschwinden des Begriffs „Justiz“ kann nur einen Zweck erfüllen. Richterliche Willkür und Amtsmissbrauch im Justizministerium sollen nicht mehr durch die Volksanwaltschaft thematisiert werden. Oder genauer: Es soll in Zukunft nicht mehr die Forderung gestellt werden, dass der Amtsmissbrauch des österreichischen Justizministeriums durch die Volksanwaltschaft zu bekämpfen wäre.
Richterliche Willkür
Das bedeutet letztlich, dass richterliche Willkür nicht mehr kritisiert oder gar beendet werden darf. Dies wird auch durch die Aussagen von Ruth Straganz-Schröfl bestätigt, die die Korrektheit der Richterinnen und Richter überwachen sollte, als deren Dienstaufsicht im Justizministerium.
Amtsmissbrauch darf bei einer solchen Aufsicht nicht „kommentiert“ werden, wir Straganz-Schröfl in einem Schreiben deutlich zum Ausdruck brachte:
„Der Herrn Bundesminister für Justiz hat ihr Schreiben vom 3. November 2015
erhalten und hat damit die zuständige Fachabteilung für Dienstaufsicht über die Richterinnen und Richter befasst. Dazu muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es wegen der Ihnen von der Verfassung garantierten Unabhängigkeit der Rechtsprechung den Organen der (Justiz-) Verwaltung, zu denen auch der Bundesminister für Justiz und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören ausnahmslos untersagt ist, Entscheidungen der Gerichte inhaltlich zu prüfen, abzuändern oder auch nur zu kommentieren“.
(Ruth Straganz-Schröfl: Schreiben vom 6. 11. 2015).
Thema des Schreibens an den Bundesminister für Justiz waren willkürliche Enteignungen, somit totale Vermögenskonfiskation und die Plünderung mehrerer Wohnräume und Arbeitsräume.
Straganz-Schröfl war die ehemalige Leiterin des Bezirksgerichts in Wien-Liesing, einem Vorortbezirk, geprägt von Gartensiedlungen und Einfamilienhäusern, gelegen unterhalb des Georgenbergs, auf dem die Wotruba-Kirche errichtet wurde, die als ein Architekturjuwel gilt, das von einem internationalen Expertenpublikum gerne besucht wird. Am 1. Januar 2017 gab es am Bezirksgericht Wien-Liesing, laut Statistik der „Verfahrensautomation Justiz“, 757 Fälle mit Sachwalterschaft.
Straganz-Schröfl war in der Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter die Vorsitzende der Fachgruppe Verfassungsrecht und Dienstrecht . Die Vereinigung ist die Interessensvertretung der Richter, zu deren deklarierten Zielen zählt: „Die Förderung der richterlichen Unabhängigkeit“.
Seit 1. Mai 2014 leitet Straganz-Schröfl im Justizministerium die Dienstaufsicht über die österreichischen Richterinnen und Richter. In der Abteilung III 6. Straganz-Schröfl erhielt dafür eine Doppelfunktion, nämlich die Planstelle einer Richterin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, gleichzeitig gebunden an die Verwendung als Dienstaufsicht im Bundesministerium für Justiz.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, für das die Stelle einer Richterin ausgeschrieben wurde, ist das Rekursgericht bei Verfahren auf Sachwalterschaft. Dort wird die willkürliche Übernahme von Vermögenswerten gedeckt. Mit der Einrichtung solcher Doppelfunktionen übernahmen die Richter die Kontrolle im österreichischen Bundesministerium für Justiz. Das ist ein Hinterzimmer im Justizsystem, in dem Amtsmissbrauch und Korruption durchgeführt werden.
Am 1. März 2016 erhielt Straganz-Schröfl eine weitere Funktion. Sie wurde mit dem Titel „Oberstaatsanwältin“ versehen und wurde stellvertretende Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Diese Funktion musste Straganz-Schröfl wieder aufgeben, eventuell aufgrund eines kritischen Beitrages, der am 2. September 2019 veröffentlicht wurde.
Doch wurde für Straganz-Schröfl die Planstelle einer Oberstaatsanwältin verbunden mit der Leitung der „Kompetenzstelle Personalcontrolling“ im Bundesministerium für Justiz bestätigt, nochmals mit einer Ausschreibung, mit Wirksamkeit 1. November 2019.
Strafanzeigen wegen Amtsmissbrauches bei Vermögenskonfiskation werden von der Staatsanwaltschaft nicht bearbeitet. Doch ist die Oberstaatsanwältin auch die Richtervertreterin Straganz-Schröfl, die solche Anzeigen jedenfalls abschmettert.
Die Volksanwaltschaft agiert in diesem Szenario längst als ein gleichgeschaltetes Organ von Richterschaft und Justizministerium. Richterliche Willkür und damit zusammenhängende politische Verbrechen dürfen nicht kommentiert werden.
Reduzierte Überprüfung der Justiz
In den Vorjahren wurde im Bericht der Volksanwaltschaft noch zugegeben, im Zusammenhang mit Beschwerden über Enteignungen durch Sachwalterschaft, dass eine Dunkelziffer von „telefonischen Anfragen“ gegeben ist, die nach Aufklärung über den Zuständigkeitsbereich der Volksanwaltschaft nicht weiter verfolgt wurden.
Ein solcher Hinweis auf „Beschwerden“, die nicht dokumentiert wurden, fehlt im aktuellen Bericht der neuen Volksanwälte. Es wird nur allgemein im Abschnitt über die Justiz vermerkt:
„Diese Fälle zeugen oft von einer geringen Kenntnis der gerichtlichen Verfahrensschritte und von einem unterschiedlichen Kommunikationsverständnis zwischen Parteien und den Gerichten. Die VA [Volksanwaltschaft] musste darüber informieren, dass sich ihre Prüfkompetenz auf den Vorwurf der Säumnis erstreckt und eine inhaltliche Prüfung von Urteilen und Beschlüssen nicht möglich ist“.
(Bericht der Volksanwaltschaft 2019, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 159)
Auch hier behauptet die Volksanwaltschaft, dass ein Einschreiten bei Amtsmissbrauch „nicht möglich ist“ und wehrt damit Anfragen ab. Daraus entsteht wieder eine Dunkelziffer, auf die nicht mehr offen hingewiesen wird.
Die Volksanwaltschaft darf demnach nicht den Amtsmissbrauch überprüfen, sondern allenfalls wird gestattet, eine „Säunnis“ zu konstatieren, das bedeutet die „Prüfkompetenz“ der Volksanwaltschaft betrifft nur eine eventuell überlange Verfahrensdauer. Letztlich bleibt der Volksanwaltschaft nur das Urteil, dass die Betroffenen über eine zu „geringe Kenntnis der gerichtlichen Verfahrensschritte“ verfügen. Beschwerden werden damit als „Unkenntnis“ abgetan.
Bilanz verfälscht
Dieses Mal sind es 134 Beschwerden über Enteignungen, die durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft durchgeführt werden. Im Bericht der Volksanwaltschaft für 2018 wurden 159 Fälle dokumentiert. Bereits 2017 wurden im Bericht der Volksanwaltschaft weitere 218 Fälle gezählt, 2016 wurden 239 genannt, im Berichtsjahr 2015 weitere 219, 2014 weitere 233 Fälle. Das sind mehr als tausend
dokumentierte Fälle in den vergangenen sechs Jahren.
Im Vorjahr wurde im Jahresbericht der österreichischen Volksanwaltschaft für 2018 vermerkt, dass auf Eingaben verzichtet wurde, da die Betroffenen hofften, dass mit dem neuen Erwachsenenschutzgesetz im nächsten Jahr eine Verbesserung eintreten solle:
„Zusätzlich (…) erreichten die VA [Volksanwaltschaft] zahlreiche telefonische Anfragen zur neuen Rechtslage ab Juli 2018. Die Anfragen ließen die Erwartung erkennen, dass mit Inkrafttreten des 2. ErwSchG „automatisch“ eine Aufhebung der Sachwalterschaft erfolge”.
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2018: Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 176f.)
„Zusätzlich“, das bedeutet weitere Fälle, nämlich „zahlreiche“, die nicht in der offiziellen Statistik der 159 Beschwerden gezählt wurden.
Wer mit den Verhaltensweisen der österreichischen Volksanwaltschaft bereits in Berührung kam, der darf anmerken, dass bei den Anfragen gerne versucht wurde, die Beschwerden möglichst zu blockieren. Dabei könnte durch die Gesprächsführung auch die Erwartungshaltung einer Verbesserung induziert worden sein. Damit eine reduzierte Zahl in der Statistik erzielt wird.
Auch in diesem Jahr versuchte die Volksanwaltschaft, die Zahlen bei den Fällen mit Vermögenskonfiskation zu minimieren, durch den Hinweis auf das Erwachsenenschutzgesetz:
„Viele Betroffene hatten sich vom 2. ErwSchG [Erwachsenenschutzgesetz] eine unmittelbare Verbesserung ihrer Situation, oft auch eine sofortige Beendigung der vormaligen Sachwalterschaft, erhofft. (…) In diesen Fällen war die VA [Volksanwaltschaft] um Aufklärung über die Gesetzeslage bemüht, musste die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer aber mit ihren Anliegen an die zuständige Gerichtsabteilung verweisen“.
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2019: Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 159f.)
Damit wurden wieder Fälle aus der Statistik genommen, wie schon im vergangenen Jahr. Die Fälle, bei denen die Hoffnung erweckt wurde, dass die Situation durch das neue Erwachsenenschutzgesetz sich verbessern könnte, wurden verwiesen, nämlich „an die zuständige Gerichtsabteilung“.
Damit ist klar, dass die Zahl der Fälle, die von willkürlicher Enteignung durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft betroffen sind, wesentlich höher sein muss, als die 134 „Beschwerden“, die im Bericht für 2019 ausgewiesen werden. Mit dem Begriff „Erwachsenenschutz“, der als Pretext verwendet wurde, sollten Beschwerden eliminiert werden.
Deshalb gibt es keinen Grund für Jubelmeldungen der Volksanwaltschaft, die behauptet:
„Die Zahl der Beschwerden aus diesem Bereich ist jedenfalls gegenüber den
Vorjahren signifikant zurückgegangen”
(Bericht der Volksanwaltschaft 2019, S. 160).
Vielmehr trifft zu, das ist deutlich erkennbar, es wurde mit einem Trick die Buchhaltung über Enteignungen gefälscht.
Enteignung als Erwachsenenschutz
Enteignungen durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft wurden schon im vergangenen Jahr als „Erwachsenenschutz“ definiert. Der Begriff Sachwalterschaft wurde jetzt im Bericht zur Gänze eliminiert. Das ist nicht erstaunlich, denn es wurden mit dem Begriff Sachwalterschaft schon seit Jahren schwere kriminelle Vorfälle verbunden, so dass eine neue Bezeichnung gefunden werden musste, um mit solchen Ideen von Vermögenskonfiskation noch in der Öffentlichkeit auftreten zu können. Dafür wurde ein „Erwachsenenschutzgesetz“ entwickelt, das bereits mit 1. Juli 2018 in Kraft trat.
Das Erwachsenenschutzgesetz bringt keine Verbesserung, da in der vierten Stufe der Maßnahmen jedenfalls dieselbe Vorgangsweise für Vermögenskonfiskationen aus gesundheitlichen Gründen vorgesehen ist. Eine Verbesserung wäre nur erzielbar, wenn verankert wird, dass strenge Überprüfungen von Gebaren und Kontoführung der Sachwalter routinemäßig durchgeführt werden.
Tatsächlich werden die Geldflüsse der Sachwalter nicht einmal bei berechtigten Beschwerden und Hinweisen auf kriminelle Vorfälle kontrolliert. Dauerhafte Sachentziehung durch Sachwalter und die damit verbundene Verschiebung von Geldern auf Fremdkonten werden in Österreich grundsätzlich nicht verfolgt.
Wir haben bereits in früheren Beiträgen ausführlich dargestellt, dass der Begriff „Erwachsenenschutz“ an die Methoden der „Lingua Tertii Imperii“ gemahnt, also an den Sprachgebrauch in der Epoche des Nationalsozialismus, die der Philologe Viktor Klemperer in seinem Werk „LTI“ eingehend beschrieb. Von Bedeutung wäre bei einer solchen Analyse die Frage: Vor welchen Gefahren und auf welche Weise sollen die Erwachsenen denn geschützt werden?
Die Volksanwaltschaft spricht von „Beschwerden“, tatsächlich handelt es sich um Hinweise auf strafrechtlich relevante Tatbestände, die von der Volksanwaltschaft „von Amts wegen“ unverzüglich bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen wären, damit die kriminellen Vorfälle beendet werden.
Banalitäten dramatisiert
Konkrete Beispiele für die Enteignungen durch Sachwalterschaft, die in den vergangenen Jahren noch kurz mit wenigen Sätzen dargestellt wurden, fehlen im aktuellen Bericht. Obwohl 134 Fälle in der Statistik genannt werden, die jedenfalls schon eine beachtliche Zahl darstellen.
Hinweise auf den genauen Ablauf bei solchen Vermögenskonfiskationen sollen jetzt nicht mehr aufscheinen. Dabei zeigten die in den Vorjahren genannten Beispiele erschreckende Vorfälle von willkürlichen Enteignungen, bei denen aus „gesundheitlichen Gründen“ der Besitz von Vermögen untersagt wurde. Damit werden gravierende Übergriffe und strafrechtlich relevante Tatbestände in den Berichten der Volksanwaltschaft verniedlicht und verschwiegen.
Dafür werden banale Vorfälle und fragwürdige Marginalien in dramatisch überhöhten Ton outriert. Dafür drei Beispiele:
Besitz einer verbotenen Waffe
Der Beschwerdeführer erbte mehrere Waffen. Unter den Erbstücken befand sich eine verbotene Waffe. Diese Waffe wurde von der Landespolizeidirektion beschlagnahmt. Die Volksanwaltschaft monierte:
„dass die LPD [Landespolizeidirektion] eine Anzeige gegen den verstorbenen und
daher nicht mehr schuldfähigen Vater des Herrn N.N. eingebracht und den
zuvor übermittelten Nachweis des Eigentumsübergangs nicht berücksichtigt
hatte”.
Laut Volksanwaltschaft hätte somit die verbotene Waffe in das Eigentum des Erben übergehen müssen.
(Aktenzahl: VA-BD-I/0180-C/1/2019)
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und Bundesrat 2019, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 139)
Der Volksanwalt wählte die Bezeichnung: „Verbotene Waffe“. Es wurde somit auf den Begriff „nicht gemeldete Waffe“ verzichtet. Es handelt sich also um keine sogenannte „schwarze Waffe“, die beim zentralen Waffenregister nicht gemeldet wurde. Eine solche „schwarze Waffe“ könnte eine handelsübliche Faustfeuerwaffe oder Langwaffe sein, die prinzipiell nachträglich noch ins Waffenregister eingetragen und damit legalisiert werden könnte, obwohl es durchaus nachvollziehbar wäre, wenn eine „schwarze Waffe“ von der Polizei beschlagnahmt wird.
Doch fallen „verbotene Waffen“ in eine andere Kategorie, in der beispielsweise Maschinenpistolen genannt werden. Der Einsatz der Volksanwaltschaft für die verbotene Waffe muss deshalb zurückgewiesen und scharf verurteilt werden.
Totengräber ist Schwerarbeit
Ein Totengräber, der 300 Gräber im Jahr ausschaufelt, verlangte die Aufnahme in die Regelung für Schwerarbeiter, um damit Vorteile für seine Rente zu erhalten. Die Volksanwaltschaft verlangte von der Sozialversicherung eine Stellungnahme, „ob eine Evaluierung und Aufnahme der Tätigkeit als Totengräber in die Berufslisten [für Schwerarbeiter] angedacht ist“.
Die Volksanwaltschaft berichtete ausführlich über den Fall, was darauf hinweist, dass eine Anerkennung des Totengräbers als „Schwerarbeiter“ erreicht werden soll.
(Aktenzahl: VA-BD-SV/0432-A/1/2019)
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und Bundesrat 2019, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 78)
Kostenersatz für Augenbrauentätowierung
Eine Frau, die gänzlichen Haarausfall zeigte, entschied sich für eine Tätowierung an der Stelle der Augenbrauen. Die Frau stellte einen Antrag auf Kostenersatz für die Tätowierung. Doch die Sozialversicherung lehnte die Bezahlung ab. Der Fall wurde von der Volksanwaltschaft ausführlich besprochen.
Die Volksanwaltschaft forderte Kostenersatz für die Tätowierung. Mit der Begründung, dass ohne die Augenbrauentätowierung die psychische Gesundheit der Frau gefährdet wäre:
„die damit verbundene Angst vor sozialer und beruflicher Ausgrenzung hatte ihre psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigt.
(Aktenzahl: VA-BD-SV/0859-A/1/2019)
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und Bundesrat 2019, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 64)
Es ist allerdings bekannt, dass es Kosmetikerinnen gibt, die die Augenbrauen zur Gänze mit einer Pinzette entfernen und mit einem Schminkstrich ersetzen. Es gäbe also Alternativen zu Tätowierungen. Dennoch führte die Volksanwaltschaft eine Staatstragödie vor, weil der Kostenersatz für eine Tätowierung nicht geleistet wurde.
Gleichzeitig wird von der Volksanwaltschaft aber akzeptiert, dass gesunde Menschen komplett ausgeschaltet werden, durch Vermögenskonfiskation, die die beruflichen und privaten Projekte der Betroffenen beenden soll. Überbrückungsgelder für Betroffene von totaler Vermögenskonfiskation wurden von der Volksanwaltschaft im vergangenen Jahr auf Anfrage abgelehnt.
Offenbar soll mit der übertriebenen Besprechung von Banalitäten der Blick auf das Wesentliche verstellt werden. Es soll mit den Belanglosigkeiten der Eindruck vorgetäuscht werden, dass die Volksanwälte sehr tatkräftig für Bürger sich einsetzen.
Allerdings könnten Bürger auch die Überzeugung gewinnen, dass die Institution der Volksanwaltschaft besser zugesperrt wird, da deren Einsatz nur Zielen dient, die für die Normen eine funktionierende Gesellschaft nicht als wünschenswert erscheinen. Ein solcher Einsatz gilt beispielsweise Tätowierungen, die keinesfalls begründbar sind, da auch ein Haarersatz möglich wäre. Bei anderen Forderungen wird die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft beeinträchtigt, wie beispielsweise bei der Definition zumutbarer Tätigkeiten als Schwerarbeit. Oder es wird die Gesellschaft sogar gefährdet, wie beispielsweise durch den Besitz verbotener Waffen.
Offenbar will die Volksanwaltschaft jetzt Tattoos fördern, statt das Grundrecht auf Eigentum zu schützen. Eine Gesellschaft, die mit ihren Institutionen solche Normen und Werthaltungen betreibt, ist fraglos an ihrem Ende angelangt.
Auskunft verweigert
Doch gibt es sehr ernsthafte Fälle, von denen die Volksanwaltschaft Kenntnis erlangte. Schon im vergangenen Jahr fragten wir bei der Volksanwaltschaft an, um Information über den aktuellen Stand solcher Fälle zu erhalten. Für die Anfrage wurden drei Beispiele ausgewählt.
Aus dem Berichtsjahr 2017:
Eine Wiener Ärztin, die mit ihren Eltern im selben Haus, wenn auch in getrennten Wohnungen, lebt, kritisierte die Anordnungen des Sachwalters ihrer Mutter. Dieser habe ihr den regelmäßigen Kontakt zu den Eltern untersagt. Nur zu Geburtstagen und zu Weihnachten dürfe sie die Wohnung der Eltern betreten, wenn deren Pflegerin anwesend ist. Gegenüber dem Gericht und dem Sachwalter sei sie ohnmächtig. Ihr sei sogar angedroht worden, dass ein Räumungsverfahren gegen sie eingeleitet werde, wenn sie sich den Anweisungen des Sachwalters widersetzt.
(Aktenzahl: VA-BD-J/0560-B/1/2017).
Aus dem Berichtsjahr 2016:
Eine Unternehmerin, die mit ihrem erheblich älteren Ehemann viele Jahre erfolgreich einen Betrieb aufgebaut und geführt hatte, kritisierte die wirtschaftlich nicht nachvollziehbare Vorgangsweise des Sachwalters ihres Mannes. Dieser habe die nunmehrigen Geschäftsführer gekündigt und sei dabei, das Unternehmen zu zerschlagen. Ein gut gehender Familienbetrieb mit sicheren Arbeitsplätzen würde zunichte gemacht, für die beiden studierenden Söhne würde nichts übrig bleiben.
(Aktenzahl: VA-BD-J/0915-B/1/2016)
Aus dem Berichtsjahr 2014:
Eine vormalige Kaffeehausbesitzerin kritisierte, dass sie durch Versäumnisse des Sachwalters ihr Lokal und ihre Wohnung verloren habe und nunmehr auf der Straße leben müsse.
(Aktenzahl: VA-BD-J/1013-B/1/2014).
Offenbar durfte eine Ärztin ihre Eltern nur noch zu Weihnachten und am Geburtstag sehen, weil der Sachwalter ihr den Kontakt verboten hatte. Sollte die Ärztin weiter Widerstand leisten, würde ihre eigene Wohnung geräumt, drohte ihr der Sachwalter. Die beiden weiteren Fälle zeigten, dass auch lukrative Unternehmen gerne von Sachwaltern übernommen werden. Eine Kaffeehausbesitzerin, deren Eigentum von der Volksanwaltschaft als „vormalig“ bezeichnet wurde, solle „nunmehr auf der Straße leben“.
Über diese Fälle wollten wir mehr Information erhalten. Doch die Volksanwaltschaft gab darüber keine Auskunft. Agnieszka Kern, die Pressesprecherin der Volksanwaltschaft, die ansonsten gerne bemüht auftritt, teilte mit:
„Zu einzelnen Prüffällen darf ich Ihnen aufgrund der Amtsverschwiegenheit und des Datenschutzes keine Einzelheiten weitergeben“.
(Agnieszka Kern, Pressesprecherin der Volksanwaltschaft, Email vom 18. 4. 2019)
Das bedeutet, dass grundsätzlich keine weitere Information zu den Fällen gegeben wird, die in den Berichten der Volksanwaltschaft nur mit einer Kurzbeschreibung in wenigen Sätzen aufscheinen. Im Sinne der Betroffenen ist diese vorgebliche „Amtsverschwiegenheit“ keinesfalls, tatsächlich werden damit nur die Daten der kriminellen Sachwalter geschützt.
Die Pressesprecherin wurde nochmals angefragt, mit dem Vorschlag, dass ein Fall mit Medienberichten begleitet werden könnte. Dies wurde ebenfalls abgelehnt:
„Ich verstehe Ihr Interesse, aber ich darf Ihnen keine personenbezogenen Daten weitergeben“.
(Agnieszka Kern, Pressesprecherin der Volksanwaltschaft, Email vom 19. 4. 2019)
Der Kontakt zu Betroffenen wurde von der Volksanwaltschaft nicht vermittelt. Damit zeigte die Volksanwaltschaft unverhohlen, dass Berichte über die Fälle in den Medien nicht erwünscht sind. Obwohl es möglich wäre, dass durch die kontinuierliche Begleitung eines Falles eine Verbesserung erzielt wird. Offenbar ist eine solche Verbesserung von der Volksanwaltschaft gar nicht vorgesehen. Bereits dieses Verhalten müsste als ungeheuerlicher Skandal der Volksanwaltschaft bewertet werden.
Amtsmissbrauch als Schicksal
Bis Ende Juni 2019 wurden der Amtsmissbrauch des Justizapparates, die Übergriffe des Polizeiapparates und die Untätigkeit des Sozialministeriums noch von den alten Volksanwälten mitgetragen. In den vorangegangenen Jahren wollten Gertrude Brinek, Peter Fichtenbauer und Günter Kräuter keine Maßnahmen setzen gegen Korruption, Misconduct und Nepotismus.
Gertrude Brinek formulierte in einem Brief an einen Betroffenen, der mit politisch motivierter Vermögenskonfiskation konfrontiert wurde, dass sie „sein Schicksal bedauere“.
„Über Vizekanzler Dr. Busek habe ich von Ihrem Schicksal erfahren.
Ich bedaure sehr, wie bzw. dass Sie in die Situation einer Besachwaltung gekommen sind“.
(Gertrude Brinek, Email vom 17. 7. 2014)
Gertrude Brinek, einst Universitätsassistentin für Sonderpädagogik, die den berüchtigten Kinderpsychiater Walter Spiel an der Klinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters in Wien begleitete, wo Sonderbehandlungen wie Insulinschock und Elektroschock zu den alltäglich durchgeführten Praktiken zählten, mangelte es offenbar am Bewusstsein, was die Aufgaben einer Volksanwältin betrifft.
Amtsmissbrauch und politische Verbrechen gelten nicht als „Schicksal“, sondern als ein kriminelles Fehlverhalten, das von der Volksanwaltschaft unverzüglich und entschieden bekämpft werden muss, durch Dokumentationen, Öffentlichkeitsarbeit, Presseberichte, Konferenzen und beharrliche Begleitung der Betroffenen.
Doch Volksanwältin Brinek setzte keine Alktivitäten zum Schutze des Eigentums. Brinek sah keine Möglichkeit, das österreichische „Schicksal“, auf das sie vom ehemaligen Vizekanzler Busek aufmerksam gemacht wurde, rechtschaffen zu beenden:
„Sowohl die Anordnung als auch die Überprüfung der Handhabung einer Sachwalterschaft obliegt allein den Gerichten (…) Leider kann ich nichts Unmittelbareres zu Ihrer Lage beitragen, bedanke mich aber sehr für Ihre Zeilen.
Herzliche Grüße
Gertrude Brinek,
Volksanwältin”.
Prügelnde Polizeitruppen
Neben der totalen Vermögenskonfiskation durch richterliche Willkür sind es insbesondere die Übergriffe durch prügelnde Polizeitruppen, die von einer funktionierenden Volksanwaltschaft in Österreich entschlossen zu beenden wären.
Über die Anzahl der Polizeiübergriffe konnte man schon bisher Auskunft nicht in den Jahresberichten der Volksanwaltschaft erhalten, sondern durch eine Statistik im Sicherheitsbericht des Justizministeriums. 509 Fälle mit Misshandlungsvorwürfen
gegen Polizisten werden im Sicherheitsbericht 2017 des österreichischen Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz genannt.
Der aktuelle Sicherheitsbericht mit den Zahlen für 2018 wurde am 15. Januar 2020 vorgelegt: Die Zahlen waren leicht gestiegen. Es wurden 542 Fälle mit „Misshandlungsvorwürfen gegen Organe der Sicherheitsbehörden“ bei den Staatsanwaltschaften eingebracht.
Die Volksanwaltschaft nennt deutlich geringere Zahlen. Laut Bericht der Volksanwaltschaft für 2018 kam es nur zu 20 Beschwerden über Misshandlungen durch die Polizei. Es wurde dabei von der Volksanwaltschaft kein „Missstand“ festgestellt, somit keine Berechtigung für die Beschwerden. Für 2017 wurden von der Volksanwaltschaft 10 Fälle über Misshandlungen durch Polizisten genannt, wobei die
die Beschwerden ebenfalls von der Volksanwaltschaft negiert wurden.
((Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und Bundesrat 2018, Band Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 129)
Jetzt werden 19 Beschwerden über Misshandlungen für 2019 genannt. Bei der Überprüfung der Fälle wollte die Volksanwaltschaft die Misshandlungen auch in diesem Jahr nicht bestätigen.
Beispiel eines Polizeiübergriffs
Wie ein solcher Übergriff von österreichischen Polizisten durchgeführt wird, das zeigt eine Fotoserie, die jetzt nochmals veröffentlicht wurde:
Unnötige Brutalität
Bilderserie belegte Übergriff der österreichischen Polizei
(Qolumnist, 28. 5. 2020)
Betroffen von dem Übergriff war Alisa Vinogradova, eine junge Frau aus der Ukraine, die im Februar 2018 eine Performance als politische Aktion am Red Carpet des Wiener Opernballs vorführte. Alisa studierte Psychologie in Kiew. Zu ihrer bevorzugten Lektüre zählen die Schriften des französischen Philosophen Michel Foucault. Nach ihrem Studium war sie als Assistentin für einen ukrainischen Parlamentsabgeordneten tätig, der dem Block von Julia Timoschenko angehörte. Sie war mit Government Relations betraut.
Alisa wurde im idyllischen Kherson geboren, einer Stadt, die am Schwarzen Meer liegt. Mit ihrem politischen Happening vor dem Wiener Opernball wollte sie auf die schwierige Situation in der Ukraine aufmerksam machen. Alisa Vinogradova wurde von zehn österreichischen Polizisten umkreist, niedergeschlagen und weggeschliffen. Zu einem Zeitpunkt als ihre Performance bereits deutlich beendet war und ihr ein Gast des Opernballs gerade in ihren Mantel helfen wollte, den sie zuvor auf den Boden warf.
Alisa erzählte uns dazu:
„Sie fassten zu und rissen mich vom Roten Teppich, sie griffen mich an den Armen und
Beinen. Ich hatte Blutergüsse dadurch. Sie zerrten mich auch an den Haaren, es war sehr schmerzhaft“. („I had bruises from their actions, grabbed by the hair – it was very painful“.)
Bis jetzt gab es keine Sanktionen des österreichischen Innenministeriums gegen diesen Polizeiübergriff. Unsere Presseanfrage an den österreichischen Innenminister wurde von Hofrat Peter Jedelsky beantwortet , der in der Landespolizeidirektion Wien für
Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist. Die Korrespondenz mit Hofrat Jedelsky blieb bedauerlicherweise ohne Ergebnis.
Videobeweise beseitigen
Wie Volksanwalt Peter Fichtenbauer solche Übergriffe der Polizei bearbeiten möchte, das führte er vor in seinem Jahresbericht für 2015. Es ging um einen schweren Vorfall am 1. Januar 2015, von dem eine Frau in Wien betroffen war. Es waren 14 Polizisten beteiligt, die bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wurden. Die Frau erlitt einen Bruch des Steißbeins, Prellungen am Kopf und mehrere Hämatome. Sie musste im Allgemeinen Krankenhaus behandelt werden. Der Übergriff wurde von einer Überwachungskamera aufgezeichnet.
Fichtenbauer war gezwungen, diesen Fall im Jahresbericht der Volksanwaltschaft zu besprechen, da der Übergriff in der Öffentlichkeit bekannt wurde. „Der Vorfall wurde auch medial ausführlich thematisiert“, schrieb Fichtenbauer in seinem Jahresbericht.
Deshalb monierte Fichtenbauer abschließend in seinem Kommentar:
“ Auch stellte die VA (Volksanwaltschaft) fest, dass die Polizei von sich aus zunächst keine Erhebungen hinsichtlich einer möglichen Videoüberwachung am Tatort durchgeführt hatte“.
(Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2015, Bd. Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, S. 130.)
Für Fichtenbauer, der mit dem Titel „Volksanwalt“ ausgestattet wurde, war nicht der Polizeiübergriff ein Grund, mit Knochenbruch des Opfers, die Polizisten zu rügen. Vielmehr die mangelnde Überprüfung, ob Videoaufnahmen am Tatort noch zu beseitigen wären.
Keine Überbrückungsgelder
Im vergangenen Jahr wurde Volksanwalt Günther Kräuter um eine Stellungnahme angefragt, zu willkürlichen Enteignungen, die durch Amtsmissbrauch in der Justiz ermöglicht werden. Kräuter sollte Auskunft geben, ob er als Volksanwalt mit dem Ressort Soziales für Überbrückungsgelder sorgen könne, die Betroffenen zur
Verfügung gestellt werden, bis zu einer möglichst raschen Klärung des Vorfalls.
Günter Kräuter antwortete:
„„Als Volksanwalt bin ich nicht befugt, Gesetzesanträge im Parlament einzubringen”.
(Günter Kräuter, Email vom 18. 3. 2019, gesendet von seiner Assistentin Debora Mula).
Volksanwalt Kräuter mag „nicht befugt“ sein, einen Gesetzesantrag im Parlament unmittelbar einzubringen. Doch zählt die Überprüfung der Gesetze und die Anregung von Änderungen eindeutig zu den Aufgaben der Volksanwaltschaft. Dies wird in der Beschreibung klar definiert:
„Die Volksanwaltschaft macht den Gesetzgeber auch auf bestehende problematische Gesetzesbestimmungen aufmerksam und erarbeitet Vorschläge für Verbesserungen in Form von legislativen Anregungen“.
2019 wurden von der Volksanwaltschaft 17 Anregungen an den Gesetzgeber formuliert.
Doch wollte Volksanwalt Kräuter die Forderung nach den dringend erforderlichen Überbrückungsgeldern nicht ins Parlament bringen.
Volksanwalt Kräuter hätte jederzeit dem Parlament die „Anregung“ geben können, dass Überbrückungsgelder für Betroffene von totaler und willkürlicher Vermögenskonfiskation dringend erforderlich sind, die bis zu einer möglichst raschen Aufklärung des Vorfalls. Jetzt zeigte die Volksanwaltschaft, für die Kräuter noch bis Juli 2019 verantwortlich war, dass andere Forderungen wichtiger sind: Nämlich nach Kostenersatz für Tätowierungen.
Ein ausführlicher Bericht über die Korrespondenz mit Volksanwalt Kräuter erschien vor einem Jahr auf Tabula Rasa:
Abgängigkeit der Volksanwaltschaft
(Tabula Rasa Magazin, 6. 5. 2019)
Sonderbericht über Vermögenskonfiskation
Schon seit Jahren hätte Volksanwältin Brinek einen Sonderbericht über die Problematik von willkürlicher Vermögenskonfiskation durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft erstellen müssen. Es ist vorgesehen, dass die Volksanwälte solche Sonderberichte jederzeit im Parlament vorlegen können.
Seit 1. Juli 2019 sind die neuen Volksanwälte verantwortlich. Amon und Achitz sind sich jedenfalls bewusst, dass solche Sonderberichte möglich sind. Sie bewiesen dies bereits mit dem Sonderbericht „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“, der von den beiden Volksanwälten am 22. Januar 2020 im Salzburger Landtag vorgelegt wurde. Die Volksanwälte bemerkten: „
„Wird die Arbeitsfähigkeit auf weniger als 50 Prozent klassifiziert, dann können die Betroffenen nicht arbeiten gehen wie alle anderen“.
(Volksanwaltschaft: Presseaussendung; 22. 1. 2020)Auch bei diesem Sonderbericht waren die Volksanwälte nicht in der Lage, die richtigen Akzente zu setzen. Menschen mit Behinderung müssen vor Ausbeutung geschützt und nicht sollten sie zur Arbeit genötigt werden, durch ein vorgebliches Recht auf Arbeit. Das wäre die richtige Formulierung gewesen. Wenn Arbeitsfähigkeit nicht gegeben ist, so sind Grundsicherung und Beihilfen längst vorgesehen, diese dürfen aber nicht von einem sogenannten „Sachwalter“ geraubt werden.
Doch in Österreich werden Bürger, die zu 100 Prozent einsatzfähig sind, aus „gesundheitlichen Gründen“ blockiert und ausgeschaltet, damit sie ihre beruflichen und privaten Projekte nicht mehr durchführen können. Dies geschieht durch Vermögenskonfiskation, sie werden damit aus ihrer Tätigkeit, also aus dem Arbeitsprozess genommen.
Deshalb muss endlich ein Sonderbericht vorgelegt werden, der Enteignungen durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft thematisiert.
Reform der Volksanwaltschaft erforderlich
In der Franziskanerkirche, gleich gegenüber der Volksanwaltschaft gelegen, werden an jedem Vormittag, um 10 Uhr, Wurstbrote verteilt. Zwei Scheiben Brot mit drei dicken Wurstscheiben, einer Art von würziger Krakauer. Wer im Vorzimmer der Volksanwaltschaft rasch abgefertigt wurde, der kann bei den Franziskanern noch nach dieser Mahlzeit fragen. Es ist das Essen für einen Tag, das man in Wien noch erhält. Denn es geht um totale Vermögenskonfiskation durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft, um Mobbing und Intrigen, ermöglicht durch richterliche Willkür und finanzielle Interessen.
Die Volksanwaltschaft erklärt den Betroffenen, dass sie dafür nicht zuständig sei. Da bleibt nur noch die Empfehlung, das Wurstbrot bei den Franziskanern abzuholen. Vegetarier darf man dann allerdings nicht sein, in Wien, wenn Konten und Wohnung geplündert werden.
Es muss die deutliche Forderung nach einer Reform der Volksanwaltschaft gestellt werden. Das Verhalten der österreichischen Volksanwaltschaft entspricht längst nicht mehr den ursprünglichen Gründungsideen eines International Ombudsman Institutes. Auftreten und Resultate sind desaströs. Seit Jahren bietet die österreichische Volksanwaltschaft den Stoff für ein bürgerliches Trauerspiel. Deshalb ist ein Ende der politischen Volksanwaltschaft erforderlich.
Die Volksanwälte dürfen nicht mehr von den Apparaten der politischen Parteien gestellt werden. Selbstverständlich wird erwartet, dass die Volksanwälte der Regierungsparteien den Missbrauch ihrer Parteikollegen decken. Doch gingen auch die Volksanwälte der Oppositionsparteien nicht gegen Amtsmissbrauch und Korruption vor. Sie waren ebenfalls Teil eines solchen Systems.
Die Volksanwälte der politischen Parteien müssen abgelöst werden. Für diese Aufgabe müssen künftig Bürgervertreter gewählt werden. Persönlichkeiten für Kandidaturen sollten vorgeschlagen werden. Solche Persönlichkeiten wären:
Die Publizistin Alexandra Bader, der Autor Stephan Templ, der Unternehmer Julius Meinl.
Links:
Bericht der Volksanwaltschaft 2018:
Abschied vom Rechtsstaat: Österreichische Volksanwaltschaft legte Jahresbericht für 2018 vor
(Tabula Rasa Magazin, 1. 5. 2019)
Bericht der Volksanwaltschaft 2017:
Österreichische Volksanwaltschaft legt Jahresbericht für 2017 vor: Erschreckende Fakten über die Verletzung von Grundrechten
(Tabula Rasa Magazin, 10. 5. 2018)
Bericht der Volksanwaltschaft 2016:
Grundrechte in der Europäischen Union werden verletzt: Der Fall Österreich