Sie führten und führen noch eines der renommiertesten privaten Bankhäuser in der Bundesrepublik, was motiviert Sie sich täglich zu engagieren, woher nehmen Sie ihre Kraft, sind es familiäre, geschichtliche, religiöse Aspekte, die Sie prägen?
Ich führe nicht allein, wir sind ein Team von neun Partnern mit flachen Hierarchien. Die zweite, dritte, vierte Ebene ist hier unternehmerisch sehr tätig. Insofern sind wir wirklich teammäßig aufgestellt. Mich motiviert immer wieder, dass unsere Vorfahren die Bank über mehr als 300 Jahre durch alle Gefährdungen und problematischen Zeiten unabhängig gebracht haben. Wir mussten nie gestützt werden, unser Geschäft wurde immer so geführt, dass wir auch in schwierigsten Zeiten – und auch unsere Kunden – überlebt haben.
Meine Maxime ist es, die Kunden so zu beraten, dass diese auch für schwierige Zeiten vorbereitet und richtig aufgestellt sind. Und das begreife ich als eine gestalterische und interessante Tätigkeit. Darüber hinaus belebt die Internationalität unser Geschäft und dadurch die täglichen Abläufe.
Wie wichtig ist der Begriff der Verantwortung in ihrem Beruf?
Sehr wichtig. Aber ich glaube, der ist in jedem Beruf wichtig. Man hat Verantwortung für Mitarbeiter, man hat Verantwortung für Kunden. Produzierende Unternehmen haben auch noch die Verantwortung für das Produkt, dass das gut ist. Das haben wir nicht, bei uns dreht es sich nur um Menschen, Mitarbeiter und Kunden.
Was bedeutet für Sie als Banker die Tugend der Geduld?
Wir haben zum Beispiel keine Teams, die bewertet werden, wie viele Provisionseinnahmen sie über einen gewissen Zeitraum erwirtschaften, sondern wir beurteilen unsere Mitarbeiter nur nach langfristiger Kundenzufriedenheit. Der Kunde muss uns auch schon länger kennen, um dann das Vertrauen zu entwickeln, dass er sich wirklich auf uns verlassen kann. Vermögenserhalt über Generationen, oder eine strategische Vermögensmehrung durch geduldige Anlagepolitik kann immer nur langfristig sein.
Berthold Brecht hatte in seiner „Die Dreigroschenoper“ einmal formuliert: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was sagen Sie dazu?
Das ist schön formuliert, aber nicht passend für uns. Vor 340 Jahren ist unsere Bank gegründet worden und was ich zurückverfolgen kann, hat sie sich immer gut und loyal gegenüber den Kunden und Mitarbeitern gegenüber verhalten. Wir sind in diesem langen Zeitraum nie in eine spekulative Schieflage geraten. Man kennt das ja aus Holland: Tulpenspekulation. London: South East Company Bubble. Paris John Law. Das gab es in Frankfurt nie.
Lothar Späth hat einmal in einem Interview betont, dass sich Banken, Wirtschaft und Ethik ausschließen, stimmt das?
Überhaupt nicht. Wenn wir hier einen Mitarbeiter für uns gewinnen wollen, dann achten wir sehr auf seinen Charakter und seine Wertevorstellung. Wir holen nicht nur jemanden herein, derbei uns Geschäfte machen soll, sondern es muss die richtige Wertebasis dabei sein. Und das hat sich sehr bewährt. Bereits mein Vater hat immer gesagt, wenn er gefragt wurde, auf wen achtest du, wenn du jemanden einstellt und für die Bank gewinnen willst, dann sagte er: „Auf die drei großen Cs. Und das ist: Charakter, Charakter, Charakter.“
Sie sind ein Verfechter der europäischen Einheit und des Euro! Wie geht es Ihrer Meinung weiter mit Europa?
Ich bin für den Euro, weil ich hoffe, dass der Euro Europa näher zusammenbringt. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat Deutschland immer für Europa gezahlt, weil es für uns so wichtig ist, in Europa integriert zu sein. Die Ursprungsgeschichte des Euro war klar, denn eine Währung muss stark sein, damit die Industrie in dem Land international, global wettbewerbsfähig wird oder bleibt. Leider wurden die verschiedenen Länderrisiken nicht bedacht, die sich im Zins niederschlagen müssen. Dies hat zu einer Ausgaben-Expansion in den verschiedenen Ländern geführt, die jetzt drückend sind.
Haben wir in Sachen Finanzkrise das Schlimmste hinter uns bzw. das Beste noch vor uns?
Ich warte da einfach mal ab. Ich finde es sehr gut, wie unsere Bundesregierung versucht, das Beste aus der jetzigen Situation zu machen und ich sehe auch große Bemühungen in den südeuropäischen Ländern, um Reformen durchzubringen. Ich bin da zuversichtlich für die Zukunft.
Wir im Haus haben uns immer gefragt, war wir für Europa tun können und ein Projekt mit dem Goethe-Institut gestartet, mit dem wir junge Südeuropäer nach Frankfurt holen. Von diesen konnten wir die Mehrheit in einen guten Job vermitteln und sie sind jetzt in der Lage, ihre Familien in ihren Heimatländern finanziell zu unterstützen. Dieses Europa-Jugend-Projekt liegt mir am meisten am Herzen.
Sie sind ein ausgewiesener Kunstkenner und Mäzen, gibt es eine bestimme Gattung oder Kunstrichtung, Epoche, der Sie sich mit Leib und Seele verschrieben haben?
Sie überschätzen mich in meinem Kunstverstand. Übrigens bin ich auch nicht sehr musikalisch, aber ich bin froh, wenn sich gute Dinge für die Menschen hier in Frankfurt entwickeln. Aber wenn sie sich über zeitgenössische Kunst mit der Familie Metzler unterhalten wollen, dann sehen sie eine begeisterte Sylvia Metzler, meine Frau, die sich intensiv darum kümmert.
Sie reisen gern. Ein Bild zeigt Sie vor Ihrem Schreibtisch mit einer Vielzahl von Koffern, die ihre eigene Geschichte haben. Was fasziniert sie an Japan und China oder an anderen Ländern?
Mich fasziniert natürlich die Art, wie andere Länder, wie andere Völker leben. Was ja überall etwas anders als in Deutschland ist. Ich bin gleich nach der Außenhandelskaufmannslehre nach London, New York und Paris geschickt worden, weil mein Vater immer sagte, du sollst das Ausland kennen lernen, denn in diesen Kapitalmärkten kannst du unser zukünftiges Geschäft lernen. Dieser Rat war sehr gut und ich bin ihm mit Begeisterung in jungen Jahren gefolgt. Auch heute noch faszinieren mich Länder wie die USA, Japan und China.
Gibt es ein besonderes Buch, einen besonderen Denker, dem sie nachhaltig viel verdanken, wo Sie vielleicht sagen würden, dies ist eine Quelle meines Lebens?
Für das Menschsein finde ich vieles im „Faust“.
Sie sind protestantisch, es gibt eine protestantische Arbeitsethik und -moral? Spielt das religiöse Moment bei Ihnen eine zentrale Rolle?
Ich finde es großartig, wie die Würde des Menschen durch das Christentum herausgearbeitet wurde, insbesondere, dass wir heute doch mit unseren Mitmenschen ganz anders umgehen, als dies noch in den vergangenen Jahrhunderten der Fall war. Das hat das Christentum maßgeblich mitbestimmt und herausgearbeitet – darüber bin ich sehr glücklich.
Herzlichen Dank für das Gespräch, das Dr. Dr. Stefan Groß geführt hat.
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