Private Haushalte und Unternehmen leiden seit langem unter hohen Energiekosten. Kostentreiber waren schon in der Vergangenheit die hohen staatlichen Abgaben, die vor allem auf die Stromkosten erhoben wurden. Seit dem Krieg in der Ukraine hat es noch einmal einen Kostenschub gegeben, ausgelöst vor allem durch die hohen Kosten für die Gasversorgung der Kraftwerke.
Besonders belastend wirken die hohen Stromkosten für Industrieunternehmen, vor allem für die, die energieintensiv produzieren: Die Stahlindustrie, die chemische Industrie, die Papierindustrie, die Zementindustrie, die Glasindustrie und viele andere. In der Ampelkoalition wird über die Lösung dieses Problems – wie sollte es auch anders sein – heftig gestritten. Der Bundeswirtschaftsminister will den Industriestrompreis auf mehrere Jahre heruntersubventionieren, der Bundesfinanzminister ist dagegen, die SPD-Bundestagsfraktion dafür, der Bundeskanzler dagegen und so weiter. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Welche Lösung außer einer umfassenden Subvention der Strompreise für bestimmte Unternehmen könnte es geben? Jede Preisbildung am Markt ist zunächst einmal eine Reaktion auf Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage höher als das Angebot, steigen die Preise und umgekehrt. Deshalb war es ein schwerer politischer Fehler, im April die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland stillzulegen. Das war ein Akt beispielloser Ignoranz und ein schwerer Schlag für die Stromversorgung in Deutschland, von den Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß ganz zu schweigen. Zumindest diese drei Kernkraftwerke sollte man rasch wieder ans Netz gehen lassen, die Wiederaufnahme des Betriebs geht jedenfalls sehr viel schneller als der – ohnehin notwendige – Bau neuer Gaskraftwerke. Es wäre auch das Ende wenigstens eines Teils der deutschen Geisterfahrt in der Energiepolitik.
Zudem müssten sofort alle weiteren Stromerzeugungskapazitäten genutzt werden, die wir haben: Natürlich Wind und Sonne, aber auch Solar- und Geothermie, jede Form der Verstromung von Biomasse und die Wasserkraft.
Bevor wir dann immer noch weiter über die Subventionierung des Strompreises für die Industrie diskutieren, müssen die staatlichen Abgaben auf den Strom deutlich reduziert werden: Die Stromsteuer kann auf das europäische Minimum von 0,05 Cent pro KWH gesenkt werden, die Netzentgelte könnten halbiert werden. Davon würden auch alle profitieren, Mittelstand, Handwerk und Industrie ebenso wie alle privaten Haushalte. Wenn die Bundesregierung dann irgendwann zu der gemeinsamen Auffassung käme, dass immer noch eine Subvention auf den Industriestrompreis notwendig wäre, dann sollte sie diese einbetten in eine Industriestrategie, die strukturell und insgesamt bessere Rahmenbedingungen für die gesamte Industrie in Deutschland schafft, vor allem mit einem sofortigen Stopp neuer belastender Regulierungen auf europäischer und auf nationale Ebene.
Einem durchgerechneten Konzept für einen zeitlich begrenzten, auch für den industriellen Mittelstand wirksamen Brückenstrompreis werden wir uns dann nicht verschließen. Deutschland muss auch in Zukunft ein Land mit produzierender Industrie bleiben, vom großen Industrieunternehmen bis zum eigentümergeführten Mittelstand und Handwerk. Dieser Teil unserer Volkswirtschaft braucht aber nicht in erster Linie Subventionen, sondern Freiräume und insgesamt niedrigere Steuern und Abgaben. Staatliche Hilfen können, wenn überhaupt, immer erst am Ende einer solchen Strategie stehen, nicht am Anfang.
Quelle: MerzMail