Heute in 50 Tagen wird der 21. Deutsche Bundestag gewählt. Diese Wahl wird stattfinden im dritten Rezessionsjahr für die deutsche Wirtschaft in Folge. So jedenfalls sehen es mittlerweile übereinstimmend die Wirtschaftsforschungsinstitute, die Abweichungen in den jeweiligen Einschätzungen kreisen um die Zahl Null. Deutschland verliert nicht nur an Wettbewerbsfähigkeit; auch der Abstand zu anderen Volkswirtschaften, die wachsen, wird größer. Der beginnende Bundestagswahlkampf ist also eine dringend notwendige Gelegenheit, um über die richtige Wirtschaftspolitik zu diskutieren. Am Ende dieses Wahlkampfes haben dann rund 60 Millionen Wählerinnen und Wähler die Gelegenheit, ihre Entscheidung zu treffen, eine Entscheidung auch und ganz besonders über den zukünftigen Kurs der deutschen Wirtschaftspolitik.
Deutschland ist und bleibt ein vom Export seiner Güter abhängiges Land. Erfolg oder Misserfolg der deutschen Wirtschaft hängen also mehr als bei vielen anderen Ländern davon ab, wie wettbewerbsfähig deutsche Unternehmen auf internationalen Märkten sind. Auffällig ist, dass in der Liste der Länder nach ihrer Handelsbilanz, also dem Saldo von Exporten zu Importen, Deutschland nach wie vor ziemlich weit oben steht. Die verfügbaren Monatsdaten des letzten Jahres bis einschließlich Oktober zeigen aber, dass die deutschen Exporte rückläufig sind, die Importe dagegen zunehmen – ein untrügliches Zeichen, dass Deutschlands Wirtschaft international an Wettbewerbsfähigkeit verliert und die Abhängigkeit von Importen zunimmt.
Diese Zahlen sind gesamtwirtschaftlich betrachtet nicht dramatisch, die deutsche Wirtschaft ist nach wie vor leistungsfähig. Aber sie zeigen einen Trend, der Sorge machen muss, denn der deutsche Anteil am Welthandel nimmt nicht mehr zu, im Gegenteil, er schrumpft. Und an dieser Stelle muss die deutsche Wirtschaftspolitik andere Antworten geben, als sie es in den letzten Jahren getan hat, zumal mit der Übernahme der Amtsgeschäfte der neuen amerikanischen Regierung in wenigen Tagen ein handelspolitischer Konflikt droht, auf den wir vorbereitet sein müssen.
Das Ziel muss sein, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die deutsche Wirtschaft in ihrer ganzen Breite und Tiefe eine Chance hat, sich zu erholen und wieder an die Spitze zu gelangen. Die Wirtschaftspolitik sollte daher der Versuchung widerstehen, zwischen „guten“ und weniger guten Unternehmen und Produkten zu unterscheiden. Auch der Beitrag zum Klimaschutz darf nicht der Maßstab sein, nach dem Unternehmen und Produkte in ihrer Werthaltigkeit politisch beurteilt werden. Über die Marktfähigkeit von Produkten entscheiden allein die Verbraucherinnen und Verbraucher, nicht die Politik. Die Politik darf nicht nur, sie muss über die richtigen Rahmenbedingungen entscheiden, und zu den Rahmenbedingungen gehören Instrumente, mit denen gesamtgesellschaftliche Ziele – wie an prominenter Stelle der Schutz des Klimas – erreicht werden. Solche Ziele werden aber nur erreicht, wenn die Leistungsfähigkeit der Unternehmen insgesamt ansteigt. Und dies wiederum wird nur erfolgen, wenn Deutschland ein attraktiver Standort bleibt vor allem für Investitionen aus dem Ausland. Denn genauso, wie unser Wohlstand auch in Zukunft vom Export abhängig bleibt, genauso bleibt die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auch in Zukunft von der Bereitschaft abhängig, dass in Ausrüstung und neue Produkte investiert wird. Stetigkeit und Verlässlichkeit der richtigen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen ist deshalb die entscheidende Voraussetzung für die Überwindung der strukturellen Wachstumsschwäche unserer Volkswirtschaft. Ein solcher Politikwechsel dürfte auch relativ schnell dazu führen, dass die Zuversicht in der deutschen Wirtschaft wieder wächst. Und diese Zuversicht ist Voraussetzung für alle weiteren Entscheidungen in der Wirtschaft – vom Handwerk über den gesamten Mittelstand bis hin zur Industrie.
Quelle MerzMail