In wenigen Stunden endet das Jahr 2022, und die Rückblicke auf das zu Ende gehende Jahr fallen nicht besonders gut aus. Es war ja auch ein schwieriges Jahr, vor allem überschattet von dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und allen Folgen dieses Krieges. Es besteht wenig Hoffnung, dass dieser Krieg im nächsten Jahr schnell endet, im Gegenteil. Putins Russland entwickelt sich mehr zum Terrorstaat, der ohne Rücksicht auf menschliches Leid ein ganzes Land und seine Bevölkerung zu vernichten sucht.
Aber was bedeutet das alles für uns, vor allem: Wie wird es wirtschaftlich im nächsten Jahr weitergehen? Zwei Wortmeldungen dieser Tage verdienen besondere Aufmerksamkeit: Der Bundesfinanzmister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner legt ein wirtschaftspolitisches Strategiepapier vor, das so ziemlich genau das Gegenteil in der Wirtschaftspolitik für richtig hält, was die Ampel seit gut einem Jahr praktiziert. Und die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi kritisiert das Verbot von Dividenden und Bonuszahlungen in Unternehmen, die staatliche Energiehilfen bekommen. „Jetzt ist nicht die Zeit für kapitalismuskritische Grundsatzdebatten“ – so lässt sie sich zitieren.
Offenbar werden wenigstens von Teilen der Regierung und der Gewerkschaften die Warnungen vor einer schleichenden Deindustrialisierung unseres Landes zunehmend ernst genommen. Und dazu gibt es allen Anlass. Vorläufige Daten zeigen, dass der Anteil der Industrieproduktion an unserer volkswirtschaftlichen Leistung im Jahr 2022 erstmalig seit langer Zeit auf unter 20 Prozent abgesunken ist. Das ist ein sehr ernsthaftes Warnzeichen für unser Land! Deutschland muss ein Land mit produzierender Industrie bleiben, im Mittelstand, aber auch in den großen Industrieunternehmen. Wenn uns dieser Teil unserer Wirtschaft in größeren Teilen verloren geht, dann steht der Wohlstand unseres Landes vor einem deutlichen Niedergang. Dann werden wir auch keine Möglichkeit mehr finden, die dringend notwendige Transformation hin zur Klimaneutralität zu finanzieren, denn die wird so oder so sehr teuer.
Wir werden uns in der CDU deshalb im neuen Jahr mit der Frage befassen, wie wir Wirtschaftspolitik, Energiepolitik und Klimapolitik in ein vernünftiges Gleichgewicht bringen können, vor allem: Wie wir Wirtschaft, Energie und Klima als die eine große Herausforderung für unser Land verstehen können, die es nur im Gleichklang, die nur als einheitliche und in sich widerspruchsfreie Politik konzipiert werden kann. Wir werden Wege aufzeigen, dass nicht gegen oder ohne die Marktwirtschaft, sondern nur mit der Marktwirtschaft Lösungen möglich sind, die beiden Ansprüchen gerecht werden können, nämlich der Sicherung unseres Wohlstandes und der Beherrschung des Klimawandels.
Eine solche Antwort sind wir der deutschen Öffentlichkeit und unserem Land insgesamt als die Partei von Ludwig Erhard schuldig. Und wir werden uns nicht von denen leiten lassen, die aus ihrem erreichten Wohlstand heraus jetzt das „Ende des Kapitalismus“ oder gar den Übergang zu einer Art Kriegswirtschaft herbeireden und -schreiben. Das Potential unseres Landes ist größer als wir es zurzeit sehen, aber die Menschen müssen es auch mit Mut und Zuversicht nutzen wollen.
Quelle: MerzMail