Die Tage des Staatsbesuches von Emmanuel Macron sind vorbei. Gute Bilder in Berlin, in Dresden, in Münster und in Meseberg, viel Zustimmung bei der Bevölkerung zur Zusammenarbeit mit Frankreich und zu Europa, insbesondere bei der Jugend in Dresden. Aber was bleibt darüber hinaus von diesem Staatsbesuch an konkreten deutsch-französischen Initiativen? Man muss es leider sagen: Das ist angesichts der Lage, in der wir uns befinden, zu wenig. Viel zu wenig.
Zum Abschluss der Regierungskonsultationen auf Schloss Meseberg wurden zwei gemeinsame Schlussfolgerungen veröffentlicht, die eine vom Deutsch-Französischen Sicherheits- und Verteidigungsrat, die andere vom Deutsch-Französischen Ministerrat zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union. In beiden Erklärungen steht nichts Falsches, aber auch nichts Neues. Vor allem: Es fehlt ein Signal des Aufbruchs, eine Initiative, eine Idee für die Fortentwicklung der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Aber gerade ein solches Signal brauchen wir jetzt, braucht Europa, um zu erkennen: Deutschland und Frankreich wollen wieder die Motoren der europäischen Einigung werden. Beispiele dafür gäbe es genug, in der Forschung und Entwicklung, im Jugendaustausch, in der gegenseitigen Sprachförderung, in der Verteidigung, in der Telekommunikation, im Bankensektor, die Liste ließe sich lange fortsetzen. Aber es fehlt offensichtlich die Fantasie auf deutscher Seite, nachdem Macron geradezu ein Feuerwerk der Ideen gezündet hat, wieder einmal mit einer Rede an der Sorbonne, wieder einmal ohne Antwort aus Deutschland. Mit nicht allen Vorschlägen können wir ohne weiteres einig sein, vor allem eine weitere hohe Verschuldung der EU muss auf unseren Widerspruch stoßen. Aber 350 Millionen Europäer dürfen in der nächsten Woche das 10. Europäische Parlament wählen, darunter allein 66 Millionen in Deutschland und knapp 50 Millionen in Frankreich. Die hätten schon ganz gern gewusst, ob ihre beiden Länder irgendwelche gemeinsamen Ideen haben, um Europa voranzubringen. Die letzte deutsche Initiative stammt aus dem Jahr 1981 (!) mit dem Vorschlag einer gemeinsamen Währungsunion, die letzte gemeinsame Idee einer wirtschaftlichen Kooperation ist über 60 Jahre alt und heißt heute Airbus. Seitdem: Fehlanzeige. 24 Jahre hat es gedauert, bis in diesem Jahr endlich wieder einmal ein französischer Präsident zum Staatsbesuch in Deutschland war. Zwei schöne Abschlusserklärungen und viele gute Bilder werden dem Anspruch nicht gerecht, den beide Länder an die Zusammenarbeit miteinander und in der Europäischen Union haben müssen. Die Bundesregierung hat eine Chance vertan, die Emmanuel Macron uns mit seinem Staatsbesuch bot.
Quelle: MerzMail