Friedrich Merz: Bundeskanzler Olaf Scholz muss nach der Regierungserklärung am Mittwoch die Vertrauensfrage stellen

Olaf Scholz Deutschland, TobiasRehbein, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig

Seit Mittwoch ist die Ampel Geschichte. Drei Jahre nach der letzten Bundestagswahl ist die „Fortschrittskoalition“ an ihren inneren Widersprüchen zerbrochen. Die Forderungen der FDP zur Wirtschaftspolitik waren dabei nur der letzte Anlass. Von Anfang an fehlte dem Bundeskanzler die Kraft zur Führung und zum Zusammenhalt seines Kabinetts.

Anfang und Ende gehören zu jeder Regierung dazu, jedenfalls in Demokratien. Das Besondere am Ende dieser Regierung allerdings ist, dass der Bundeskanzler allen Ernstes versucht, mit SPD und Grünen noch mehrere Monate weiter im Amt zu bleiben und der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermitteln, er habe noch wichtige Dinge zu tun bevor der Weg hin zu Neuwahlen eröffnet wird. Viele Demokratien der Welt kennen das Recht ihrer Parlamente zur Selbstauflösung und binnen kurzer Zeit Neuwahlen zu bestimmen. In Deutschland ist der Weg komplizierter. Vorzeitige Bundestagswahlen führen allein über die Vertrauensfrage, die nur der Bundeskanzler stellen kann, sonst niemand. Mit dieser Bestimmung unserer Verfassung wird nach den Erfahrungen der Weimarer Republik das Amt des Bundeskanzlers besonders geschützt, wohlgemerkt das Amt, nicht der Amtsinhaber. Das Grundgesetz geht davon aus, dass der Amtsinhaber mit diesem besonderen Privileg verantwortungsvoll umgeht, denn es soll die Stabilität unserer Demokratie gewährleisten und die Regierungsfähigkeit des Landes erhalten.

Der gegenwärtige Amtsinhaber bewirkt mit seinem Verhalten aber genau das Gegenteil. Die Behauptung, er könne die Vertrauensfrage erst nach der Entscheidung über die von ihm noch als wichtig angesehenen Vorhaben stellen, da dann ja der Bundestag aufgelöst und nicht mehr entscheidungsfähig sei, ist eine vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit. Handlungsunfähig ist allein spätestens seit letzter Woche die verbleibende Regierung. Die Entscheidung des Bundespräsidenten, nach der Vertrauensfrage den Bundestag aufzulösen, verkürzt lediglich die Wahlperiode des Bundestages. Aber der gegenwärtige 20. Bundestag bleibt in vollem Umfang handlungs- und entscheidungsfähig, bis zum Zusammentritt des nächsten Deutschen Bundestages. Es gibt jederzeit einen Bundestag, der Entscheidungen treffen kann, der alte Bundestag sogar noch nach den Wahlen für den neuen. Wir hatten das schon einmal. Für den Bundestag wird sich also durch die Vertrauensfrage nichts ändern, außer einem dann vorgezogenen Wahltermin.

Und weil dies so ist (und der Bundeskanzler und die Sozialdemokraten dies ja auch genau wissen), steht jetzt zu allererst auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages die Vertrauensfrage dieses Bundeskanzlers, der nicht nur das Vertrauen der Parlamentsmehrheit, sondern das Vertrauen der Bevölkerung verloren hat. Dann bestimmen wir gemeinsam die Abläufe über die verbleibenden Entscheidungen bis hin zum Wahltermin. Wenn sich der Bundeskanzler noch einen Rest von Respekt vor den Institutionen unseres Staates bewahrt hat, dann stellt er in dieser Woche nach seiner Regierungserklärung am Mittwoch die Vertrauensfrage. Alles andere ist eine weitere, inakzeptable Beschädigung des Amtes.

Quelle: MerzMail

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