Friedrich Merz als Chance – Wird er Kanzler von Merkels Gnaden?

Friedrich Merz, Foto: Stefan Groß

Bereits vor anderthalb Jahren kandidierte Friedrich Merz, um Bundesvorsitzender der CDU zu werden. Er wurde es schlussendlich nicht. Das hat Gründe, die in der Union begründet sind. Mit AKK hatte man versucht, einen sicheren Anker, einen stabilen Kandidaten zu präsentieren. Der Schuss ging eindeutig nach hinten los, auch wenn AKK die Verkörperung der Biederkeit ist.

Stabilität, Sicherheit und Solidität sind Vokabeln, mit denen man stets versucht, den Laden CDU zusammenzuhalten, weil sie erstens beim Wähler der Partei verfangen und zweitens jede Diskussion vom Tisch wischen. Mit den Worten, Armin Laschet stehe für Kontinuität warb der WDR am 10.2.20 für den NRW-Ministerpräsidenten. Er sei ein Merkel-Kandidat. Nun ja. Genau das ist ja das Problem der CDU, sie hat von 2014 bis heute einen Sturzflug hingelegt, von 45% in Umfragen auf nun 27%. Entstanden ist dieser Sturzflug in der Zeit von Merkel, wegen Merkel. Kontinuierlich führte AKK, Merkels Kandidatin, den Kurs der Kanzlerin fort, er brachte in Umfragen nach oben keine Entwicklung. Natürlich wäre Merz der Kandidat, der eben nicht für Kontinuität, sondern für einen Schlussstrich steht.

Ein inneres Problem

Die CDU ist in einem Dilemma. Einerseits will sie stets regieren, egal, wie und mit was, Hauptsache mit einem biederen Kandidaten. Die Union hat noch genau die Wähler übrigbehalten, die dazu bereit sind. Seit 1990 hat die CDU konstant – mal abgesehen von einem Zwischenhoch 2013 – verloren, von Bundestagswahl zu Bundestagswahl. Macht und Machterhalt waren stets die Koordinaten für einen guten CDU-Kandidaten. Wurde das Ziel gefährdet, bei einer Wahl als erste durchs Ziel zu gehen, wurde das Personal an der Spitze abgelöst.

Bei aller Solidität musste der Spitzenkandidat auch ein Biedermann sein. Kohl und Merkel sowie AKK haben die Rolle perfekt besetzt. Merz verlor schlicht und einfach, weil er zu elitär ist. Oggersheim und Uckermark klingen mehr nach Union als Blackrock und Atlantikbrücke.

Wenn ein Politiker so viel verdient wie ein Spitzenfußballer, das ist bei Merz der Fall, dann bekommt man in der Union kalte Füße. Die Partei fremdelt stets mit Überfliegern. Daher wurde Merz 2018 nicht gewählt.

Die Angst vor der Courage

Merz ist wieder ein Mitfavorit. Dennoch: bei einem monatelangen Findungsprozess mit AKK als Moderatorin sieht es ganz nach einer Merz-Verhinderungs-Orgie aus. Ob Merz als Manager sich etwas hat zuschulden kommen lassen oder nicht, ist zweitrangig. Es gibt keinen Verdacht, dass er irgendwie verfänglich gehandelt hätte. Dennoch. Er hat das 200fache eines durchschnittlichen Arbeiters verdient. Das reicht. Die Angst, einen nicht biederen Kandidaten zu haben, ist ausschlaggebend.

„Merkels ist so charismatisch, weil sie so uncharismatisch ist“. So sagte mir vor Jahren ein CDU-Freund das Erfolgsrezept. Die Angst allein, mit Merz einen Kandidaten zu bekommen, der aufgrund seines hohen Verdienstes nicht ankommt, ist da. Diese Angst, sie wirkt gegen ihn.

Merz als Chance

Mit Merz könnte man im großen Stil all jene Wähler zurückgewinnen, die seit 2013 der CDU von der Stange gegangen waren. 35% plus x nennt Merz gern die Messlatte für die Union. Er allein wäre von allen möglichen Kandidaten in der Lage, im großen Stil verprellte Wähler zurückzugewinnen.

Sehenden Auges lässt sich die CDU meiner Einschätzung gemäß aber deshalb darauf nicht ein, weil man sich nicht noch einmal einen Shitstorm von Parteien gefallen lassen will. Das Kuschelbedürfnis ist größer als die Möglichkeit, wieder mit Abstand größte Partei zu werden. Mental hat man die Wahl im Kopf schon abgeschlossen. Der Kompromiss ist längst eingepreist, bevor man zur Wahl geht. 27% für die CDU mit einem Kandidaten, der nicht Merz heißt. 4 Prozent liegt Robert Habeck dahinter. Man preist bereits ein, dass die Wiederwahl in Schwäche und Harmonie mit anderen Parteien eingetütet wird. Das reicht dem biederen Unions-Delegierten. Solange irgendein CDU-Mann auch im zwanzigsten Jahr in Folge den Staat führt, ist der Rest egal. Die politischen Inhalte oder die Absicht sind egal, solange man nicht aneckt.

Mit Merz und mehr medialem Gegenwind 35% zu erzielen, die AfD auf 5-6% zu schrumpfen und mehr als 10 Prozent vor dem Zweitplatzierten durchs Ziel zu gehen, erscheint nicht erstrebenswert für die CDU. Warum? Man will gar keinen Kandidaten, der die AfD kleinhält. Nichts wäre der Union peinlicher. Nein, halt. Mit einem Kandidaten, der ein Jahresgehalt in der Höhe eines Fußballers zu gewinnen, wäre wohl am peinlichsten für die CDU.

Quintessenz

Merz wird 35% holen, wenn man in der CDU den Mut hat, ihn ins Rennen zu schicken. Ich hoffe dies. Jetzt ist es an der CDU, Courage zu zeigen.

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