„Franziskus betreibt keine Abkehr von Tradition der Kirche“

Reinhard Kardinal Marx, Foto: Stefan Groß

Predigt von Kardinal Reinhard Marx bei Vollversammlung der bayerischen Bischöfe in Bamberg

Vorsitzender der Bischofskonferenz verteidigt Kurs des Papstes in der Ehe- und Familienpastoral

 

Bamberg, 22. März 2017. Vier Jahre nach dem Amtsantritt von Papst Franziskus sieht Kardinal Reinhard Marx die katholische Kirche in einer lebhaften Diskussion. „Vieles ist geschehen. Viele bewundern ihn, manche sind skeptisch und voller Sorge, wie der Weg weitergeht. Manche sprechen von einem Wendepunkt, andere von Anpassung an den Zeitgeist“, sagte der Erzbischof von München und Freising, der auch Vorsitzender der Freisinger und der Deutschen Bischofskonferenz ist, bei einem Pontifikalamt im Bamberger Dom am Mittwochabend, 22. März. „Es ist nicht schlecht, dass theologisch gestritten wird, das gehört zum Leben der Kirche dazu“, erklärte Marx mit Bezug auf die anhaltende Debatte um das päpstliche Schreiben Amoris laetitia und die Linie der Kirche insbesondere in der Ehe- und Familienpastoral.

Marx wies indes Kritik am Kurs des Papstes zurück. „Franziskus betreibt keine Abkehr von der Tradition der Kirche, sondern eine Vertiefung dessen, was Jesus und die Propheten lehren. Nein, dieser Papst predigt kein anspruchsloses Christentum, er predigt die Vollendung in der Liebe.“

Der Kardinal erinnerte an das Jesuswort aus dem Tagesevangelium: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen“ (Mt 5,17-19). Die Heilige Schrift sei keine Ansammlung von Vorschriften, vielmehr erzähle sie im Tiefsten, was Gott mit den Menschen vorhatte, indem er sie beispielsweise aus der Sklavschaft Ägyptens herausgeführt habe.

„Es geht nicht darum, lebensferne Normen zu erfüllen, sondern darum, jeden Tag zu fragen: Lebe ich im Bund mit Gott?“ Eine zentrale Bedeutung komme dem Gewissen zu. „Der Mensch kann, auch wenn er versagt, immer wieder neu in den Bund hineingehen.“ Gesetz und Gnade seien „kein Gegensatz“.   

So seien die Gesetze der Kirche als eine Einladung zu verstehen, die Liebe zu leben, das eigene Leben im Sinne von Jesus von Nazareth zu formen. „In der Nachfolge Jesu werden wir nicht etwa niedergedrückt, sondern in Freiheit und Erfüllung geführt. Marx warnte davor, „Gesetze vor Gott aufzurichten und sie zur eigenen Selbstbehauptung vor Gott zu benutzen“. Vielmehr sollten Gesetze „Hilfe sein, die Liebe Gottes zu den Menschen wach zu halten. Wenn wir das verstehen, haben wir einen guten Beitrag geleistet zur Erfüllung des Evangeliums in unserer Zeit.“

Marx predigte bei einem Pontifikalamt mit den bayerischen Bischöfen anlässlich der diesjährigen Frühjahrsvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz, die vom 22. bis 23. März in Bamberg stattfindet. (kel)

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