Kann Friedrich Merz Kanzler?

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Die Frage ist letztlich müssig. Denn der CDU-Chef ist fürs Erste Deutschlands letztes demokratisches Aufgebot.

Und sicher wird sich bei seinem Treffen mit Präsident Emanuel Macron wieder zeigen, dass Merz aussenpolitische Fragen strategischer durchdenkt und zu formulieren versteht als der noch amtierende Bundeskanzler, gäbe es da nicht Ausfälle wie am Wahlabend, als Merz in der Elefantenrunde überraschend „fragte, ob man beim Nato-Gipfel im Juni überhaupt noch über das Bündnis »in seiner gegenwärtigen Verfassung« sprechen werde. Er, Merz, werde deshalb alles daransetzen, Europa so schnell wie möglich unabhängig von den USA zu machen. War das ernst gemeint? War es geplant? Schloss das den nuklearen Schutzschirm der Amerikaner ein? Das Echo von Merz’ Überlegungen drang bis in die USA“ ((https://www.zeit.de/…/grosse-koalition-cdu-spd...).

Peter Dausend, Martina Hildebrandt und Mariam Lau zeichnen in der neuen „Zeit“ nach, dass dies „innerhalb weniger Wochen die fünfte Ansage des angehenden Bundeskanzlers war, bei der man nicht ganz sicher sein konnte, ob sie einem Ausbruch oder einer Strategie folgte. Ob es der angekündigte Einsatz der Richtlinienkompetenz ist, die Inhaftierungen aller Ausreisepflichtigen, die permanenten Grenzkontrollen und Zurückweisungen, seine Losung »Keine Kompromisse« bis hin zur Ankündigung »Egal, wer mit mir stimmt« – all das musste, manchmal innerhalb von 24 Stunden, zurückgenommen, modifiziert oder dementiert werden. Nicht nur in der SPD befeuert das Bedenken gegenüber Merz als »Affektpolitiker«, auch in der Union fragen sich manche, ob Merz nicht mal jemanden fragen könnte, der sich mit dem Kanzlersein auskennt.“

Die FAZ wiederum analysiert, dass Merzens Ankündigungen, den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof gegen den israelischen Ministerpräsidenten nicht zu vollstrecken, „gegen das Römische Statut und die vom Grundgesetz vorgeschriebene Völkerrechtsfreundlichkeit verstoßen“ (https://zeitung.faz.net/…/84cd5b4ac94b2ee101ca4cd62f644…). Vergisst Merz, wenn er redet, das Amt, das er anstrebt?

Diese Frage gilt erst Recht für die Innenpolitik: „Warum, so fragten sich auf der etwas klammen Siegesfeier im Adenauer-Haus am Sonntagabend Parteifreunde, war es zum Beispiel nötig, tags zuvor von »linken und grünen Spinnern« zu reden – wenn man mit ebendiesen »Spinnern« nun regieren will?“ (https://www.youtube.com/watch?v=Vj7d0UWPhoU), berichtet die „Zeit“. Und warum stellt er eine grosse kleine immerhin 551 Fragen starke Anfrage zur Finanzierung von Nicht-Regierungs-Organisationen zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen. Viele dieser Fragen mögen berechtigt sein, und es ist sicher übertrieben, Merzens Vorgehen mit Trumps gegen die Demokraten nach seinem Wahlsieg zu vergleichen.

Aber er erschwert der durch die Wahlniederlage geschwächten SPD-Spitze, die für sie notwendige Zustimmung der Parteilinken zu einer schwarz-roten Koalition zu gewinnen, an der auch die Union hoch interessiert sein müsste.

Dagegen wirkt ein von der „Zeit“ bekannt gemachter Vorgang eher skurril, auch wenn er ein bezeichnendes Licht auf das Management in der CDU-Zentrale wirft. Vor seinem Treffen mit Olaf Scholz forderte Merz von Scholz eine Verpflichtung „zweifach“ zu unterschreiben, keine Entscheidungen „ohne Abstimmung mit der Union“ zu treffen und auf neue Rechtsvorschriften und Kabinettsentscheidungen zu verzichten. Zu einer Zeit, in der noch gar nicht abzusehen ist, ob Merz die notwendige Koalition für seine Wahl zu bilden versteht und jemals Kanzler wird, versucht er, die eingeschränkten Rechte des amtierenden Kanzlers mit der Unterschrift unter ein Papier weiter zu begrenzen und löste damit im Kanzleramt „sarkastische Heiterkeit“ aus.

Eigentlich muss Friedrich Merz wissen, dass Politik so nicht funktioniert. Weiss er es? Weniger anzeigen.

Quelle: Franz Sommerfeld