Zweierlei Mass bei Brandmauern
Bebend vor Empörung reagierten SPD und Grüne auf ein Gespräch des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer mit dem AFD-Fraktionsvorsitzendem in seinem Landtag. Dass ihre französischen Parteifreunde Marine Le Pen bei ihrem Kampf um das Präsidentenamt aktiv unterstützen, nehmen sie dagegen gelassen hin:
„In Frankreich ist nicht nur die rechtsbürgerliche Minderheitsregierung gestürzt. Die Brandmauer, mit der sich die Linke von der extremen Rechten abgegrenzt hat, ist eingebrochen. Sozialisten, Grüne, Kommunisten und Linkspartei haben Marine Le Pen die Vorlage für den Misstrauensantrag geliefert. Auch als klar war, dass Le Pens Fraktion geschlossen für den Antrag von links stimmen würde, gab es keinen Versuch, die unheilige Allianz noch abzuwenden“, notiert Michaela Wiegel im Leitartikel der FAZ (https://zeitung.faz.net/…/4e55649ac04284f41ff35f31bc051...).
Zu Recht verweist Michaela Wiegel auf die weitreichenden politischen Übereinstimmungen zwischen Rechts- und Linksextremisten, zwischen Le Pen und Jean-Luc Mélenchon (Foto): „Die Interessengemeinschaft zwischen der Linkspartei LFI und dem Rassemblement National (RN) ist hinreichend bekannt. Beide Parteien würden am liebsten sofort Frieden mit Wladimir Putin schließen und beäugen die Hilfe für die überfallene Ukraine skeptisch. Sie eint die Vorstellung, dass die Möglichkeiten des Wohlfahrtsstaates grenzenlos sind und Finanzierungsfragen keine Rolle spielen. Beide Parteien gaukeln den Franzosen vor, dass sie wieder früher in den Ruhestand gehen könnten. Sie teilen zudem den Wunsch, sich von den europäischen Verpflichtungen zu befreien, auch wenn sie sich in der Wortwahl ihrer EU-Kritik unterscheiden.“ Beide wenden sich gegen die demokratische Republik und streben eine autoritäre Ordnung an.
Der dramatische Einschnitt dieses erfolgreichen Misstrauensantrages liegt darin, dass sich Sozialisten und Grüne Le Pen und Mèlenchon dabei unterstützen. Und zwar bis in das taktische Spiel von Le Pen, noch vor ihrer möglichen Verurteilung ins Präsidentenamt zu gelangen. Die Entscheidung von Präsident Emanuel Macron, sein Amt bis zum Abschluss seiner Legislaturperiode auszuüben, bildet nun die letzte Brandmauer.
Bei europäischen Jahrestagen und ähnlichen Gelegenheiten beschwören Linke, Sozialdemokraten und Grüne gelegentlich, dass eine europäische Öffentlichkeit gäbe. Nun ja. Es ist an der Zeit, sie zu praktizieren.
