Christian Lindner: Bambis Einstieg in den Ausstieg aus der Politik

Christian Lindner, Quelle: Screenshot PHOENIX

Christian Lindners Kalkül ist aufgegangen. Mit der ultimativen Forderung an seine beiden größeren Koalitionspartner, genuine FDP-Positionen für die letzten Monate vor der Bundestagswahl zu übernehmen, konnte er die Ampel-Koalition sprengen und sie verlassen. Womit er offenbar nicht gerechnet hatte, war die Bereitschaft von Bundeskanzler Olaf Scholz, so direkt und heftig in den Wahlkampfmodus um zu schalten.

Das Muster, aus der Verantwortung zu gehen, begleitet die politische Karriere von Christian Lindner, den sein Parteifreund Jürgen Möllemann mit dem Spitznamen „Bambi“ versah. 2011 gab er nach nur zwei Jahren das Amt des FDP-Generalsekretärs auf und konnte so bei der Bundestagswahl 2013 nicht in die Verantwortung für das Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde genommen werden. Nach vier Wochen Jamaika-Verhandlungen zog er sich und seine Partei zurück. Drei Jahre als Minister sind insoweit ein persönlicher Rekord.

Ärgerlich bleibt, dass sein Papier wichtige liberale Vorstellungen enthält, die Lindner in den vergangenen drei Jahren in die Regierung hätte einbringen können. Denn daran mangelt es. Tatsächlich bedient sich Lindner ihrer jetzt nur, weil er hofft, so sich und seine Partei im Bundestag halten zu können. Es geht ihm nicht um die Neuausrichtung deutscher Politik, sondern um den parteipolitischen Bruch.

Das lässt seine Stellungnahmen bemerkenswert unpolitisch geraten: Der Überfall Russlands auf die Ukraine, die Veränderungen der Welt finden dort überhaupt nicht statt (https://www.sueddeutsche.de/…/scholz-ampel-erklaerung…). Später ergänzt er das noch mit dem Hinweis, durch die Koalition „menschlich aufgerieben“ worden zu sein und „gelitten“ zu haben.

Wenn Lindner Scholzens Vorschläge als „matt und unambitioniert“ geisselt, klingt das für Lindners Verhältnisse harmlos: In der Koalition mit dem CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers kanzelte Lindner einst dessen Entwurf eines Anti-Rezessionsprogramms als „niedlich, aber ohne jede Wirkung“ ab. Hendrik Wüst wiederum war für ihn ein „selbst ernannter Hilfssheriff“ und die christdemokratische Justizministerin ein „Sicherheitsrisiko im Kabinett“.

Es ist nicht auszuschließen, dass die FDP im nächsten Jahr wieder an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Dann wird Christian Lindner die Politik verlassen und in der Wirtschaft Geld verdienen, vielleicht bei Ringier, wie kress spekuliert: https://kress.de/…/148333-arbeitet-finanzminister…. So würde er nachholen, was in der Jugend nicht so richtig gelang: https://youtu.be/w0rL6Ju9H2Q.