Blau-gelbe Konvergenzen

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Während AFD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, in „Berlin direkt“ befragt von einer leicht überforderten Moderatorin, den designierten US-Präsidenten Donald Trump zu ihrer Leitfigur erklärt (https://www.zdf.de/…/weidel-afd-kanzlerkandidatin… ), bekennt sich FDP-Chef Christian Lindner ein weiteres Mal in einem Gastbeitrag für „Handelsblatt“ und „Tagesspiegel“ zu seinem grossen Vorbild, dem Trump-Buddy Elon Musk (https://web-epaper.tagesspiegel.de/index.html…).

Vorsichtig wie Christian Lindner nun einmal agiert, beteuert er, nicht alle Vorstellungen von Trumps wichtigstem Mann zu teilen und „nicht alles von Musk (zu) übernehmen“, aber wohl ziemlich viel. Weidel ist da deutlich präziser, wenn sie Deutschlands Austritt aus der EU und damit die Zerschlagung des europäischen Marktes fordert. Das würde natürlich Lindners Vorbild Musk gefallen, der wiederum der AFD wiederholt bekundet hat, nicht extremistisch zu sein. Hier schliesst sich der Kreis.

Es mag Zufall sein, dass Lindner aus der nordrhein-westfälischen FDP stammt, die in den Nachkriegszeiten ein Hort nationalistischer und rechtsextremer Strömungen war und deren Landeschef Jürgen Möllemann später Kampagnen gegen Michel Friedman als Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland führte.

Aber nun zeichnet sich ab: Nach zwei gescheiterten Regierungsbeteiligungen unter Führung von CDU und SPD und einer gescheiterten Koalitionsverhandlung richtet Christian Lindner seine Partei neu aus. Er wendet sich dabei gegen die Verkrustungen im deutschen Staatsapparat und in der EU. Sie hemmen in der Tat Wohlstand und Fortschritt.

Abers so wie die FDP in den drei Regierungsjahren keine ernsthafte Anstrengung unternahm, diese Probleme anzugehen, so sucht Lindner auch jetzt nicht nach demokratischen Modellen, sondern setzt auf Elon Musk, der die demokratische Ordnung schleifen will. Lindner nennt das vornehm „Disruption“.

Damit gerät Lindner geradezu zwangsläufig in Gegensatz zum CDU-Chef Friedrich Merz. Denn dieser sieht sich in der Tradition von Helmut Kohl, der die bis dahin größte tatsächliche Disruption der Nachkriegszeit, den Zusammenbruch der DDR und die daraus folgende Vereinigung, meisterte. Wie ihm das mit den klassischen Instrumenten gelang, lässt sich eindrucksvoll in dem in diesem Jahr neu herausgegebenen und nun vollständigen Tagebuch seines außenpolitischen Beraters Horst Teltschik nach lesen (https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/…/sCa…/1548).

Natürlich war ein solcher historischer Bruch mit vielen Fehlern und manchen Irrwegen verbunden. Aber Kohls Beispiel zeigt, dass der politische Wille entscheidend ist. Dann lässt er sich mit Mitteln des demokratischen Staates wie Absprache und Einbeziehung durchsetzen. Das galt für die Einheit und gilt heute für die überfällige Reform der republikanischen Strukturen. Die Beschwörung der „Disruption“ spiegelt dagegen die Sehnsucht der politisch Bequemen wider, die Reformen und demokratische Mühen scheuen oder eben die demokratische Ordnung verachten.

Quelle: Franz Sommerfeld