Erklärung der Freisinger Bischofskonferenz

Frühjahrsvollversammlung der bayerischen Bischöfe am 30. und 31. März 2022 in Regensburg

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Ukraine

 

Die Hilfe für Menschen, die unter den Folgen des Kriegs in der Ukraine leiden müssen, ist den bayerischen Bischöfen ein großes Anliegen. In Bayerns sieben (Erz-)Diözesen wurden oder werden insgesamt mehrere tausend Plätze zur Unterbringung von Geflüchteten geschaffen. In Bildungs- und Tagungshäusern, Priesterseminaren, Pfarrheimen, Pfarrhäusern oder in Wohnungen, die Kommunen zur Prüfung für eine Nutzung zur Unterbringung angeboten werden, finden Ukrainerinnen und Ukrainer sowie Bürger anderer Staaten, die aus der Ukraine fliehen mussten, eine Unterkunft. Vielfach sind in den Diözesen Sondermittel bereitgestellt, um über die regulären Mittel für Finanzhilfen zugunsten Bedürftiger hinaus aktiv zu werden. So kann beispielsweise eine personelle Verstärkung der caritativen Anlaufstellen und psychologischen Betreuungsangebote wie der Ehe-, Familien- und Lebensberatung und der Notfall- und Telefonseelsorge ermöglicht werden. Darüber hinaus werden finanzielle Hilfen an Hilfswerke gegeben, die direkt in der Ukraine oder in den anliegenden Ländern arbeiten. Die diözesanen Verbände der Caritas sind mit Hilfen für das Kriegs- und Grenzgebiet, aber auch auf allen Ebenen des Freistaats mit großem Engagement der Haupt- und Ehrenamtlichen tätig, um Menschen aus der Ukraine schnell und unkompliziert zu helfen. Insbesondere im Bereich der Koordination von Hilfeleistung sind die Erfahrung, Schnelligkeit und das breite Netzwerk der Caritas von großem Wert, sei es im Krisengebiet selbst oder wenn es darum geht, an Bahnhöfen wie in München oder Nürnberg viele Menschen geordnet zu empfangen, zu versorgen und unterzubringen.

Der Direktor des Diözesan-Caritasverbands Regensburg, Michael Weißmann, berichtete der Bischofskonferenz über eine Fahrt mit Reisebussen nach Warschau, bei der die Caritas Hilfsgüter für geflüchtete ukrainische Kinder anlieferte. Auf der Rückfahrt waren die Busse dann voll mit Flüchtlingen besetzt, darunter Waisenkinder im Alter bis zu 15 Jahren, das jüngste war noch ein Säugling. Die Kinder konnten in einer Freizeiteinrichtung der Pfadfinder im Landkreis Regensburg untergebracht werden. Weißmann kündigte im Gespräch mit den Bischöfen weitere Fahrten nach Polen an: „Alles was Caritas und Kirche ausmacht, wird jetzt gebraucht.“

Problematisch ist die Situation für Staatsangehörige anderer Länder, die aus der Ukraine geflohen sind. Darunter sind viele Menschen aus Belarus, die im Nachbarland Schutz gesucht hatten und nun innerhalb kurzer Zeit erneut das Trauma der Flucht erfahren mussten, aber auch aus Russland und verschiedenen außereuropäischen Staaten, die in der Ukraine gearbeitet oder studiert hatten. Diese Flüchtlinge sind aufenthaltsrechtlich in der EU schlechter gestellt als Ukrainerinnen und Ukrainer. Außerdem erinnerte die Bischofskonferenz daran, Flüchtlinge aus anderen Regionen der Welt gerade jetzt nicht zu vergessen.

Ausdrücklich danken die bayerischen Bischöfe allen Menschen, die in diesen Wochen mithelfen: Die ihren freien Wohnraum zur Verfügung stellen, räumlich zusammenrücken oder in einer der vielen Initiativen anpacken, die Spenden sammeln und verteilen oder Helferkreise bilden, die sich um die Integration und Versorgung von ukrainischen Geflüchteten kümmern. Caritas und Kirche gehörten zu den ersten, die zu Beginn des Krieges halfen. Sie haben vieles finanziert und ehrenamtlich geleistet. Dieses Engagement gilt es nun zu verstetigen und langfristig abzusichern. Die Menschen aus der Ukraine benötigen professionelle Flüchtlings- und Integrationsberatung, wie sie die Caritas anbietet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten seit Wochen am Limit. Es werden dringend zusätzliche personelle Ressourcen benötigt. Dieses Engagement ist staatlich durch Refinanzierung abzusichern.

Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs

Nachdem zuletzt das Erzbistum München und Freising im Januar ein externes Gutachten zum sexuellen Missbrauch vorgelegt hatte, tauschten sich die Bischöfe über den Stand der Aufarbeitung in Bayern aus. In allen sieben (Erz-)Bistümern haben Unabhängige Aufarbeitungskommissionen (UAK) ihre Tätigkeit  aufgenommen. Im Zentrum steht der Dialog mit den Betroffenen, die in den UAK und Betroffenenbeiräten wichtige Impulse für die Aufarbeitung geben. Die UAK planen unterschiedlicheProjekte und Berichte, teils historische, teils juristische. Die Bischöfe bekräftigen ihren Willen zur konsequenten Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs und zur wirksamen Prävention. Gemeinsam wollen sie weiter überlegen, wie sie in diesen Fragen kooperieren, ihr Engagement weiterentwickeln und Empfehlungen etwa aus dem Münchner Gutachten oder von Betroffen umsetzen können.

Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde

Mit dem Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde (KDM) setzt die katholische Kirche in Bayern durch Bildungsarbeit ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus, Populismus und menschenverachtende Einstellungen. Bestimmendes Thema im neuerlich durch die Folgen der Pandemie geprägten vergangenen Jahr war der Umgang mit Verschwörungserzählungen und damit eng verbunden mit radikal rechten sowie antisemitischen Positionen inner- und außerhalb kirchlicher Kreise. Trotz der Lautstärke in den sozialen Medien stellt das Kompetenzzentrum fest, dass die Allermeisten der Katholikinnen und Katholiken in Bayern sich zu Demokratie und Menschenrechten bekennt und Solidarität mit Risikogruppen sowie anderen von der Pandemie besonders betroffenen Personen praktiziert. Auftrag des KDM ist es, die Menschen aus der Mitte der Gesellschaft in ihrem Engagement zu stärken und sie zu befähigen, für ihre positiven Werte aktiv einzutreten. Dies geschieht mit zahlreichen Formaten wie Fachtagen, zum Beispiel „Das Problem heißt Rassismus“, online-Workshops mit Klassen und Kursen aller Schularten oder der online-Diskussionsreihe „Radikal-rechte Refugien“. Zugleich vernetzt sich das KDM in die Zivilgesellschaft und kooperiert etwa mit der Arbeiterwohlfahrt, der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern, dem Münchner Forum für Islam e.V., der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche gegen Rechtsextremismus oder dem Bayerischen Bündnis für Toleranz. Das KDM hat sich mittlerweile etabliert als Ansprechpartner für andere Institutionen und genießt dort für seine Expertise hohe Wertschätzung.

Kirchenasyl

Bei der Herbstvollversammlung wurde über die drei anhängigen Strafverfahren gegen die Kirchenasyl gewährenden Ordensleute berichtet. Präzedenzfall ist das Verfahren gegen Bruder Abraham/Münsterschwarzach. Im Frühjahr 2021 hatte das Amtsgericht Kitzingen Bruder Abraham aus Gründen der Glaubens- und Gewissensfreiheit freigesprochen, wogegen die Staatsanwaltschaft Sprungrevision einlegte. Am 25.02.2022 wurde in der Revisionsverhandlung vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayOLG) in Bamberg, der höchsten Instanz in Bayern, der Freispruch bestätigt, wenn auch mit einer anderen Begründung.

Dieses Urteil ist ein Grundsatzurteil und bestätigt die Linie der katholischen Kirche: Soweit bei Beginn und Durchführung eines Kirchenasyls die Vereinbarung der Kirchen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingehalten wird, macht sich die das Kirchenasyl gewährende Person nicht strafbar. Aufgrund der Entscheidung im Fall von Bruder Abraham können nun auch die anderen Betroffenen (Mutter Mechthild von der Abtei Maria Frieden/Kirschletten, Sr. Juliana/Oberzell) auf einen Freispruch hoffen, auch wenn in jedem Verfahren der Einzelfall zu prüfen bleibt.

Die Freisinger Bischofskonferenz beurteilt diese Entwicklung in der Rechtsprechung als äußerst positiv. Gleichzeitig bekräftigt sie ihre Auffassung, dass mit der Tradition des Kirchenasyls Menschen in extremen Notsituationen geholfen wird.

 Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

Die Bischöfe haben sich über die positive Entwicklung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) informiert, die sich mit ihrem Studienangebot und den Rahmenbedingungen weiter einer hohen Zufriedenheit bei Studierenden und Alumni erfreut. Zum zweiten Mal in Folge ist die KU als „Beliebteste Universität in Deutschland“ ausgezeichnet worden. Diesen Titel hat ihr nach 2021 vor wenigen Wochen erneut das Onlineportal Studycheck verliehen. Die nach eigenen Angaben reichweitenstärkste Datenbank zu deutschen Hochschulen und Studiengängen errechnet aus Beliebtheits- und Zufriedenheitswerten ein Ranking der Unis und Hochschulen – Basis für die diesjährige Auswertung waren mehr als 70.000 Erfahrungsberichte aus dem Jahr 2021. 97 Prozent derjenigen, die abgestimmt haben, empfehlen ein Studium an der KU weiter. Auch in anderen Rankings und Absolventenstudien schneidet die KU regelmäßig sehr gut ab.

Erfolgreich sind auch die Bemühungen der Universität, Karrierechancen für Frauen in der Wissenschaft zu verbessern. Dazu zählt unter anderem ein KU-eigenes Frauenförderprogramm, aber auch eine Berufungspolitik, die auf Geschlechtergerechtigkeit Wert liegt. Nach zahlreichen Neuberufungen von Frauen liegt der Frauenanteil in der Professorenschaft an der KU inzwischen bei 31 Prozent – während dieser Anteil bei den bayerischen Hochschulen 2020 im Schnitt rund 22 Prozent betrug.

Unter der Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der KU soll ein neues Onlineportal Wissen und Dialog zum östlichen Christentum bündeln. Die VolkswagenStiftung fördert mit knapp einer Million Euro den Aufbau der Plattform „Eastern Christian Studies“, mit der ab sofort fachübergreifend und unter der Leitung des KU-Lehrstuhls für Theologie des christlichen Ostens begonnen wird. Das Projekt ist auf sieben Jahre angelegt. Ein zugehöriger Online-Campus wird digitale Lehrformate und Angebote für die Öffentlichkeit anbieten. Den Zuschlag für das Projekt erhielt die KU noch vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, der den Fokus der Öffentlichkeit noch einmal verstärkt auf die Situation der Ostkirchen gerichtet hat.

Auf den Krieg in der Ukraine hat die KU umgehend mit verschiedenen Hilfsangeboten reagiert. Dazu zählt auch eine Handreichung für Eltern und Familien. Die Online-Publikation „Mit Kindern über den Krieg reden. Was Kinder brauchen und was Eltern wissen sollten“ wurde vom Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft der KU erarbeitet, sie basiert auch auf Erkenntnissen einer jahrelangen Kooperation mit der Katholischen Militärseelsorge. Bei dieser steht im Mittelpunkt, wie sich im Umfeld von Soldatinnen und Soldaten kritische Lebensereignisse, Fernbeziehungen und Isolation auf Partnerschaft, Familie und Erziehung auswirkten. Ein Schwerpunkt liegt auch dabei auf den Ängsten von Kindern.

Personalien

Katholisches Büro

Prälat Lorenz Wolf wird mit sofortiger Wirkung vom Amt des Leiters des Katholischen Büros Bayern entpflichtet. Die bayerischen Bischöfe nahmen eine entsprechende Bitte Wolfs an, der die Verbindungsstelle der katholischen Kirche zu Politik, Gesellschaft und Wirtschaft 13 Jahre lang geleitet hatte. Gleichzeitig danken sie ihm für sein langjähriges Engagement an dieser Stelle.

Gleichzeitig setzte die Freisinger Bischofskonferenz die Juristin Bettina Nickel als Kommissarische Leiterin ein. Nickel, Stellvertretende Leiterin seit 2005, hatte das Büro bereits 2009 neun Monate lang kommissarisch geleitet.

Die Stelle wird zur Besetzung ausgeschrieben.

Rundfunkrat und Landesmedienrat

Die Freisinger Bischofskonferenz entsendet neue Vertreter der katholischen Kirche in den Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks sowie in den Landesmedienrat.

Pater Alfons Friedrich SDB wird mit Beginn der neuen Amtsperiode im Mai Mitglied des BR-Rundfunkrats. Er folgt in dieser Funktion auf Prälat Lorenz Wolf. Pater Friedrich leitet den Pfarrverband München Haidhausen und hat langjährige Erfahrung im kirchlichen Medienbereich, etwa als Geschäftsführer der Don Bosco Medien und als Vorsitzender des Diözesanverbands St. Michaelsbund für München und Freising.

Prof. Dr. Klaus Stüwe wird ebenfalls zum Beginn der neuen Amtsperiode am 1. Mai in den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien entsandt. Als Vertreter der katholischen Kirche im Landesmedienrat folgt er auf Dr. Florian Schuller. Stüwe ist Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Politikwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und zugleich Vizepräsident der KU:

Jugendarbeit

Im Rahmen des jährlichen Gesamtberichts über die katholische Jugendarbeit wies der Beauftragte der Freisinger Bischofskonferenz für Jugendseelsorge, Weihbischof Florian Wörner, darauf hin, dass die Landesstelle für Katholische Jugendarbeit für den 8. Oktober 2022 einen bayernweiten Jugendgipfel plant. Bei diesem sollen junge Menschen aus ganz Bayern mit dem Vorsitzenden der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und Weihbischof Wörner ins Gespräch kommen können. Insbesondere soll es dabei um die Fragen gehen, was junge Menschen von ihrem Leben, dem Leben mit Corona und von der Kirche erwarten. Die Planungen für den Jugendgipfel werden im Laufe des Frühjahrs konkretisiert. Die Bischofskonferenz regt an, auch Jugendliche mit Fluchthintergrund einzuladen.

Finanzen