Entwicklungshilfe, Entwicklungszusammenarbeit, wirtschaftliche Zusammenarbeit

Eine Auswahl von Titeln, mit der sich die Bundesrepublik schmückt, um ihre philanthropische Gesinnung auf globaler Ebene zum Ausdruck zu bringen: wir wollen den armen Lazarussen dieser Welt unter die Arme greifen, sie aus ihrem Elend befreien, ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, und sie mit den Segnungen unserer Zivilisation und unserer Demokratie beglücken .Und natürlich: Frieden, christliche Werte, Nächstenliebe, Bildung, „good government“, Gesundheit, sauberes Wasser, genügend zu essen usw. Für solche „Geschenke“ wollen die Geber natürlich außer Wohlverhalten der Beschenkten etwas zurück, (wenn man es sich nicht schon in der Kolonialbesetzung vorausschauend angeeignet, durch Ausbeutung gestohlen hat). Ich will einige der Schlüsselwörter herausnehmen und unter die Lupe nehmen.
Ausgehend vom G8 Gipfel in Heiligendamm: Hier hat eine verschwindende Minderheit im Verhältnis zur Weltbevölkerung sich angemaßt, im Namen der Weltbevölkerung Entscheidungen (auch Nichtentscheidungen sind Entscheidungen) über eben diese Weltbevölkerung zu treffen. Zirka 15% der durch die G8 Staatschefs vertretenen Bevölkerung, die allerdings die globale militärische und wirtschaftliche Macht repräsentieren, majorisieren die wirtschaftlich kleinere und schwächere Mehrheit. Sie setzten Ziele fest, mit denen die Unterschiede zwischen Arm und Reich perpetuiert werden. Warum bleibt man „unter sich“, warum wird nicht die UNO als demokratisches Weltforum dazu ausersehen? Zweifellos wäre es dann vorbei mit der Scheinharmonie der Mächtigen. Die Tatsachen kämen auf den Tisch, das Offenlegen der Machenschaften der Weltbank und des IWF gegenüber den armen Staaten die zynische „Hilfsmentalität“ der „Gebernationen“ könnten der Welt die Augen öffnen und zu einem wütenden Aufschrei der Entrüstung bar jeglicher diplomatischer ölglatter Verschleierungslyrik führen (sofern nicht durch Zensur und obrigkeitshörige Selbstzensur der Medien solche Kritik unter den Teppich gekehrt wird und die Weltöffentlichkeit nur in homöopathischen Dosen davon erfährt und gekaufte oder erpresste Regierungen wieder die Handlangerdienste für die mächtigen Industriestaaten leisten würden).
Diese G8 Repräsentanten beschlossen also über Wohl und Wehe unserer Welt und das zu ihrem Vorteil! Dass dies keine bösartige Propaganda meinerseits ist, soll in Einzelheiten jetzt besprochen und nachgewiesen werden. Für 100 Millionen Euro haben sich die Vertreter der weltstärksten Wirtschaftsmächte in Deutschland versammelt, um im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mehr Gerechtigkeit, um mehr Gleichheit, um mehr Lebenschancen für die armen Völker zu bringen. In diesem Zusammenhang stehen natürlich die Fragen und Probleme der Gesundheit und mindestens ebenso wichtig Fragen des freien Welthandels, des Zugangs zu Märkten für die Entwicklungsländer und nicht zuletzt der globalen Klimaerwärmung. Bei keinem dieser Punkte ist ein Durchbruch gelungen. Woran liegt´s?
Der Begriff der Entwicklungshilfe hat sich im Lauf der Zeit zu einem Konglomerat von zynischem Eigennutz und Ausbeutertum entwickelt. Wir, die Industrienationen, brauchen Absatzmärkte. Und dafür müssen die infrage kommenden Staaten, unsere potentiellen Kunden, einen gewissen finanziellen Standard haben, um den Industrieramsch, den wir ihnen andienen, auch bezahlen zu können: Mobiltelefone, Radios, Computer, Fernseher, Mopeds, Cocacola usw. Das heißt: durch Entwicklungsgelder werden Infrastrukturmaßnahmen gefördert oder initiiert, die einen bescheidenen Gewinn abwerfen, der dann in die obengenannten westlichen Produkte investiert wird, oder aber gleich in den Taschen der Regierenden und der Oberschicht verschwinden.
Die Entwicklungsgelder müssen aber, da sie ja keine Geschenke sind, sondern Kredite, wieder zurückgezahlt werden. Bei großen Maßnahmen wie Staudämmen, Straßenbau u.ä., gehen die Aufträge gleich an entsprechende Firmen der Geldgeber die dann den Löwenanteil der Entwicklungshilfegelder einstreichen, („Entwicklungshilfe“ für unsere notleidende Industriewirtschaft). Ein minimaler Anteil bleibt dann bei den Arbeitern und der kleinen Bevölkerung, die dann für ihren Hungerlohn womöglich auch wieder westlichen Ramsch kaufen, sodass auch dieses Geld wieder in reiche Industriekassen fließt. Das heißt auf gut deutsch: trotz oder wegen?? der Entwicklungshilfe: die Armen werden ärmer, die Reichen reicher! Das darf man dann ruhigen Gewissens Wirtschaftskolonialismus nennen. Zudem sind solche Großprojekte oft von zweifelhaftem Nutzen.(Z.B. Stausee von Manantali in Mali, von der Größe des Bodensees, Zwangsumsiedlung der Bauern in aride Gebiete, Anschlussfinanzierung zur geplanten Elektrifizierung: Fehlanzeige, Irrigation der am Unterlauf des Flusses liegenden Plantagen und Felder: Fehlanzeige.)
Wenn heute stolz verkündet wird, die Hungerrate der Ärmsten habe sich in den letzten Jahren von 1,5 auf 1,0 Milliarden Menschen verringert, dann ist das eben kein Verdienst der Entwicklungshilfe, sondern das der Schwellenstaaten wie z.B. Brasilien, China und Indien. Denn da, wo Entwicklungshilfe eingesetzt wird und IWF und Weltbank mit ihren menschenverachtenden Privatisierungs- und Sparzwängen ihr Diktat ausüben, die nur darauf achten, dass die Bilanzen der Staaten mit ihren Forderungen übereinstimmen, ohne Rücksicht auf die Bevölkerung zu nehmen, (Mali und dessen Bahnprivatisierung ist ein solches Beispiel unsinniger Finanzgewalt-Politik.), da geht es mit der Wohlfahrt der Staaten bergab.
Wenn die Industriestaaten es ernst meinten mit der Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe, dann würden sie als erstes, dann müssten sie als erstes die mörderischen Subventionen unserer Agrarprodukte streichen. Mit unseren Dumpingpreisen, mit denen wir die armen Länder überschwemmen, zerstören wir die bäuerliche Infrastruktur. Mit unseren „gutgemeinten“ Rotkreuz-Kleiderspenden zerstören wir die heimische Bekleidungs-Kleinindustrie: das Schneiderhandwerk, die Baumwollspinnereien. Wenn in Bamako in Mali die Kleider auf riesigen Ramschbergen ausliegen und die Mensche sich um teilweise lumpige Stücke balgen: ist das nicht entwürdigend? Die Kinder auf den Dörfern und in den Städten laufen mit zerrissenen Jeans, Pullovern und Hemden rum: westlicher Herkunft: wir machen sie zu einem assimilierten Lumpenproletariat im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Industriestaaten und deren Raubkonzerne müssten akzeptieren, dass diese Staaten zum Schutz und Aufbau ihrer Landwirtschaft und ihres Kleinhandwerks einer gewissen Schonzeit bedürfen (Schutzzölle), wo man ihnen aber umgekehrt durch Öffnung der eigenen Grenzen die Chance geben müsste, ihre günstigeren Waren bei uns zu vermarkten. (Sofern sie nicht von großen westlichen Konzernen zum Anbau von Monokulturen verführt werden, die für kurze Zeit marktgünstig sind, deren Produkte dann aber später vom Markt nicht mehr aufgenommen werden. Zum Beispiel Kakao aus der Elfenbeinküste). Daraus könnte, ohne jegliche paternalistische und die Staaten knebelnde Entwicklungshilfe, Wohlstand entstehen, damit könnten Schulen entstehen, die ganz oben auf der Agenda der schwarzafrikanischen Staaten stehen. Eine gebildete und intelligente Bevölkerung, die auch unsere hinterhältigen Machenschaften nicht mehr blauäugig hinnehmen würde, wäre das Ergebnis. Sie könnten sich mit ihrer Lebenssituation stabilisieren und sich auch gegen unseren Raubtierkapitalismus besser zur Wehr setzen. Wahrscheinlich könnten wir unsere Milliardensubventionen uns an den Hut, bzw. der barmenden Agrarlobby in den Hals stecken. Und den Afrikanern das Recht zugestehen ihre Agrarprodukte auf einem freien unreglementierten Markt anzubieten. Das wäre freie Marktwirtschaft. Und in Deutschland zumindest hätten wir ein teures Entwicklungshilfeministerium mit einer ineffizienten, zeternden Ministerin los.
Aber solche Aussichten scheinen die westlichen Industriestaaten zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser und auch die „staatstragenden“ Eliten der armen Länder, die meistenteils das Manna der Entwicklungsgelder für eigene Zwecke (z.B. Rüstungsgelder zum eigenen Machterhalt) ummünzen. Der vormalige Staatschef Malis, General Moussa Traoré und seine Frau haben sich zu vielfachen Millionären hochbetrogen, bevor sie 1991 gestürzt wurden. Und desgleichen der Verteidigungsminister und Erziehungsminister (in Personalunion!!) Sekou Ly.
Die sogenannte Entwicklungshilfe wird meistenteils fehlgeleitet, wie sonst ließe sich erklären, dass die ärmsten Staaten wie Mali und Burkina Faso in den 80er Jahren oder Eritrea und Äthiopien, absolute Habenichtsstaaten, sich Kriege leisten können mit Panzern, Kanonen, Migs und unglaubliche Millionenbeträge ausgeben können. Sie können!! Woher hatten, bzw. haben sie das Geld??
Die Entwicklungsländer sind arm und bleiben arm. Bis jetzt hat sich nichts geändert trotz hehrer Versprechungen seitens der Industriestaaten. Diese bilden ein Bollwerk des Wohlstandes, der rigoros verteidigt wird gegen die Seelenverkäuferflotten der Schwarzafrikaner, die über das Mittelmeer oder über den Atlantik schippern, in der Hoffnung, ihrem Elend zu entrinnen und bei uns ein menschenwürdiges Leben zu finden. Finden sie aber nicht. Nicht einmal die Toten, denen von maltesischen Bürokraten die letzte Ehre vorenthalten wurde: sie mussten mit einem französischen Kriegsschiff weg. Wie Ungeziefer! Wer in Südspanien landet und nicht vorher von marokkanischen Soldaten auf LKWs in die Wüste verfrachtet wird, wo keine Überlebenschance besteht, hat die „Chance“ in Almeria für einen Hungerlohn zu schuften. Unsere allerchristlichste Wertegemeinschaft macht vor keiner Inhumanität Halt.
Im Gegenteil: unsere europäischen Nationen, von denen sich viele der christlichen Nächstenliebe verpflichtet(??) fühlen und großspurig das C wie eine Monstranz vor sich hertragen, die haben einen Begriff und eine Institution erfunden: „FRONTEX“, der jedem redlich Denkenden die Zornesröte ins Gesicht treiben muss: Mit hochmodernem Kriegsgerät und Aufklärungsgerät wird darüber gewacht, dass Hungerflüchtlinge, denen wir, die Europäer, die Nahrungsgrundlage entzogen haben (z.B. den Fischern vor Mauretanien und der ganzen Westküste Afrikas) nur ja nicht unsere wohlgenährte Gesellschaft belästigen. Wenn man sie nicht der Einfachheit halber gleich ersaufen lässt nach dem Motto: „nur ein toter Neger ist ein guter Neger“, werden sie nach Afrika zurücktransportiert, wo ihre afrikanischen Brüder mit Hilfe europäischer Judasgelder Lager gebaut haben, um die Hungerflüchtlinge zu „kasernieren“, um sie dann in die Wüste zu schicken. Eine rühmliche Ausnahme unter diesen Helfershelferstaaten bildet Algerien, dessen Präsident gesagt hat: „Wir lehnen diese Lager ab. Wir werden nie die Kerkermeister unserer Brüder sein!“(Jean Ziegler, „Das Imperium der Schande“ S. 14)
Ja, und was tut denn nun die Kirche angesichts dieses Imperiums der Schande und des Bösen? Sorgt sie dafür ,dass Hunger und Krankheit in der Welt weniger werden? Sorgt sie dafür dass die Kinder eine Grundbildung, eine Ausbildung bekommen? Bildung ja! aber nur zu ihren Bedingungen, das heißt: Eingemeindung in den kirchlichen Schafstall, wie ich es selbst in Bandiagara in Mali erlebt habe. Sorgt sie, zumindest nach ihren Kräften, dafür, dass Familien durch eine vernünftige Geburtenregelung nicht an ihrem Kinderreichtum zerfallen, weil sie keine Chance fürs Überleben haben? Weil ihre rigorosen Enthaltsamkeitsgebote unannehmbare Zwangsjacken für junge Paare sind? Der Buchstabe des „göttlichen“ Gesetzes ist der Kirche allemal wichtiger als menschliches Mitgefühl. Nein, lieber lügen sie das Blaue von ihrem Himmel, wie schädlich Kondome etc. seien, und dass sie vor Aids , entgegen aller wissenschaftlicher Versicherungen, auch nicht schützen, weil durch mikroskopisch kleine Löchlein die Aidsviren durchschlüpfen!! (Man lese hierzu das Kapitel von Christopher Hitchens, S. 59 ff). Obskurantismus der katholischen Kirche. Was kann man von ihr schon erwarten?
Das neueste(im März 2009) und umwerfendste Zeugnis retrograder kirchlicher Einstellung in Sachen Familienplanung liefert der deutsche Papst zur Zeit während seines Besuchs in Afrika : Verbot von Kondomen, statt dessen: eheliche Treue. Und dies in einem Land, das von unseren leibfeindlichen Sündenkatalogen meilenweit entfernt ist und Sexualität als die natürlichste Sache der Welt ansieht! Fiat voluntas ecclesiae pereat mundus! Der Wille der Kirche geschehe und wenn dabei die Welt zugrunde geht! Und die Überzahl an Kindern an Hunger und Aids krepieren und die Mütter, die sich durch ungeschützten Sex anstecken. Was für eine Anmaßung! Hauptsache, das von der Kirche erfundene Gottesgesetz wird befolgt. Wie kann man so bösartig weit von der Lebensrealität entfernt sein! Hier enthüllt sich die Herzlosigkeit einer Selbstgerechtigkeit, die aller Moral und Menschlichkeit Hohn spricht. Sie werden sich fragen, was dies mit Entwicklungspolitik zu tun habe? Ich denke, da wird jeder denkend selbst dahinter kommen. Dieser Papst und seine Kirche bieten den Menschen der Dritten Welt Hunger, Krankheit und Tod hinieden für ein ewiges Leben im Jenseits, von dem sie nichts wissen. Gibt es ein abwegigeres und unsittlicheres Tauschgeschäft? Was hat die Kirche aus uns Menschen gemacht!
Ein wackerer Weihbischof, Jaschke aus Hamburg, versucht, die rigide Papstäußerung etwas umzubiegen, und in gewissen Fällen eine konziliantere Einstellung zu vertreten. Das ehrt ihn und lässt hoffen, dass der gesunde Menschenverstand nach und nach auch über die Kirche kommt,(aber bitte nicht der „Heilige Geist“!). Bis es aber soweit ist, sollte man ruhig das Kind beim Namen nennen, und kirchlich-päpstliche Einstellung zur Familienplanung als menschlichen Skandal bezeichnen, der mit ethisch-moralischen Floskeln nicht überdeckt werden kann. Man sollte die Empörung der Menschen nicht als Stammtischgeschwätz abtun.
Zur Ehrenrettung der Kirche sollen Institutionen nicht unterschlagen werden, die sich sehr engagiert mit den profitgierig-hinterhältigen von der EU initiierten Assoziierungsabkommen auseinandersetzen: Trotz der von uns verschuldeten Wirtschaftskatastrophe versucht die Eu mit mittelamerikanischen Staaten einen „Deal“ zu machen, der transnationalen Konzernen noch mehr Rechte einräumen sollen. Das heißt: gnadenlose Ressourcenausbeutung, Umweltzerstörung, Zerstörung von kleinbäuerlichen Existenzen. Jetzt wird deren wirtschaftliche Unterlegenheit ausgenützt um für die Konzerne ein Maximum an profitablen Bedingungen herauszuholen, die diese Staaten noch tiefer ins Elend treiben werden. Die Staaten haben letztendlich auf Grund der erzwungenen Privatisierung keinen Zugriff mehr auf ihre eigenen Ressourcen. Dies ist die Zeit, wo die armen Staaten ihr letztes Hemd, sprich: ihr Land, ihr Wasser, ihre Bodenschätze zu einem Spottpreis abtreten, um eine kurze Überlebenschance zu bekommen. Die Katastrophe kommt dann, wenn die Konzerne ihre Forderungen stellen. Hier, endlich, haben kirchennahe Organisationen einmal auf einer moralisch unanfechtbaren Position ihre Stimme erhoben. Ihr Sprachrohr: die CIR , „Christliche Initiative Romero“. Alle Menschen guten Willens können ihr nur guten Erfolg wünschen.
Die Entwicklungsländer sollen, wenn es nach unseren Konzernen und Aktionären geht, wenigstens so arm bleiben, dass sie unserer Wirtschaft nicht zur Konkurrenz heranwachsen: am besten so viel Lebensstandard, dass sie nicht uns auf unserer Insel der Wohlhabend-seligen inkommodieren. Durch unsere „Entwicklungshilfe“ wird versucht, einen Minimallevel an Kaufkraft zu schaffen, der bewirkt, dass sie, die Unerwünschten, schön zuhause bleiben, und wir andererseits doch von deren Kaufkraft profitieren können, indem sie unseren Industrieramsch, unsere subventionierten Lebensmittel, die wesentlich billiger sind als sie sie herstellen könnten, abkaufen. Und bitte keine Konkurrenz! wir haben schon mit den Tigerstaaten und Schwellenländern unsere liebe Not!
Nun, der Minimallevel der Kaufkraft hat auch noch andere Vorteile für unsere „menschenfreundlichen“ Industriekonzerne: Das Lohnniveau ist sensationell niedrig! Das lädt zum Ausbeuten billiger Arbeitskräfte geradezu ein: Alle unsere großen Konzerne lassen zu unmenschlichen ausbeuterischsten Billiglöhnen in den Hungerleiderstaaten produzieren, ob Aldi, Nestlé, Adidas oder tausend andere Konjunkturritter: sie verstoßen eklatant gegen Rechte der Arbeitnehmer und gebärden sich scheinheilig wie Heilsbringer. Und wir, die reichen Konsumenten? „Geiz ist geil!“
Wie aus dem bereits Gesagten hervorgeht, kann also mit dem Terminus „Entwicklungshilfe“ kein ehrliches Ansinnen der Industriesaaten umschrieben werden und noch weniger mit dem Terminus „Entwicklungszusammenarbeit“. Er ist geradezu eine Verhöhnung der in ihm niedergelegten guten Begrifflichkeit. Arroganz und paternalistischer Überlegenheitsdünkel sind vielfach ein Grund für die Widerstände in der zu „beglückenden“ Bevölkerung auch bei Projekten, die stimmig sind. „Zusammenarbeit“ wird nur dann gepredigt, wenn zum Vorteil der Industriestaaten Handelshemmnisse der Kleinen (Schutzzölle) beseitigt werden sollen, damit unsere übermächtige Marktmacht ungehinderten Zutritt zu den Märkten bekommt. (Gatt und danach WTO).
Die Ministerialen im BMZ (Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit) stimmen Trauergesänge an über die jetzt eintretende „Humanitäre Katastrophe“ (Wieczorek-Zeul), die die „Ärmsten der Armen“ treffe, aber im Grunde geht es nicht um eine menschenfreundliche Aktion für diese „Ärmsten der Armen“, sondern darum, da wir eine sehr stark exportorientierte Nation sind, die Überlebenskraft und Marktkraft der Entwicklungsländer zu stärken, damit wir weiter unseren Reibach machen können. Unser Gutmenschentum erscheint wieder einmal im vollen Licht. Entwicklungshilfe fragt immer zuallererst: „Inwieweit nützt das der deutschen Wirtschaft“ (Südkurier, 30.01.09 S. 4).
Noch schlimmer ist es bei den Ländern, die über große Rohstoffvorkommen verfügen (besser: die unter großen Rohstoffvorkommen leiden): hier kennt der Raubtierkapitalismus der großen Konzerne kein Erbarmen: Hier werden Regierungen korrumpiert, deren Länder und die Natur gnadenlos ausgebeutet, Grundwasser verseucht, Wälder gerodet, Flüsse versaut, Luft verpestet. Zurück bleibt „verbrannte Erde“ und eine ausgeblutete oder vertriebene Bevölkerung. Soviel zu den Wohltaten unsrer „Zusammenarbeit“. Wo hier „Zusammenarbeit“ sein soll, das bleibt das Geheimnis der Industriestaaten.
Die am meisten gebeutelte Klientel sind nicht die Aktionäre, die ihre Gelder in einen Moloch gestopft haben in der Hoffnung auf satte Gewinne, sondern die Entwicklungsländer, denen das Geld fehlt, nun antizyklisch ihre sowieso schwache Wirtschaft zu unterstützen. Das hilflose Gezetere von Frau Wieczorek-Zeul, man solle armen Entwicklungsländern mehr Mitspracherecht einräumen, ist eine wohlfeile sprachliche Palliativübung der Mächtigen, die schon längst eine ehrliche Mitbeteiligung am Marktgeschehen hätten installieren müssen. Das Mantra der Marktbeherrscher reimt sich immer auf: man müsste, man müsste, man müsste….Und dabei bleibt’s. Uns Deutschen fehlt der Mut, aus dem Versteck der political correctness, in dem wir uns so gemütlich eingerichtet haben, einmal auszubrechen und unserer Zaudererdemokratie den Mut zum Handeln auch gegen Agrarlobbyisten, Wirtschaftslobbyisten und Großkonzerne einzublasen. Und dies zum Wohle der Weltwirtschaft und damit auch zu unserem eigenen Wohl.
Das Sündenregister unserer Industriestaaten lässt sich ad libitum verlängern und wird jeden Tag mehr unterfüttert: Der unsägliche „Kreuzzug der Bush-administration, die den mehr oder weniger guten Namen der USA in den Dreck gezogen hat.(Schon vor dem Irakkrieg haben die Amerikaner und die CIA nicht nur im “Hinterhof der USA“ sprich: Mittel und Südamerika ihr Unwesen getrieben, um unliebsame Regierungen mit Mord und Totschlag zu boykottieren und zu eliminieren und ihnen genehme Marionetten einzusetzen. Ein einziges Beispiel für unzählige: Chile. Hier ging es weniger um Öl und Bodenschätze, sondern um Ideologie, um Demokratie à l’Américaine und das Installieren der großen Konzerne in einer solchen „demokratisch“ zurechtgebombten, zurechtgeschossenen, zurechtgebügelten, US-marktfreundlichen Gesellschaft).
Gepriesen sei der „American Way of Life“, gepriesen WTO und „Frontex“, Weltbank und IWF, gepriesen unser aller Eigennutz, unsere heuchlerische „Hilfsbereitschaft für die „Ärmsten der Armen“. Amen.

Über Gloker Notker 13 Artikel
Notker Gloker, Jahrg. 1937, Dr. phil. Er studierte Romanistik, Geschichte, Philosophie in Köln, Wien, Montpellier, Tübingen und Aix en Provence. Ab 1974 war Notker Gloker viele Jahre an westafrikanischen Hochschulen tätig, (Didaktik, Methodik, Lernpsychologie, Deutsch als Fremdsprache für Gymnasiallehrer), danach Aufbau und muttersprachliche Neuorientierung des Grundschulwesens in der fünften Region von Mali.

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