Einfach vergessen? Zur Kunstausstellung über den Wagner-Dirigenten Hermann Levi in Starnberg

Neues, Spannendes zum Wagner-Jubiläumsjahr 2013 ist noch bis zum 20. September in Starnberg zu erfahren, wo die Galerie der Kreissparkasse Starnberg und München in einer sehr einfühlsamen und informativen Ausstellung dem Komponisten auf ganz besondere Art gedenkt und gleichzeitig den Mann würdigt, der für den Durchbruch seiner innovativen musikalischen Vorstellungenund der Bayreuther Festspiele verantwortlich war. Auf langen, schwebenden weißen Textfahnen werden Leben und Wirken des vergessen-verdrängten Dirigenten, Komponisten, Kunstmäzenen und Kulturförderer Hermann Levi (1839-1900) rekonstruiert, der sich oft als Gast des Sänger-Ehepaares Vogl in ihrem Gut Deixlfurt oberhalb von Tutzing aufhielt. Inbisher unbekannten Zitaten wird auf Levis ambivalente, komplexe Beziehungzu Wagner und zu seiner Witwe Cosima eingegangen, die ihm nach Wagners Tod die Leitung der Bayreuther Festspiele übertragen hatte.
„Einfach vergessen?“ lautet die Frage, der die Münchner Filmemacherin Angelika Weber am Anfang ihres kurzen, tief bewegenden Art-Doku-Films„Ein Solitär namens Hermann Levi“ nachgeht, der auf einem Monitor im Rahmen der Ausstellung mitseinen poetisch- eindrucksvollen Naturaufnahmen besticht. Sie ist mit ihren Recherchen auch die Initiatorin der schlicht-eleganten Schau, die Hannelore Rasch in der von ihr seit 12 Jahrenerfolgreich betreuten Galerie realisiert hat. Zu besichtigen noch bis zum 20. September (Mo-Fr. 8.45 bis 16 Uhr, Do bis 19 Uhr). www. kskmse.de
Weiteres zu Hermann Levi wird immer noch in der Ausstellung „Götterdämmerung“ im Wagner-Museum in Bayreuth veranschaulicht, die ebenso am 20. September schließt. Vertieft wird darin Wagners Beziehung zu König Ludwig II., insbesondere im Hinblick auf dieantisemitische Haltung des unter dem Einfluss der „Rassentheoretiker“ Gobineau und Chamberlain stehenden Meisters.„Dass Sie, geliebter Freund,“- schreibt ihm 1882 derMonarch, der ein entschiedener Freund der Juden war -„ keinen Unterschied zwischen Juden und Christen bei der Aufführung Ihres großen, Heiligen Werkes machen, ist sehr gut; nichts ist widerlicher, unerquicklicher, als solche Streitigkeiten; die Menschen sind ja im Grunde alle Brüder, trotz der konfessionellen Unterschiede“. Noble,im Geist der Toleranz ausgesprochenenWorte, mit denen der bayerische, so oft missverstandene König auf Wagners Einwilligung bei seinem Entschluss reagiert, die Leitung seines „allerchristlichsten“ Bühnenweihfestspiels Parsifal dem jüdischen Dirigenten Hermann Levi anzuvertrauen. Ganz anders die Töne, die der Adressat Wagner in seiner Antwort einschlägt. Das „gewogene Urteil“ seines „erhabenen Freundes über die Juden“ kann er sich nur daraus erklärt, dass „diese Leute nie seine königliche Sphäre streifen“, denn „sie [die Juden] bleiben ein Begriff, während sie für uns eine Erfahrung sind.“ Und bekräftigt ohne überflüssige Redewendungen: „Der ich mit mehreren dieser Leute freundlich mitleidvoll und teilnehmend verkehre, konnte dies doch nur auf die Erklärung hin ermöglichen, dass ich die jüdische Rache für den geborenen Feind der reinen Menschheit und alles Edlen in ihr halte: Dass namentlich wir Deutsche an ihnen zu Grunde gehen werden, ist gewiss, und vielleicht bin der letzte Deutsche, der sich gegen den bereits alles beherrschenden Antijudaismus als künstlerischer Mensch aufrecht zu erhalten wusste.“Sätze voller Animosität am Rande der geistigen Verwirrung, die Ludwig II. veranlassen, schließlich herausfordernd zu fragen, warum die ihm – Wagner – „so gründlich zuwideren Juden mit so zäher, Sie oft belästigender, durch nichts irrezumachender Anhänglichkeit zugetan bleiben?“ Gemeint sind manche herausragenden Persönlichkeiten jüdischer Herkunft der damaligen Kulturszene, die Wagner um sich scharte und deren Unterstützung und Gunst gekonnt zu nutzen wusste:Von Herrmann Levi zum Pianisten Joseph Rubinstein, der Wagner bis nach Venedig folgte, zu Alfred Pringsheim, der zu seinen großzügigsten Förderern zählte. (S. Hierzu auch den Artikel Bayreuther Jubiläumssommer 2013).Nächste Station der Ausstellung ist ab dem kommenden November Landshut, wo sie in der Heiliggeistkirche gezeigt wird.

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Über Anna Zanco-Prestel 178 Artikel
Dr. Anna Zanco-Prestel, hat Literaturwissenschaften (Deutsch, Französisch und Italienisch) und Kunstgeschichte in Venedig, Heidelberg und München studiert. Publizistin und Herausgeberin mit Schwerpunkt Exilforschung. U.d. Publikationen: Erika Mann, Briefe und Antworten 1922 – 69 (Ellermann/DTV/Mondadori). Seit 1990 auch als Kulturkoordinatorin tätig und ab 2000 Vorsitzende des von ihr in München gegründeten Kulturvereins Pro Arte e.V.

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