Geboren wurde eine der wohl tragischsten Figuren der Befreiungskriege am 06.01.1776 in Wilmsdorf bei Dresden. Im Alter von 14 Jahren trat Ferdinand von Schill in das in Pasewalk in Garnision liegende preussische Dragoner-Regiment Ansbach-Bayreuth ein. Der eintönige Kasernenalltag lag dem jungen Schill nicht wirklich. Die Folge waren stets schlechte Beurteilungen und damit ausbleibende Beförderungen.
So wurde er erst im Jahre 1793 zum Seconde-Leutnant befördert, und das obwohl sein Regiment auch an der Kanonade von Valny (20.09.1792) teilgenommen hatte. Eine nächste Beförderung folgte erst im Jahre 1806 – damit war Schill der dienstälteste Leutnant der preussischen Armee. 1806 zog er als Secondelieutenant in den Krieg, wurde bei Jena verwundet und rettete sich über Magdeburg und Stettin bis nach Kolberg, wo er sich beim greisen Kommandanten, Oberst von Loucadou, gesund meldete. Loucadou gestattete Schill, auf seinen Wunsch hin, mit wenigen Leuten Streifzüge in die Umgebung zu unternehmen. Hier zeichnete sich Schill zum ersten Mal aus, als er 1806 die französischen Truppen, die versuchten, Kolberg einzunehmen, mit Freiwilligenverbänden empfindlich störte.
Er wurde daraufhin belobigt und befördert. König Friedrich Wilhelm III. beauftragte ihn per Cabinetsordre vom 12. Januar 1807 auf eigene Kosten aus ausgetauschten Kriegsgefangenen ein Freikorps aufzustellen. Innerhalb kürzester Zeit verfügte die Truppe über 12 Offiziere, 125 Unteroffiziere und 1400 Mann mit einer eigenen Batterie 4-Pfünder-Kavallerie-Geschütze. Einer der Schwadronsführer war übrigens der spätere Freikorpsführer Adolf von Lützow. Obwohl von der Bevölkerung nach Kräften unterstützt, verliefen die kleineren Unternehmungen des Korps meist glücklich, die größeren aber unglücklich. Der am 15. Februar 1807 versuchte Überfall Stargards wurde mit Verlusten zurückgeschlagen, das befestigte Naugarder Amt von Schill, der zum Rittmeister befördert worden war, tapfer aber erfolglos verteidigt. Das Schillsche Freikorps bewährte sich in diesen wechselvollen Kämpfen, musste sich jedoch auf befestigte Stellungen bei Maikuhle zurückziehen. Während der Verteidigung von Maikuhle trat Schill mehrmals besonders in Erscheinung, wurde hier aber auch schwer verletzt. Er musste aufgrund seiner Verwundung nach Kolberg zurück, wo sich der Gegensatz zum Kommandanten Loucadou, der seine Sorge auf die Festung beschränken wollte, während der Freischärler Schill in die Weite schweifte, verschärfte.
Mitte März ging Schill nach Stralsund, um ein gemeinsames Vorgehen mit den Schweden zu verabreden, Mitte April in der selben Mission nach Stockholm. Am 12. Mai schiffte er sich mit seiner Kavallerie von Kolberg nach Vorpommern zu Blücher ein, während die Infanterie zur Verteidigung der Maikuhle zurückblieb. Nachdem die Schlacht bei Friedland Preußen zum Frieden von Tilsit gezwungen hatte, mussten sich Schill und seine Truppe – ohne an Kämpfen teilgenommen zu haben – mit Blücher in den Demarkationsbezirk zwischen Kammin und Köslin zurückziehen; das Korps wurde in den Ausbildungsdienst versetzt.
In einem Schreiben vom 15.07.1807 beurteilte Oberst Neidhardt von Gneisenau Schill in einem Schreiben an Generalfeldmarschall von Kleist wie folgt:
„Übrigens ist Schill äußerst brav, nur glaube ich nimmermehr, das er die Talente des Anführers eines großen Korps habe. Sein Ideengang ist springend, ohne irgendetwas zu ergründen. Bei der Lebhaftigkeit seines Charakters wirken andere auf ihn ein, benutzen ihn als Ihr Werkzeug … Er wird, unter einen General von Einsicht und Charakterstärke gestellt, als Parteigänger schöne Dinge verrichten und der Ruf seines Namens viele Kombattanten um ihn her versammeln.“
Nach der Reorganisation des Staates und der Armee in den nächsten Jahren wurde Schills Reiterei als 2. Brandenburgisches Husarenregiment, dessen Befehlshaber der Major von Schill wurde, seine Fußtruppe als Leichtes Bataillon von Schill in die reguläre Armee eingegliedert. Am 10. Dezember 1808 rückte Schill, auf Befehl des Königs, an der Spitze aller Truppen in Berlin ein und wurde von der Bevölkerung jubelnd begrüßt.
Der jubelnde Beifall der Bevölkerung, im Verein mit wiedererwachtem Patriotismus und wohl auch eine gewisse Portion Selbstüberschätzung hoben den Husarenoffizier Schill über sich selbst hinaus und verleiteten ihn zu unüberlegten, mit der Armeeführung nicht abgestimmten Handlungen. In den für 1809 vorgesehenen Aufständen war ihm eine wichtige Rolle zugedacht, doch Major von Schill wollte nicht länger abwarten. Am 28. April verließ er – angeblich zum Manöver – mit seinem Regiment Berlin. Eine Meile außerhalb der Stadt hielt er seinen Soldaten eine Ansprache, die den Eindruck verstärkte, er handele in höherem Auftrag. Den Befehl der Kommandantur zur sofortigen Rückkehr beachtete er nicht.
Er wandte sich zunächst nach Dessau, das er am 2. Mai besetzte. Dort ließ er seinen Aufruf „An die Deutschen“ drucken.
Die Anfang Mai eintreffende Nachricht von der Niederschlagung der Erhebung in Österreich versetzte seinem Tatendrang einen erheblichen Dämpfer, aber er ließ sich von der Begeisterung seiner Offiziere mitreißen, und lieferte sich am 5. Mai bei Dodendorf unweit von Magdeburg ein siegreiches Gefecht mit einer Abteilung der Magdeburger Garnison. Am selben Tag hatte Jérôme Bonaparte, der Bruder Napoleons und König von Westfalen, einen Preis von 10.000 Francs auf seinen Kopf ausgesetzt. Der König von Preußen sprach sich scharf gegen Schills eigenmächtige Tat aus.
Sein Regiment, das durch Werbung von Nachwuchs noch stärker wurde, zog sich an die untere Elbe zurück, und marschierte von dort, durch Holländer und Dänen verfolgt, in Richtung Stralsund, dessen aus Polen und Mecklenburgern bestehende Besatzung ihm entgegen rückte, jedoch schon bei Damgarten vernichtend geschlagen wurde. Am 25. Mai rückte Schills Regiment in Stralsund ein.
In fieberhafter Eile wurde am Wiederaufbau der 1807 geschleiften Festungsanlagen gearbeitet. Schills Truppen wuchsen durch weitere Aushebung auf insgesamt 2.000 bis 3.000 Mann an. Allen Mahnungen zum Trotz war Schill entschlossen, den Ort mit allen Mitteln zu halten.
Doch bereits am 31. Mai 1809 wurde Stralsund von den 6.000 Mann starken Truppen des holländischen Generals Gratien und des dänischen Generals Ewald erstürmt.
Schill fiel, abseits und unbemerkt, in der Fährstraße. In der Stirn hatte er einen Schwerthieb; im Hinterkopf wurde er von einer Kugel getroffen. Napoleons Rache war grausam. Dem Toten wurde von den Siegern der Kopf abgetrennt, in Weingeist eingelegt und an Jérome, den Bruder Napoleons geschickt, der als König von Westfalen in Kassel residierte, während der kopflose Leichnam in Stralsund auf dem St. Jürgen-Friedhof auf französischen Befehl „wie der eines Hundes“, also ohne Sarg und Segen, verscharrt wurde.
Etwa 200 Reiter und einige Jäger seines Freikorps durchbrachen die Einkesselung, und erzwangen die Bewilligung freien Abzugs nach Preußen, wo die Soldaten in ihre Heimat entlassen, die Offiziere aber vor ein Kriegsgericht gestellt und zu Festungsstrafen und Kassation verurteilt wurden.
Eine andere Abteilung entkam von Rügen aus zu Wasser nach Swinemünde. Der Rest des Freikorps aber blieb im Gefecht oder wurde (insgesamt 543 Mann) gefangen genommen und nach Frankreich auf die Galeeren deportiert. Elf gefangene Offiziere wurden nach Wesel verschleppt und hier am 16. September 1809 nach einem Eilverfahren mit vorhersehbarem Ausgang standrechtlich erschossen. Es sollte bis 1835 dauern, ehe ihnen hier von der preußischen Armee ein Denkmal errichtet wurde. Den Desertionsprozess gegen den gefallenen Major von Schill ließ der preußische König niedergeschlagen.
Schill war im Volk bald eine populäre Symbolfigur, aber eine offizielle Ehrung wurde seinem verfrühten Widerstand erst zuteil, als der Kampf gegen die französische Fremdherrschaft längst gewonnen war und das unvereinigte Nicht-Deutschland sich in der Lethargie der nach dem Wiener Kongress einsetzenden Restauration an vergangenen Heldentaten zu stärken suchte. 1835 wurde auf dem Friedhof von Wesel über dem Grab der elf Schill’schen Offiziere, das erwähnte Schill-Denkmal nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel errichtet. Das Relief auf der Vorderseite zeigt vor einem Opfertisch mit Richtbeil und Preußenadler die trauernde Borussia und eine geflügelte Viktoria. Darunter finden sich die Namen der füsilierten Offiziere. Auf der Rückseite steht: „Sie starben als Preußen und Helden am 16. September 1809“. In dem Grab liegen jedoch keine sterblichen Überreste des Ferdinand von Schill. Sein präparierter Kopf war nach Ende der napoleonischen Herrschaft von Kassel nach Leiden gelangt und hatte einen Platz in der Naturaliensammlung des holländischen Professors Brugmann gefunden. Im Jahr 1837 dann wurde der Kopf zurückgegeben und feierlich bestattet, allerdings nicht bei seinen Offizieren am Ort des Gedenkens in Wesel, und auch nicht in Stralsund, wo der Rumpf beerdigt liegt, sondern nach Braunschweig wurde er transportiert und in das Grab der namenlosen 14 Schill’schen Soldaten versenkt, die in Stralsund gefangengenommen und nach einem Schnellverfahren hingerichtet worden waren. Da ruht nun das Haupt des Anführers bei seinem Gefolge, während seines einsamen Leibes in Stralsund erst 1859 zum 50. Todestag mit einer kleinen Feier und nachträglicher kirchlicher Segnung gedacht wurde.
Denn das offizielle Preussen hatte zunächst den Mann vergessen, der sich auf eigene Faust gegen die Franzosen stellte. Erst 80 Jahre später verlieh König Wilhelm II. dem 1. schlessischen Husarenregiment Nr. 4 den Beinamen „von Schill“. Damit war endlich auch der Makel des Hochverrats von Schills Namen genommen.
An Major Ferdinand von Schill und seine mutige Tat erinnern heute in Stralsund ein bronzenes Denkmal in den Schillanlagen und eine in den Bürgersteig eingelassene steinerne Gedenktafel in der Fährstraße. Auf dem St.-Jürgen-Friedhof steht zudem seit 1862 ein Grabstein; auch wurde die Straße, in der er fiel nach ihm benannt.
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Einer seiner Nachkommen ist Ronald Schill, ehemaliger zweiter Bürgermeister von Hamburg.
„Magna voluisse magnum. – Großes gewollt zu haben, ist groß“.