Eine Spaltung der Union wäre nicht gut – Im Gespräch mit Ingo Friedrich

Angela Merkel und Horst Seehofer auf dem CSU-Parteitag, Foto: Egon Lippert.

Nach Wochen der politischen Zwistigkeiten in Sachen Asylfrage hatten sich die Schwestern, CDU und CSU, auf einen nationalen Kompromiss geeinigt. Was bedeuten vor dem Hintergrund einer europäischen Lösung der Asylfrage nationale Alleingänge? Zerstören Sie nicht das Fundament?

Der Asyl-Kompromiss war richtig und notwendig! Wenn er früher und mit weniger „Reibungsverlusten“ errreicht worden wäre, wäre es noch besser gewesen. Nationale „Alleingänge“ sind leider nicht immer vermeidbar aber natürlich sind grundsätzlich europäische Lösungen vorzuziehen. Für Deutschland als zentrale und führende EU-Nation gilt dies noch mehr als für andere.

Die AfD gewinnt in ganz Deutschland immer mehr an Boden. Nach aktuellen Umfragen konkurriert sie bereits mit der SPD. Der Aufstieg der Nationalen scheint nicht mehr aufhaltbar. Was bedeutet das für die Landtagswahl in Bayern?

Die AfD musste noch nirgends durch Übernahme von Regierungsverantwortung nachweisen was ihre Konzepte in der Praxis wert sind. Ihre bisherige Funktion als bloße Protestpartei wird auch wieder verblassen. Ich hoffe und glaube, dass die Wähler in Bayern den bisherigen Weg eines phänomenalen Erfolges und Aufstiegs nicht gefährden sondern weiter gehen werden.

Eine Alleinherrschaft der CSU in Bayern scheint nach derzeitigen Umfragen nicht sicher. Wenn der Fall eintreten würde, wenn wünschten Sie sich noch mit in der Landesregierung?

Man soll die Hoffnung auf den großen Erfolg nie aufgeben aber im Prinzip sind alle demokratischen Parteien als Koalitionspartner denkbar. Für die AfD ist dies unvorstellbar und sicher sind die Gemeinsamkeiten mit den Freien Wählern und der FDP größer als mit SPD und Grünen.

Franz Josef Strauß hat sich vor 42 Jahren von der CDU losgesagt. Die Trennung der Fraktionsgemeinschaft wurde damals aber nicht vollzogen. Was wäre eigentlich so schlimm, wenn sich die Schwestern teilen, wenn die CSU bundesweit und die CDU in Bayern existierte. Nach neuen Umfragen könnte die CSU bundesweit die AfD in die Knie zwingen und hätte auch viele Sympathieträger bei konservativen Unionswählern?

Eine mögliche Trennung von CDU und CSU klingt in manchen Ohren vielleicht interessant und vielversprechend. Eine seriöse Analyse kommt allerdings sehr schnell zu dem Ergebnis, dass die negativen Wirkungen die denkbaren Vorteile bei weitem übertreffen: Man denke nur an einige Konsequenzen einer Trennung: Weitere Zersplitterung der deutschen Parteienlandschaft, Ende des bayerischen Charakters der CSU, Ende der Sonderstellung der C-Parteien, die bisher den in den Nachbarländern stattfindenden Niedergang der Volksparteien verhindert hat.

Warum ist es so schwierig, die Fluchtursachen zu bekämpfen, um das Problem einer weltweiten Migration schon an seinen Wurzeln zu bekämpfen?

Die Bekämpfung der Fluchtursachen ist ehrenwert und notwendig aber sie ist auch eine Langfristaufgabe von riesiger Dimension. Die bedeutendsten Probleme können auch nicht mit Geld gelöst werden sondern deren Lösung erfordert aber auch eine grundlegende Änderung von fehlerhaften Strukturen  in vielen Ländern der dritten Welt. Dazu zählen insbesondere Korruption, Nepotismus und blanke Unfähigkeit. Man denke als Beispiel etwa an Venezuela, wo durch eine völlig unsinnige Politik in kurzer Zeit aus einem reichen Erdölland ein elendes Armenhaus gemacht wurde.

Fragen: Stefan Groß

Über Ingo Friedrich 62 Artikel
Dr. Ingo Friedrich war von 1979-2009 Abgeordneter des Europäischen Parlaments, von 1992 bis 1999 Vorsitzender der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament. Er war Schatzmeister der Europäischen Volkspartei (EVP) und Präsident der Europäischen Bewegung Bayern. Seit 2009 ist er Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats. Von 1999-2007 war Friedrich einer der 14 gewählten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments. 2004 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz. Friedrich ist Ehrenmitglied des Europäischen Parlaments und war Präsident der Wilhelm Löhe Hochschule.