Ein Haus voller Wunder: So verrückt sind Werner Aisslingers Ideen zur Wohnbereichs-Neugestaltung gar nicht

Werner Aisslingers Ideen zur Wohnbereichs-Neugestaltung, Foto: Hans Gärnter

Verrückt mag das alles dem Besucher, wenigstens auf den ersten Blick, erscheinen, was in der neuesten – und ausnahmsweise gut zehn Monate (bis 17. September 2017) dauernden – Ausstellung im Design Museum der Pinakothek der Moderne gezeigt wird. Dort hat sich der ziemlich berühmte, visionäre und mit zahlreichen Design-Preisen ausgezeichnete Umweltgestalter Werner Aisslinger, derzeit Gastprofessor an der National University of Singapore, die Sache mit dem „House of Wonders“ ausgedacht. Ja, es geht halt wieder mal nicht deutsch, sondern muss englisch sein, was da den Leuten unter die Nase gehalten und ins Hirn gepflanzt wird: Mach was aus deiner Wohnung, aus deiner Hütte! Nutze nicht nur deinen Kopf und dein Geld, sondern auch das Potential deiner Phantasie den Objekten gegenüber!

Im Fachjargon lautet das dann so: Des Berliner Top-Designers Praxis „basiert auf der Idee des Materialtransfers sowie auf der Frage, wie das Leben und Arbeiten von morgen aussieht“. Der Menschen Wohnbedürfnisse würden von gesellschaftlichen Veränderungen, aber auch von neuen Materialien mit hohem Potential bestimmt, argumentiert Aisslinger – ob für die Bereiche Auto-Herstellung, Medizin oder die Biowissenschaften.

Folgt man den – leider durch allzu viel Fach-Englisch eher auf Distanz gehenden statt sich dem Betrachter von selbst erschließenden – präsentierten Beispielen, stößt man auf so wunderlich bezeichnete Bereiche wie „Car upcycling“, „Chair Farm“ oder „My Jungle“. Zu des heutigen Menschen liebstem Kind, dem Auto, schlägt der erfindungsreiche Werner Aisslinger zum Beispiel vor, alte Modelle ästhetisch aufgewertet weiterhin zu nutzen. Was er in diesem Zusammenhang unter Design versteht? Nichts anderes als ein „Re-Designing“ bereits existierender Produkte. Wobei, wie Aisslinger sagt, langlebige Objekte immer noch ökologischer seien als ihr jüngster Einsatz.

Werner Aisslinger, 1964 im bayerischen Nördlingen geboren, geht mit seinen futuristischen Vorschlägen respektlos in die Zielgerade. Er möchte neue, zukunftweisende Wohnideen „spielerisch in die analoge Welt integrieren“, soll heißen: dem Alltagsleben des Menschen einverleiben. Dieses, so findet Aisslinger, werde „zunehmend von digitalen Geräten“ beherrscht. Für ihn, der nach Konstantin Grcic die zweite Designer-Persönlichkeit ist, die sich mit der doppelstöckigen, beweglichen Paternosteraufzug-Galerie im Untergeschoss der Pinakothek der Moderne konkret auseinandersetzt, wird das Leben im „House of Wonders“ zur Symbiose aus Arbeit und Alltag.

Die Kuratorin und Leiterin der „Neuen Sammlung“ Angelika Nollert weist nicht nur auf die (freilich erst) nächstes Jahr im Verlag der Buchhandlung Walther König erscheinende Begleit-Publikation zur Ausstellung hin, sondern auch auf das vielfältige Begleitprogramm, das – wie die Schau selbst – durch „PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e. V.“ gefördert wird. Einzeltermine sowie der von Designer-Liebhabern und gewiss auch Kunst-Studierenden mit Spannung erwartete – Zeitpunkt des angekündigten „Designer Talks“ sind der Homepage der „Neuen Sammlung – The Design Museum“ zu entnehmen: www.die-neue-sammlung.de.

 

Foto (Hans Gärtner)

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.

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