Ein Bürgerprojekt erforscht das jüdische Leben in der Ohmstraße /
Erinnerungszeichen in der Ohmstraße 13
Pressemitteilung – Am 7. November startet das Erinnerungsprojekt „Jüdisches Leben in der Ohmstraße“. Bei diesem erforschen engagierte Bürger:innen die Schicksale der jüdischen Bewohner:innen dieser Schwabinger Straße. Initiiert hat es der Unternehmer Jan Fischer, dessen Firma ihren Sitz in der Ohmstraße hat. Der Auftakt für das Projekt ist die Übergabe von Erinnerungszeichen für Irma Hecht, Dr. med. Eugen Doernberger und Dr. jur. Hermann Raff in der Ohmstraße 13. Um 15 Uhr findet eine Gedenkveranstaltung im Café Reitschule (Königinstraße 34) statt, an der Bürgermeisterin Katrin Habenschaden und Frau Dr. h.c. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, teilnehmen. Anwesend sind auch Angehörige von Hermann Raff. Um 16.15 Uhr werden die Erinnerungszeichen in der Ohmstraße 13 angebracht. Bei einem Empfang im Anschluss wird weiter über das Bürgerprojekt informiert.
Das Projekt „Jüdisches Leben in der Ohmstraße“ soll von möglichst vielen Anwohner:innen der Straße und engagierten Bürger:innen getragen werden. Angeleitet werden sie bei ihren Recherchen von „Neumann & Kamp Historische Projekte“. Bereits beteiligt sind Schüler:innen des Oskar-von-Miller-Gymnasiums. Jan Fischer, der das zivilgesellschaftliche Projekt konzeptionell wie finanziell unterstützt, sowie die anderen Beteiligten stehen für Interviews zur Verfügung.
In der Ohmstraße lebten in der NS-Zeit mehr als 200 jüdische Nachbarinnen und Nachbarn. Von ihrem Leben ist kaum etwas bekannt – das soll dieses Projekt ändern. Im Lauf der nächsten Jahre werden für viele ehemalige Bewohner:innen der Straße weitere Erinnerungszeichen angebracht.
Dr. med. Eugen Doernberger wurde 1867 in München geboren und studierte hier Medizin. Mit seiner Frau Emilie, geb. Guggenheimer, hatte er zwei Söhne, Franz Kurt (*1902) und Rudolf Karl (*1907). Eugen Doernberger arbeitete im Ersten Weltkrieg als Schiffsarzt und versorgte während der Kämpfe um die Räterepublik in München 1919 Verwundete. Später war er als Arzt für das Städtische Schul- und Gesundheitsamt sowie in der Sozialarbeit der Israelitischen Kultusgemeinde tätig. Eugen Doernberger starb am 21. März 1938 in München, seine Witwe konnte im gleichen Jahr zu ihrem Sohn Rudolf nach Montevideo emigrieren.
Irma Hecht kam 1885 in Nürnberg zur Welt. Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zog sie nach München, hier besuchte sie das Gymnasium und die Universität. Nach dem Studium arbeitete sie als Privatlehrerin für alte Sprachen und war wissenschaftliche Hilfskraft. Ihre jüngere Schwester Emmy emigrierte 1940 nach New York, wo sie bis zu ihrem Tod 1971 lebte. Irma Hecht blieb in München, von hier wurde sie am 20. November 1941 nach Kaunas deportiert und dort am 25. November 1941 ermordet.
Dr. jur. Hermann Raff wurde 1868 in Göppingen geboren, studierte in München und Erlangen Jura und spezialisierte sich auf Handels- und Grundstücksrecht. 1900 heiratete er Katharina Siegel. Um der andauernden Verfolgung zu entgehen, zog das Paar 1936 nach Füssen. Während der Pogromnacht vom 9. November 1938 konnte sich Hermann Raff in der Nähe von Kreuth verstecken und entging dadurch einer Verhaftung. Wegen seiner Ehe mit einer nichtjüdischen Frau wurde er nicht deportiert, doch der permanente Verfolgungsdruck setzte ihm gesundheitlich stark zu. Er starb am 29. September 1943 in Füssen.
Programm am Montag, 7. November 2022:
15:00 Uhr
Gedenkveranstaltung, Café Reitschule (Königinstraße 34)
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden
Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
Jan Fischer, Initiator des Projekts „Jüdisches Leben in der Ohmstraße sichtbar machen“
Dr. Matthias Georgi, Neumann & Kamp Historische Projekte
Schülerinnen und Schüler des Oskar-von-Miller-Gymnasiums verlesen die Lebensgeschichten
Dr. Peter Troberg spricht für die Angehörigen
Lauren Kathryn Day, Global Head of Group Communications and Reputation, Allianz SE
16.15 Uhr
Übergabe der Erinnerungszeichen in der Ohmstraße 13 mit anschließendem Empfang
mit weiteren Informationen zu dem Projekt „Jüdisches Leben in der Ohmstraße“
Zu den Erinnerungszeichen:
Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie in zwei Ausführungen – als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild. Durch die gelochte Oberfläche können die Informationen auch ertastet werden.