Der Rücktritt von Stanislaw Tillich kam für die Sachsen-CDU überraschend. Tillich, der nicht Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl war, kündigte den Abschied von seinen Ämtern an, den er im Dezember vollziehen will, um die Verantwortung für das katastrophale Bundestagswahlergebnis zu übernehmen.
Bezeichnenderweise schien man in Berlin weniger überrascht zu sein, als in Dresden. Nur Lothar de Maizière ließ eilig verlauten, dass dies doch nicht nötig gewesen sei.
Mein erster Gedanke war, dass Tillich weniger die Konsequenz aus dem schlechten Wahlergebnis zu ziehen hatte, sondern in erster Linie aus seinem Widerspruch gegen die Haltung der Kanzlerin. Schließlich hatte er eine schärfere Asyl- und Einwanderungspolitik gefordert und von seiner Partei verlangt, die Lücke nach rechts zu schließen. Wer so wider den Stachel löckt, muss bestraft werden, damit dem Rest der CDU-Ministerpräsidenten klar ist, dass sie den Mund zu halten haben.
Zwar wurde Tillichs Abgang mit allerlei Lobhudeleien vernebelt, aber schon am nächsten Tag verriet GMX in Kooperation mit SPIEGEL ONLINE, worum es wirklich ging.
Unter dem martialischen Titel: „Deutschtümelei in Sachsen: Rechts auf der Karte“ zog Möchtegern-Regierungssprecher Janko Tietz über die von Tillich geführte Landespartei her: Die „CDU in Sachsen … hat Deutschtümelei zugelassen wie kaum anderswo…Zu zaghaft der Widerspruch gegen Pegida…Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat dieses Klima stets gefördert, zuletzt mit der Aussage, ‚Die Menschen wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt’…Zu sehr hat sich die CDU – und ihr Vorsitzender zuvorderst – während der Regentschaft den Menschen mit braunem Gedankengut angebiedert…[Es] durften und dürfen viele Sachsen ganz ungeniert behaupten, es gäbe eine ‚Masseneinwanderung‘ …“. Horrible dictu! Eine Million junge Männer innerhalb weniger Monate sind keine Masseneinwanderung! Wer das denkt, muss schnellstens umerzogen werden! Laut Tietz sei es die „Aufgabe der Regierung, den Sachsen klarzumachen, dass Deutschland auch Deutschland bleiben wird, wenn Menschen einwandern“.
Alles klar: Die Landschaft bleibt die gleiche, auch wenn sie von anderen Menschen bewohnt ist. Das hat das vergangene totalitäre Jahrhundert bewiesen.
Tillich hat also versagt bei der in Berlin gewünschten Gehirnwäsche seiner Untertanen, die heute verschwiemelt „die schon länger hier leben“ genannt werden. Da musste ein Exempel statuiert und ein Urteil gefällt werden, als Abschreckung für andere CDU-Politiker, nach dem Motto „Bestrafe einen – erziehe hundert“, spottete ein Freund.
Die Urteilsbegründung über andere Medien wie SPIEGEL ONLINE liefern zu lassen, gehört zu den bewährten Methoden von Kanzlerin Merkel, die als über den Dingen schwebend wahrgenommen werden möchte und sich nicht selber die Hände schmutzig machen will. Allerdings, wer den Boden unter den Füßen verloren hat, der kann nicht mehr klar beurteilen, was sich dort abspielt.
Mit dem passiven Widerstand Tillichs hatte Merkel offensichtlich nicht gerechnet. Statt sich brav von Thomas de Maizière auf dem Parteitag ablösen zu lassen und damit dem Merkel-Vertrauten, der nicht ins Jamaika-Schema passt, eine angemessenen Versorgungsposten zu überlassen, trat Tillich selbstbestimmt zurück und nominierte seinen Nachfolger. Der Parteivorstand folgte seinem Vorschlag einstimmig und schlug dem ungläubigen Thomas damit nachhaltig die Tür vor der Nase zu.
Michael Kretschmer ist eine gute Wahl, wenn er hält, was er verspricht. Der designierte Ministerpräsident will die CDU auf einen strikt konservativen Kurs führen. Er plädierte für „deutsche Werte“ und einen starken Rechtsstaat. Das Grundgesetz sei nicht verhandelbar. Der Tagesspiegel versuchte, ihn zu diskreditieren, indem er in er titelte: „Kretschmer für deutsche Werte“. Allerdings scheint das außer die Redakteure und einige hartgesottene Leser niemanden mehr zu stören.
Kretschmer selbst reagierte gelassen: „Ich stehe mit beiden Beinen fest in der Mitte unseres politischen Systems.“ Sollte er da stehen bleiben, wäre das nicht nur gut für Sachsen, sondern auch für Deutschland. Die Allmacht der „mächtigsten Frau der Welt“ ist mächtig am bröckeln. Nicht mal in Sachsen kann sie sich noch voll durchsetzen. Aber an den widerständigen Sachsen hat sich schon das Politbüro die Zähne ausgebissen. Schließlich begannen die Montagsdemonstrationen in Leipzig und Dresden wurde zur Hauptstadt der friedlichen Revolution.
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