Henry van de Velde war das, was man heute als einen „Alleskünstler“ bezeichnet. Die Gestaltung eines Hauses und eines Raumes, die Form von Kleidung und Schmuck, aber auch das Design von Alltagsgegenständen gehörten für ihn zusammen. Der Belgier, der 1902 nach Thüringen kam, ignorierte die Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk und gestaltete Objekte praktisch für jedes Gebiet des Lebens. In Thüringen hinterließ er zahlreiche Spuren, auf denen im Jahr 2013 anlässlich seines 150. Geburtstages gewandelt werden kann.
1902 kam Henry van de Velde nach Weimar, um dort als künstlerischer Berater des Großherzogs zu wirken. Hier baute er zudem die Kunstgewerbeschule auf, die heute noch als ein Teil der Bauhaus-Universität Weimar existiert. Einen Spaziergang durch die Gebäude wird bereits ab September 2011 jeden Samstag um 11 Uhr angeboten. Bei dem Rundgang durch das UNESCO-Weltkulturerbe-Ensemble können die Besucher das Kunstschulgebäude besichtigen sowie die ehemalige Kunstgewerbeschule, heute Sitz der Fakultäten Architektur und Gestaltung. Studierende der Bauhaus-Universität Weimar erklären die Bauten und zeigen Details, etwa das weltberühmte geschwungene Treppenhaus mit Rodins „Eva“. Weitere Stationen auf den Spuren seines baulichen Schaffens in Weimar bietet ein spezieller Stadtrundgang. Dieser führt zu den, neben der Kunstgewerbeschule und der Kunstschule, bekanntesten von Henry van de Velde entworfenen Gebäuden: das Haus Henneberg und das Palais Dürckheim. Ebenfalls zu besichtigen sind das Nietzsche-Archiv, in dem van de Velde die Inneneinrichtung gestaltete, und sein zweites eigenes Wohnhaus „Hohe Pappeln“ in der Weimarer Belvederer Allee. Hier können die repräsentative Beletage, in der das komplett erhaltene Interieur für Max von Münchhausen ausgestellt ist, und auch der Garten besichtigt werden.
Von Weimar aus war Henry van de Velde, der bis 1916 hier lebte, europaweit, aber auch vielfach in der Region tätig. In der Stadt Jena war Henry van de Velde mit zwei weiteren Künstlern an der Umsetzung des Ernst-Abbe-Denkmals beteiligt. Das Ernst-Abbe-Denkmal kann während des Stadtrundgangs „Henry van de Velde und die Bauhauskünstler in Jena“ besichtigt werden. Der Stadtspaziergang spannt den Bogen von Henry van de Veldes Jugendstil bis zum Bauhaus mit den Gropius-Villen Zuckerkandl und Auerbach. Übrigens begeht die Stadt Jena am 30. Juli 2011 das 100jährige Jubiläum des Ernst-Abbe-Denkmals.
Eines der wichtigsten als Gesamtkunstwerk konzipierten und erhaltenen Bauwerke des Architekten van de Velde ist „Haus Schulenburg“ in Gera.
Die denkmalgeschützte Villa in der Straße des Friedens 120, die der Geraer Woll- und Seidenweberfabrikant Paul Schulenburg im Jahre 1913 bei Henry van de Velde in Auftrag gab, ist ein bedeutendes Jugendstilensemble der Stadt. In den 1990er Jahren wurden die Einbauten aus den 1950er Jahren entfernt, das Gebäude schrittweise restauriert und in den ursprünglichen Zustand versetzt. Heute beherbergt das Haus einen ständigen Ausstellungsbereich. Dort sind dauerhaft „Buchgestaltungen van de Veldes“ sowie Möbel, Architekturentwürfe, Stoffmuster und Veröffentlichungen des Künstlers zu sehen.
Die ImPuls-Region Erfurt-Weimar-Jena nimmt den 150. Geburtstag des Künstlers zum Anlass, Henry van de Veldes Leistungen sowie die seiner Mitstreiter und Schüler näher zu beleuchten. Eine Vielzahl von Ausstellungen und anderen Veranstaltungen nicht nur an van de Veldes ehemaligen Wirkungsorten, sondern auch in anderen bedeutenden Thüringer Kunstinstitutionen, stehen im Fokus des Van-de-Velde-Jahres 2013.
Unter dem Titel „Leidenschaft, Funktion und Schönheit. Henry van de Veldes Beitrag zur europäischen Moderne“ präsentiert die Klassik Stiftung Weimar vom 24. März bis 23. Juni 2013 ihre Jahresausstellung im Neuen Museum Weimar. Entlang der Biographie des „Alleskünstlers“ und im Spiegel der Beziehungen zu Freunden und Auftraggebern wird das umfassende Œuvre van de Veldes mit herausragenden Werken aller Schaffensperioden aus einer Fülle privater und öffentlicher Sammlungen sowie dem eigenen großen Fundus präsentiert. Zugleich wird van de Veldes Design mit Höchstleistungen zeitgenössischer europäischer Positionen konfrontiert. Zum Thema „Der Architekt Henry van de Velde“ beleuchtet vom 29. März bis zum 12. Mai 2013 die Ausstellung im Oberlichtsaal der Bauhaus-Universität Weimar die Architektur van de Veldes. Im Zentrum steht das Ensemble der Weimarer Kunstschulbauten. Neben der Präsentation von Plänen und Modellen realisierter Gebäude werden auch nicht verwirklichte Entwürfe des Baukunst-Pioniers virtuell simuliert und somit erstmals erlebbar gemacht.
Zwei Ausstellungen werden in der Kunstsammlung Jena am Markt 7 gezeigt: Vom 10. März bis 26. Mai 2013 die Ausstellung „Henry van de Velde in Jena“ und vom 1. September bis 24. November 2013 „Henry van de Velde der Maler und die Neo-Impressionisten“. Die Ausstellung „Henry van de Velde in Jena“ dokumentiert mit Gemälden, Plastiken, Zeichnungen und Fotos die Vielfalt der Beziehungen van de Veldes nach Jena, sein Wirken im Verein der Kunstfreunde von Jena und Weimar, vor allem aber die Entstehungsgeschichte des Ernst-Abbe-Denkmals. In der Ausstellung „Henry van de Velde der Maler und die Neo-Impressionisten“ wird der Künstler, der Mitglied der Gruppe „Les Vingts“ war, als Maler im Kreis der Neo-Impressionisten vorgestellt und seine Rolle in dieser Kunstrichtung untersucht. Es werden seine Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphiken gezeigt.
In dem für Sonderausstellungen vorbehaltenen Galeriebereich präsentiert Haus Schulenburg in Gera in Zusammenarbeit mit der Kunstsammlung Gera von Mitte März bis Ende Oktober 2013 die Exposition „Henry van de Velde und das Haus Schulenburg – Baugeschichte – Rekonstruktion“. Außerdem bereitet Gera zwei weitere Ausstellungen zu den Themen „Henry van de Velde und Thilo Schoder – Meister und Schüler“ und „Jugendstil in Gera“ im Museum für Angewandte Kunst vor.
Im Rahmen seiner Weimarer Funktionen als Direktor der Kunstgewerbeschule und Beauftragter für das Kleingewerbe im Großherzogtum besuchte Henry van den Velde 1902 und 1908 die Töpferstadt Bürgel. Nach einer kritischen Bestandsaufnahme förderte er nachhaltig die Ausbildung einer neuen Gefäßästhetik in den örtlichen Töpfereien. Mit eigenen Entwürfen sowohl für Zier- als auch Gebrauchsgeschirr und graphischen Reproduktionen der Musterstücke gab er der örtlichen Keramik-Produktion entscheidende Anregungen für eine grundlegende Erneuerung der Produktpalette. Bürgel entwickelte sich in der Folge zu einem Zentrum der europäischen Jugendstilkeramik. Vom 25. Mai bis 22. September 2013 wird in der Ausstellung Henry van de Velde und der Bürgeler Jugendstil im Keramik-Museum Bürgel diese Geschichte beleuchtet.
Die Kunsthalle Erfurt präsentiert vom 24. März bis 16. Juni 2013 die bahnbrechenden Leistungen der Wiener Werkstätte. Das Kunsthaus Apolda Avantgarde widmet van de Veldes Berliner Freund Curt Herrmann sowie seinem Schüler Max Ackermann monographische Ausstellungen und beleuchtet außerdem das umfassende Werk des vielseitig begabten Künstlers Heinrich Vogeler.
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