Unlängst fand in Elmau der G7-Gipfel statt. Quasi an einem schönen Fleck im schönsten Bundesland schlechthin. Da weder Putin noch Tsipras anwesend waren, war schon mal klar, dass es weder vorder- noch hintergründig um das Feilschen um praktikable Lösungen in den unendlichen Fragen um Schuld und Schulden geht. Allein schon die Abwesenheit von Ministerpräsident Seehofer in Elmau hätte sowieso jegliche realpolitische Ambition im Keim erstickt. Dieser Gipfel war im Prinzip eine Mischung aus Marketingkampagne und Stresstest für den Freistaat. Die Hauptprotagonisten waren folglich weder Merkel noch Obama, sondern natürlich Horst Seehofer als Chefconcierge und Joachim Herrmann als Securitymanager. Kann Bayern gleichzeitig gemütlich und sicher sein? Das war die große (und aus bayerischer Sicht natürlich rein rhetorische) Frage. Seehofer begrüßte jeden Gast direkt auf der Landebahn per Handschlag und kurzem Grußwort. Selbst vor planlosen Gestalten wie François Hollande oder irrlichternden Visionären wie Jean-Claude Juncker machte er nicht halt. Ob das an seinem Humor oder an seiner egalitären Demut lag, werden meinungssichere Chronisten sicher bald ergründen. Währenddessen Innenminister Herrmann durch die Simplizität seiner effektiven Maßnahmen überzeugte: Ein Zaun drum herum, Autobahn sperren, pro Demonstrant fünf Polizisten und dann noch ein reinigendes Gewitter. Fertig ist der Herrmann´sche Sicherheitscocktail. Obama bekam die versprochene Weißwurst und durfte sie frei vom Geschrei gewalttätiger Pazifisten verspeisen. Und Merkel war sichtlich froh über ihre Entscheidung, den Gipfel in Bayern statt in Deutschland ausgetragen zu haben. Die Quintessenz ist somit: Bayern eignet sich hervorragend als Heimat.
Aber nur, wenn man bereit ist, der Gemütlichkeit einen würdigen Platz einzuräumen und sich anständig aufzuführen. Wer sich mit Gemütlichkeit schwer tut, aber dennoch partout in Bayern leben will, ist in der Regel mental oder tatsächlich ein Düsseldorfer oder Frankfurter. Und selbst für solche Gesellen hat der Freistaat diverse Biotope in München und am Tegernsee eingerichtet, damit sie frei von Anpassungsdruck ihrem hedonistisch-hochdeutschen Dasein frönen können, ohne dem Durchschnittsbayern zu begegnen und ihm damit unweigerlich auf den Geist zu gehen. Basierend auf diesem identitätsstiftenden und entschleunigenden Lebensrhythmus nimmt der Bayer sein Leben auch selber in die Hand und überlässt es nicht dem Parlament. Den Landtag gibt es im Prinzip nur, weil es neben der CSU noch diverse Parteien gibt, die nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Diese Formalie nimmt die Staatsregierung wohlwollend hin, weil sie weiß, dass sie nur genau reinhorchen muss ins Volk, um die wichtigsten Anliegen der Leute aufzugreifen und in machbare Politik umzumünzen. Das kann beispielsweise auch in die grandiose Idee münden, eine Stromtrasse durch Bayern am besten außerhalb Bayerns zu bauen. Analog dazu war ja auch in Elmau von Anfang an angedacht, den Protest gegen den Gipfel auszulagern. Wobei das gar nicht mehr nötig war, weil die allumfassende Harmonie vor Ort zwar fast unheimlich, aber doch Bayern-typisch war. Da fühlte sich sogar die sonst den Bayern gar nicht so wohl gesonnene SPD-Generalsekretärin Fahimi befleißigt, den Bayern pauschal ein großes Kompliment zu machen. Für sie sei das ein bisschen zu viel Disneyland gewesen. Dabei waren die bunten Figuren gar keine Walt Disney-Protagonisten à la Micky Maus, sondern echte Gipfelgegner. Nur dass eben die Demonstranten so beeindruckt waren von der herrlichen Aussicht und der soliden Infrastruktur, dass sie gar keinen Bock mehr auf Randale hatten. Die Demo durch die Garmischer Innenstadt fiel sogar komplett aus. Der Wellnessfaktor Bayerns hatte schlicht sämtliche Krawallgedanken vertrieben. Seltsamerweise hatten die einheimischen Geschäftsleute die wohltuende Wirkung Bayerns auf Zugereiste sauber unterschätzt. Sie hatten aus Furcht vor Sachbeschädigungen ihre Häuser und Geschäfte verbarrikadiert. Und selbst die größten Skeptiker ob des immensen Polizeiaufgebotes haben einsehen müssen: Das, was als sinnloser Einsatz viel zu vieler Sicherheitsbeamter tituliert wurde, erwies sich als ein netter Ausflug für fleißige Damen und Herren, die sich abseits des Gipfels um die innere Sicherheit Bayerns und Deutschlands kümmern. Da die Garmischer Ecke nicht als billiges Pflaster verschrien ist, hätte sich manch ein Polizist den Aufenthalt dort in der Hauptsaison gar nicht leisten können. Doch der Wunsch des Freistaats, auch auf diese Weise mal seinen Dank gegenüber seinen Staatsdienern ausdrücken zu können, wird sicher ein schönes Vorbild sein für alle zukünftigen Gipfel-Ausrichter. Wo immer der nächste Gipfel sein wird, dürfte es eine Hommage an Bayern werden. Und jeder potenzielle Demonstrant weiß nun:
Aktiver Widerstand gegen solche Veranstaltungen lässt sich viel besser ertragen, wenn man statt mit Tränengas eher mit einem guten Weißbier und einem frischen Obatztn konfrontiert wird.
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