Josef Zierden ist Initiator und Organisator des Eifel-Literatur-Festivals, welches seit 1998 alle zwei Jahre in der Vulkaneifel stattfindet. Dank seines Talents und seines freundlichen Durchsetzungsvermögens hat sich die Südeifel zu einer Perle der Literaturszene entwickelt. Am 09. September 2014 hat der multitalentierte Journalist und Autor Florian Illies sein Buch „1913: Der Sommer des Jahrhunderts“ in Daun vorgestellt, in einem Städtchen, welches tief in der Eifel und Dank fehlender Autobahnanbindung, abgelegen von der Hektik der modernen Welt, seinen alten Charme nicht verloren hat.
„1913“ ist ein Bestseller. Florian Illies hat herausragende und alltägliche Momente des Jahres 1913 zusammengetragen, eine Fleißarbeit, die aus einer grandiosen Idee lebt. Er lässt seine historischen Figuren in ihrer Zeit agieren. Wenige erahnen den baldigen Weltkrieg, der Europa für immer verändern wird. Die Meisten verharren – wie heute, wie immer – in ihren privaten Problemen, die sie intensiv beschäftigen. Einige Persönlichkeiten des damaligen internationalen Lebens, deren Namen noch heute bekannt sind, erklären mit logischen Sätzen, warum es nie wieder zu einem Krieg zwischen den Großmächten kommen wird.
Ein spannendes Buch, welches jeder lesen sollte, der es noch nicht getan hat.
Nach der Lesung folgt die obligatorische Eifel-Diskussion, die der Autor beinahe alleine bestreitet, da er die Fragen stellt, die er beantwortet. Die Diskussion dreht sich um ein einziges Thema: Warum ist der Große Weltkrieg nicht vermieden worden? Die Antwort lautet, dass dies nicht möglich ist.
Unser philosophisch-logisches Denken basiert auf viele Annahmen, die wir unhinterfragt für selbstverständlich halten. Wir glauben, dass zukünftige Ereignisse bereits in Ansätzen heute – oder allgemein: in der Vergangenheit – angelegt sind. Nichts entsteht aus dem Nichts! Wir unterdrücken den Widerspruch, dass es uns nicht gegeben ist, im Gegensatz zu der physikalischen, die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft mit ausreichender Genauigkeit zu erkennen und vorherzusagen. Zuweilen tippen wir richtig und fühlen uns bestärkt. Unsere falschen Vorhersagen vergessen wir schnell. Warumniemand die gesellschaftliche Zukunft voraussagen kann, ist leicht zu definieren: Die Zukunft ist nicht vorbestimmt. 1913 hat niemand den Ersten Weltkrieg wissenschaftlich begründet voraussagen können, obwohl dieser Krieg nur ein Jahr später ausbricht. Viele Menschen sind von Ahnungen heimgesucht worden – selten richtigen und meistens falschen. Nur im Nachhinein ist es uns Heutigen gegeben, die Ereignisse des Jahres 1913 herauszupicken,die wahrscheinlich zum Weltkrieg geführt haben. Andrerseits haben auch viele Ereignisse stattgefunden, die den Weltkrieg hätten verhindern können. Doch die ersteren Ereignisse haben sich durchgesetzt.
Es ist die Stärke des Buches von Florian Illies, diesen zeitlichen Aspekt herausgearbeitet zu haben.
Wie verhält es sich 2014? Heute investieren wir viel Geld in Zukunfts- und Friedensforschungen, die uns vermessen werden lassen zu glauben, dass wir die Zukunft im Griff haben. Pazifisten glauben, dass Abrüstung, Militärs glauben, dass nur einsatzbereite Armeen den Weltfrieden garantieren. Wirtschaftsexperten verkünden, dass ein wirtschaftlicher Boykott den Frieden gefährdet, Politiker erkennen im Boykott eine Stärkung des Friedens. Wer Recht oder Unrecht hat, wird sich in der Zukunft erweisen, die uns allen heute verschlossen ist.
Wie im Jahre 1913 druckt 2014 jede bedeutende und unbedeutende Zeitung in regelmäßigen Abständen die Meinung des Redakteurs ab, der mit klug gesetzten Worten überzeugend erklärt, warum die Krisen in der Ukraine, die ein Krieg zwischen Russland und dem Westen ist, und in Assyrien, den ehemaligen Nationalstaaten Syrien und Irak, zu keiner weltweiten militärischen Auseinandersetzung führen werden. Dank Florian Illies’ Buch sollten wir wissen, dass uns keine sicheren Schritte bekannt sind, einen zukünftigen Großen Krieg zu verhindern.
Der 9. September 2014 wird ein wichtiger Tag in der Geschichte der Eifel werden. Auf dem Nachhauseweg in die Nordeifel leuchtet nachts der Vollmond riesengroß, der sich selten nahe an die Eifel herangewagt hat.
Florian Illies:
1913: Der Sommer des Jahrhunderts
320 Seiten
Verlag: S. FISCHER
ISBN-10: 3100368010
ISBN-13: 978-3100368010
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