Vor 65 Jahren begann der Kampf für die Unabhängigkeit von Vietnam, Laos und Kambodscha gegen die Kolonialmacht Frankreich. Hunderttausende Menschen wurden dabei getötet.
Französisch-Indochina war bis 1954 der Name der französischen Kolonialgebiete in Indochina auf dem Gebiet des heutigen Laos, Kambodscha und Vietnam.[1] Sie wurde 1887 gegründet und vereinte die drei vietnamesischen Landesteile Cochinchina, Annam und Tongking, das Königreich Khmer und ab 1893 auch Laos. An der Spitze der Verwaltung stand ein Generalgouverneur mit Sitz in Hanoi, dem der Gouverneur von Cochinchina sowie die Oberresidenten von Tongking, Laos, Annam und Kambodscha unterstanden.
Vorgeschichte
Der Kaiser von Vietnam lehnte den Abschluss von Handelsverträgen mit Frankreich, das unter der Regentschaft Napoleons III. in Südostasien Fuß zu fassen suchte, strikt ab.[2] 1858 besetzten französische und spanische Soldaten ohne vorherige Verhandlungen den Küstenstreifen von Vietnam, damit begann die Kolonialherrschaft. Frankreich verfolgte damit Handelsinteressen und die Erschließung der Märkte des Fernen Ostens. Es fand auch eine katholische Missionierung statt. 1860 begann ein Krieg gegen China, nach der Einnahme und Plünderung von Peking unterzeichnet China einen Friedensvertrag. Die Unterwerfung des Landesinneren von Vietnam ging weiter; es entstand eine dauerhafte politische Verwaltung. Die Verwaltung der Kolonie unterstand dem Marineministerium. Sie führte wenige Neuerungen ein und wollte aus den einheimischen Erfahrungen Nutzen ziehen. Nur eine kleine Zahl französischer Verwaltungsbeamter wurde ihnen übergeordnet. Die nördlichen und mittleren Gebiete Vietnams wurden nach dem Französisch-Chinesischen Krieg (1884–1885) auch von Frankreich besetzt.
Das französische Parlament beschließt 1882, Vietnam zum Protektorat zu machen und eine Kolonialverwaltung einzurichten, die von China zwei Jahre später offiziell anerkannt wurde. Anerkennung durch China 1884. In Vietnam organisierte sich eine Widerstandsbewegung gegen die französischen Unterdrücker; dies war der Beginn eines fünfzehnjährigen Guerillakrieges. Die vietnamesische Widerstandsbewegung scheitert daran, dass ihr eine zentrale Leitung fehlt. Die Ausbeutung Vietnams wird forciert; es entsteht eine soziale Schicht von Vietnamesen, die sich mit den Franzosen verbünden. Die neu entstandene vietnamesische Bourgeoisie wollte die Unabhängigkeit Vietnams als Basis für ihren eigenen wirtschaftlichen Aufstieg.[3]
Bis 1930 war eine wirtschaftliche Entwicklung Französisch-Indochinas zu beobachten: Bau von Eisenbahnen, moderner Industrie und die Erschließung der Bergwerke.
Es wurde eine 6 Jahre lang dauernde Grundschulausbildung zur Hälfte in Vietnamesisch und Französisch eingeführt und eine Indochinesische Universität in Hanoi gegründet.
Die russische Revolution 1917 gab der Widerstandsbewegung in Indochina neue Nahrung, weitergehende Forderungen nach Unabhängigkeit wurden gestellt. 1925 wurde die „Revolutionäre Liga der vietnamesischen Jugend“ gegründet, die Keimzelle der späteren Kommunistischen Partei. Für die vietnamesischen Arbeiter, deren Arbeitgeber die Kolonialgesellschaften waren, bedeuteten der Kampf um bessere Lebensbedingungen und der politische Kampf um die Unabhängigkeit ein und dasselbe. Die Zugeständnisse Frankreichs gingen nicht weit genug, um die Bewegung aufzuhalten.
Die Weltwirtschaftskrise traf die Masse der Bevölkerung Französisch-Indochinas, deshalb bekam die Unabhängigkeitsbewegung neuen Zulauf. Die Verminderung der Steuereinnahmen bedeutete für das Kolonialbudget einen schweren Schlag.
Nach der Kapitulation Frankreichs im 2.Weltkrieg 1940 unterstand der Indochina Generalgouverneur der Vichy-Regierung, die am 30.8.1940 mit Japan ein Abkommen schloss, demzufolge diesen die Besetzung Indochinas zugestanden wurde, während die französische Oberhoheit im gesamten Gebiet anerkannt wurde. Die Vichy-Regierung war in den französischen Kreisen Indochinas beliebt. 1941 wurde ein Aufstand der antikolonialen Widerstandsbewegung von französischen und japanischen Truppen unterdrückt. Während des Zweiten Weltkriegs unterstützten die USA die Viet Minh im Kampf gegen die japanischen Besatzer. Die 1941 gegründete Viet Minh forderte die Einheit des Landes, die Einführung eines allgemeinen Wahlrechtes, einen Aufschwung des Bildungswesens, demokratische Freiheiten, eine Amnestie für die politischen Gefangenen, eine fortschreitende Industrialisierung, den Achtstundentag und die Einführung der Sozialversicherung.[4]
Nach der Kapitulation Japans im Sommer 1945 proklamierten die Viet Minh die Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Vietnam, die bis Dezember 1946 bestand. Am 2. September 1945 wurde Ho Chi Minh Präsident der Demokratischen Republik Vietnam Frankreich beanspruchte die Wiedererrichtung seiner Kolonialherrschaft. Hồ Chí Minh versuchte vergeblich, seinen Verbündeten USA zu bewegen, die Unabhängigkeit Vietnams militärisch zu schützen. Die Vereinigten Staaten betonten zwar das Selbstbestimmungsrecht aller Völker, sicherten aber gleichzeitig dem französischen Verbündeten den Fortbestand seines Kolonialreichs zu. Japan wollte die vietnamesische Republik ebenfalls verhindern. Der Bodenbesitz der französischen Siedler wurde unter den armen Bauern verteilt, Achtstundentag und Mindestlöhne wurden eingeführt. Das allgemeine Wahlrecht wird verkündet, die persönliche Freiheit und die Gleichheit aller Staatsbürger und die Achtung vor dem Privateigentum.
Verlauf des Indochinakrieges
Ho Chi Minh schloss daraufhin 1946 mit Frankreich ein Abkommen, in dem Frankreich Vietnam als „freien Staat“ anerkannte und das die zeitlich begrenzte Stationierung französischer Truppen in Tongking vorsah.[5] Während Ho Chi Minh über weitere Einzelheiten in Paris verhandelte, bombardierten französische Flugzeuge am 23. November 1946 die vietnamesische Hafenstadt Hải Phòng, wobei 6000 Zivilisten starben. Der Indochinakrieg hatte begonnen. Im Jahre 1947 gelang es den Franzosen Städte, Straßen und Wasserwege zu besetzen. Durch die Unterstützung der Bevölkerung konnte die Viet Minh die militärische Unterlegenheit ausgleichen. Es kam zu einer Neubesetzung der Regierung der Republik Vietnam im Rückzugsgebiet im Inneren des Landes: Neben sozialistischen, demokratischen und kommunistischen Funktionären gehörten ihm Katholiken, ein Buddhist, Nationalisten und ehemalige Mandarine an. Die Republik Vietnam bekam international politischen Einfluss. Auf der Interasiatischen Konferenz von Dehli im Mai 1947 wurde eine Resolution verabschiedet, in der die Staaten Asiens aufgefordert werden, die Unabhängigkeit Vietnams bewahren zu helfen.
In Frankreich lehnte ein großer Teil der Bevölkerung den Krieg ab. Die Kommunistische Partei Frankreichs (KPF) stimmte im Frühjahr 1947 geschlossen gegen die Militärkredite.
In den Jahren 1948-1952 existierte im Indochinakrieg ein Gleichgewicht der Kräfte, die Demokratische Republik Vietnam konnte sich stabilisieren. Es wurden „Verwaltungskomitees für den Widerstandskampf“ gebildet, deren Mitglieder jährlich von der Bevölkerung gewählt wurden. Es wurde eine autarke Wirtschaft innerhalb der Demokratischen Republik Vietnam aufgebaut.
1949 bildete Frankreich in Saigon eine Gegenregierung unter Bảo Đại, die von Großbritannien, den USA und den Vereinten Nationen anerkannt wurde. Ho Chi Minhs Demokratische Republik Vietnam wurde hingegen 1950 von der Sowjetunion, den europäischen Volksdemokratien, Jugoslawien und China anerkannt. Der Indochinakrieg war Teil der großen Auseinandersetzungen zwischen Ost und West geworden, ein heißer Krieg im weltweit „Kalten Krieg“. Die USA hatte seit 1950 im Indochinakrieg 80% der Kosten getragen. Im Falle Vietnams befürchteten die USA, dass ein Sieg der Viet Minh eine Kette ähnlicher Entwicklungen außerhalb Indochinas in Malaysia, Indonesien und in Afrika zur Folge haben könnte. Im Zuge des für Frankreich ungünstig verlaufenden Krieges entstand in Washington der Gedanke, eigene Kampftruppen zu entsenden, was aber zunächst an der Haltung der Verbündeten und der Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses scheiterte.
Die Viet Minh waren eine Elitekampforganisation. Die Lien Viet waren eine breite Sammlungsbewegung, die Millionen Menschen aus der Bevölkerung erfasste. Beide Organisationen vereinigten sich im März 1951. Am gleichen Tag gründeten sich auch die Vietnamesische Partei der Arbeit (Lao Dong), eine marxistische Partei, die Erbin der Kommunistischen Partei Indochinas und das „Dreilandbündnis“ der Demokratischen Republik Vietnam und den Widerstandsbewegungen von Laos und Kambodscha.
Frankreich verkaufte den Indochinakrieg als einen „Kampf von globalem Interesse“ als Verteidigung der „Freien Welt“ gegen den Kommunismus.[6]
Die USA unterstützte Frankreich im Zuge des Kalten Krieges immer stärker mit Waffen und Geld. 1953/54 setzte sich die wirtschaftliche, politische und militärische Festigung der Demokratischen Republik Vietnam fort. Die Beziehungen zu China, der Sowjetunion und zu den anderen kommunistischen Ländern wurden immer enger.
Die französische Regierung hatte seit dem Sommer des Jahres 1953, nach dem Waffenstillstand in Korea, ein starkes Interesse an einer diplomatischen Lösung im Indochinakrieg. Die Bewegung gegen den Krieg wächst in Frankreich, weil die Erfolge ausbleiben. Im Frühjahr 1954 erlitt die französische Kolonialarmee eine vernichtende und entscheidende Niederlage, worauf der französische Einfluss in der Region zurückging. Frankreich war in Vietnam wie in Indochina politisch und militärisch gescheitert und das Ziel, die Demokratische Republik Vietnam im Kriege zu besiegen, unerreichbar geworden.
Es gab drei Gründe für die militärische Niederlage Frankreichs:[7]
die Widerstandsbewegung konnte nicht entscheidend geschlagen werdenkeine Erhöhung der französischen Truppen und der finanziellen Mittel in Frankreichder Krieg war in der Bevölkerung unpopulär
Die Weltöffentlichkeit fordert immer stärker eine Beendigung des Krieges durch Verhandlungen. Im Winter 1954 hatten die Außenminister der Großmächte beschlossen, im Frühjahr eine internationale Fernost-Friedenskonferenz in Genf einzuberufen, die Ende April eröffnet wurde. Unter dem gemeinsamen Vorsitz Großbritanniens und der Sowjetunion nahmen Frankreich, die USA, China, Kambodscha, Laos, die Demokratische Republik Vietnam und Südvietnam teil. Die Außenminister der Sowjetunion, China, Indien und Pakistan fordern einen sofortigen Frieden. Am 21.7.1954 wurde das Genfer Abkommen unterzeichnet. Es wurde ein sofortiger Waffenstillstand vereinbart, Kriegsgefangene auf beiden Seiten sollen freigelassen werden. Am 17. Breitengrad wird eine provisorische Demarkationslinie geschaffen, hinter der sich die Streitkräfte beider Parteien zurückziehen mussten. Im Sommer 1956 sollten spätestens in ganz Vietnam Wahlen stattfinden. Die USA unterzeichneten das Abkommen nicht, unterstützten es aber.[8]
Ein Jahr darauf erklärte Ngô Đình Diệm Südvietnam zur Republik und wurde Präsident. Nach dem Friedensschluss kam es den USA darauf an, die vorübergehende Teilung Vietnams zu einer endgültigen zu machen und Südvietnam zu einem starken Bollwerk des Westens gegen die Demokratische Republik Vietnam auszubauen. Die amerikanische Regierung begann, Südvietnam militärisch zu unterstützen und sandte 350 Offiziere für die Ausbildung und Organisation der südvietnamesischen Armee. Die Grenze nach Norden wurde geschlossen und der Telefon- und Postverkehr mit dem Nordteil Vietnams unterbunden. Um den vorausgesagten Wahlsieg der Viet Minh zu verhindern, unterband der südvietnamesische Präsident Diệm 1956 die gesamtvietnamesischen Wahlen mit der Begründung, dass an der Spitze der Regierung Hanois Kommunisten stehen. Seit dieser Zeit hat sich die Kluft zwischen dem Norden und dem Süden immer mehr vertieft. Südvietnam ist zum strategischen Stützpunkt der USA geworden. Die USA richteten militärische Stützpunkte ein und stockten die Zahl ihrer Truppen auf.
Die Durchführung des Abkommens sollte von einer internationalen Kommission, die aus Vertretern Indiens, Polens und Kanadas bestand, überwacht werden. Die französische Regierung hatte dem Frieden nur unter Druck zugestimmt. In den acht Jahren Krieg verloren Hunderttausende Menschen ihr Leben.
Die weitere Entwicklung und der 2. Indochinakrieg
US-Präsident Eisenhower wollte eine Organisation kollektiver Selbstverteidigung in Südostasien, um einer weiteren kommunistischen Entwicklung vorzubeugen. Am 8.9.1954 wurde der SEATO-Vertrag zwischen den USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland, Frankreich, Pakistan, den Philippinen und Thailand abgeschlossen. Dies war ein militärisches Bündnis, im Falle eines Angriffes auf ein Land des Bündnisses sollten alle anderen Staaten militärisch eingreifen.[9]
Der Vietnamkrieg (auch Zweiter Indochinakrieg genannt) stand als Stellvertreterkrieg im Kontext des Kalten Krieges. Diese Auffassung war unter anderem die Grundlage für die Domino-Theorie, wonach das „Umfallen“ eines Staates (das heißt die Errichtung einer kommunistischen Herrschaft) auch das „Umfallen“ von dessen Nachbarn und schließlich der ganzen Region zur Folge hätte und so eine direkte Bedrohung der USA entstünde. Folglich müsse man frühzeitig eingreifen, wo immer die Gefahr bestand, dass sozialistisch inspirierte Bewegungen die Macht erringen konnten.[10] Die offene Intervention der USA begann mit der Bombardierung Nordvietnams vom 2. März 1965. Ab 1969 bis zum März 1973 wurden die US-Truppen wieder aus Südvietnam abgezogen. Der Krieg endete mit der Einnahme Sàigòns am 30. April 1975 durch nordvietnamesische Truppen und hatte die Wiedervereinigung des Landes zur Folge. Der Vietnamkrieg forderte etwa drei Millionen Todesopfer, davon waren zwei Millionen Zivilpersonen.[11]
Literatur:
– Bidault, J.: Die Kolonialpolitik Frankreichs, Hamburg 1993
– Hurschler, F.: Der SDS und der Vietnamkrieg, Berlin 1986
– Reuben, K.: Geschichte Südostasiens, München 1987
– Schubert, K.: Vietnam- eine politische Geschichte, Köln 1993
– Ursler, L.: Grundzüge der Außenpolitik der USA, München 1996
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[1] Schubert, K.: Vietnam- eine politische Geschichte, Köln 1993, S. 15f [2] Reuben, K.: Geschichte Südostasiens, München 1987, S. 78ff
[3] Ebd., S. 105
[4] Ebd., S. 167
[5] Schubert Vietnam- eine politische Geschichte, a.a.O., S. 156f
[6] Bidault, J.: Die Kolonialpolitik Frankreichs, Hamburg 1993, S. 136
[7] Ebd., S. 165
[8] Schubert Vietnam- eine politische Geschichte, a.a.O., S. 188ff
[9] Ursler, L.: Grundzüge der Außenpolitik der USA, München 1996, S. 167
[10] Ebd., S. 187
[11] Hurschler, F.: Der SDS und der Vietnamkrieg, Berlin 1986, S. 10ff
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