Einen Nobelpreis hat nicht nur die Stockholmer Akademie zu vergeben, sondern auch die Münchner Ernst-von-Siemens-Stiftung. Der geht es nicht um das „Best of“ der Literatur, wohl aber um das der Musik. Den diesjährigen Musikpreis der Stiftung durfte im Münchner Prinzregententheater die berühmteste Grazerin des Jahrgangs 1968, die Wiener Komponistin Olga Neuwirth, entgegennehmen. Dotierung: eine Viertelmillion Euro. Hinzu kommen drei Förderpreise an den komponierenden Nachwuchs für Benjamin Attahir, Naomi Pinnock und Mikel Urquiza.
Geladen war, wer irgendwie mit Musik zu tun hat – gekommen war, wer nix gegen „misica via“ hat. Das Haus am Prinzregentenplatz war für zwei volle Stunden voll. Die Worte, die von der Bühne kamen, angefangen beim den Ernst der Lage interpretierenden Vorsitzenden des Siemens-Stiftungsrates Peter Ruzicka über die exquisite Einschätzerin des Werkes der Preisträgerin, Autorin Raphaela Edelbauer bis hin zur ihre Mitstreiter namentlich nennenden Preisträgerin selbst: alles ein Hochgenuss für solche, die nicht von gestern sind. Und die durchhalten trotz für Ohr und Hirn unkonventionell angerührter Kost – vor allem solcher aus der Feder der Hochgepriesenen selbst. Zu ihrer Ausdeutung kamen Künstler von Rang: Matthias Pintscher mit seinem tollen Preisträger-„Ensemble intercontemporain“ (mitreißend: „Hooloomooloo“ von 1996/97), der leider von der Verstärkertechnik gestörte Countertenor Andrew Watts (mit fünf Songs aus der „Hommage à Klaus Nomi“) und, schon im Foyer zur Begrüßung der illustren Gäste, die unbeirrten Schlagzeuger Robyn Schulkowsky und Lucas Niggli.
Was die erwähnten Mitstreiter betrifft, nahm die große Neuwirth in ihrer wohltuend kurzen und bissigen Dankes-Rede kein Blatt vor den Mund, ob das Welt-Künstler wie Leonardo da Vinci sind, kaiserliche Hoheiten wie Sisi, Sport-Asse wie Diego Maradona oder gar ihre Mama und ihr Friseur. Lauter Unangepasste in den Augen der Unangepassten. Schon durch Outfit und Haartracht fiel sie (angenehm) aus dem Rahmen. Dass sie Gott nicht vergaß, war wohl aus Überzeugung, nicht aus Kalkül gemeint.
50 Jahre Ernst-von-Siemens-Stiftung sind im nächsten Jahr zu feiern. Eine von insgesamt drei Stationen wird die Münchner Isarphilharmonie sein – wo ein Wiedersehen/hören/bewundern mit Kirill Petrenko und den Münchner Philharmonikern in Aussicht gestellt ist.