Was verstehen Sie unter einer medialen „Zersplitterung“, von der auch auf dem Medienkongress, einer gemeinsamen Veranstaltung der „taz“ und dem „der Freitag“, am 8. und 9. April 2011 in Berlin die Rede war?
Das Netz, das es den unterschiedlichen Nutzern erlaubt, in aller inhaltlichen Vielfalt zu kommunizieren, hat, wie einst Berthold Brecht in seiner Radiotheorie formuliert hat, den Vorteil, dass jeder einzelne Mensch Sender werden kann. Es hat aber den gravierenden Nachteil, dass bei vielen Sendern kaum einer das Gesendete hören wird. Insofern braucht es die großen Institutionen, die „Marken“, um diese Kommunikation bündeln. Wenn das nicht passiert, dann versendet sich alles im Netz, und die Informationen verdampfen, ohne irgendwo eine konzentrierte Wirkung entfaltet zu haben. Ich glaube nicht an ein System, in dem jeder einzelne Sender eine gesellschaftlich relevante Wirkung erzielen kann.
Welche Rolle sollten die etablierten Medien zukünftig spielen – auch gegenüber kleinen Netz- und Onlinezeitungen?
Ich glaube nicht, dass es eine Solidarität zwischen den Medien geben muss. Konkurrenz ist doch ganz belebend. Es ist schön, wenn es Partnerschaften und Freundschaften wie zwischen dem „Freitag“ und der „taz“ gibt. Aber am Ende sind wir als Unternehmen allein unterwegs.
Haben Sie Angst vor dem Journalismus als Prekariat?
Wahrscheinlich ist es für den Journalismus nicht gut, wenn unterbezahlte, um ihren Status fürchtende Journalisten zu Unternehmenslenkern, zu Managern, zu Bankern geschickt werden, die über viel Geld und damit über ein dementsprechendes Selbstbewusstein verfügen. Wenn man sehr optimistisch ist, könnte man hoffen, dass die Journalisten dann eine bessere Arbeit machen, weil sie sich unabhängiger fühlen, und das Gefühl haben, über eine Klasse zu schreiben, zu der sie nicht gehören. Vermutlich wird es aber eher dazu führen, dass die Journalisten ängstlicher sind, schüchterner und zurückhaltender. Das kann nicht in unserem Interesse sein – natürlich müssen Journalisten ausreichend verdienen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Journalismus – Online– Print?
Positiv. Wenn die Medienmacher es verstehen, die Vorteile von Online und Print miteinander zu verknüpfen und nicht glauben, Online würde über Print obsiegen oder Print müsse Online an die Wand drücken. Ich glaube, beides würde fehl gehen. Man muss die Vorteile beider Mediengattungen miteinander verknüpfen. Wir versuchen dies beim „Freitag“. Es gibt andere, sehr viel größere Zeitungen, die das sehr gekonnt vormachen. „Der Spiegel“ ist sicherlich ein Beispiel, aber auch die „BILD“-Zeitung kombiniert Online und Print auf eine sehr gute Weise.
Herzlich Dank für das Gespräch
Das Interview führte Dr. Stefan Groß
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