Über die Rolle der ästhetischen Erziehung für die vielschichtige Bildung einer autonomen Persönlichkeit diskutieren am 15. November 2009 auf einem Symposion im Kubus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek hochkarätige Podiumsteilnehmer aus den Bereichen Kultur, Kulturpolitik, Neurobiologie, Pädagogik und Wirtschaft.
Vorgeschichte:
Von 1997 bis 2003 hat die Arbeitsgruppe „Zweite Moderne“ im Freundeskreis Weimar Kulturstadt Europas 1999 e. V. in einer Reihe von acht Symposien die Auseinandersetzung mit Strömungen der Kunst und Kultur an der Jahrtausendwende angeregt und dabei den Dialog zwischen Wissenschaft und Kunst, zwischen Wirtschaft und Kultur, zwischen verschiedenen Künsten und Kulturkreisen gesucht. Inmitten großer gesellschaftlicher Umwälzungen und Veränderungen wurden Fragen nach dem Menschenbild, dem Wertewandel, nach der Gestaltung von Beziehungen, nach dem Austausch zwischen verschiedenen Kulturen und dem Verhältnis von Wirtschaft und Kultur diskutiert. Den Abschluss dieser Reihe bildet das Symposium am 15. November 2009.
Ästhetische Erziehung im Schiller- und Bauhausjahr 2009 feiern wir in Weimar den 250. Geburtstag von Friedrich Schiller und den 90. Jahrestag des 1919 von Walter Gropius gegründeten Staatlichen Bauhauses. Sucht man nach einer Verbindung dieser beiden Ereignisse, so drängt sich das Thema „Ästhetische Erziehung“ nahezu auf. In seinen „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen“ betonte Schiller die Bedeutung der Kunst und des Spiels für eine freie Persönlichkeitsbildung. Auch in der Bauhausbewegung spielten Konzepte einer ganzheitlichen, schöpferischen Erziehung eine herausragende Rolle.
Ein Kunstwerk hat seinen Sinn und Wert allein in sich selbst; es vereint Sinnliches und Geistiges, Idee und Materie, Stoff und Form harmonisch zu einem Ganzen. Ein Kunstwerk ist auf vollkommene Weise das, was es ist. Durch die Beschäftigung mit der Kunst gewinnt der Mensch Freiheit in einer Sphäre, die spielerisch die Polarität von Natur und Geist, Materie und Form umfasst und ihn dazu anregt, aus freiem Entschluss auch zum Schöpfer, zum Künstler an sich selbst, der Welt und dem sozialen Miteinander zu werden. Eine ästhetische Erziehung bereitet also den Boden für eine autonome Entwicklung der einzelnen Persönlichkeit. Sie bezieht sich auf alle Sparten des Lebens und muss von Anfang an beginnen.
In unserer einerseits von Funktionalität, Zweckrationalität und technologischem Fortschritt dominierten und andererseits von Beliebigkeit, Reizüberflutung und oberflächlichem Freizeitangebot bestimmten Welt müssen wir besorgt sein um die Freiheit der Erziehung. Nützlichkeit und Zweckdienlichkeit haben in der Erziehung ebenso wenig zu dominieren wie Beliebigkeit und konsumorientierter „Zeitvertreib“.
Von kultureller Bildung oder gar von ästhetischer Erziehung ist in der gegenwärtigen Bildungsdebatte nach Pisa aber leider nur selten die Rede. Es scheint dagegen mehr und mehr um die direkte und unmittelbare Verwertbarkeit von Lernstoff zu gehen. Eine sicher folgenschwere Entwicklung.
Symposium
Der Präsident der Klassik Stiftung Weimar Hellmut Seemann leitet das Symposion mit einem Vortrag ein. Die anschließende Podiumsdiskussion moderiert der Hörfunkdirektor des MDR, Johann Michael Möller. Es diskutieren Prof. Dr. Gerald Hüther, Leiter der Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung an der Universität Göttingen, Winfried Kneip, Leiter des Kompetenzzentrums Bildung bei der Stiftung Mercator in Essen, Dr. Heike Riesling-Schärfe, Programmdirektorin der PWC-Stiftung in Frankfurt (Price Waterhouse Coopers), Hellmut Seemann, Präsident der Klassik Stiftung Weimar, und Prof. Dr. Adelheid Sievert, Professorin (em.) für Kunstpädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. Den Rahmen der Veranstaltung gestalten Schüler des Musikgymnasiums Schloss Belvedere und zwei junge Autoren vom Lese-Zeichen e. V, Romina Voigt und Moirtz Gause, die Preisträger des „Jungen Literaturforums Hessen-Thüringen“ sind.
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