Herr Professor Runnebaum, die Jenaer Klinik ist deutschlandweit und international eine der bekanntesten Kliniken für Frauenheilkunde, sie wurde 1778 gegründet und ist die zweitälteste der Bundesrepublik, einige der berühmtesten Frauenärzte haben hier gewirkt. Was bedeutet dies konkret für Sie und Ihr Team?
Diese über mehr als zweihundert Jahre währende Geschichte erfüllt alle Mitarbeiter mit Stolz und verpflichtet sie gleichzeitig zu großem Engagement und zu qualitativen Höchstleistungen. Etwa 200 Mitarbeiter/innen kümmern sich täglich um die Gesundheit der Frauen. Von je her behandeln wir als eine der wenigen Universitätsfrauenkliniken das gesamte Spektrum der frauenspezifischen Erkrankungen. Persönlich empfinde ich es als eine große Ehre und Aufgabe, in einem derart hervorragenden Team an diesem so renommierten Uniklinikum als Direktor mitzuarbeiten.
Kann ich mir Ihre Klinik auch selbst aussuchen oder ist dies nur durch eine Überweisung eines Frauenarztes möglich?
Jede Frau kann sich jederzeit unabhängig von der Art der Versicherung in unserer Poliklinik in der Bachstraße 18 vorstellen und beraten lassen. Wir arbeiten mit vielen Frauenärzten/innen bundesweit und in ganz Thüringen eng zusammen. Oft empfehlen diese die Einweisung und überweisen an uns. Wir ergänzen also die Arbeit der niedergelassenen Ärzte.
Gibt es auch die Möglichkeit Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen?
Unsere spezialisierte Vorsorge geschieht oft in Zusammenarbeit mit den Praxen und den Instituten am Uniklinikum. In der Dysplasie-Sprechstunde können wir beispielsweise unseren Patientinnen die Frühveränderungen am Gebärmutterhals mit Lupenvergrößerung direkt am Monitor verdeutlichen. Auch in der Brustsprechstunde zeigen wir auf dem Bildschirm eventuell vorhandene Veränderungen in der Brust und veranlassen weitere Verfahren zur raschen Abklärung.
Viele Bürger in Jena wissen nicht, dass es an der Jenaer Universitätsfrauenklinik auch eine Poliklinik gibt.
Ja, man denkt immer an Uni und weniger an Poliklinik. Unsere Poliklinik steht allen offen. Wir ergänzen mit unseren Spezialsprechstunden – z. B. zu den Themen Kinderwunsch, Brustoperationen, Gebärmutterveränderungen, Schlüssellochchirurgie, also Bauchspiegelung, Harninkontinenz und das große Feld an ästhetischen Korrekturen – das Behandlungsangebot der Jenaer Frauenarztpraxen.
Nun gibt es bei derart großen Häusern immer Vorbehalte, ob die Klinik der einzelnen Patientin gerecht wird, viele Patientinnen haben Angst vor einer anonymen Behandlung: Sind diese Vorbehalte berechtigt?
Mein gesamtes Team hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass wir uns mit viel Empathie, Behutsamkeit und Menschlichkeit unseren Patientinnen zuwenden. Höchste Sicherheit verbunden mit optimaler Lebensqualität ist unser Motto. Auch wir haben manchmal mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass Patienten an Unikliniken als Versuchskaninchen für auszubildende Ärzte oder für wissenschaftliche Studien möglicherweise herhalten sollen. Dies ist aber vollkommen abwegig, denn in Jena wird nach den neuesten und international anerkannten Standards gearbeitet. Die individuell abgestimmten Behandlungen führen spezialisierte und erfahrene Kollegen durch. Zweimal am Tag sprechen wir über alle Patientinnen. In unseren vier Operationssälen operieren immer sehr erfahrene Ärztinnen und Ärzte. Alle Mitarbeiter kennen sich mit den neuesten Medikament- und Instrumententwicklungen bestens aus, gerade auch im Hinblick auf die Schmerzbehandlung, die Früherkennung und die Tumortherapie. Unsere Schwestern geben sich für eine optimale Pflege die größte Mühe. Ihnen gebührt auch an dieser Stelle mein besonderer Dank!
Sie haben an vier großen deutschen Uni-Frauenklinik in leitender Position gearbeitet. Herr Professor Runnebaum: Was sind spezielle Qualitätsmerkmale der Jenaer Frauenklinik?
Die gut abgestimmte und engagierte Teamarbeit aller Beteiligten, das Sich-Einlassen auf die einzelne behandlungssuchende Frau und unser operatives Können. Zu meinem Team zählen sieben Top-Spezialisten, die die einzelnen Säulen des Fachs verkörpern. Besondere Leistungsmerkmale sind die äußerst gewebeschonenden und ästhetisch optimalen Eingriffe an der Brust, am inneren und äußeren Genitale durch die Bauchspiegelung (teilweise mit nur noch einem Einstich), die Operationen bei selbst weit fortgeschrittenen Tumoren – meist bis zur vollständigen Entfernung des erkrankten Gewebes, der Erhalt oder die Wiederherstellung der Fruchtbarkeit mit neuen Methoden und die Brustvergrößerung oder auch -verkleinerung, für die unsere Patientinnen oft einen langen Anfahrtsweg in Kauf nehmen.
Am Bauch operieren wir fast immer laparoskopisch, d. h. minimal-invasiv und ohne große Schnitte. Dies ist für die Patientin schonender und kosmetisch von größtem Wert. Wir haben mit diesem Zugangsweg neue OP-Techniken entwickelt.
Wie gestaltet sich die postoperative Behandlung?
Entscheidend sind die Schmerztherapie und die Pflege. Dabei arbeitet das gynäkologische Team eng mit den Narkoseärzten zusammen. Diese Anästhesisten sind für ihre Innovationen in der Schmerztherapie national und international bekannt – von diesen verbesserten Therapien profitieren unsere Patientinnen täglich. Spezialisierte Schwestern und Sozialarbeiterinnen kümmern sich dann um die Entlassung und um eine eventuelle Anschlussbehandlung. Jeder unserer Oberärzte/innen steht über ein Diensthandy jederzeit den niedergelassenen Kollegen/innen zur Verfügung. Regelmäßig kommen die niedergelassenen Ärzte zu uns, um über den Krankheitsverlauf der Patientinnen zu sprechen. Uns ist es wichtig, dass die Patientin auch nach ihrer Entlassung optimal betreut wird.
Das Interview führte Dr. Stefan Groß
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