Die Geschichte Israels, geschrieben von einem nicht-revisionistischen Zionisten

israel flagge hand nationalen finger patriotisch, Quelle: Kurious, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig
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Eigentlich ist es unmöglich, die Geschichte Israels vollständig auf 144 Seiten unterzubringen. Noam Zadoff gelingt es. Als nicht-revisionistischer Zionist sollte er im deutschen Sprachraum Europas ausreichend Anhänger und Leser finden. Der Autor verrät sich, wenn er Tel Aviv als Hautstadt Israels bezeichnet (S. 79). Trotzdem empfehle ich auch glühenden Zionisten, dieses Büchlein zu studieren: Es finden sich ausreichend Stellen, die bisher unbekannt / wenig bekannt geblieben sind. Zudem hat der Autor eine angenehm flotte Schreibweise.

Geschichte Israels: Von der Staatsgründung bis zur Gegenwart
von Noam Zadoff
C.H.Beck September 2020
ISBN-13 : 978-3406757556
144 Seiten 10€

Gleich zu Anfang des Buches erkennt der Leser, dass Zadoff den US-Präsidenten Trump nicht mag. Der Grund: Er verlegt die US-Botschaft von Tel Aviv in die israelische Hauptstadt Jerusalem! Diese wichtige Feststellung zu Anfang des Buches ordnet den Autor als Nicht-Revisionisten ein, die in Israel unter „Linken“ laufen, was jedoch nichts mit dem sozialistischen EU-Ideal zu tun hat. Linke gehören in Israel mindestens dem gehobenen Mittelstand an, was in der EU kaum (?) zutrifft. Interessant ist es zudem, dass der Autor den Umstand, dass es in der Judäischen Wüste des öfteren stark regnet und somit seit Menschengedenken in dieser Wüste mehr Menschen ertrinken als verdursten, dem Klimawandel zuschiebt, was jedem europäischen Klimaaktivisten – unabhängig zu seiner Einstellung zum Judenstaat Israel – aus der Seele spricht.

Auf Grund von Pogromen 1881/1882 verlassen 2,5 Millionen Juden ihre russische Heimat – nur 1% wandert in das damalige türkisch ausgebeutete Palästina ein. Der Zionismus – die Einwanderung der Juden nach Palästina/Israel – ist eine Erfindung der Judenhasser. Ohne den europäischen Antisemitismus hätte es den Zionismus niemals gegeben. Somit ist es nur gerecht, wenn von Juden vertriebene / fliehende arabische Palästinenser und weitere Araber in Deutschland willkommen geheißen werden. Denn wenn ein Jude aus einem brennenden Haus springt und dabei einen Passanten (Araber) verletzt oder gar tötet, wer ist dann am Tod des toten Arabers schuld? Die richtige Antwort lautet: derjenige, der das Haus des Juden angezündet an, folglich Deutschland und weitere europäische Staaten.

Der Unabhängigkeitskrieg von 1948 ist für Juden eine Befreiung, für die unorganisierten Araber bis heute eine Katastrophe. Die Zahlen der Toten dieses Krieges unterliegen einigen Narrativen. Nach dem Angriff auf das arabische Dorf Deir Jassin fliehen viele Araber Richtung Westbank. Israel benutzt dieses Narrativ als Propaganda, damit weitere Araber fliehen. Über die Anzahl der Toten in Deir Jassin gibt es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse.

Der in Israel Geborene heißt „Sabra“. Sabra ist eine Kaktusfeige, die in Israel häufig vorkommt: außen stachlig und innen süß! Darin unterscheidet sich der Sabra vom Exiljuden.

Viele irakische und weitere arabische Juden, die nach und wegen dem für Israel siegreichen Unabhängigkeitskrieg in ihrer alten Heimat verfolgt werden, fliehen nach Israel. Man kann daher auf beiden Seiten – Juden wie Araber- statt von Vertreibung, von einem ungeregelten Bevölkerungsaustausch sprechen. Äthiopische Juden fühlen sich bis heute als Afro-Israelis benachteiligt.

Israel verfügt über keine Verfassung, jedoch über 12 Grundgesetze. Schuld daran sind die widersprüchlichen Vorstellungen der Bewohner Israels. Das „Rückkehrgesetz“, das Recht für Juden auf die Staatsbürgerschaft Israels steht auch deren Nachkommen zu, selbst wenn sie keine Juden sind. Hier übernimmt Israel EU-Gepflogenheiten.

Die Rolle der in Israel lebenden KZ-Überlebenden wird sehr spät definiert. 2012 wird die erste Miss Holocaust Surviver gekürt. Erst langsam setzt sich in Israel die Bezeichnung der Grenzen vor dem siegreichen 6-Tage-Krieg 1967 als „Auschwitz-Grenzen“ durch, welche noch heute die Wunschgrenze der EU und Deutschlands ist.

Sadat ist der erste arabische Staatschef, der mit Israel einen gut haltenden Frieden schließt. Der Autor bezeichnet Sadats Mörder als „Aktivisten“. Doch soll dies die Freude am Lesen nicht trüben.

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Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.