m April 2021 wurde die spätmittelalterliche Holztafel mit der Darstellung des Heiligen Florian aus dem ehemaligen Eigentum der Kunsthandlung A. S. Drey an die Rechtsnachfolger, d.h. an die Erbengemeinschaft nach der Kunsthandlung A. S. Drey, restituiert. Das Werk wird stellvertretend für diese Erbengemeinschaft an die Rechtsvertretung der Kunsthandlung übergeben. Diese 21. Restitution der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen nach der „Washingtoner Erklärung“ erfolgte aufgrund der Pandemie und auf Wunsch der Erbengemeinschaft ohne eine persönliche Zusammenkunft in den Pinakotheken.
Zitat Staatsminister Bernd Sibler
„Mit der Restitution der gotischen Holztafel an die rechtmäßige Erbengemeinschaft soll das große Unrecht, das die Familien Drey und Stern durch die Nationalsozialisten erfahren mussten, öffentlich anerkannt und ein Stück weit wiedergutgemacht werden. Ich danke den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, dass sie sich mit ihrer Provenienzforschung engagiert für diesen Akt der Gerechtigkeit einsetzen.“
Zitat Generaldirektor Prof. Dr. Bernhard Maaz
„Die Rückgabe an die rechtmäßigen Erben ist ein weiterer wichtiger Schritt bei der Anerkennung des Leides der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und unserer historischen Verantwortung, den NS-Kunstraub aufzuklären.“
Zitat RA Dr. Imke Gielen
„Im Namen der Familien Drey und Stern danken wir den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen für die sorgfältige Prüfung der Provenienz des Gemäldes und die Kontaktaufnahme. Die Rückgabe ist auch das Ergebnis der fortdauernden systematischen Recherche der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ihrer Sammlungsbestände.“
Die Kunsthandlung A. S. Drey
Das Münchner Geschäftshaus am Maximiliansplatz, nach Plänen von Gabriel von Seidl, 1911
Das Gemälde gehörte zum Warenbestand der seit dem 19. Jahrhundert bestehenden Kunsthandlung A. S. Drey mit Firmensitzen in New York und London. Inhaber der Firma waren Siegfried Drey, Ludwig Stern, Friedrich Stern, Franz Drey und Paul Drey. Alle Teilhaber wurden aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. 1935 erging das Rundschreiben der Reichskammer der Bildenden Künste mit der Ankündigung des Ausschlusses aus der Kammer und der Aufforderung zur Auflösung der Firma an sie. Eine umfangreiche Steuerprüfung 1935/36, die als Vorbereitung zur „Arisierung“ zu bewerten ist, führte zu hohen Steuernachforderungen. Daraufhin wurde ein Teil der Lagerbestände der Kunsthandlung, darunter das hier in Rede stehende Bild, zur Auktion durch das Auktionshaus Paul Graupe, Berlin eingeliefert, um die Steuerschulden tilgen zu können. Das Werk wurde den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen am 19. August 1936 von der Berliner Kunsthandlung Dr. Eduard Plietzsch im Tausch gegen zwei Werke aus dem Bestand der Alten Pinakothek angeboten. Der Kunsthändler Plietzsch hatte das Gemälde im Nachverkauf der Berliner Auktion, die als Zwangsverkauf angesehen wird, erworben. Auf Basis des Provenienzberichts hat das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst in Einklang mit den Staatsgemäldesammlungen die Restitution des Gemäldes an die Erben nach A. S. Drey entschieden, die am 23.04.2021 vollzogen wurde.
Hl. Florian, 1480
Nadelholz, 125,3 x 65,2 cm (bemalte Fläche; die allseitig beschnittene Tafel ist links, rechts und unten angestückt; originaler Bestand 121,5 x 56,7 cm)
Der hl. Florian (von Lorch) war ein römischer Verwaltungsbeamter des frühen 4. Jahrhunderts. Als Christ starb er den Märtyrertod; man ertränkte ihn in der Enns. Sein Grab befindet sich im Stift St. Florian. Sein Attribut, der Eimer mit Wasser, deutet auf seine Funktion als Helfer in Feuersnot hin. Das Gemälde war Flügel eines Altars, von dem weitere Teile nicht bekannt sind; wie die meisten Werke des Spätmittelalters ist auch diese Tafel nicht mit einem konkreten Künstlernamen zu verbinden.
Seit der Neuordnung im Jahre 1974 vertrat die Darstellung in der Staatsgalerie Burghausen eine nicht namentlich bekannte bayerische Malerwerkstatt des späten 15. Jahrhunderts, aus der ein weiteres qualitätsvolles Gemälde mit den hl. Achatius und Pantaleon stammt, das in der Staatsgalerie Burghausen an derselben Wand hängt (Bayerisch, um 1480, 1927 aus Münchner Privatbesitz erworben, Inv.-Nr. 9457).
Die Staatsgalerie Burghausen ist eine Spezialgalerie für die Malerei des Spätmittelalters aus Bayern und dem österreichischen Grenzgebiet und als solche weithin bekannt. Zeugnisse der großen Zeit bedeutender Abteien und Klöster Bayerns – Tegernsee, Attel, Rottenbuch – sind hier in vier Sälen ausgestellt. Ohne Ausnahme handelt es sich um wertvolle Werke, die die Zeiten überdauert haben und ein Bild des ausgehenden Mittelalters in jener berühmten Burganlage geben, die jährlich eine Vielzahl von Gästen anzieht.
Hl. Florian, 1480, Nadelholz, 125,3 x 65,2 cm
Foto: Johannes Haslinger,
Bayerische Staatsgemäldesammlungen