Die Auflösung einer gespannten Erwartung in Nichts. Skepsis und Ironie in Franciscus Sanchez’ Quod nihil scitur

1. Einleitung

„Jeder Mensch strebt von Natur aus nach Wissen.“[1] Mit dieser Behauptung beginnt Aristoteles seine Metaphysik. Doch was wäre – und dies ist die Frage des Skeptizismus – wenn dieses natürliche Streben vergebens wäre, wenn es höchst unsicher wäre, ob der Mensch überhaupt etwas wissen kann? Müsste daraus nicht folgen, dass der Mensch sich in einem äußerst verzweifelten und bedauernswerten Zustand befände?
Diese Frage stellt sich im Jahr 1581 auch der zu diesem Zeitpunkt 31-jährige[2] Mediziner und skeptische Philosoph Franciscus Sanchez in seinem Hauptwerk Quod nihil scitur[3]. In diesem, neben Michel de Montaignes Apologie für Raimond Sebond[4] und Agrippa von Nettesheims Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe[5] bekanntestenskeptischen Text der 16. Jahrhunderts, scheint Sanchez in der Tat davon überzeugt zu sein, dass der menschliche Wissensdrang vergebens ist und aufgrund der Komplexität der Wirklichkeit zu äußerst betrüblichen Konsequenzen führt:

„Zudem gibt es nie ein Ende: Je angestrengter wir die Untersuchungen vorantreiben, desto mehr Unsinn tritt zutage, desto mehr werden wir verwirrt, und desto schwieriger ist es, etwas zustande zu bringen. Wo Vielheit ist, da herrscht Verwirrung. So kann unsere Philosophie nicht unverdienterweise mit dem Labyrinth des Minos verglichen werden: Einmal eingetreten, können wir nicht mehr zurückkehren und keinen Ausweg finden; gehen wir weiter, treffen wir auf den Minotaurus, der uns das Leben raubt.“[6]

Als praktizierender Arzt am Hôtel-Dieu, dem städtischen Krankenhaus von Toulouse, wo er ab 1582 eher unfreiwillig um des Broterwerbs willen für die nächsten dreißig Jahre tätig sein sollte[7], stellt Sanchez dem nach Wissen Suchenden zudem eine äußerst beunruhigende Diagnose:

„Das ist das Ende unserer Studien, das ist der Preis für vergebliche und eitle Mühe, nämlich durchwachte Nächte ohne Pause, Mühen, Sorgen, Unruhe, Einsamkeit, Ermangelung aller angenehmen Dinge des Lebens, ein Leben dem Tode gleich – man muß es mit den Toten verbringen, mit ihnen kämpfen, sprechen und denken, sich von den Lebenden fernhalten, die Pflege der eigenen Interessen beiseitelassen und durch Übung des Geistes den Körper zugrunderichten. Daher kommen Krankheiten, oft der Wahnsinn, immer der Tod. Und ‚arge Anstrengung überwindet’ auf keine andere Weise ‚alles’, als daß sie, weil sie das Leben dahinrafft, den Tod beschleunigt, der einen von allem befreit.“[8]

Diesen skeptischen Mißmut mit sicherer Todesfolge wollte Aristoteles mit der eingangs zitierten Bemerkung sicher nicht hervorrufen; und Sanchez’ Diagnose scheint keine Prognose zu sein, die einem Philosophen wirklich gefallen kann.[9] Dementsprechend gab es im 17. Jahrhundert auch mehrere moralisch entrüstete anti-skeptische Widerlegungsversuche[10] der Schrift Quod nihil scitur, denen sich jedoch schon im selben Jahrhundert auch einige positive Bemerkungen beigesellten[11], bis hin zu Pierre Bayles Äußerung, dass Sanchez ein „grand Pyrrhonien“ gewesen sei[12]. Doch trotz vereinzelter positiver Äußerungen über die Skepsis gilt der philosophische Skeptizismus im allgemeinen als eine eher unbequeme Geisteshaltung, da es sich bei den Skeptikern – um mit Kants Worten zu sprechen -, um „eine Art Nomaden [handelt], die allen beständigen Anbau des Bodens verabscheuen“[13]. Was Philosophen suchen, ist schließlich nicht der radikale Zweifel und das ständig suchende Umherziehen, sondern im Gegenteil die Gewißheit und – von Sokrates als besorgte Frage formuliert – die „Ruhe von unserem Schwanken“[14]. Dementsprechend wird der Skeptizismus – sei er nun pyrrhonischer oder akademischer Ausprägung – vorwiegend als irregeleitete und durchweg negative Position gesehen, die bestenfalls dazu tauge, überwunden zu werden.[15]
Spätestens seit Augustinus’ Frühschrift Gegen die Akademiker[16] scheint es unter den Philosophen weitestgehend eine ausgemachte Sache zu sein, dass derjenige, der radikal und methodisch an allem zweifelt, sich in einem Irrtum befindet, von dem er durch die richtigen philosophischen Argumente geheilt werden muss. So beginnt mit dem Kirchenvater Augustinus eine Tradition, dieden Skeptizismus in der von der Theologie geprägten abendländischen Philosophie schlechthin verrufen macht – und machen muß! „Das Leiden der Dogmatiker, die Einbildung“[17] (Sextus Empiricus) zu heilen, konnte Augustinus nicht gefallen, hatte er doch selbst zum Glauben der Kirche schwer gefunden und an vielen christlichen Fronten zu kämpfen. Nun gar am Zweifelschlechthin: aus Prinzip.[18]
So wird die Skepsis zu einer geistigen Krankheit, zu einem Zustand der äußersten epistemischen Verzweiflung, zu einer – um mit David Humes prägnanter Formulierung zu sprechen – „Krankheit, die niemals vollkommen geheilt werden kann, sondern immer wiederkehren muß, mögen wir sie noch so oft vertreiben und bisweilen ganz von ihr befreit scheinen“[19].
Diese Einschätzung des Skeptizismus[20] mag in der Frühen Neuzeit auch die bekannte Stelle zu Beginn der zweiten Meditation von René Descartes forciert haben, welche – in der Konzeption Descartes’ – den heuristischen Ausgangspunkt für eine methodologische und sichere Neubegründung der Philosophie und der Wissenschaften in der Überwindung des radikalen Zweifels bilden sollte:

„Die gestrige Meditation hat mich in so mächtige Zweifel gestürzt, daß ich sie nicht mehr loswerden kann; und doch sehe ich keinen Weg zu ihrer Lösung. Mir ist, als wäre ich unversehens in einen tiefen Strudel geraten und würde so herumgewirbelt, daß ich auf dem Grund nicht Fuß fassen, aber auch nicht zur Oberfläche emporschwimmen kann.“[21]

Was Descartes hier zugespitzt darstellt, ist nicht nur philosophisches Nomadentum, sondern ein verzweifelter und hilfloser Zustand des absoluten epistemischen Ausgeliefertseins, des weder Vor- noch Zurückkönnens. Mit dieser Darstellung hat Descartes zwar das für die Moderne wirkungsmächtigste, aber keineswegs das erste Bild des Skeptikers gezeichnet. Schließlich liefert uns bereits Diogenes Laertios in seinen Philosophenviten eine höchst ambivalente Beschreibung Pyrrhons, des – soweit wir wissen – Begründers der skeptischen Philosophie: Pyrrhon blieb zwar aufgrund seiner skeptischen Haltung in der extremen Situation eines Sturms als einziger standhaft und seelenruhig, bedurfte für seinen normalen Lebensvollzug aber dennoch stets seiner Schüler, die ihn vor Unglücken bewahren mussten, da ihm sein Skeptizismus nicht erlaubt hätte, seinen Alltag „normal“ leben zu können.[22] Dies sei – folgen wir Diogenes Laertios – sogar soweit gegangen, dass er einmal, als Anaxarchos in einen Sumpf gefallen sei, ohne Hilfeleistung weiterging, „was ihm manchen Tadel eintrug, während Anaxarchos seine Gleichgültigkeit und sein Desinteresse lobte.“[23] Wir können froh sein, dass Anaxarchos dieses Unglück überlebt zu haben scheint, damit sich wenigstens einer über Pyrrhon positiv äußern konnte. So wird der radikale Skeptiker schon bei Diogenes in der Person Pyrrhons zu einem unmündigen Kind degradiert, das stets der Hilfe anderer bedarf, selber aber zu gleichgültig ist, um diese seinerseits zu leisten.
Um diese Befunde zusammenzufassen: Die Skeptiker kommen in der Philosophiegeschichte nicht besonders gut weg. Sie gelten als höchst bedauernswerte Denker, die eben die epistemische Sicherheit, um die es in der Philosophie doch schließlich zu gehen habe, einfach nicht haben finden können. Das Resultat sei eine rein negative Haltung, die – und das kann nicht verwundern, da sich die Skeptiker selbst, wie wir anhand des Beispiels von Franciscus Sanchez gesehen haben, sich in diesem Sinne stilisieren – zu einem Zustand tiefster Traurigkeit und Verwirrung führen muss. Der Skeptiker ist demnach der ewig zu spät Gekommene: Er schaut darauf, was schon da ist, sucht nach einer geistigen Bewältigung des in seinen Augen nicht zu rechtfertigenden Faktischen und: verzweifelt. Der Skeptiker ist – dies scheint die verbreitete Meinung zu sein – der Philosoph in der Krise par excellence, der „auf dem Grund nicht Fuß fassen, aber auch nicht zur Oberfläche emporschwimmen kann“.

2. Richard Popkin und der Skeptizismus als Krisenphänomen

In diesem Sinne hat auch Richard Popkin – und nun komme ich zum eigentlichen Gegenstand und Thema dieses Artikels – im Jahr 1960 seine grundlegende und äußerst lesenswerte Monographie The History of Scepticism[24] geschrieben, die als Standardwerk für die weitere Forschung über den Skeptizismus in der folgenden Zeit höchst einflußreich und meinungsbildend geworden ist. Darin vertritt Richard Popkin die bisher weitestgehend übernommene Ansicht[25], dass die Wiederentdeckung der Schriften des Sextus Empiricus zusammen mit der Reformation und den daraus folgenden Verwerfungen im 16. Jahrhundert zu einer „pyrrhonischen Krise“ geführt hätten, der kein Philosoph bis ins 18. Jahrhundert hinein hätte entkommen können: „The nouveau pyrrhonisme was to envelop all the human sciences and philosophy in a complete sceptical crisis, out of which modern philosophy and the scientific outlook finally emerged.“[26]
Das Problem an Richard Popkins Buch ist, dass es einfach zu gut geschrieben ist: Der interessierte Leser findet darin eine Unmenge von Informationen über den Skeptizismus der Renaissance und Frühen Neuzeit, die in einer Weise zusammengetragen und präsentiert werden, dass die Lektüre große Freude macht. Gleichzeitig behandelt er den Skeptizismus aber – und dies ist der Aspekt, gegen den ich mich hier wenden möchte –, mit einem Ernst und einem Geist der Schwere, der jene Bemerkungen der Vergangenheit übernimmt, bestärkt, und bis in die heutige Forschung hinein fortführt, die ich eingangs ausschnittsweise skizziert habe.
Nehmen wir als Veranschaulichung eine Bemerkung Popkins über Michel de Montaignes Apologie für Raimond Sebond, den mit Sicherheit einflussreichsten skeptischen Text des 16. Jahrhunderts: Laut Popkin sei dieser Essay ein „product of his own personal crise pyrrhonienne[27] gewesen, in dem Montaigne – und nun übernimmt Popkin einen Gedanken von Pierre Villey[28], einem der bekanntesten Forscher über Montaigne – „through studying the writings of Sextus Empiricus, was experiencing the extreme trauma of seeing his entire intellectual world dissolve into complete doubt“[29]. Obwohl Richard Popkis Sympathien, wie er selbst sagt, eindeutig auf der Seite der Skeptiker liegen[30], bestätigt er doch die uns nun schon bekannte Ansicht von der Skepsis als eines Krisenphänomens, deren Vertreter eigentlich nur als verzweifelt gelten können.
Hier tut sich jedoch ein Widerspruch auf, sobald man beginnt, eben jene Skeptiker, über die Richard Popkin schreibt, im Original zu lesen. Denn abgesehen von dem Verzicht auf jeden absoluten Wissensanspruch haben nahezu sämtliche Skeptiker einen weiteren Punkt gemeinsam, der m. E. eine Beachtung verdient, die er bis heute noch nicht gefunden hat: Sie sind witzig! Ihnen allen ist eine Art von Humor und Selbstironie eigen, den man bei den „dogmatischen“ Philosophen kaum finden wird. Wie kann jemand – und dies wird den Skeptikern doch meist unterstellt – verzweifelt sein, sich in einer Krise befinden und doch lachen, und vor allem: Auch den Leser zum Lachen bringen? Warum kann Goethe über Montaigne sagen, dass ihm seine „unschätzbar heitere Wendung“[31] so Gefallen habe, und wie kann Nietzsche behaupten, dass die Lektüre der Essais für ihn „wahrlich die Lust auf dieser Erde zu leben vermehrt“[32] habe, wo Montaigne doch – um noch einmal Richard Popkin zu bemühen – „anhand eines extremen Traumas“ geschrieben hat? Ebenso scheint es verwunderlich, dass ein weiterer großer Skeptiker des 16. Jahrhunderts, Agrippa von Nettesheim, seinem Buch Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe eine Selbstbeschreibung und eine intellektuelle Einordnung seiner Person voranstellt, die man wohl mit einem Augenzwinkern und einem leisen Lächeln lesen muss:

„Agrippa über sich selbst / Niemand, selbst bei den Göttern, gibt es, den Momos nicht tadelt. / Herkules bei den Heroen erjagt mit Lust jedes Untier. / Pluto bei den Dämonen herrscht grausig über die Schatten. / Wo Philosoph Demokrit nur lacht, da weint Herakleitos. Pyrrhon kennt Zweifel allein, Aristoteles schwört auf sein Wissen. / Alles verachtet Diogenes. – Niemand und nichts schont Agrippa. / Vielerlei zeigt er: Verachtung, viel Wissen, mitunter auch Zweifel, / Weinen und Lachen zumal, große Lust zu Angriff und Tadel. / Alles Agrippa zugleich: Philosoph, Held, Dämon und Gottheit!“[33]

Sehen wir Agrippa hier nicht auf einem zwar dissimulativen, aber trotzdem offensichtlichen Weg, sich und uns zu amüsieren? Wo ist hier jene Verzweiflung, die wir – nachdem wir nun einige Ansichten der anderen Philosophen über den Skeptizismus kennengelernt haben – doch eigentlich erwarten müssten?
Um die Frage allgemeiner zu formulieren: Wäre es vielleicht möglich, dass man den Skeptizismus anders interpretieren könnte, als dies häufig geschieht? Wäre es gar möglich, dass wir mit den Skeptikern Ironiker hohen Grades vor uns haben, die wir vielleicht lieber nicht mit zuviel Ernst lesen sollten, und die sich selbst auch nicht – im Gegensatz zu den Dogmatikern in der Philosophie – als ernsthafte Vertreter letzter Wahrheit des Zweifels verstanden haben? Und würde dies unsere Perspektive auf den Skeptizismus vielleicht ein klein wenig erweitern, sodass wir nicht ständig gezwungen wären, ihn als geistige Krise zu sehen, deren Überwindung wir suchen müssen? Vielleicht können wir mit Ludwig Wittgenstein eine Antwort auf diese Fragen suchen, der in seiner Schrift Über Gewißheit folgendes über die Skepsis schrieb: „Wer an allem zweifeln wollte, der würde auch nicht bis zum Zweifel kommen. Das Spiel des Zweifelns selbst setzt schon die Gewißheit voraus.“[34]
Mir kommt es hier auf die Betonung des Spielerischen der Skepsis an. Meine These – die ich im Weiteren stark machen möchte – ist die, dass der Skeptizismus als ein intellektuelles Spiel verstanden werden kann, das anhand der Grenzerfahrungen, die dem endlichen Menschen widerfahren, hilft, die Wirklichkeit und das Bewußtsein unserer eigenen Endlichkeit und Unvollkommenheit erträglich zu machen. In Anlehnung an Odo Marquards skeptische Kompensationstheorie[35] denke ich, dass gerade die Aspekte des Spiels, der Ironie, des Humors und des Lachens die differentia specifica der Skepsis gegenüber dogmatischen Welterklärungen ausmachen. Doch dies ist nicht das Lachen eines stumpfen Spaßmachers, weil der Skeptiker dort lacht, wo es eigentlich nichts mehr zu lachen gibt.[36] Die Skeptiker machen uns – und deshalb mögen sie in der Philosophie so unbeliebt sein – auf unsere Grenzen aufmerksam und weisen auf das durch die Vernunft Ausgegrenzte hin.[37] Ich denke – und dies scheint mir ein durchaus ernsthaftes Problem zu sein – das diese Aspekte nicht nur in der Philosophie im allgemeinen, sondern auch in der Forschungsliteratur über den Skeptizismus im speziellen zu kurz kommen. Dass dies zu einseitigen Interpretationen der skeptischen Philosophie führen kann, möchte ich im Folgenden anhand einiger Betrachtungen über Franciscus Sanchez und seine Bewertung in der Forschungsliteratur zeigen.

3. Eine Neuinterpretation von Franciscus Sanchez’ „Quod nihil scitur“

Franciscus Sanchez Schrift davon, „dass nichts gewusst wird“ ist seit ihrem Erscheinen im Jahr 1581 unterschiedlich interpretiert und diskutiert worden. Die Hauptfragen drehten sich vor allem darum, um welche Art von Skepsis es sich bei dem Sanchezischen Zweifel handele (also ob wir eine pyrrhonische oder akademische Abhandlung vor uns haben) und ob sich die Schrift Quod nihil scitur nur darauf beschränke, auf negative Weise alle Wissensansprüche zu bestreiten, oder ob wir in diesem Text vielmehr einen anti-aristotelischen Traktat vor uns hätten, der – ähnlich wie Descartes’ Discours de la méthode[38] – nur das aristotelische Fundament des damaligen Wissenschaftsbetriebs angreife, um die Wissenschaften auf eine neue empirische Methodik zu gründen.[39]
Wir werden in Kürze sehen, warum es zu diesen Interpretationsschwierigkeiten kommen konnte, die bis heute nicht gelöst worden zu sein scheinen.
Bevor ich mich dieser Diskussion zuwende, möchte ich zuerst – sozusagen das Weitere vorbereitend und auf das bereits Gesagte zurückblickend – generell den Gestus der Ernsthaftigkeit bestreiten, mit dem Franciscus Sanchez dem Leser entgegenzutreten scheint. Ich möchte dafür argumentieren, dass die Schrift Quod nihil scitur – und damit steht sie stellvertretend für die skeptische Literatur der Zeit, die uns bereits von Richard Popkin präsentiert worden ist – ein äußerst dissimulativer Text[40] ist, der den Lesern in erster Linie amüsieren und ihn so – durch die befreiende Kraft des Lachens – auf seine epistemischen Grenzen aufmerksam machen soll.
Ich denke, dass diese Seite der Skepsis in der Sekundärliteratur über Sanchez bisher keinerlei Beachtung gefunden hat, was zu weitreichenden interpretatorischen Konsequenzen und Mißverständnissen führt. Als paradigmatisches Beispiel für diese ernsthaft-gravitätische Haltung soll mir hier eine Bemerkung über die Einordnung des Sanchezischen Zweifels in der Geschichte des Skeptizismus (die schon bekannte Frage: war Sanchez pyrrhonischer oder akademischer Skeptiker?) von Kaspar Howald dienen. Er schreibt:

„Anders als Ciceros Academica oder Sextus’ Grundriß präsentiert sich Sanchez’ QNS nicht als Werbeschrift für eine skeptische Sicht- und eine entsprechende Lebensweise. Sanchez beschränkt sich darauf zu zeigen, daß die Wissensansprüche seiner Gegner verfehlt sind. Allfällige positive Aspekte seiner skeptischen Sichtweise kommen dagegen an keiner Stelle zur Sprache. Statt dessen beklagt Sanchez das ‚elende Los’ der Menschen in ihrer epistemischen Beschränktheit. In diesen Klagen, die in den Schriften der antiken Skeptiker keine Entsprechung finden, zeigt sich eine grundlegende Änderung der Bewertung der Situation des Skeptikers. Im Gegensatz zu den antiken Skeptikern betrachtet Sanchez die Nicht-Erreichbarkeit eines sicheren Wissens nämlich als ein schwerwiegendes Problem, das er zwar zu überwinden hofft, für das aber keine Lösung in Sicht ist. Entsprechend präsentiert er die skeptische Einschätzung unserer epistemischen Situation nicht als eine vielversprechende Anleitung zu einem gelingenden Leben, sondern als eine unangenehme Tatsache, die den Menschen das Leben erschwert.“[41]

In einer Anmerkung zu dieser Passage heißt es weiter: „Daß die Menschen in Abwesenheit eines sicheren Wissens eine traurige Existenz führen, ist vielmehr ein Bestandteil der anti-skeptischen Argumentation der antiken Dogmatiker.“[42] Kann der Leser hier nicht stutzig werden? Schließlich gehört es doch zum gängigen Repertoire des Skeptikers, den Leser vor unauflösliche Widersprüche zu stellen, indem Gedanken und Dinge in der Isosthenie gegeneinander gestellt werden.[43] Vielleicht gibt uns Kaspar Howald hier versehentlich selbst einen Anhanltspunkt dafür, wie man die Sanchezische Larmoyanz ganz skeptisch interpretieren könnte, indem er die oben genannte Anmerkung setzt, die zum Haupttext einen offensichtlichen Widerspruch enthält – eben im Sinne der dissimulatio und der Ironie. Doch gegen diese Interpretation stehen freilich Sanchez eigene Bemerkungen, die ich zu Beginn dieses Beitrags bereits angeführt habe. Diese Klagen erstrecken sich über das gesamte Buch, das gleichsam als Warnung für den Leser vor dem Studium verstanden werden kann. Es sei noch eine letzte längere Passage zitiert, um den – bei aller Schrecklichkeit der Vision – doch humorvollen Duktus von Sanchez vor Augen zu führen:

„Es liegt also im Interesse unseres Jünglings, wenn er etwas wissen möchte, sich beständig darum zu bemühen zu lesen, was alle gesagt haben, und diese Aussagen durch die Erfahrung mit den Dingen zu vergleichen bis ans Ende seines Lebens. Welche Weise zu leben ist elender als diese? Welche ist unglücklicher? […] Von wem also willst du, daß er ein so unglückliches Leben auf sich nimmt? Es gibt aber solche. Unser Jüngling sei einer von ihnen. Aber auch wenn er sich bei bester physischer Verfassung vollkommener Gesundheit erfreuen sollte, ermattete er sogleich. Wenn seine Körperkräfte durch die Anstrengung verbraucht sind, wird er mit sehr vielen Krankheiten oder krankhaften Zuständen zu kämpfen haben, mit verstopfter undmit fließender Nase, Gicht, Schwäche des Magens und daher schlechter Verdauung, mit Appetitlosigkeit, Durchfall und Verstopfungen, vor allem der Milz. Was erleidet nicht, wer sich auf die Studien verlegt hat?“[44]

Kaspar Howald macht in seiner Einleitung zu Recht darauf aufmerksam, dass Sanchez seinen Zweifel ad hominem formuliert hat.[45] Wenn Sanchez wirklich – um auch hier ad hominem zu argumentieren – von dieser von ihm immer wieder beschriebenen Tristesse des geistigen Lebens überzeugt gewesen wäre, warum hat er sich dann Zeit seines Lebens um einen Lehrstuhl an der Universität in Toulouse bemüht? Warum hat er alle seine Schriften (Quod nihil scitur eingeschlossen) geschrieben und veröffentlicht (einmal ganz davon abgesehen, dass diese Klagen spätestens seit dem Prediger Salomo[46] ein Allgemeinplatz der Philosophie sind)?
Kurz: Wie weit können und wollen wir jemandem ganz ernsthaft trauen, der – wie Franciscus Sanchez – unter jedes seiner Werke das Wort „quid“ [„was“] geschrieben hat? Liegt es hier nicht nahe, dieser Schrift auch eine satirische Funktion zuzuschreiben? Und wollen wir Sanchez, den Skeptikern und uns selbst (als Philosophen und als Menschen) nicht die Größe und den Humor zubilligen, mit heiterer Selbstironie auch den Leser und uns selbst erleichtern zu wollen? Ich denke, das wäre angebracht; und es hätte weitreichende Konsequenzen für die Einschätzung sowohl der Schrift Quod nihil scitur, als auch für die Skepsis im allgemeinen – wie für unseren Blick auf die Welt und ihre Autoritäten, von denen Richard Wagner am Ende des Rheingoldes Loge sagen läßt: „Ihrem Ende eilen sie zu, / die so stark im Bestehen sich wähnen. / Fast schäm’ ich mich, mit ihnen zu schaffen; / zur lockenden Lohe mich wieder zu wandeln, / spür’ ich lockende Lust. / Sie aufzuzehren, die einst mich gezähmt, / statt mit den Blinden blöd zu vergehn, / und wären es göttlichste Götter! / Nicht dumm dünkte mich das! Bedenken will ich’s: Wer weiß, was ich tu’?“ Hier wird Skepsis – in der Oper, wohlgemerkt, – zum anarchistischen Programm und zeigt darin ihre verstörend-letzte Konsequenz, die ihr stets inhärent war (und vielleicht der Grund ihrer Ablehnung seit Augustinus).
Um dies an einem Beispiel zu erläutern, mit dem ich zugleich zum Ende dieses Artikels kommen möchte: Seit mehr als 300 Jahren ist die Frage nach der Funktion der Skepsis in der Schrift Quod nihil scitur ein zentraler Gegenstand der Sanchezforschung. Im 17. und im ersten Teil des 18. Jahrhunderts war man sich weitestgehend darüber einig, dass die Skepsis in der Sanchezischen Schrift rein negativ verstanden werden müsse, das heißt, dass es Sanchez vor allem darum gegangen sei, sämtliche Wissensansprüche zu negieren und die Möglichkeit des Wissens generell zu zerstören.
Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts begann dann – um mit der Formulierung Joaquin Iriartres zu sprechen – durch eine Bemerkung Philippe-Louis Jolys die „Ehrenrettung“ des Franciscus Sanchez.[47] Denn Joly wies darauf hin, dass die Abhandlung von Sanchez nicht als rein negativer Ausdruck einer allumfassenden Skepsis zu sehen sei, sondern dass sich darin auch Bemerkungen fänden, die Sanchez eindeutig als einen Vorläufer Descartes erscheinen ließen, der mit seiner Skepsis nicht die Möglichkeit des Wissens allgemein, sondern nur den weitestgehend aristotelisch geprägten Wissenschaftsbetrieb seiner Zeit angreifen wollte, um den Boden für eine – auf empirischer Grundlage beruhenden – neuen wissenschaftlichen Methode vorzubereiten.
Vertreter dieser Position sehen in Quod nihil scitur also nicht in erster Linie eine skeptische, sondern eine methodologische Schrift, in welcher die scholastische Wissenskonzeption durch eine neue Methode des Wissenserwerbs ersetzt werden sollte.[48]
Diese – in der Forschung als „konstruktive Interpretation“ bezeichnete Sichtweise – beherrschte gerade im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert die Debatte über Sanchez und seinen Bereich der Skepsis.[49]
Für diesen konstruktiven Ansatz läßt sich erstens die Nähe zum Vorwort in Quod nihil scitur zum Beginn des Discours de la méthode des Descartes anführen[50], zweitens spricht die mehrfache Nennung der Sinne als einziger Quelle der Erkenntnis in der Sanchezischen Schrift dafür[51], und drittens gibt es einige Äußerungen von Sanchez in seiner skeptischen Schrift, dass er eine Abhandlung über eine bessere Methode des Wissens sowie eine weitere Schrift Über die Untersuchung der Dinge plane.[52] So schreibt er am Ende von Quod nihil scitur:

„Ob etwas gewußt wird und wie, werde ich in einem anderen Büchlein auseinandersetzen, in dem ich die Methode des Wissens, soweit es die Hinfälligkeit des Menschen zuläßt, darlegen werde. LEBE WOHL. Was gelehrt wird, hat nicht mehr Kraft, / als es von dem, der belehrt wird, / empfängt. WAS? [QUID?] / Ende.“[53]

Und in etwa der Mitte von Quod nihil scitur heißt es:

„Das zeigt deutlich, daß zur Erkenntnis eines einzigen Dinges auch die Erkenntnis der anderen notwendig ist, da auch für das Hervorbringen, das Erhalten und das Zerstören eines Dinges das Mitwirken aller anderen notwendig ist, wie ich in meiner Untersuchung der Dinge ausführlich nachweisen werde.“[54]

Der Streit in der Sekundärliteratur dreht sich nun darum, wie jemand, der seinem Buch den Titel Quod nihil scitur gegeben hat und der ebenjenes Werk mit den Worten begonnen hat:

„Nicht einmal dieses eine weiß ich: daß ich nichts weiß. Ich vermute aber, daß weder ich noch andere etwas wissen. Dieser Satz ‚Nichts wird gewußt’ sei mein Feldzeichen, ihm muß ich folgen.“[55]

Wie ein solcher Mann zugleich in demselben Text behaupten kann, ein Buch schreiben zu wollen, welches von der Untersuchung der Dinge handelt; und wie er ein Buch, das er mit den Worten „Nichts wird gewußt“ betitelt hat, und das er mit eben diesen Worten beginnen läßt, mit der Aussicht auf ein weiteres Buch Über die Methode des Wissens beenden kann? Dies zumal, da – wie Kaspar Howald jüngst gegen diese verbreitete These argumentiert hat – „es sich [bei diesen angekündigten Werken] mit aller Wahrscheinlichkeit um ein bloßes Versprechen handelt, das nie eingelöst wurde“, weil davon „bis heute jede Spur [fehlt]“[56].
Seit nunmehr 300 Jahren streitet man sich demnach ernsthaft um die Frage, wie sich dieser offensichtliche Widerspruch auflösen läßt, wobei sich alle Forscher, die sich mit diesem Text des Franciscus Sanchez beschäftigt haben, jeweils absolut ernsthaft und mit einer festgelegten Ansicht zu diesem – ausdrücklich skeptischen – Text geäußert haben. Auch Kaspar Howald äußert sich – wie alle vor ihm, die dieses Werk behandelt haben – ohne jeden Sinn für Humor darüber, wenn er zu dem Urteil kommt, dass es sich bei der Sanchezischen Skepsis um eine rein negative Skepsis handle:

„Nach diesen Worten [den weiter oben zitierten Schlußworten] plant Sanchez, sich im angekündigten Büchlein mit den Fragen auseinanderzusetzen, ob und wie etwas gewußt wird. Die Frage nach dem wie? setzt jedoch offensichtlich die Frage nach dem ob? voraus, so daß Sanchez sein Vorhaben, eine Methode des Wissens vorzulegen, nur dann verwirklichen kann, wenn er zuvor eine positive Antwort auf die Frage, ob etwas gewußt wird, findet. Da diese Frage am Ende von QNS nach wie vor unbeantwortet ist, verfügt Sanchez zu diesem Zeitpunkt noch über keine Methode des Wissens. Seine Ankündigung einer solchen Methode kann daher bloß als ein verkürzt ausgesprochenes bedingtes Versprechen verstanden werden, daß sich problemlos mit seiner skeptischen Haltung vereinbaren läßt. Sanchez stellt nämlich nur in Aussicht, eine Methode des Wissens darzulegen, falls er im Laufe seiner angekündigten Untersuchung der Dinge herausfindet, daß ein Wissen tatsächlich möglich ist. Ob er dieses Ziel erreicht, bleibt offen.“[57]

Ich würde dieser Einschätzung zustimmen, jedoch aus anderen Gründen als denen, die in diesem Zitat angeführt worden sind. Denn die Frage danach, ob Sanchez jemals eine solche Schrift wie die Methode des Wissens verfasst habe, wird hier negativ mit einem Verweis auf eine andere von Sanchez angekündigte Schrift, nämlich die Untersuchung der Dinge, beantwortet, die Sanchez wahrscheinlich – soweit wir wissen – ebenfalls nicht geschrieben hat. Würde es hier nicht viel näher liegen – und dies ist meine These –, dass Sanchez sich hier in ganz skeptischer Manier einen Scherz erlaubt hat, dem bisher alle Forscher über Sanchez auf den Leim gegangen sind, weil sie die skeptische Absicht der Schrift nicht verstanden haben? Es ist doch schließlich die klassische Figur des Skeptizismus, den Leser vor Widersprüche zu stellen, von denen er nur als lachender Dritter freikommen kann und soll.
In diesem Falle: Man schreibt – wie Sanchez – ein Buch, das schon im Titel alle Wissensansprüche negiert und das auch mit der Bemerkung, dass [wahrscheinlich] nichts gewußt werden kann beginnt; und man beendet dasselbe Buch mit dem Versprechen, ein weiteres Buch über eine (durch das erste Buch selbst ja schon unmöglich gewordene) Methode des Wissens verfassen zu wollen, nachdem man dazwischen noch ein anderes Buch Über die Dinge verfasst hat! Liegt es nicht fast auf der Hand, hier von Sanchez’ Seite eine ganz praktische Anwendung der skeptischen Methode selbst, der Isosthenie, zu vermuten?
Ich denke – und das scheint mir für die philosphische Betrachtung des Skeptizismus insgesamt beachtenswert zu sein –, dass alle Forschung bis jetzt den Spaß, der dem Skeptizismus hintergründig unterliegt,einfach nicht verstanden hat. Und dass sie gerade dadurch – von Sanchez womöglich intendiert – über die Jahrhunderte ein wichtiger Teil des Spaßes geworden ist, der weitere Forscher noch nach über 400 Jahren voller Ratlosigkeit zum Schmunzeln darüber bringt, ob etwas gewußt werden kann.
Und wenn dies so wäre – hätte Sanchez dann nicht bei aller Skepis, Verzweiflung und Negativität, die den Skeptikern im allgemeinen und auch Sanchez im besonderen immer attestiert wird, auch etwas erheblich Lebensbejahendes und Positives erreicht?

4. Schluß

Mir ging es hier anhand einer kurzen Bezugnahme auf Franciscus Sanchez darum, auf einen Widerspruch aufmerksam zu machen: Nämlich auf den Widerspruch, der sich ergibt, wenn man irgendeinen skeptischen Text, welcher qua Skepsis immer ambivalent und doppelbödig ist, allzu ernsthaft behandeln will.
Ich wollte damit versuchen zu zeigen, dass die Einschätzung der Skepsis, wenn man sie ohne den ihr eigenen Sinn für Ironie, Humor und eine ordentliche Prise Dissimulatio begreift, womöglich in die Irre gehen kann. Denn der Skeptizismus ist – denke ich – keine Krankheit, keine Verzweiflung und auch kein Zwischenstadium in der Philosophie, das überwunden werden müsste. Er ist vielmehr positiv und weckt im Leser den Sinn für das Heitere, für die epistemischen Grenzen, mit denen wir als endliche Lebewesen nun einmal leben müssen. Denn für mehr haben wir einfach nicht die Zeit. So ist es dem Skeptiker gegeben, dem Ernst des Daseins ein Lächeln entgegenzusetzen und den Spannungen der Zeit ein Lachen abzugewinnen. Vielleicht ist auch dies nur eine weitere Meinung, doch ultra posse nemo obligatur oder – um mit Agrippa von Nettesheim heiter mit einem Skeptiker zu schließen – „Nun lebe recht wohl! Das eine aber wirst Du nach dem Lesen meines Buches erkennen: Nichts zu wissen ist das glücklichste Leben!“[58]

5. Literatur

Agrippa von Nettesheim: Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste
und Gewerbe, übers. v. Gerhard Güpner, hrsg. v. Siegfried Wollgast, Berlin 1993.
Aristoteles: Metaphysik, übers. u. hrsg. v. Franz F. Schwarz, Stuttgart 1970.
Augustinus, Aurelius: „Gegen die Akademiker. Contra academicos“, in: Philosophische
Frühdialoge, eingel., übers. u. erläutert v. Bernd Reiner Voss, u. a., Zürich/München 1972, S. 7–143.
Bayle, Pierre: Dictionnaire Historique et Critique, Amsterdam 1740.
Descartes, René: Meditationes de Prima Philosophia. Meditationen über die Erste
Philosophie, lat.-dt., übers. u. hrsg. v. Gerhart Schmidt, Stuttgart 1986.
Diogenes Laertios: Leben und Lehre der Philosophen, übers. u. hrsg. v. Fritz Jürß, Stuttgart
1998.
Geitner, Ursula: Die Sprache der Verstellung. Studien zum rhetorischen und
anthropologischen Wissen im 17. u. 18. Jahrhundert, Tübingen 1992.
Gianfrancesco Pico della Mirandola: Vita Hieronymi Savonarolae, hg. v. Elisabetta Schisto,
Florenz 1999.
Goethe, Johann Wolfgang von: „Geschichte der Farbenlehre“, in: Goethes Werke, hrsg. v.
Rudolf Steiner, Bd. 3, Weimar 1893.
Granada, Miguel: „Apologétique platonicienne et apologétique sceptique: Ficin, Savonarole,
Jean-Francois Pic de la Mirandole“, in: Le Scepticisme au XVIe et au XVIIe Siècle, hg. v. Pierre Francois Moreau, Paris 2001, S. 11–47.
Hume, David: Ein Traktat über die menschliche Natur, übers. v. Theodor Lipps, hg. v. Horst D.
Brandt, 2 Bde., Hamburg 2013.
Iriartre, Joaquin: Kartesischer oder Sanchezischer Zweifel? Ein kritischer und philosophischer
Vergleich zwischen dem Kartesischen ‚Discours de la Méthode’ und dem Sanchezischen ‚Quod Nihil Scitur’, Wilh. Postberg Bottrop 1935.
Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, Wiesbaden 2004.
Marquard, Odo: „Abschied vom Prinzipiellen. Auch eine autobiographische Einleitung“, in:
Ders., Abschied vom Prinzipiellen, Stuttgart 1981, S. 4–22
– „Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz in der
Philosophie“, in: Ebd., S. 23–38.
– „Glück im Unglück. Zur Theorie des indirekten Glücks zwischen Theodizee und
Geschichtsphilosophie“, in: Glück im Unglück. Philosophische Überlegungen, München 1995 S. 11–38.
– „Homo compensator“, in: Philosophie des Stattdessen, Stuttgart 2000, S. 11–29
– „Philosophie des Stattdessen. Einige Aspekte der Kompensationstheorie“, in: Ebd., S 30–
49.
Michel de Montaigne: Essais, 3 Bde., übers. u. hrsg. v. Hans Stilett, Frankfurt/Main 2000.
Naudé, Gabriel: Advis pour Dresser une Bibliothèque. Reproduction de l’Edition de 1644, hg.
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Nietzsche, Friedrich: „Unzeitgemäße Betrachtungen III. Schopenhauer als Erzieher“, in: Ders.,
Kritische Studienausgabe, Bd. 1, hrsg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, München 1980.
Platon: Hippias minor oder der Falsche Wahre, übers. v. Friedrich Schleiermacher u. komm.
v. Jörg Jantzen, Berlin 1989.
Perler, Dominik:. „Wie ist ein globaler Zweifel möglich? Zu den Voraussetzungen des
frühneuzeitlichen Außenwelt-Skeptizismus“, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 57, 2003, S. 481–512.
– „Was There a ‚Pyrrhonian Crisis’ in Early Modern Philosophy? A Critical Notice of Richard
A. Popkin“, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 86, 2004, S. 209–220.
Zweifel und Gewissheit. Skeptische Debatten im Mittelalter, Frankfurt/Main 2006.
Popkin, Richard: The History of Scepticism. From Savonarola to Bayle, Revised and Expanded
Edition, Oxford 2003 [Erstauflage 1960] .
Richter, Raoul: Der Skeptizismus in der Philosophie und seine Überwindung, 2 Bde., Leipzig
1904.
Ritter, Joachim: „Über das Lachen“, in: Ders., Subjektivität. Sechs Aufsätze, Frankfurt/Main
1974, S. 62–92.
Sanchez, Franciscus: Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, eingel. u. angem. v. Kaspar
Howald, übers. v. Damian Caluori u. Kaspar Howald, lat. Text v. Sergei Mariev, Hamburg 2007.
Sextus Empiricus: Grundriß der pyrrhonischen Skepsis, eingel. u. übers. v. Malte
Hossenfelder, Frankfurt/Main 1985.
Villey, Pierre: Les Sources et l’Evolution des Essais de Montaigne, 2 Bde., Paris 1908.
Wittgenstein, Ludwig: Über Gewißheit, hrsg. v. G. E. M. Anscombe u. G. H. von Wright,
Frankfurt/Main 1971.
Zagorin, Perez: The Ways of Lying. Dissimulation, Persecution, and Conformity in Early
Modern Europe, London 1990.


[1] Aristoteles, Metaphysik, übers. u. hrsg. v. Franz F. Schwarz, Stuttgart 1970, 980a 21, S. 17.
[2] Siehe zur Biographie des Franciscus Sanchez: Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, eingel. u. angem. v. Kaspar Howald, übers. v. Damian Caluori u. Kaspar Howald, lat. Text v. Sergei Mariev, Hamburg 2007, S. XII–XXI.
[3] Vgl. Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O.
[4] Vgl. Michel de Montaigne, „Apologie für Raymond Sebond“, in: Ders., Essais, 3 Bde., übers. u. hrsg. v. Hans Stilett, Frankfurt/Main 2000, Bd. 2, S. 165–416.
[5] Vgl. Agrippa von Nettesheim, Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, übers. v. Gerhard Güpner, hrsg. v. Siegfried Wollgast, Berlin 1993.
[6] Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. 135 f.
[7] Vgl. ebd., S. XIX.
[8] Vgl. ebd., S. 137.
[9] Diese Aussicht hat Franciscus Sanchez auch nicht daran gehindert, selber zahlreiche weitere Werke auf philosophischem und medizinischen Gebiet von einiger Bedeutung zu schreiben. – Vgl. auch hier die äußerst gelungene Einleitung von Kaspar Howald in: Ebd., S. XXI–XXXIX. Dort auch umfangreiche weiterführende Literatur.
[10] Hierbei handelt es sich um die Magister-Disputationen von M. Johann Ulrich Wild mit dem Titel Quod aliquid scitur (Daß etwas gewußt wird), verteidigt in Leipzig am 27. August 1664, und Daniel Hartnacks Schrift Sanchez aliquid sciens (Sanchez, etwas wissend), verfasst 1664. – Vgl. Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. LVII, Anm. 1, und ausführlicher Joaquin Iriartre, Kartesischer oder Sanchezischer Zweifel? Ein kritischer und philosophischer Vergleich zwischen dem Kartesischen ‚Discours de la Méthode’ und dem Sanchezischen ‚Quod Nihil Scitur’, Wilh. Postberg Bottrop 1935, S. 23–58.
[11] So schrieb etwa Gabriel Naudé in seinem Advis pour dresser une bibliothèque (1627): „Weiter [benötigt man] alle, die am treffendsten gegen irgendeine Wissenschaft geschrieben haben oder die sich mit mehr Gelehrsamkeit und Leidenschaft (ohne jedoch etwas zu erneuern oder in den Prinzipien zu verändern) gegen die Bücher einiger äußerst bekannter und berühmter Autoren wandten. Daher darf man nicht auf Sextus Empiricus, Sanchez und Agrippa [von Nettesheim] verzichten, die sich zum Umsturz aller Wissenschaften bekannten […].“ (In: Gabriel Naudé, Advis pour Dresser une Bibliothèque. Reproduction de l’Edition de 1644, hg. v. C. Jolly, Paris 1990, S. 45 f., zitiert nach: Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. IX.
[12] Vgl. Pierre Bayle, Dictionnaire Historique et Critique, Amsterdam 1740, Bd. 4, S. 133.
[13] Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur ersten Auflage, Wiesbaden 2004, S. 21.
[14] So die Frage des Sokrates, die das Staunen und die Besorgnis an den Anfang der Philosophie setzt: „[…] daß ich schwanke, ist wohl nichts Wunderbares, und jeder Ungelehrte; wenn aber auch ihr schwanken wollt, ihr Weisen, dann ist das ein großes Unglück auch für uns, wenn wir nicht einmal bei euch zur Ruhe kommen können von unserem Schwanken.“ (In: Platon, Hippias minor oder der Falsche Wahre, übers. v. Friedrich Schleiermacher u. komm. v. Jörg Jantzen, Berlin 1989, S. 24 f.)
[15] In diesem Zusammenhang sei auf eine der m. E. besten und gelehrtesten Abhandlungen über den Skeptizismus hingewiesen, die jedoch in der heutigen Forschungsliteratur kaum mehr Beachtung zu finden scheint: Raoul Richter, Der Skeptizismus in der Philosophie und seine Überwindung, 2 Bde., Leipzig 1904. – Ob der Skeptizismus mit diesem Buch als überwunden gelten kann, sei in das Urteil des Lesers gestellt.
[16] Vgl. Augustinus, „Gegen die Akademiker. Contra academicos“, in: Philosophische Frühdialoge, eingel., übers. u. erläutert v. Bernd Reiner Voss, u. a., Zürich/München 1972, S. 7–143.
[17] Vgl. Anm. 20.
[18] Hier beschleicht einen der Gedanke, dass der Weltgeist selbst – sofern es ihn geben sollte –, ein Skeptiker sein muss, wenn man bedenkt, dass gerade ein Mann wie der Dominikaner Girolamo Savonarola, der Augustinus in seiner geistigen Haltung sehr ähnlich gewesen sein muss, die Werke des Sextus Empiricus bereits im Jahr 1498 aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzen lassen wollte. Allerdings ist es bei dieser Idee geblieben, da das Projekt aufgrund der Hinrichtung Savonarolas nie verwirklicht worden ist. Wir sind darüber durch Gianfrancesco Pico della Mirandola unterrichtet, der in seiner Vita di Hieronimo Savonarola schreibt: „Audiens Graeca quaepiam Sexti Philosophi monumenta asservari, in quibus universae doctrinae humanitus inventae confutatae essent, ea e graeco transferri in latinum, paululum antequam moriretur, mandaverat, perosus multorum, qui se scire iactabant, ignorantiam. Idque ipsum muneris Giorgio Antonio Vespuccio utriusque linguae gnaro qui ex eius erat sodalitate, delegarat, volebatque eidem operi Zenobium etiam Acciaiolum utriusque linguae compotem eiusdemque virum sodalitatis, incumbere, fecissentque votis satis ni mors ipsum violenta rapuisset.“ (In: Gianfrancesco Pico della Mirandola, Vita Hieronymi Savonarolae, hg. v. Elisabetta Schisto, Florenz 1999, S. 112f.) – Zur Übersetzung durch Savonarola siehe auch: Miguel Granada, „Apologétique platonicienne et apologétique sceptique: Ficin, Savonarole, Jean-Francois Pic de la Mirandole“, in: Le Scepticisme au XVIe et au XVIIe Siècle, hg. v. Pierre Francois Moreau, Paris 2001, S. 11–47, S. 28–38.
[19] David Hume, Ein Traktat über die menschliche Natur, übers. v. Theodor Lipps, hg. v. Horst D. Brandt, 2 Bde., Hamburg 2013, I, 4, 2, S. 270.
[20] Dies ist insofern ein recht verzerrtes Bild, da sich ja gerade der Skeptiker eigentlich als Therapeut versteht, welcher den Dogmatiker von dessen – womöglich – falschen Meinungen heilen will. Zumindest schließt Sextus Empiricus seine Abhandlung über die pyrrhonische Skepsis in diese Richtung gehend mit den Worten: „Der Skeptiker will aus Menschenfreundlichkeit nach Kräften die Einbildung und Voreiligkeit der Dogmatiker durch Argumentation heilen. Wie nun die Ärzte für die körperlichen Leiden verschieden kräftige Heilmittel besitzen und den Schwererkrankten die starken unter ihnen verabreichen, den leichterkrankten dagegen die leichteren, so stellt auch der Skeptiker verschieden starke Argumente auf und benutzt die schwerwiegenden, die das Leiden der Dogmatiker, die Einbildung, nachhaltig beheben können, bei den stark vom Übel der Voreiligkeit Befallenen, die leichteren dagegen bei denen, deren Leiden der Einbildung nur oberflächlich und leicht heilbar ist und von leichteren Überzeugungsmitteln behoben werden kann.“ (In: Sextus Empiricus, Grundriß der pyrrhonischen Skepsis, eingel. u. übers. v. Malte Hossenfelder, Frankfurt/Main 1985, S. 299).
[21] René Descartes, Meditationes de Prima Philosophia. Meditationen über die Erste Philosophie, lat.-dt., übers. u. hrsg. v. Gerhart Schmidt, Stuttgart 1986, S. 77.
[22] Vgl. Diogenes Laertios, Leben und Lehre der Philosophen, übers. u. hrsg. v. Fritz Jürß, Stuttgart 1998, S. 434 u. 437.
[23] Ebd., S. 435.
[24] Dieses Buch ist meines Wissens die einzige zusammenhängende Gesamtdarstellung des Skeptizismus vom 15. bis 18. Jahrhundert und ist – stets erweitert – in mehreren Auflagen erschienen. – Vgl. Richard Popkin, The History of Scepticism. From Savonarola to Bayle, Revised and Expanded Edition, Oxford 2003 [Erstauflage 1960].
[25] Die einzigen mir bekannten Artikel, die dies kritisch diskutieren, sind: Dominik Perler, „Was There a ‚Pyrrhonian Crisis’ in Early Modern Philosophy? A Critical Notice of Richard A. Popkin“, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 86, 2004, S. 209–220; Ders., „Wie ist ein globaler Zweifel möglich? Zu den Voraussetzungen des frühneuzeitlichen Außenwelt-Skeptizismus“, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 57, 2003, S. 481–512. – Ein weiterer Aspekt, auf den Dominik Perler aufmerksam macht, ist in diesem Zusammenhang auch, dass es bereits vor der Wiederentdeckung der Schriften des Sextus Empiricus im 16. Jahrundert bereits im Mittelalter skeptische Debatten über die epistemischen Grenzen des Menschen gegeben hat, die man bei einer Interpretation des Skeptizismus in der Renaissance stärker beachten müßte. – Vgl. hier: Dominik Perler, Zweifel und Gewissheit. Skeptische Debatten im Mittelalter, Frankfurt/Main 2006.
[26] Richard Popkin, The History of Scepticism. From Savonarola to Bayle, a. a. O., S. 79.
[27] Ebd., S. 47.
[28] Vgl. Pierre Villey, Les Sources et l’Evolution des Essais de Montaigne, 2 Bde., Paris 1908, Bd. 1, S. 218 u. 365 u. Bd. 2, S. 164 f.
[29] Richard Popkin, The History of Scepticism. From Savonarola to Bayle, a. a. O., S. 47.
[30] „My sympathies are on the side of the sceptics I have been studying.“ (In: Ebd., S. xxiii).
[31] Johann Wolfgang von Goethe, „Geschichte der Farbenlehre“, in: Goethes Werke, hrsg. v. Rudolf Steiner, Bd. 3, Weimar 1893, S. 219.
[32] Friedrich Nietzsche, „Unzeitgemäße Betrachtungen III. Schopenhauer als Erzieher“, in: Ders., Kritische Studienausgabe, Bd. 1, hrsg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, München 1980, S. 348.
[33] Agrippa von Nettesheim, Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, a. a. O., S. 7.
[34] Ludwig Wittgenstein, Über Gewißheit, hrsg. v. G. E. M. Anscombe u. G. H. von Wright, Frankfurt/Main 1971, S. 39, § 115.
[35] Der Gedanke, dass der Mensch als endliches Lebewesen nicht auf das Absolute, sondern auf die Kompensation des Unvollkommenen durch die Skepsis angewiesen sei, ist für Odo Marquard so zentral, dass er fast in jedem seiner Aufsätze thematisiert wird. – Vgl. etwa: Odo Marquard, „Abschied vom Prinzipiellen. Auch eine autobiographische Einleitung“, in: Ders., Abschied vom Prinzipiellen, Stuttgart 1981, S. 4–22; „Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz in der Philosophie“, in: Ebd., S. 23–38; „Glück im Unglück. Zur Theorie des indirekten Glücks zwischen Theodizee und Geschichtsphilosophie“, in: Glück im Unglück. Philosophische Überlegungen, München 1995, S. 11–38; „Homo compensator“, in: Philosophie des Stattdessen, Stuttgart 2000, S. 11–29; „Philosophie des Stattdessen. Einige Aspekte der Kompensationstheorie“, in: Ebd., S 30–49.
[36] Hierfür hat Odo Marquard eine Formulierung gefunden, die sehr an die oben zitierte Passage von Franciscus Sanchez erinnert. Der skeptische Philosoph arbeitet „in seiner Außenstelle für Exzentrik: zu Hause, als ein emeritus praecox, ein Sisyphus, der dort seinen Stein, ehe er ihn rollt, allererst basteln muß, und zwar mit Wörtern und aus nichts. Aber aus nichts wird nichts; und so ist, was so einer treibt, allemal die Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts: bekanntlich ist das Kants Definition des Lachens, und so ist diese skeptische Philosophie – tristesse oblige – vielleicht das Heitere und womöglich – im Zeitalter der traurigen Wissenschaft – das letzte Exil der Heiterkeit, ein trauriges: denn wer so lacht, hat nichts zu lachen.“ (In: Odo Marquard, „Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz in der Philosophie“, a. a. O., S. 35 f.)
[37] Daher die fast notwendige Verbindung von Skepsis und Humor. Diese Verbindung bildet eine der Grundthesen Joachim Ritters: „Sollte man der Meinung sein, daß es sich bei ihm nur um den äußersten Grenzfall des Lächerlichen handelt, so wird man doch zumindest das eine festhalten und zugeben müssen, daß nämlich das Lächerliche nie das Geordnet-Vollendete oder das für das Dasein je Maß gebende Schöne und Gute, sondern immer von der Art dessen ist, was herausfällt, dem Gehofften und Erwarteten entgegenläuft, was aus der Reihe tanzt und das, was sein will oder soll, zum Schein macht als das dem Ernst und der allgemeinen Ordnung der Dinge und des Lebens schlechthin Entgegenstehende.“ (In: Joachim Ritter, „Über das Lachen“, in: Ders., Subjektivität. Sechs Aufsätze, Frankfurt/Main 1974, S. 62–92, S. 63).
[38] Die Parallelen zwischen dem Anfang von Quod nihil scitur und dem Discours de la méthode sind in der Tat erstaunlich. – Ausführlich dazu das ganze Buch von Joaquin Iriartre, Kartesischer oder Sanchezischer Zweifel?, a. a. O.; eine umfangreiche Diskussion dazu auch in: Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. LXI–LXIV.
[39] Schon die äußerst umfangreiche Darstellung der Lehrmeinungen über Quod nihil scitur, wie sie bei Joaquin Iriartre dargestellt wird, kann einen schmunzeln lassen, da er sehr detailliert die Rezeption seit Erscheinen des Werkes bis zu seiner Zeit nachzeichnet und unzählige sich widersprechende Meinungen über diese Fragestellungen auflistet – so als wollte er die Skepsis, wie sie uns bei Sanchez entgegentritt, auch zum Prinzip seiner Darstellung machen, ohne freilich selbst ein Skeptiker zu sein. Ob das von ihm intendiert oder unfreiwillig komisch war, kann ich freilich nicht beurteilen und überlasse die Entscheidung dem Leser: Joaquin Iriartre, Kartesischer oder Sanchezischer Zweifel?, a. a. O., S. 59 ff.
[40] Die dissimulatio als Kunst der Verstellung ist ein zentrales soziales und geistiges Phänomen des 16. bis 18. Jahrhunderts, das gerade in skeptischen Texten (man denke an Montaigne oder Agrippa von Nettesheim) stets hintergründig präsent ist und das ihre Interpretation – da wir uns als Zuspätgekommene nicht mehr wirklich in ihr Denken hineinversetzen können – so schwierig macht: „Die D[issimulatio] wird im allgemeinen der Gedankenfigur der Ironie untergeordnet; sie bezeichnet in Äußerungen des gezielte Zurückhalten von Wissen, um den Gesprächspartner durch Fangfragen zu entlarven. Die D. wird im Dialog (oratio concisa) eingesetzt (Bloßstellung des Gesprächspartners) sowie in der kontinuierlichen Rede (oratio perpetua) zur Umwandlung der dialektischen Frage in eine fortlaufende Ausführung.“ (In: F. Népote-Desmarres u. T. Tröger, Art. „Dissimulatio“, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hrsg. v. Gert Ueding, Bd. 2, Darmstadt 1994, Sp. 886–888. – So hat Sanchez mit seinem Text quasi die Sekundärliteratur entlarvt und ihre Ernsthaftigkeit in einem gedanklichen Vorgriff ad absurdum geführt. – Vgl. zur Dissimulation vertiefend: Ursula Geitner, Die Sprache der Verstellung. Studien zum rhetorischen und anthropologischen Wissen im 17. u. 18. Jahrhundert, Tübingen 1992; Perez Zagorin, The Ways of Lying. Dissimulation, Persecution, and Conformity in Early Modern Europe, London 1990.
[41] Kaspar Howald, „Einleitung“, in: Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. LXXXVII f.
[42] Ebd., Anm. 51.
[43] Hören wir auf Sextus Empiricus:„Die Skepsis ist die Kunst, auf alle mögliche Weise erscheinende und gedachte Dinge einander entgegenzusetzen, von der aus wir wegen der Gleichwertigkeit der entgegengesetzten Sachen und Argumente zuerst zur Zurückhaltung, danach zur Seelenruhe gelangen.“ (In: Sextus Empiricus, Grundriß der pyrrhonischen Skepsis, a. a. O., S. 94.)
[44] Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. 243.
[45] Vgl. Kaspar Howald, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. XLVIII f.
[46] Vgl. Prediger Salomo 12, 12: „Hüte dich, mein Sohn, vor andern mehr; denn viel Büchermachens ist kein Ende, und viel studieren macht den Leib müde.“
[47] Vgl. Joaquin Iriartre, Kartesischer oder Sanchezischer Zweifel? Ein kritischer und philosophischer Vergleich zwischen dem Kartesischen ‚Discours de la Méthode’ und dem Sanchezischen ‚Quod Nihil Scitur’, a. a. O., S. 62 f.
[48] Vgl. ausführlicher Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. LIX ff.
[49] Vgl. die Auflistung der konstruktiven als auch skeptischen Interpretation in: Ebd., S. LX, Anm. 7.
[50] Vgl. Anm. 38.
[51] Vgl. Franciscus Sanchez, Quod nihil scitur. Daß nichts gewußt wird, a. a. O., S. 221–241.
[52] Die ersten beiden Aspekte möchte ich hier nicht weiter diskutieren, weil Kaspar Howald dies in seiner Einleitung bereits sehr umfassend und fundiert gemacht hat und es hier nicht den Fokus dieses Artikels bildet. Ich möchte mich vielmehr auf den dritten Aspekt konzentrieren. – Vgl. Ebd., S. LX–LXIX.
[53] Ebd., S. 259.
[54] Ebd., S. 93.
[55] Ebd., S. 15.
[56] Ebd., S. LXX.
[57] Ebd., S. LXXI.
[58] Agrippa von Nettesheim, Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, a. a. O., S. 9.

Über Nikolaus Egel 13 Artikel
Dr. Nikolaus Egel, geboren 1984 in Berlin, studierte von 2004-2008 Philosophie an der LMU München, Abschluß der Promotion 2014 im Fach Philosophie, zur Zeit tätig am Historischen Seminar der LMU München.

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