Der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft und die Zukunft Bayerns als Wirtschaftsmotor für Deutschland

Die bayerische Wirtschaft ist auf Erfolgskurs, der Freistaat derzeit der Wirtschaftsmotor der Bundesrepublik. Acht der 30 Dax-Konzerne sind hier ansässig, 17. Prozent der Exporte gehen von hier aus in die Welt und 18. Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes werden in Bayern erwirtschaftet. Auch im internationalen Wettbewerb steht Bayern gut da. Dank dem Maschinenbau und der Automobilindustrie, dem Unternehmertum, einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik und der sehr guten Forschungs- und Universitätslandschaft als Rahmenbedingung für innovatives Wachstum konnte sich Bayern in den letzten Jahren gerade in diesen Bereichen mit an die Weltspitze katapultieren. Die Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen, dennoch: durch die Fokussierung auf den Kraftwagen- und Maschinenbau besteht ein sogenanntes „Klumpenrisiko“, ein Branchenabschwung dieser Industrien könnte dann gravierende Auswirkungen auf die übrige Volkswirtschaft haben. Nur durch Diversifikation ist Bayerns Wohlstand zu sichern.
Auf dem Kongress „Was Bayern morgen braucht“ hat Alfred Gaffal, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., eine Studie und Handlungsempfehlungen des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Standorts Bayern vorgestellt. Der Zukunftsart versteht sich als Impulsgeber für Bayerns Technologien von morgen und ermittelt die wichtigsten technologischen Trends für die nächsten fünf bis zehn Jahre.
Die konkreten Empfehlungen für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, die vom Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft erstellt wurden, der im Mai 2014 von Alfred Gaffal ins Leben gerufen wurde und unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann, Präsident der Technischen Universität München (TUM), steht, basieren auf der wissenschaftlichen Studie „Bayerns Zukunftstechnologien“, die die Prognos AG im Auftrag der vbw erstellt hat. Die Studie bestätigt zwar die Vorreiterstellung der bayerischen Industrie und Wirtschaft, zeigt aber auch, dass das rohstoffarme Land mit seinen hohen Arbeitskosten seinen Wohlstand und seine Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft nur dann sichern kann, wenn es die neuen Herausforderungen, die Digitalisierung, die Globalisierung, den demografischen Wandel sowie die Energie-, Ressourcen- und Klimafragen positiv gestaltet. Laut Studie sind zehn Schlüsseltechnologien dabei für die Zukunft Bayerns besonders relevant. Dazu gehören: die Informations- und Kommunikations-Technologie und Digitalisierung, Intelligenter Verkehr und zukünftige Mobilität, Energiesysteme, Nanotechnologie, Werkstoffe und Materialien, industrielle Produktionstechnologie, Biotechnologie, Gesundheitswesen und Medizintechnik, Ernährung und Lebensmitteltechnik und Luft- und Raumfahrt.
Wahrend Bayern bei den Patentanmeldungen bundesweit führend ist, besteht nach der Prognos-Studie akuter Handlungsbedarf bei der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und bei der Digitalisierung, beim Intelligenten Verkehr und der zukünftigen Mobilität und bei der Luft- und Raumfahrt. Prognos empfiehlt hier, dass sich Bayern als technologisches Zukunft- und Innovationsland breiter als bislang aufstellen muss, anders gesagt: um nicht den Anschluß an die USA oder Ostasien zu verlieren, müssen hier Transformationsprozesse und eine verstärkte Wechselwirkung zwischen den einzelnen Technologiefeldern stattfinden. Clusterbildung und -politik sowie das interdisziplinäre Zusammenarbeiten, das bei vielen Universitäten bereits auf der Tagesordnung steht, muss auch in der Wirtschaft Anwendung finden, denn auch hier gilt es, über die einzelnen Technologiefelder und Teilbereiche hinweg, sich wechselseitig zu vernetzen, weil technologische Entwicklungen in einer Gesellschaft mit Innovationsgeschwindigkeit nur gemeinsam zu lösen sind. Eine Industrie 4.0 benötigt eine Gesellschaft 4.0 und ein Unternehmertum, das mehr als bislang auf Risiko setzt. Unternehmerischer Spirit ist mehr denn je gefragt. Dieser Spirit muss, wie TUM-Präsident Herrmann betont, „die „Grundstimmung der modernen Gesellschaft werden“. Er ist Garant größtmöglicher Wertschöpfung.“ Die Handlungsempfehlungen, die der Zukunftsrat ausspricht, sind maßgebende Leitbilder für eine Gesellschaft, die, wie die Studie zeigt, von zentralen Umfeldfaktoren abhängen. Dazu zählt Prognos u.a. ökonomische und rechtliche Rahmenbedingungen, das Bildungssystem, die Forschungsinfrastruktur, Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen, politisch gestaltete Rahmenbedingungen, die öffentliche Meinung und das Zusammenspiel der Akteure im Regionalen und nationalen Innovationssystem (RIS /NIS).
Der Zukunftsrat, der sich aus renommierten Wissenschaftlern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammensetzt, kam bei seinen Herausforderungen für die bayerische Wirtschaft zu folgenden Empfehlungen:
1. Unternehmerische Eigenverantwortung stärken,
2. Rahmenbedingungen für Innovationen verbessern,
3. Neue Kooperationsformen wagen,
4. Digitalisierung als zentrale Treiberin zu begreifen,
5. Gründerland Bayern stärken,
6. Unternehmerisches Wachstum und Wertschöpfung fördern,
7. Bayerische Technologie auf dem Prüfstand.
Konkret bedeutet dies: branchenübergreifende Produktentwicklung, enge Vernetzung und Kooperationen zwischen Unternehmen, Universität, Start-ups und die Arbeitsorganisation an der Digitalisierung auszurichten. Grundlagen für die Innovationen der Zukunft sind demokratiefeste, soziale Sicherungssysteme, altersgerechte Infrastrukturen, Fachkräfteabsicherung, Bildungschancen für die Gesellschaft 4.0 und leistungsfähige Infrastrukturen für den Verkehrsbereich und eine bezahlbare Energieversorgung. Um die einzelnen Forschungsbereiche intensiver zu vernetzen und die Wertschöpfungskette zu verbessern, gehört neben dem Aufbau von neuen Cross-Cluster-Aktivitäten eine bessere Anschlussfähigkeit zwischen Master- und Bachelorstudiengängen mit dazu. Die Digitalisierung im Bildungssystem wird dabei zu einem zentralen Fundament der Wirtschaft von morgen: digitale Infrastrukturen, Medienkompetenz, unternehmensindividuelle Digitalisierungsstrategien und die „Digitalisierung Bayern“ samt einem geschlossenen Breitbandausbau müssen weiter vorangetrieben bzw. ausgebaut werden. Sie sind, wie die Prognos-Studie hervorhebt, Grundlage für ein neues Gründerklima im Freistaat. Voraussetzungen dazu ist aber auch die Senkung bürokratischer Hürden für die Gründer, der Aufbau regionaler Gründerzentren, eine Reform der staatlichen Technologieförderung und mehr unternehmerische Eigenverantwortung. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die dem Zukunftsrat angehört, hatte bereits angekündigt, Förderprogramme auf den Prüfstand zu stellen, um diese den neuen Herausforderungen der Digitalisierung anzupassen.
Für den Zukunftsrat, der vier Mal im Jahr tagt, ist der vorgelegte Maßnahmenkatalog erst ein Anfang, zahlreiche Empfehlungen werden in den kommenden Monaten folgen.

Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gründet Zukunftsrat

Um insbesondere dem Mittelstand eine Orientierung über die wichtigsten technologischen Trends der nächsten fünf bis zehn Jahre zu geben, hat die die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft einen Zukunftsrat ins Leben gerufen. Dabei kooperiert die vbw mit der Technischen Universität München zusammen.Vbw-Präsident Alfred Gaffal und TUM Präsident Prof. Wolfgang Herrmann übernehmen gemeinsam den Vorsitz des Gremiums. Zu den Mitgliedern zählen: MdL Ilse Aigner, Bayerische Wirtschaftsministerin, Prof. Manfred Broy, TUM, Prof. Ansgar Büschges, Universität zu Köln, Prof. Hans-Jörg Bullinger, Aufsichtsratsvorsitzender TÜV Süd, Prof. Alexander von Gabain, Karolinska Institut, Stockholm, Prof. Thomas Hamacher, TUM, Prof. Gerd Hirzinger, Leopoldina, Prof. Udo Lindemann, TUM, Prof. Sabine Maasen, TUM, Prof. Reimund Neugebauer, Fraunhofer Gesellschaft, Prof. Birgit Spanner-Ulmer, Bayerischer Rundfunk, Prof. Günther Wess, Helmholtz Zentrum, Prof. Erich Wintermantel, TUM, Prof. Michael Zäh, TUM. Das Gremium versteht sich als Impulsgeber für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Standorts Bayern. Die Grundlagenstudie beinhaltet sowohl der Status Quo als auch die wichtigen technologischen Entwicklungen der kommenden Jahre. Auftragnehmer der Studie ist die Prognos AG, Basel. Aufgrund der Studie werden wichtige Trends in Wirtschaft und Gesellschaft analysiert und Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ausgesprochen, damit Bayern seine Spitzenstellung auch morgen behaupten kann.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2159 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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