Beispiel 1: A ist dabei, B zu vergewaltigen. C kommt hinzu, sieht das und hat die Möglichkeit, den Fortgang der Tat zu verhindern. Dazu muss er aber A Gewalt antun und ihn nicht unerheblich verletzen. Was soll C tun? Was ist moralisch das Richtige?
Goldene Regel: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem anderen zu.“ –> Ergo C darf A keine Gewalt antun, um ihn zu stoppen, denn er will ja auch nicht, dass ihm Gewalt angetan wird. Wenn A sich ohne Gewalt nicht stoppen lässt, hat C keine Möglichkeit, die Vergewaltigung (oder andere Gewalttaten) zu unterbinden.
Kategorischer Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ –> Welche Handlungsmaxime
a) Angenommen C hat die Maxime: „Wende nie Gewalt gegenüber anderen Menschen an.“ Frage: Kann er wollen, dass diese Maxime ein allgemeines Gesetz werde, dass alle Menschen sich in solchen Situationen immer so verhalten, also keine Gewalt anwenden, die Gewalt also nicht mit Gewalt stoppen, wenn es anders nicht geht? Was, wenn er am nächsten Tag überfallen und vergewaltigt wird? Kann er dann wollen, dass D, der hinzu kommt und das sieht, ihm nicht hilft? Können wir in so einer Welt leben wollen, in der Menschen sich, weil sie sich dem Pazifizismus veschworen haben, nicht gegenseitig helfen, wenn einem Gewalt angetan wird? Wohl kaum.
b) Angenommen C hat die Maxime: Wenn A B Gewalt antut und ich kann das verhindern, dann werde ich das immer tun – wenn es nicht anders geht, auch mit Gewalt gegenüber A. Ist das verallgemeinerb
c) Was aber, wenn C selbst gerne mal jemanden vergewaltigen würde? Kann er dann wollen, dass andere ihn mit Gewalt stoppen? Das wahrscheinlich nicht. Nur, seine Maxime muss ja verallgemeinerb
Beispiel 2: A lebt in einem ehemals freien Staat, der aber allmählich in einen totalitären abzugleiten droht. A macht auf diese Gefahr öffentlich aufmerksam, wird dann aber von just denen, die den Staat in einen totalitären umwandeln wollen, aus dem Verkehr gezogen, seine Beiträge gelöscht und er gesperrt. Frage: Soll B, der das alles beobachtet hat, dies nun seinerseits öffentlich machen? Was ist hier moralisch richtig?
Goldene Regel: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem anderen zu.“ –> Das hilft hier offensichtlich nicht weiter. B fügt ja gar niemand etwas zu, wenn er etwas veröffentlicht.
Kategorischer Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ –> Was könnte hier die Handlungsmaxime
Die Maxime könnte z.B. sein: Wenn jemand, A, unterdrückt wird in seinem Recht auf freie Meinungsäußerun
Fazit: Die goldene Regel und der kategorische Imperativ sind beides moralische Metaregeln, die nicht ganz konkret ein Handeln auszeichnen oder verbieten, wie z.B. „Du sollst nicht stehlen/
Der Vorteil der goldene Regel ist der, dass sie sehr leicht zu verstehen ist. Das kann man schon Kindern beibringen. Die verstehen das recht schnell. Als Einstieg in moralisches Denken ist sie sehr gut geeignet. Der kategorische Imperativ ist sehr viel anspruchsvoller