Der Schulz-Hype ist vorbei – Schon jetzt ist er unbeliebter als Sigmar Gabriel

Martin Schulz, Foto: Stefan Groß

Richtig zufrieden mit der aktuellen Regierung sind laut neuestem ARD-Deutschlandtrend nur die Unions- und die Grünenanhänger. Martin Schulz jedoch ist inzwischen noch weniger beliebt als Sigmar Gabriel. Die Mehrheit der Deutschen will sogar lieber die Ewige behalten als den Sozi-Millionär bekommen.

Martin, mach du!

Ein  Einschlag wie ein Hammer für die „Sozialdemokraten“. Was haben sie sich nicht gefreut, nachdem sie endlich wieder einen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten hatten, der ihre Phantasie auf unvergleichliche Weise zu beflügeln vermochte. Mit 100 Prozent der gültigen Stimmen haben sie ihn vor kurzem erst zu ihrem neuen Parteivorsitzenden gewählt. Und am liebsten hätten sie ihm noch mehr als 100 Prozent gegeben. Manch ein notorisch kritischer Zeitgenosse rieb sich verwundert die Augen und konnte diesen Hype um den Würseler aus Brüssel gar nicht so recht nachvollziehen, doch die Umfragewerte der Genossen schossen unglaublich in die Höhe – um mehr als 50 Prozent! Jahrelang dümpelte die SPD bei unter 25 Prozent dahin, fiel die letzten Monate immer mehr Richtung 20 Prozent und Anfang des Jahres sogar fast darunter.

Dann schmiss Sigmar Gabriel in einem wirklich geschickten Schachzug komplett hin, verzichtete nicht nur auf die Kanzlerkandidatur, sondern trat auch vom Parteivorsitz zurück. Martin Schulz sollte es jetzt machen. Und wie der es machte, obwohl er eigentlich gar nichts tat. Manche meinen ja, der machte noch nie etwas, zumindest noch nie was Gutes. Aber reden kann er, der Martin. Das muss man ihm lassen. Auf jede Frage kann er minutenlang antworten – am liebsten übrigens ohne Unterbrechung -, wenngleich man hinterher fast nie weiß, was er jetzt eigentlich Substanzielles gesagt hat. Aber irgendwie klingt es oft gar nicht mal so schlecht. Und das ist ja die Hauptsache in der Politik, besonders bei den „Sozialdemokraten“.

Aufstieg und Fall eines „ganz Großen“?

Noch wichtiger aber: der Martin kam bei den Wählern so richtig gut an. Plötzlich war sie da, die Hoffnung, die Zuversicht. Endlich durfte wieder geträumt werden. Geträumt vom Großen. Vom ganz Großen. Das mag der Martin nämlich am liebsten: das ganz Große. Und er schaffte es doch tatsächlich, das Träumen wie durch Zauberhand auf einen beachtlichen Teil der Bevölkerung zu übertragen. Auf just den Teil der Bevölkerung, der der Ewigen, der Getriebenen, manche sagen auch der Durchtriebenen, müde sind. So unendlich müde. Insofern war der Martin wie ein Erweckungserlebnis. Endlich mal wieder durchatmen. Endlich mal frische Luft. Da war es nicht wenigen egal, dass die Luft in Wirklichkeit gar nicht so frisch  war. Hauptsache andere Luft, Hauptsache mal was anderes. Nur nicht mehr diesen Zwölf-Jahres-Mief. Nur keine 16 Jahre die so farblose und entscheidungsunfreudige Gummifrau.

Alles schien so schön zu laufen für die Sozis, doch der Rausch scheint nicht sehr lange anzuhalten. Und was stellt sich leider meist ein nach einem Rausch? Richtig, die Ernüchterung. Schon fünf Monate vor der Bundestagswahl droht den „Sozialdemokraten“ die Luft ein wenig auszugehen, weil die, die sich in den Rausch mit reinziehen und sich mitberauschen ließen – hat ja auch was Ansteckendes so eine ausgelassene, freudige, rauschartige Stimmung -, jetzt allmählich immer mehr merken, dass die Luft, die Gabriel und die Genossen reinließen, indem jener das Fenster öffnete und raussprang, so dass der Martin reinhüpfen konnte, gar nicht so richtig frisch ist.

Manch einer dürfte fürchten, dass es jetzt ganz schnell wieder von über 30 in Richtung 25 Prozent gehen könnte, womöglich sogar wieder darunter. Hoffentlich aber nicht wieder auf 20 Prozent! Oh je, das wäre ja wirklich arg für die armen Genossen. Das wollen wir nicht hoffen. Doch schauen wir uns die neuesten Zahlen des ARD-Deutschlandtrends, ermittelt von Infratest dimap, mal genauer an.

Union legt zu – SPD fällt zurück – AfD stabil

Die SPD fällt – wie auch schon bei INSA und Forsa, so jetzt auch bei Infratest dimap – zurück und zwar von 32 auf 31 Prozent. Das geht ja noch. Die CDU/CSU kann dagegen von 32 auf 34 Prozent zulegen, liegt somit jetzt wieder vor der SPD und zwar gleich drei Punkte. Die AfD bleibt stabil bei 11 Prozent und damit souverän auf Platz 3. Auch alle anderen relevanten Parteien bleiben bei ihren Werten von Ende März. Nur die ganz kleinen Parteien, die „Sonstigen“ verlieren in der Summe einen Punkt und fallen von 4 auf 3 Prozent.

Wie zufrieden sind die Deutschen mit ihrer aktuellen Regierung?

Mit der schwarz-roten Bundesregierung insgesamt zufrieden ist eine knappe Mehrheit von 53–47 Prozent. Am größten ist dabei die Zufriedenheit mit der Regierung bei den Unionsanhängern. Fast dreiviertel dieser (73 Prozent) sind insgesamt eher zufrieden, nur 27 Prozent unzufrieden. Am zweitgrößten ist die Regierungszufriedenheit – man höre und staune! – bei den Grünenanhängern. Was für ein Zeichen! Der Autor dieses Artikels erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass er schon sehr lange, als alle noch von der Sozialdemokratisierung der CDU redeten, er bereits von einer Grünisierung der schwarzen Nichtbayern sprach.

Bei den SPD-Anhängern ist es mit 51-49 quasi ausgeglichen, alle anderen sind eher oder sogar sehr unzufrieden. Am meisten die AfD-Anhänger mit 98 Prozent Unzufriedenheit!

  1. Unions-Anhänger: 73–27
  2. Grüne-Anhänger: 60–40
  3. SPD-Anhänger: 51–49
  4. FDP-Anhänger: 44–55
  5. Linke-Anhänger: 38–62
  6. AfD-Anhänger: 2–98

Kanzlerfrage: Schulz? – Nee, dann lieber noch Merkel

Doch zurück zu Martin Schulz. Jetzt kommt’s nämlich so richtig dicke für ihn. Lag er Anfang Februar, kurz nach seinem Sprung durchs Fenster in die gute Stube, bei der Frage, wen die Bundesbürger sich als Kanzler wünschen würden, dürften sie diesen direkt wählen, noch mit 16 Punkten vor Merkel (50–34), so liegt er nun bereits 6 Punkte hinter ihr zurück. Die Mehrheit will inzwischen sogar lieber die Ewige behalten als Schulz bekommen: 40–46. Was für ein Dämpfer! Aus Plus-16 mach Minus-6 in zwei Monaten. Hoppla, das schafft auch nicht jeder! Aber wie stellten wir oben schon fest: der Martin ist ein Mann für’s Große. In jeder Beziehung.

Interessant auch, während bei einer Direktwahl inzwischen wieder über 90 Prozent (91) der Unions-Anhänger Merkel zur Kanzlerin wählen würden, wollen nicht einmal mehr 80 Prozent (79) der SPD-Anhänger ihren eigenen Spitzenmann als Kanzler haben. Nix mehr Mister-100-Prozent. Selbst die Grünen-Anhänger wollen insgesamt mit 47–37 lieber Merkel als Schulz. – Grünisierung der CDU?

Welche Regierungskoalition wünschen sich die Deutschen?

Am liebsten hätten die Wähler eine weitere GroKo (kleinstes Übel) und zwar unter einer CDU/CSU-Führung. Dies ist die einzige Variante, die nicht negativ bewertet wird.

  1. CDU/CSU + SPD: 51–47
  2. SPD + CDU/CSU: 47–51
  3. Schwarz-Grün: 37–60
  4. Schwarz-Gelb: 36–61
  5. Ampel: 28–67
  6. Rot-Rot-Grün: 26–72
  7. Rot-Rot: 25–72
  8. SPD + FDP: 22–73

Schulz jetzt schon unbeliebter als Gabriel

Ach, und übrigens, hätte ich jetzt fast vergessen: Der, der das Fenster öffnete, um „frische Luft“ reinzulassen, die sich dann aber schnell als gar nicht so frisch herausstellte, und der den Abgang machte, der ist jetzt nach Schäuble (68 Prozent) und Merkel (62 Prozent) mit 56 Prozent der beliebteste der zehn wichtigsten Politiker Deutschlands. Und wo ist Martin?

Martin Schulz, Mister 100 Prozent, ist nach nicht einmal drei Monaten an der Spitze der „Sozialdemokraten“ weniger beliebt als der immer so ungeliebte Sigmar Gabriel. Schulz liegt sage und schreibe 8 Punkte hinter seinem Fensteröffner. Nicht einmal 50 Prozent (48) finden Mister 100-Prozent gut. Aber dann war ja das Öffnen des Fensters und der Ausstieg Gabriels für die SPD auf lange Sicht vielleicht … – Ja, könnte sein.

P.S.

Ich hätte ja gerne Martin Schulz gefragt, was er zu dieser ganzen Entwicklung der letzten zwei Monate zu sagen hat, fürchte aber, dass er mir kein Interview gegeben hätte. Gleichwohl ahne ich, was er in einem vertraulichen Gespräch sagen würde: „Schuld sind nur diese schlaffen Sozis. Die hätten viel lauter ‚Martin! Martin!‘ rufen müssen.“

Quelle: Jürgen Fritz

 

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