Der Prix Pictet ist der weltweit führende Preis für Fotografie und Nachhaltigkeit. Er wurde 2008 von der Pictet-Group mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Kraft der Fotografie einzusetzen, um Menschen für drängende globale Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren. Jeder der bisher zehn Zyklen war mit seinem Thema einem spezifischen Nachhaltigkeitsaspekt gewidmet.
Die Ausstellung Prix Pictet Human zeigt die Arbeiten von zwölf herausragenden Fotograf:innen, die für die Shortlist des zehnten Zyklus des Prix Pictet nominiert wurden. In ihren Arbeiten bringen sie die vielfältigen Facetten des Themas Human eindrucksvoll zur Geltung und befassen sich auf einzigartige Weise mit unserer zwischenmenschlichen Verbundenheit und dem breiten Spektrum unserer Interaktionen mit der Welt. Die Shortlist-Portfolios decken verschiedene fotografische Stilrichtungen wie Dokumentar-, Porträt- und Landschaftsfotografie sowie Licht- und Prozessstudien ab und befassen sich mit vielseitigen Themen, wie der Not indigener Völker, lokalen wie globalen Konflikten, der Kindheit, dem wirtschaftlichen Zerfall, den Spuren menschlicher Besiedlung und industrieller Entwicklung, Bandenkriminalität, Grenzgebieten und Migration. Die ausgestellten Werke hinterfragen unsere Rolle als „Verwalter:innen” unseres Planeten und beleuchten zentrale Fragen der globalen Nachhaltigkeit, die im Zentrum des vor 15 Jahren ins Leben gerufenen Preises stehen.
An der Preisverleihung im Victoria & Albert Museum (dem ersten Stopp der internationalen Tour) im September 2023 wurde die indische Fotografin Gauri Gill zur Gewinnerin des mit 100.000 Schweizer Franken dotierten Prix Pictet Human gekürt. Eine unabhängige Jury hat aus den zwölf Shortlist-Kandidat:innen Gauri Gill als Siegerin ausgewählt. Gauri Gills Werk ist Ausdruck ihrer Überzeugung, durch „aktives Zuhören“ mit der und durch die Gemeinschaft zu arbeiten. Seit mehr als zwei Jahrzehnten befasst sich Gauri Gill intensiv mit Randgruppen, die in der Wüste West-Rajasthans in Nordindien leben. In den letzten zehn Jahren lag ihr Fokus auf indigenen Künstler:innen in Maharashtra.
Zum Abschluss der Ausstellung im Victoria & Albert Museum wurde der kolumbianische Fotograf Federico Ríos Escobar zum Gewinner des Prix Pictet People’s Choice Award gekürt. Dieser mit 10.000 Schweizer Franken dotierte Publikumspreis wurde dieses Jahr zum ersten Mal vergeben. In seinen bewegenden Bildern zeigt Ríos Escobar die erschütternde Realität südamerikanischer Kinder, deren Eltern die gefährliche Durchquerung des Darién Gap, eines nahezu undurchdringlichen Dschungelgebiets zwischen Kolumbien und Panama, wagen. Mit dem neu geschaffenen People’s Choice Award sollen die Ausstellungsbesucher:innen ihre:n Favorit:in unter den Finalist:innen wählen können, um so weitere Debatten zum zentralen Thema des Preises anzuregen.
Die für die Shortlist nominierten Fotograf:innen sind:
Hoda Afshar, Iran
Gera Artemova, Ukraine
Ragnar Axelsson, Island
Alessandro Cinque, Italien / Peru
Siân Davey, Vereinigtes Königreich
Gauri Gill, Indien
Michał Łuczak, Polen
Yael Martínez, Mexiko
Richard Renaldi, USA
Federico Ríos Escobar, Kolumbien
Vanessa Winship, Vereinigtes Königreich / Bulgarien
Vasantha Yogananthan, Frankreich
Seit mehr als 40 Jahren verfolgt Ragnar Axelsson die dramatischen Veränderungen im Leben von indigenen Völkern, in den Landschaften und Umgebungen am Rande der bewohnbaren Welt. In seinen Arbeiten bringt Alessandro Cinque seine Sorgen um das Leben und das Verschwinden des Heimatlands der indigenen Völker der Anden zum Ausdruck. Gauri Gill verbrachte mehr als zwei Jahrzehnte damit, die Freude, den Schmerz und die Zärtlichkeit der Menschen fotografisch festzuhalten, die in der abgelegenen indischen Wüstenregion Rajasthans versuchen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Federico Ríos Escobar bietet Einblicke in das Leben südamerikanischer Kinder, deren Eltern sich auf den Weg machen, das gefährliche Dschungelgebiet an der Grenze zwischen Kolumbien und Panama, auch Darién Gap genannt, zu durchqueren. Michał Łuczak dokumentiert die unauslöschbaren Spuren, die die einst florierende Bergbauindustrie in Oberschlesien, Polen, hinterlassen hat. Gera Artemovas visuelles Tagebuch beginnt mit dem russischen Angriff auf ihre Heimatstadt Kiew, Ukraine, am 24. Februar 2022. In den Werken von Vasantha Yogananthan spiegeln sich die Träume und die Verzweiflung der Generation wider, die Hurrikan Katrina als Kind in New Orleans, USA, miterlebt hat. Vanessa Winship schafft einfühlsame Porträts von Schulmädchen aus dem türkischen Grenzgebiet. Die Inseln Hormuz, Qeshm und Hengam mit ihren einzigartigen und ursprünglichen Landschaften bilden das Herzstück von Hoda Afshars Werk. Die perforierten Fotografien von Yael Martínez entstanden als Reaktion auf das Verschwinden von Familienmitgliedern, die Opfer von Gewalt wurden – Alltagsgeschehen im mexikanischen Staat Guerrero. Richard Renaldi und Siân Davey verwenden beide in ihren Arbeiten den Garten als Ort der Hoffnung und des Neubeginns, als einen Ort, der als Metapher für das menschliche Herz und mögliche Quelle der Harmonie dient.
Die unabhängige Jury des Prix Pictet Human setzte sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:
Sir David King, FRS (Vorsitzender)
Gründer und Vorsitzender, Climate Crisis Advisory Group
Philippe Bertherat
Präsident, MAMCO (Musée d’art moderne et contemporain), Genf
Funmi Iyanda
Creative Director, OYA Media, Lagos und London
Jan Dalley
Arts Editor, Financial Times
Duncan Forbes
Direktor für Fotografie, Victoria and Albert Museum, London
Jeff Rosenheim
Joyce-Frank-Menschel-Kurator für Fotografie, The Metropolitan Museum of Art, New York
Sally Mann
Preisträgerin des Prix Pictet Fire, 2021
Zu der Ausstellung ist bei Hatje Cantz ein Bildband erschienen, in dem neben den Werken der Shortlist-Kandidat:innen auch eine Auswahl von Arbeiten anderer für den Prix Pictet nominierter Fotograf:innen präsentiert wird. Der Bildband enthält Essays des Historikers David Christian und des Schriftstellers Meehan Crist sowie ein von Michael Benson, Direktor des Prix Pictet, geführtes Interview mit dem Fotografen Sebastião Salgado, dem Großmeister der humanistischen Fotografie.
ÜBER DEN PRIX PICTET
Der Prix Pictet ist der weltweit führende Preis für Fotografie und Nachhaltigkeit. Er wurde 2008 von der Pictet-Group mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Kraft der Fotografie einzusetzen, um Menschen weltweit für drängende Umweltthemen zu sensibilisieren. Jeder der bisher zehn Zyklen war mit seinem Thema einem spezifischen Nachhaltigkeitsaspekt gewidmet.
Die Kandidat:innen werden nominiert. Die Nominierung für den Prix Pictet liegt in den Händen eines globalen Netzwerks von mehr als 300 Kritiker:innen, Kurator:innen und anderen Expert:innen für die bildenden Künste. Diese werden gebeten, Empfehlungen für Portfolios auszusprechen, die den Anforderungen des Preises bezüglich erzählerischer Kraft und künstlerischer Qualität gerecht werden. Seit dem ersten Zyklus des Prix Pictet wurden über 5.000 Fotograf:innen nominiert, deren Arbeiten alle auf die eine oder andere Weise den fragilen Zustand unseres Planeten dokumentieren.
Aus diesen Kandidat:innen wählt eine unabhängige Jury eine Shortlist von Finalist:innen aus, deren Arbeiten als besondere künstlerische Leistung angesehen werden und ein überzeugendes Narrativ zum Thema der jeweiligen Zyklus liefern. Nach Beurteilung der Arbeiten der Finalist:innen in einem Ausstellungskontext kürt die Jury den:die Gewinner:in des mit 100.000 Schweizer Franken dotierten Preises.
Eine Ausstellung mit einer Werkauswahl aller Finalist:innen reist anschließend um die Welt, mit Stationen in bis zu zwölf Städten, um diese Arbeiten einem breiten internationalen Publikum zugänglich zu machen. Bis dato fanden im Rahmen des Prix Pictet mehr als 120 Ausstellungen in über 45 Städten weltweit statt.
Die Preisträger:innen der bisherigen neun Zyklen waren: Benoit Aquin (Water, 2008), Nadav Kander (Earth, 2009–10), Mitch Epstein (Growth, 2011), Luc Delahaye (Power, 2012–13), Michael Schmidt (Consumption, 2014), Valérie Belin (Disorder, 2015–16), Richard Mosse (Space, 2017–18), Joana Choumali (Hope, 2019–20) und Sally Mann (Fire, 2021–22).
ÜBER DIE PINAKOTHEK DER MODERNE
Die Pinakothek der Moderne vereint vier selbstständige Museen unter einem Dach. Kunst, Graphik, Architektur und Design präsentieren eine außergewöhnliche Vielfalt und Fülle von Ausstellungen in einem der größten europäischen Sammlungshäuser. Die multidisziplinäre Programmatik des Hauses ist geprägt von einer Leidenschaft für die Gegenwart und ermöglicht eine zeitgemäße und intensive Auseinandersetzung mit aktuellen und relevanten Strömungen. Das Zentrum des Hauses, die lichtdurchflutete Rotunde, dient als Ort der lebendigen Begegnung und des Gesprächs.
ÜBER DIE SAMMLUNG MODERNE KUNST IN DER PINAKOTHEK DER MODERNE
Aufgrund der thematischen Nähe wird der Prix Pictet an der Pinakothek der Moderne von der Sammlung Moderne Kunst der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ausgerichtet. Die Sammlung zeigt Kunstwerke aller Gattungen von der Klassischen Moderne über die Nachkriegszeit bis zur Gegenwart.
Sie knüpft genau dort an, wo die Sammlung der Neuen Pinakothek endet, nämlich bei der Kunst nach etwa 1900. Sie zählt mit ihren über 20.000 Werken zu den international führenden Institutionen für Malerei, Plastik, Fotografie und Zeitbasierte Medien. Eine Schwerpunktsetzung des Sammlungsbereichs der zeitgenössischen Fotografie liegt in den mannigfachen sozialkritischen Positionen seit den 1970er Jahren begründet. Positionen, die das Feld des Dokumentarischen fortwährend auf die Probe stellen, Grenzen ausloten und neue Wege beschreiten.
Kuratiert von Prix Pictet. Für die organisatorische Umsetzung in der Pinakothek der Moderne ist Franziska Kunze, Sammlungsleiterin für Fotografie und Zeitbasierte Medien, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, zuständig.