Der gefährlichste Mann der Welt – Kim Jong-un

Nordkoreas „Oberste Führer“, der Enkel von Staatsgründer Kim Il-sung und Sohn des 2011 verstorbenen Diktators Kim Jong-il weiß wie man sich ins Bild setzt, er liebt die Inszenierung, verkörpert sie selbst – er ist das Bild, ikonografisch in Szene gesetzt wie einst nur Könige und Kirchenfürsten. Legenden ranken sich um den jüngsten Diktator der Welt, frühe Schulzeit in einem Schweizer Internat, Hochzeit mit Ri Sol-ju. Geboren am 8. Januar 1983 in Pjöngjang führt Kim Jong-un sein Reich mit harter Hand, inszeniert-einseitige Medien- und Propagandapolitik sowie einen gottgleichen Personenkult. Kaum ein Land ist medial so abgeschottet wie Nordkorea, wo Kim Jong-un bestimmt, wo seine Bürger leben dürfen; wo die Nutzung digitaler Medien, insbesondere des Internets, unter harte Strafen gestellt, die Opposition radikal verboten ist und wo ein politisches Kastensystem über Leben und Tod entscheidet; Internierungslager sind über das ganze Land verstreut und öffentliche Hinrichtungen prägen den politischen Alltag. Der rigide Führungskurs macht selbst vor der eigenen Familie nicht Halt. Wer der Cäsaren-Wahrheit und Mentalität des Partei- und Armee-Chefs widerspricht, wie sein Onkel und einstiger Mentor, Jang Song Thaek, verschwindet wie Tausende in der Erinnerungslosigkeit quantitativer Selektionen, die auch vor Eugenik nicht zurückschreckt und Experimente mit und an Behinderten erlaubt. Menschenrechte – dies bleibt für die Vielzahl der verarmten Nordkoreaner ein ideologisch negativ besetztes Fremdwort. Die Unlogik der Vernichtung – hier hat sie ihren Ort ohne schlechtem Gewissen. Die Möglichkeit, ohne Rechtfertigung über Leben und Tod zu entscheiden, ist ein Instrumentarium, wie es schon Elias Canetti in „Masse und Macht“ beschrieb, diktatorischer Macht- und Lebenserhaltung. Kim jong-un hat es perfektioniert. Auf seinen „Inspektionsreisen“ (Foto dazu unten im Anhang) im Überwachungsstaat feiert er sich als neue Lichtgestalt, als politische Pop-Ikone – sehr gern vor einer uniformierten Masse als Hintergrund posierend; seine Gestik variiert wie die Luft, die er atmet: von freundlich gelassen, regungslos und apathisch abweisend, bis hin zur gestikulierenden Bedrohlichkeit und Paranoia wechselt er die Mimik. Er liebt diese Auftritte – distanziert vor der gleichgeschalteten Masse seiner Offiziere, die allein durch ihre Blicke und Kleidung austauschbar erscheinen. So erhebt sich der Machthaber zum einen über die Eindimensionalität der Menge, zugleich ist er aber zum anderen ein Teil von ihr. Die dabei bewußt im Bild umgesetzte Isoliertheit und Selbstverschlossenheit ist Teil des Szenarios, des sich selbst geschaffenen Mythos Kim Jong-un, der sich ideologisch schon längst über die geistigen Wegbereiter des Kommunismus – Marx, Engels und Lenin – hinweggesetzt hat. Die Verschränkung der Arme einerseits verrät als Insignie der Macht das uneingeschränkte Diktat absoluter Willkür und verleiht dem Akteur der Fotografie eine pseudoreligiöse Komponente, andererseits ist sie ein deutliches Signal für das permanente Gefühl des Bedrohtseins, das Kim jong-un permanent umgibt und präsent ist. „Seine sichersten, so könnte man mit Canetti formulieren, „seine vollkommensten Untertanen sind die, die für ihn in den Tod gegangen sind“ sei es in Schauprozessen oder in den Vernichtungslagern. Dieses Gefühl des fast paranoiden Bedrohtseins macht Kim Jong-un, den Atomwaffentextprovokateur, der sich über alle US-Sanktionen erhaben fühlt, so unberechenbar, keine seiner Handlungen und Provokationen ist vorhersehbar. Aber eines weiß der Diktator mit Sicherheit. Sein Totalitarismus funktioniert nur über die Manipulation und Instrumentalisierung der Massen. Sein Greuel bleibt die Selbstbestimmung eines freien Individuums und die höchste Gefahr die Pressefreiheit, denn nur so sind die Hackerangriffe, die Bombendrohungen für Programmkinos zu verstehen, die die Nordkorea-Satire „The Interview“ begleiteten. In Südkorea wird gerade darüber diskutiert, ob die Regierung in Seoul es einer Menschenrechtsgruppe verbieten soll, den Film mit Luftballons nach Nordkorea zu verschicken. Auf der anderen Seite der Grenze bedeutete dies den sicheren Tod!

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2157 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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