In den von der Türkei besetzten kurdischen Gebieten Nordsyriens wird das Wasser knapp. Das wichtigste Wasserwerk für die Versorgung von rund einer halben Million Menschen liefert nicht mehr.
Das hat keinerlei technische, sondern nur politische Gründe. Denn das rund zehn Kilometer östlich von Serekaniye (Ras al Ain) gelegene Pumpwerk Alouk steht unter Kontrolle der Türkei und der mit ihr verbündeten Milizen. Das Pumpwerk Alouk versorgt die kurdischen Gebiete Nordsyriens, die Erdogan ein Dorn im Auge sind. Deshalb besetzen Erdogans Schergen im vergangen Oktober 2019 in einer „Operation Friedensquelle (!)“ genannten Invasion völkerrechtswidrig Teile des syrischen Kurdengebietes entlang der türkischen Grenze.
Seit Ende März 2020 fließt von Alouk kein Wasser mehr zu den Kurden. Im von der Versorgungsunterbrechung betroffenen Lager Al-Hol leben aktuell 67.000 Menschen auf engstem Raum. Die hygienischen Bedingungen in diesem – wie auch allen anderen Lagern – sind erbärmlich, sodass die EU es vorzieht wegzusehen und zu schweigen. Die kurdische Regionalverwaltung versucht, die Wasserversorgung mit Tanklastwagen aufrechtzuerhalten. Zuweilen werden Feuerwehrfahrzeuge eingesetzt.
Die mit der EU und der freien und demokratischen Staaten der Welt verbündeten Kurden werden wie üblich allein gelassen. Es ist gerade ein Jahr her, dass kurdische Milizen den IS in seinem letzten Zufluchtsort besiegt haben. Ein Kampf, bei dem die Kurden mit über 11.000 Gefallenen einen hohen Blutzoll bezahlt haben, damit die Bürger der USA und der EU ruhig schlafen können. Gedankt wurde den Kurden ihr Einsatz nicht – man lässt sie erneut hängen.
Unter „man“ werden alle EU-Staaten gezählt, die sich viel auf ihren Humanismus einbilden, und die Verehrer der türkischen Diktatur, die die Kurden verdursten lässt. Bis heute weigert sich die offizielle Türkei den von ihr verübten Genozid an die Armenier vor mehr als 100 Jahren anzuerkennen. Da die Türkei bisher gut damit durchkommt, braucht niemand in der Türkei eine Anklage wegen Völkermord zu befürchten. Die Kurden hingegen geben zumindest ihre Teilnahme am Genozid an die Armenier unter dem Befehlt der türkischen Armee zu und haben sich bei den überlebenden Armeniern entschuldigt.
Die Welt schaut dem Tod der Kurden genauso schweigend zu wie der Ermordung der Armenier So gesehen ist die weltweite Ausbreitung des Coronavirus eine äußerst milde göttliche Strafe.