Daniel Goffart: Das Ende der Mittelschicht. Abschied von einem deutschen Erfolgsmodell, Berlin Verlag, Berlin 2019, ISBN: 978-3-8270-1396-5, 22 EURO (D)
Daniel Goffart legt in diesem Buch seine Sorgen und Ängste vor einem Ende der Mittelschicht, Statusverlust und Verarmungstendenzen vor. Digitalisierung und Überwachungskapitalismus würden die Spielregeln in Staat und Wirtschaft bedrohen und nennt dabei konkret Internetkonzerne wie Google oder Facebook.
Goffart spricht von einer Spaltung in der Gesellschaft: Es herrsche Sorgen um die Stabilität der Mittelschicht durch die digitalen Umbrüche in vielen Branchen und bei den Arbeitsplätzen von Millionen Menschen. Goffart zeichnet Szenarien von Verunsicherung, massivem Jobverlust und vom Verschwinden vertrauter Lebensmodelle. Die exorbitante Steigerung der Mieten und Immobilienpreise und die sinkende Fähigkeit, Vermögenswerte aufzubauen, seien die Vorboten einer solchen Entwicklung. Gleichzeitig interviewt er ausgewählte Wirtschaftsvertreter, die durchweg ein düsteres, fast dystopisches Zukunftsszenario darstellen. Fast rührselig beschreibt er sein eigenes Aufwachsen in einem Mittelschichtshaushalt und romantisiert dabei die letzten Jahrzehnte zu einem glücksseligen Zustand der deutschen Mittelständler.
Anhand von Studien lässt sich diese von Goffart gezeichnete Entwicklung nur zum Teil nachweisen. In der Untersuchung „Die gespaltene Mitte“ wird fast jeder zweite zur Mittelschicht gezählt. 47,5 Prozent der Bevölkerung zählten 2015 zur Mittelschicht, 32,9 Prozent liegen darunter, 19,5 Prozent gehörten zur Oberschicht. Laut Forschungsinstitut DIW ging die Mittelschicht von 48 Prozent Ende der 1990er-Jahre auf 41,4 in den Jahren 2014/15 zurück.
Dies zeigt also, dass es einen stabilen Prozentsatz über 40% gibt, der zur Mittelschicht gehört, aber auch Spaltungstendenzen und damit verbundene Abstiegsängste. Wie sich diese Zahlen in Zukunft entwickeln werden, weiß niemand. Das von Goffart ausgerufene Ende der Mittelschicht ist also stark übertrieben und spielt auf der Klaviatur von negativen Zukunftsszenarien. Es erzeugt Ängste und Sorgen, anstatt die Chancen der Digitalisierung in Bezug auf neue Produkte, Märkte, Arbeitsplätze nur in Betracht zu ziehen. Die Wirtschaft und Gesellschaft wandelt sich, das ist unumkehrbar. Dass auch ein Wandel human und von Menschen selbstbestimmt gestaltet werden kann, sollte bekannt sein.