Cyprian Broodbank: Die Geburt der mediterranen Welt. Von den Anfängen bis zum klassischen Zeitalter.

Mittelmeer, Foto: Stefan Groß

Cyprian Broodbank: Die Geburt der mediterranen Welt. Von den Anfängen bis zum klassischen Zeitalter. Aus dem Englischen von Klaus Binder und Berndt Leineweber, C.H. Beck Verlag, München 2018, ISBN: 978-3- , 44 EURO (D)

Cyprian Broodbank, Professor für Klassische Archäologie der Universität Cambridge, legt in diesem monumentalen Werk die Geschichte des Mittelmeerraumes von den ersten Ansiedlungen bis zum klassischen Zeitalter der griechischen Welt vor. Dies geschieht auch in Form von hunderten Abbildungen und Karten der historischen Geografie, die die Visualisierung verstärken. Diese Frühphase des Mittelmeerraumes bedarf laut Broodbank einer zusammenhängenden Darstellung und zwar aus drei Gründen: Diese Zeit ist erstens eine „aufregende Periode, geprägt von unglaublicher menschlicher Kreativität in Umwelten, die sich dramatisch verändern“, die zweitens die „Keime der Welt“ des klassisch-antiken und des späteren Mittelmeerraumes in sich tragen und drittens für die heutigen Nachfahren der Mittelmeerstaaten von großer Bedeutung ist. Dabei geht Broodbank folgendermaßen vor: „Wir bewegen uns von einem angenommenen Ausgangspunkt um das Jahr 1000 v. Chr. gegen den Strom der Zeit und verfolgen diese Welt zurück zu ihren Ursprüngen, in welchem Abschnitt der Vergangenheit sie auch zu finden sein mögen.“ (S. 25f)

Das Buch beginnt mit chronologischen Tabellen der großen Zeitabschnitte, der Phasen der Kulturen, andere archäologische Daten und Umweltbedingungen. Im ersten Abschnitt beschreibt er allgemein den mediterranen Mikrokosmos und den Stand und Probleme der Forschung. Anschließend geht es um eine interpretierende Beschreibung physischer Landschaften und Meeresgegenden der Zentren und Ränder des Mittelmeeres. Weiter geht es mit der menschlichen Besiedelung des Mittelmeeres von 1,8 Millionen Jahren bis 50.000 Jahre vor Christus. Die Menschenarten des Homo sapiens und des Neandertalers stehen danach im Mittelpunkt, in der Zeit zwischen 50.000 bis 10.000 vor Christus. Das Aufkommen der Seefahrt und die Gründe dafür werden im nächsten Kapitel, das von 10.000 bis 5.500 v. Chr. reicht, untersucht. Jäger und Sammler, die Vegetation und Tierarten sowie die zunehmende Besiedelung der Küste und der Inseln stehen dann im Zentrum der Analyse. Die „vergessenen Jahre“ und die Zeit der Neuerungen zwischen 5500 bis 3500 v. Chr. werden dann präsentiert. Die veränderten Bau- und Siedlungsformen zwischen 3500 und 2200 v. Chr. und die Änderungen der klimatischen Voraussetzungen werden danach vorgestellt. Der allmähliche Verfall der ägyptischen Hochkultur sowie die frühen Mittelmeerstaaten zwischen 2200 bis 1300 v. Chr. folgen anschließend. Anschließend bildeten sich Zonen maritimer Netzwerke quer durch den ganzen Mittelmeerraum, die Handelsbeziehungen unterhielten. Die Dominanz des Seewegs und der Schiffe mit verbesserter Navigation wuchs. Dies und die verstärkten Migrationsbewegungen sowie der Aufstieg Karthagos und Persiens prägten die Zeit zwischen 1300 bis 800 v. Chr. Im letzten Kapitel werden der Charakter der mediterranen Frühgeschichte, Überlebensstrategien und die Geburt der mediterranen Kultur behandelt.

Im Anhang findet man noch Anmerkungen, die Bibliografie, den Bildnachweis, ein Register der Personen, Volksgruppen und mythischen Gestalten sowie ein Register geographischer Begriffe, Regionen und archäologischer Kulturen.

Das vorliegende Werk wurde 2014 mit dem Wolfson History Prize für das beste historische Buch in Großbritannien ausgezeichnet – zu Recht. Broodbank geht nicht nur auf die Anrainer des Mittelmeeres ein, sondern auch auf das Hinterland mit zum Teil vergessenen Hochkulturen. Somit entwirft er in zusammenhängender Form ein Bild von den Kulturen vor dem Beginn der klassischen Antike, die die Welt des Mittelmeeres, dem damals bekannten Zentrum der Welt, geprägt haben. Dieses Buch ist nicht nur für Archäologen spannend, sondern sollte von jedem Studenten der Geschichtswissenschaft als Grundlage gelesen werden.

Über Michael Lausberg 572 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.