„Cranachs Bilderfluten“ und Barrierefreiheit | Herzogin Anna Amalia Bibliothek setzt sich neue Ziele

Lucas Cranach der Ältere, Prinzessin Sibylle von Cleve, 1526, Klassik Stiftung Weimar

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Über 85.000 Besucherinnen und Besucher begrüßt das historische Stammhaus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek jedes Jahr seit seiner Wiedereröffnung 2007 – das Sechsfache der jährlichen Gästezahl vor dem Brand. Nachdem dieser großartige, aber auch herausfordernde Publikumserfolg nun 13 Jahre anhält, hat die Klassik Stiftung Weimar beschlossen, das Stammhaus der international angesehene Archiv- und Forschungsbibliothek – insbesondere das Foyer und den unteren Ausstellungsraum (Renaissancesaal) – zeitgemäß und publikumsorientiert zu ertüchtigen. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Verbesserung der Barrierefreiheit und der Eingangssituation, die über die Jahre in vielen Rückmeldungen kritisiert wurde. Des Weiteren bereitet die Bibliothek den Renaissancesaal als Ausstellungsraum auf, um dort ab Anfang 2022 die neue Schau „Cranachs Bilderfluten“ zu zeigen. Die Ausstellung ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern, die Cranach-Werke wieder zu erleben, die seit Juni 2018 wegen der Instandsetzung des Weimarer Stadtschlosses im Depot aufbewahrt werden. Auch während der Umbaumaßnahmen können Besucherinnen und Besucher, sobald die Corona-Situation eine Öffnung der Bibliothek wieder erlaubt, das Stammhaus mit dem Rokokosaal weiterhin besichtigen.

Durch die Neukonzeption ihres Stammhauses möchte die Herzogin Anna Amalia Bibliothek zum einen das Besuchserlebnis verbessern, zum anderen ihre reformations- und erinnerungsgeschichtliche Bedeutung stärker vermitteln. Dazu schafft sie mit der Ertüchtigung des Renaissancesaals zum Ausstellungsraum für hochkarätige Kunst- und Buchprojekte nicht nur ein neues touristisches Ziel, sondern gibt der Startausstellung „Cranachs Bilderfluten“ auch einen passenden zeitgenössischen Raum. Nur wenige Jahre nach Cranachs Tod gebaut, gehört der Renaissancessaal zum ältesten Kern des bis 1569 als Renaissanceschloss errichteten Gebäudes. Als fürstlicher Wohnsitz steht es in enger Verbindung zu den Ernestinern und den herrschaftlichen Räumen dieser Zeit in unmittelbarer Nachbarschaft: der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul mit dem Altarretabel von Lucas Cranach dem Jüngeren sowie dem Stadtschloss, in dem bis zum Beginn der Instandsetzung 2018 die Cranach-Galerie untergebracht war. Einige dieser Galeriegemälde hingen ursprünglich im Stammhaus der heutigen Herzogin Anna Amalia Bibliothek und kehren mit der neuen Ausstellung „Cranachs Bilderfluten“ nun an ihren angestammten Platz zurück.

Die Schau zeigt Objekte von Lucas Cranach dem Älteren, dem Jüngeren und ihrer Werkstatt. Jedes Medium, das sie beherrschten, ist vertreten: Gemälde, Graphiken, illustrierte Bücher, Drucke und Medaillen. Diese für Cranachs Zeitgenossen überwältigende Bilderflut verbindet die Ausstellung mit Gegenwartsfragen über Meinungsbildung, Reichweiten und Fake News.

Neben dem neuen Ausstellungsraum konzipiert die Herzogin Anna Amalia Bibliothek die Vorräume des Rokokosaals und den Vorraum zum Bücherturm neu, um eine klare räumliche und thematische Gliederung für die Besucherinnen und Besucher zu schaffen: das Erdgeschoss mit dem Renaissancesaal markiert das 16. Jahrhundert, das erste Obergeschoss mit dem Rokokosaal sowie dem Bücherturm das 18. und 19. Jahrhundert und das zweite Obergeschoss mit dem Studiensaal und dem Branddenkmal des Architekten Walther Grunwald stehen, ebenso wie das moderne Studienzentrum, für das 21. Jahrhundert.

Im Zuge der inklusiveren Publikumsorientierung verbessert die Bibliothek auch ihre Eingangssituation und insbesondere die barrierefreien Zugänge. Künftig werden wieder alle Besucherinnen und Besucher das Stammhaus über den historischen Haupteingang von Clemens Wenzeslaus Coudray betreten, der seit der Wiedereröffnung 2007 nur von Angestellten und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen verwendet wurde. Für letztere wird es nun auch direkt im Foyer eine Hebebühne geben, mit der sie vom Eingangsraum selbstständig den ca. 65 cm höher gelegenen Foyerbereich und den Renaissancesaal erreichen können. Damit die Hebebühne eingebaut werden kann, ist es notwendig, einen kleinen Teil des Foyers auf die Höhe des Eingangsraums abzusenken. Der 2007 in das Foyer eingebrachte und sehr beliebte Bodenbelag aus grünen Keramikfliesen – eine moderne Interpretation Walther Grunwalds – bleibt erhalten, wird jedoch für mehr Rutschfestigkeit optimiert. Alle Maßnahmen sind in enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden entwickelt und von diesen genehmigt.

Die Neukonzeption des Stammhauses ist Teil der von der Thüringer Staatskanzlei geförderten Agenda 2020 der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Diese Agenda definiert den Typ „Archiv- und Forschungsbibliothek“ im Spannungsfeld des materiellen Sammlungserhalts, der Überlieferungsbildung, der digitalen Transformation, Vernetzung und Vermittlung von Wissen neu. Zusätzlich zu den Maßnahmen im Stammhaus wird das Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek durch Sammlungspräsentationen, Veranstaltungen und neue digitale Angebote als Informations- und Kommunikationsbereich stärker in der Öffentlichkeit verankert.

Lucas Cranach der Ältere, Martin Luther als Junker Jörg, um 1521/22, Klassik Stiftung Weimar

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