Seit zwei Wochen hat The Floating Piers, die neue spektakuläre Megainstallation des weltberühmten Künstlers CHRISTO den Iseo-See in eine internationale Attraktion verwandelt.
In den ersten Tagen scheuten sich sogar manche Frühbesucher den Namen dessen Urhebers und Schöpfers auszusprechen. Verständlich, denn er klingt auf italienisch „Cristo“, was auf Deutsch „Christus“ entspricht. Es wurde sogar vorgeschlagen, den Namen mit einem Akzent zu versehen und ihn Christó – à la française – zu nennen.
Eine Woche nach Einweihung des begehbaren Laufstegs kursiert in den Medien der ironische-spöttische Spruch einer bekannten Kabarettistin:„Es soll Cristo kommen, damit in Italien etwas richtig läuft“. Allein den Ort – meint sie ironisch – habe der bulgarische Star-Künstler falsch gewählt: Die Brücke würde nämlich nicht am Iseo-See, sondern auf der Straße von Messina gebraucht!
Die Satire blüht auf, die politische Persiflage begleitet ohnehin das Leben vieler Krisen geplagten Italiener, die ihre Regierenden stets aufs Korn nehmen, ohne sich allerdings je zu versprechen, dass eine Besserung in ihrem Alltag eintritt.
Die bisher erreichte Besucherzahl am Lago d'Iseo, dem am wenigsten Bekannten unter den vier oberitalienischen Seen, grenzt beinah an die Million. Ein ungebremster Strom von Personen jedes Alters und Herkunft, die stundenlangen Schlangen unter der Sonne und eine im Zeichen der Ungewissheit stehende Anreise in überfüllten Zügen und Shuttle-Bussen in Kauf nehmen, um so um eine neue Erfahrung reicher zu werden. Und hier kommt erneut Christo-Cristo wieder ins Spiel.
Wie Christus-Adepten wollen die Besucher, einmal im Leben die Freude experimentieren, wirklich auf der Wasseroberfläche zu laufen. Dieser Traum geht für viele in Erfüllung, die einen Marsch von einigen Stunden möglichst barfuss auf einer wackligen, die Sonne reflektierenden Unterlage antreten. 500 Helfer sorgen am Boden und auf Booten auf beiden Seiten für die Sicherheit der „Jünglinge“, die sich auf die Spur des „Meisters“ begeben. Sie bewachen den äußersten Rand des Laufstegsund sind stets bereit, mögliche ins Wasser fallende Besucher aufzufangen oder zu bergen. Bewacht wird das ganze Umfeld auch in der Nacht, wenn der Besuch strikt unterbunden wird.
So viele Besucher hatte Christo in Wahrheit niemals erwartet. Und das schwimmende Konstrukt zeigt bereits nach einigen Tagen starke Abnutzungserscheinungen, nachdem es zahlenmäßig eine doppelte Belastung erfahren hat, als anfangs vorgesehen. Der schimmernde orangefarbene Bezug ist inzwischen nur noch ein Reflex seines selbst im ursprünglichen Zustand.
Zu Ende geht das Spektakel am Sonntagabend. Die Teile, aus denen es sich zusammensetzt, werden dann entfernt, auseinander genommen und wieder verwertet. Kleinere Stücke des glänzenden Stoffes werden schon im Vorfeld oder vor Ort verschenkt. Das etwa 13 Mio. teure Bauwerk, das von Tauchern in bis 220 Metern Tiefe verankert wurde, trägt sich finanziell selbst. So hat es Christo bei all seiner Installationen gehandhabt – man denke an die Verpackung des Berliner Reichstagsgebäudes oder der Brücke über die Seine. Von der atemberaubenden Installation wird auch in Zukunft die Umgebung des herrlichen Iseo-Sees mit seiner noch zum Teil unberührten Landschaft und seinen Kunstschätzen sicherlich profitieren.
Fotos:
Edegildo Zava (Italien) : The Floating Piers – EinWork in Progress
Bild 1 u. 2 : Aufbauphase mit den noch unbedeckten Stegen
Bild: 3 : Erste Besucher auf dem Steg ©
Amir Eshel (Israel/USA) :People on the Floating Piers ©
Sabine Grudda (Deutschland):Ansichten aus dem Iseo-See©
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