Der Hamburger SV kann wieder gewinnen und die Geißböcke aus Köln ebenso. Die Bayern machen sowieso nichts anderes… Aber warum um Himmels Willen liefern die Fohlen nur so einen Grottenkick ab?
Diese Jagd nach der dem Runden, das letztendlich ins Eckige gehört, weckt Emotionen, begeistert und polarisiert. Fußball ist ein Massenphänomen. Wie sehr sich diese Sportart in der Alltagskultur eingenistet hat, lässt sich nicht nur daran erkennen, dass die Grundregeln des Spiels den meisten Menschen vertraut sind, sondern auch an der Übernahme vieler Fußballmetaphern in den allgemeinen Sprachschatz.
Seit Dr. Konrad Koch, ein Gymnasiallehrer für Deutsch und Alte Sprachen in Braunschweig, Ende des 19. Jahrhunderts den Fußball – als Ergänzung zum Turnen – in Deutschland einführte, hat sich die vermeintliche „Modetorheit“ nahezu explosionsartig im Lande ausgebreitet. Fußball gehört mittlerweile fast selbstverständlich zum Alltag dazu. „Über Fußball wird in fast allen Bereichen der Gesellschaft und auf allen Kanälen geredet. Fußballspiele rangieren in der Boulevardpresse meist auf einer Ebene mit politischen Ereignissen; oft bekommt ein Länderspiel mehr Aufmerksamkeit als ein Treffen von Regierungschefs.“, stellt Christoph Marx treffend fest. Also warum nicht einmal den Ball sprachwissenschaftlich unter die Lupe genommen?
Was die Fußballsprache eigentlich auszeichnet und was sie so besonders macht, dem widmet sich der Autor in diesem schmalen Bändchen. Er geht auf die wesentlichen Stilelemente genauso ein wie auf rhetorische Mittel. Das klingt zunächst einmal wenig aufregend und vielleicht auch ermüdend. Doch Marx hält den Leser definitiv am Ball, um nicht zu sagen, sein »Umschaltspiel« ist unterhaltsam und seine Mannschaft …Verzeihung… sein Text ist »gut aufgestellt«.
Nach einigen Fachsimpeleien im Anstoßkapitel zur Geschichte der Fußballsprache, nimmt das Spiel in der zweiten Halbzeit rasant an Fahrt auf. Hier lässt Marx Spieler, Trainer, die Fans und natürlich auch den Medienzirkus in persona von Journalisten und sonstigen Experten auflaufen. Immer wieder eingestreute und im Text fett hervorgehobene Fußballfloskeln würzen den Text und nehmen ihm die Trockenheit.
Da geht es um Fußballdiplomatie („Wir müssen jetzt Vollgas geben.“), ums Sprechen ohne etwas zu sagen („Im Großen und Ganzen war es ein Spiel, das, wenn es anders läuft, auch anders hätte ausgehen können.“ Eike Immel) oder aber um sprachliche Fehlpässe („Das wird doch alles von den Medien hochsterilisiert.“ Bruno Labbadia). Die einzelnen Spielertypen werden dabei genauso aufs Korn genommen wie die unterschiedlichen Trainerphilosophien („Ich habe nicht gesagt, dass ich der Beste bin. Ich kenne nur keinen Besseren.“ José Mourinho). Marx untersucht Fangesänge und deren Transparente und Flaggen, um sich hernach ganz der Journaille zuzuwenden und letztendlich mit einem ausführlichen Glossar der Fußballbegriffe den Schlusspfiff einzuleiten.
Auch wenn Gerhard Delling einmal meinte: „Die Luft, die nie drin war, ist raus aus dem Spiel.“ oder Marcel Reif philosophierte: „Wenn Sie dieses Spiel atemberaubend finden, haben Sie es an den Bronchien.“, so trifft dies keineswegs auf dieses nette Kompendium zu. Vielleicht stehen dem Text die Worte des adligen Schöngeistes unter den Fußballkommentatoren – Fritz von Thurn und Taxis – am besten zu Gesicht: „Ein Schlängler, so beweglich in der Hüfte.“ Das Buch ist unterhaltsam UND interessant und darf jedem Fußballbegeisterten ans Herz gelegt werden.
„Ich habe fertig.“ (Giovanni Trapattoni)
Dieser Artikel erschien am 12. April 2018
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