Christian Schittich (Hrsg.): Traditionelle Bauweisen. Ein Atlas zum Wohnen auf fünf Kontinenten, Birkhäuser Verlag, Basel 2019, ISBN: 978-3-0356-1609-5, 79,95 EURO (D)
Traditionelle Bauweisen zeigen eine faszinierende Vielfalt und prägen mit ihrem Erscheinungsbild das Gesicht von Regionen. Dies sind in der Regel die Wohnbauten von normalen Menschen. Doch im Zuge der Globalisierung werden sie vieler Orts zurückgedrängt. Dieses Kompendium stellt anhand eines repräsentativen Querschnitts traditionelle Bauweisen weltweit vor.
Nach Kontinenten gegliedert, stellen internationale Experten etwa 40 Bauweisen und Haustypen vor, analysieren den kulturellen Kontext, die Anpassung an topografisch-klimatische Gegebenheiten und legen ihr Augenmerk auf die verwendeten lokalen Materialien und die Konstruktion, den Bauprozess und den notwendigen Unterhalt.
In einem Einleitungsessay stellt Christian Schittich verschiedene Aspekte des Hauses in der traditionellen Architektur vor. Dies sind die soziokulturelle Bedeutung, Formen und Ressourcen und den Lerneffekt für heutiges Bauen. Dabei stellt er fest: „Traditionelle Bauweisen sind sichtbares Merkmal einer Gesellschaft, die mit ihrem Land verwurzelt und mit ihren Häusern verbunden ist – nicht zuletzt weil die Bewohner diese meist selbst erbauen und auch später für deren Unterhalt ständig Hand anlegen müssen.“ (S. 14) Anschließend geht Schittich in einem weiteren Beitrag auf das Material und die verschiedenen Konstruktionen ein.
Danach folgt die Vorstellung der 40 Haustypen und Bauweisen in einzelnen Beiträgen. So kann man in Europa zum Beispiel Fachwerkhäuser in Süddeutschland, bäuerliche Steinbauten im Tessin oder Wohnhäuser mit Gründächern in Nordeuropa entdecken. In Asien werden unter anderem Turmhäuser in der Altstadt von Sana’a, tibetische Bauernhäuser oder die Minka in Japan vorgestellt. In Ozeanien kann man die Maori-Architektur oder die Baumhäuser der Korowai bestaunen. Afrika bietet unter anderem das Bauen mit Lehm in der Sahel-Region, Rundhäuser im südlichen Teil des Kontinents oder die Architektur der Dogon in Mali und Burkina Faso. Bauformen im indigenen Nordamerika, die Kolonialarchitektur in Kolumbien oder die indigene Architektur in Mato Grosso repräsentieren Amerika. Die einzelnen Beiträge haben eine unterschiedliche Länge, bieten zahlreiche farbige Abbildungen und Grundrisse.
Im Anhang findet man noch ein Glossar, Informationen über die Autoren und einen Bildnachweis.
Dies ist eine spannende architektonisch-kulturelle Reise um die Welt, die indigene und traditionelle Bauweisen vorstellt. Das Buch enthält zahlreiche tolle Bilder, die die verschiedenen Bauweisen und Haustypen auf fünf Kontinenten visualisieren.
Leider fehlen Beiträge für die Weltkulturerbestätten in Äthiopien wie die einmalige Kulturlandschaft der Konso. Sie leben in Steinhäusern in dicht bebauten Siedlungen, die von großen Steinwällen umzäunt sind, und sich in die Landschaft einfügen. Die Altstadt von Harar mit ihren vielen Moscheen und muslimischer Baukunst hätte auch Erwähnung verdient gehabt.
Dieses Buch bietet nicht nur einen kulturellen Zugang, sondern will auch Anregungen für unsere aktuelle Architektur bereitstellen. Die liegen eindeutig in ökologischen Aspekten und dem nachhaltigen Umgang mit einheimischen Ressourcen, passenden Klimakonzepten, die Harmonie mit der Landschaft und Umgebung und der sparsame Umgang mit gegebenen Flächen.