Christian Danz (Hg.), Kanon der Theologie, 45 Schlüsseltexteim Portrait

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, 320 S., ISBN: 987-3-534-20789-3, Preis: 39.90 Euro.

Zu einer besonders schönen Tradition der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft ist nicht nur die Herausgabe von Sammelbänden zur Philosophie, sondern auch zur Theologie geworden. Die Einführungen zu den Theologen der christlichen Antike, den Theologen des Mittelalters, den Theologen des 16. Jahrhunderts, den Theologen des 19. Jahrhunderts und den Theologen des 20. Jahrhunderts werden nun durch einen neuen Sammelband mit dem Titel Kanon der Theologie, 45 Schlüsseltexte im Portrait ergänzt. Auch dieser, von Christian Danz herausgegebene, ansprechend aufgemachte Band steht ganz in der Tradition der schon renommierten sonstigen Einführungen des Verlagshauses.

Danz, der 1962 in Thüringen geboren wurde, in Jena mit einer Arbeit zur Christologie Schellings promoviert wurde, sich mit einer Arbeit über Paul Tillich habilitierte und derzeit den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien innehat, veröffentlichte bereits 2006 in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft eine Publikation mit dem Titel Grosse Theologen. Bereits dort wurden fünfzehn Theologen der abendländischen Geistesgeschichte porträtiert.

Nunmehr liegen fünfundvierzig Porträts vor, die symbolisch für die lange und intensiv geführte christliche Theologie stehen, die nicht zuletzt auch eine Geschichte der theologischen Literatur ist. Denn diese „verdichtet, wie Danz in seiner Einführung erklärt, „gleichsam die vorangegangene Geschichte des theologischen Denkens, und antwortet auf gegenwärtige Problemstellungen im Horizont eines bereits vorliegenden Problemniveaus. Indem sie die Dimension reflektiert und weiterführt, wird die selbst wieder zum Anstoß der weiteren theologischen Entwicklung.“ Anhand der 45 Schlüsseltexte zeigt sich, wo innerhalb des akademischen Diskurses neue Ideen und Formen des Glaubens Eingang in die theologische Literatur gefunden haben, wo das Wechselspiel zwischen Vernunft und Glauben neuartige Synthesen einging, welche Rolle der Reflexion und welche Bedeutung dem religiösen Gefühl dabei zukamen.

Unter dem Ordnungsschema Patristische und mittelalterliche Literatur stehen die renommiertesten Denker der Spätantike und einige Apologeten des christlichen Glaubens im Mittelpunkt. Ausgehend von Irenäus, Tertullian, Origines, Eusebius, Athanasius, Augustin, Dionysius Areopagita, Anselm von Canterbury, Petrus Abaelarduss, Bernhard von Clairvaux, Bonaventura, Thomas von Aquin, Duns Scotus, Ockham und Meister Eckhart wird ein tiefgründiger und übersichtlicher Zugang zu den einzelnen Denkern gewährt, der auch die wichtigsten Quelltexte und Sekundärarbeiten mit bereithält.

Noch eindrucksvoller ist das zweite Kapitel, das sich Der Römisch-katholischen Literatur zuwendet. Hier wird ein Stück Kirchengeschichte in den Blick genommen, die vom 16. bis ins einundzwanzigste Jahrhundert, bis zur Fundamentaltheologie des Karl Rahner Schülers Johann Baptist Metz reicht. Der für die Geschichte der katholischen Theologie interessierte Leser erhält hier tiefergehende Einblicke zu Autoren, denen im theologischen Diskurs nicht so viel Aufmerksamkeit gewidmet wird. Auch in diesem Kapitel wird, wie im gesamten Sammelband, der Einstieg in die Auseinandersetzung und Heranführung an die einzelnen Theologen anhand einschlägiger Quellen gewählt. So werden bei den einzelnen Schlüsseltexten die Entstehungsbedingungen erklärt, eine inhaltliche Einordnung in den Problemzusammenhang mitgeliefert und nicht zuletzt die Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte einer genaueren Analyse unterzogen.

Das Verfahren, von einem einzelnen Text oder Kommentar auszugehen, um dann Einblicke in das Gesamtwerk und Denken insgesamt freizulegen, ist das Novum dieses Bandes gegenüber den Grossen Theologen, wo eine allgemeine Einführung im Mittelpunkt stand. Auch das dritte Kapitel, das mit Protestantischer Literatur überschrieben ist, und mit den Theologen Wolfhart Pannenberg, Jürgen Moltmann und Eberhard Jüngel zeitgeschichtlich seinen finalen Höhepunkt erreicht, stellt Klassiker der Theologiegeschichte in den Mittelpunkt, Klassiker theologischen Denkens, deren Werke für das Verständnis der gegenwärtigen Theologie unerläßlich sind, denn auch sie haben, wie die übrigen Autoren mit ihren Texten, ihre eigene Zeit in Gedanken gefaßt und damit auch das Problembewußtsein der nachfolgenden Generationen entscheidend und maßgeblich geprägt.

Daß der Begriff „Kanon“ der Theologie im Zusammenhang der Publikation einen anderen Sinn hat, als ursprünglich mit diesem Terminus assoziiert wurde, macht Danz im kurzen Vorwort deutlich. „Kanon“ der Theologie heißt hier nicht ein festumrissener Bestand von normativ verbindlichen Texten, die den Anspruch auf absolute Autorität beanspruchen, sondern unter Kanon wird eine Auswahl von exemplarischen Texten verstanden, denen die Funktion eines kulturellen Gedächtnisses zukommen soll. So sind auch Aufgabe und Ziel der Publikation abgesteckt. „Es sollen Schlüsselwerke aus der Geschichte der Theologie einführend vorgestellt werden, die auch noch für die gegenwärtigen Problemstellungen in Theologie und Religionsphilosophie von hoher Bedeutung sind. Dem Leser soll eine allererste Einführung in grundlegende Texte der Geschichte der Theologie geboten werden, die ihm eine Orientierung erlaubt und die vor allem zu eigener Lektüre dieser Werke anregen soll.“

Ein Blick in das Mitarbeiterverzeichnis verrät, daß hier ökumenische Wissenschaftsgeschichte geschrieben wird, was durch die Vielzahl von Autoren aus der katholischen Theologie nachhaltig unterstrichen wird. Kurzum: Als Grundlagenwerk zum Verständnis der wichtigsten Texte der Theologiegeschichte ist dieses Buch unverzichtbar und sei daher vom Leser ausdrücklich empfohlen.

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2155 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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